Sehr amüsante Schwedomanie
Verrückt nach SchwedenDie Schwedomanie ist ein Wahninhalt mit dem Charakteristikum der maßlosen Überbewertung des schwedischen Staates und dessen Einwohner.
Mikko würde sich selbst nie als „Schwedomane“ bezeichnen, nein das ...
Die Schwedomanie ist ein Wahninhalt mit dem Charakteristikum der maßlosen Überbewertung des schwedischen Staates und dessen Einwohner.
Mikko würde sich selbst nie als „Schwedomane“ bezeichnen, nein das tun nur die Medien. Seine medizinische Selbstdiagnose lautet „Nationalitätstransvestit“. Er sei im falschen Land geboren und erzogen worden, nämlich Finnland, sei aber eigentlich mit jeder Körperzelle ein Schwede. Ob der Figur Mikko hier selbst und vom Autor gewollt (das liegt nahe) der Fehler unterläuft, sich „Nationalitätstransvestit“ zu nennen, obwohl er doch eigentlich eine „transnationale Person“ ist (denn er wünscht sich nicht nur einen popeligen Umzug sondern eine gänzliche Transformation zum Schweden), oder dies im Rahmen der Übersetzung des Romans eine kleine Abweichung darstellt, sei dahingestellt. Schon seit der Schulzeit und einem Ausflug mit den Eltern nach Schweden weiß Mikko, dass er in dieses Land gehört. Vernarrt in die Sprache und Geschichte des Landes brilliert er schon in der Schule im Schwedischunterricht und zentriert sein ganzes Leben bis ins Erwachsenenalter hinein um das Schwedischsein. Ein Umzug, nur um dann fünf Jahre lang als Finne in Schweden leben zu müssen, würde er nicht verkraften. Es muss eine bessere Lösung her und somit setzt eine Lawine an kuriosen Handlungen und Ereignissen ein...
Um seine Leiden als im falschen Land geborener Mensch zu lindern, geht Mikko, wie wir aus seinen Tagebucheinträgen erfahren, nun recht ungewöhnliche Wege. Er will kein depressiver, trinkender, pöbelnder Finne mehr sein, nein, er möchte ein weltoffener, lebensfroher, sozialdemokratischer Schwede sein und geht dafür über Leichen. Denn der Titel des Romans vom finnischen Autor Miika Nousiainen ist hier wortwörtlich zu verstehen: Mikko ist tatsächlich verrückt. Seine Wahrnehmung läuft vollkommen schief, denn er ist sogar der Meinung, dass der Schnee in Schweden anders fällt als in Finnland:
„In Helsinki hat es geschneit, und ich spüre ganz deutlich, dass hierzulande selbst der Schnee nicht mit dem im Nachbarland mithalten kann. In Schweden segeln die Flocken fröhlicher und freier herab, als würden sie wissen, dass sie auf toleranten Grund und Boden landen. In Finnland trudeln die Flocken geradewegs in die Schwermut. Sie landen auf den Schultern depressiver Menschen, die den Schnee als Störenfried sehen.“
Wie man schon an diesem Textauszug merkt: Der Roman ist reine Satire. Eingebettet in eine groteske Handlung werden alle positiven Stereotype zum Thema Schweden aufgefahren und alle negativen zum Thema Finnland. Es macht so einen unglaublichen Spaß dem total verstrahlten Mikko bei seiner Unternehmung, endlich ein waschechter Schwede zu werden, zu begleiten. Unser Tagebuchschreiber kommt lange Zeit mit seinen Betrügereien durch und man wünscht es ihm auch. So überhöht sein Blick auf Schweden als Land und die Schweden als Volk auch sein mag, mit seinen Bemerkungen lernen die Leser:innen durchaus einiges über die Materie. Vor allem die Politik Schwedens wird beleuchtet. Keine Frage, alles was man hier liest ist zweifellos durch die rosarote Brille eines Verliebten geschildert, und trotzdem enorm wissenswert.
Mit sehr viel Interesse und Spaß an der Sache habe ich diese bitterböse, schräge Komödie um die Anstrengungen des verkappten Schweden Mikko (später Mikael) gelesen und mich dabei köstlich amüsiert. Sie ist unglaublich intelligent geschrieben und gleichzeitig locker leicht zu lesen. Eine pointenreiche, kluge Abwechslung für zwischendurch. Deshalb gibt es nicht nur die volle Punktzahl von mir sondern auch eine klare Leseempfehlung für diesen aus dem Jahre 2007 stammenden Debütroman des finnischen Autors.