(Bisweilen spekulative) Weltreise vor 1000 Jahren
Zur Frage, wann die Globalisierung begann, gibt es durchaus unterschiedliche Ansichten. Valerie Hansen setzt den Beginn dieses Phänomens hier deutlich früher an als die Mehrheit der Historiker. Denn um ...
Zur Frage, wann die Globalisierung begann, gibt es durchaus unterschiedliche Ansichten. Valerie Hansen setzt den Beginn dieses Phänomens hier deutlich früher an als die Mehrheit der Historiker. Denn um das Jahr 1000 herum landeten die Wikinger erstmals an der Nordostküste Kanadas, wodurch bereits bestehende Handelsrouten quer durch Amerika mit Wegen, die durch Europa, Asien und Afrika führten, verbunden wurden. Zum ersten Mal hätte damit ein Gegenstand oder eine Nachricht um den ganzen Erdball reisen können.
Auch wenn (wie die Autorin betont: noch) kein Objekt bekannt ist, dass damals tatsächlich eine Weltreise unternommen hätte, und die Aktivitäten der Wikinger in Amerika auch keinen besonders nachhaltigen Einfluss ausübten, fand ich diese Argumentationslinie und vor allem die daraus folgenden Betrachtungen doch sehr interessant.
Hansen unternimmt gewissermaßen eine Reise um die Welt und berichtet unter anderem über mögliche Kontakte zwischen Wikingern und amerikanischen Hochkulturen, das von skandinavischen Auswanderern geprägte Osteuropa, einen afrikanischen König, der als reichster Mann der Welt galt, oder den am meisten globalisierten Ort in China.
Dabei ist immer wieder erstaunlich, welch weite Strecken Menschen (oft unfreiwillig) und Waren schon um das Jahr 1000 herum zurücklegten und wie sehr auch die Daheimgebliebenen von überregionalen Kontakten beeinflusst wurden.
Bisweilen wirken die Ausführungen jedoch etwas spekulativ und die Auswahl der Quellen voreingenommen. Wenn beispielsweise in einem Maya-Tempel abgebildete hellhäutige Personen gleich als Wikinger interpretiert oder Texte zitiert werden, deren Inhalt bisher nicht durch archäologische Funde bestätigt werden konnte.
Dennoch bietet dieses Buch einige spannende Einsichten und zeigt auch, dass die Europäer bei ihren Entdeckungen und Eroberungen ab 1492 auf bereits länger bestehende Netzwerke zurückgreifen konnten.