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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 06.07.2023

Eine Empfehlung für all jene, die es expliziter mögen.

8 REASONS
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Auf „8 REASONS: Erlösung“ bin ich sehr gespannt, allerdings ertappe ich mich beim Lesen dabei, dass mir der Anschluss fehlt. Ich muss das Buch kurzzeitig zur Seite legen, um mir noch einmal den Schluss ...

Auf „8 REASONS: Erlösung“ bin ich sehr gespannt, allerdings ertappe ich mich beim Lesen dabei, dass mir der Anschluss fehlt. Ich muss das Buch kurzzeitig zur Seite legen, um mir noch einmal den Schluss von „8 Weeks: Vollstreckung“ durchzulesen. Erst dann bin ich wieder mitten im Geschehen.
Tanja Wagner lässt die Geschichte exakt nach dem Ende von „8 Weeks: Vollstreckung“ weiterlaufen, sodass sich die Ereignisse nahtlos ineinanderfügen. Dennoch hätte es mich gefreut, wenn Jeremy, den ich gleich zu Beginn wieder treffe, noch einmal kurz zusammengefasst hätte, was in den letzten Minuten geschehen ist.

„8 REASONS: Erlösung“ passt mit seinem Buchkleidchen perfekt zur restlichen Serie und ich kann jedem nur empfehlen, von Band 1 an in die Welt von Jeremy und Emiliana einzutauchen. Theoretisch würde sich „8 REASONS: Erlösung“ auch ohne Vorkenntnisse lesen lassen, aber so würde die wichtige Charakterentwicklung verloren gehen und auch, wie die Antagonisten mit den Protagonisten zueinanderstehen, würde dabei nicht stark genug deutlich werden. Denn sie alle verbindet eine gemeinsame Geschichte und diese bildet den Kern des Buches aus.

Etwas, dass mir immer wieder beim Lesen auffällt: Diese Geschichte ist im Vergleich zu den vorherigen Bänden um einiges ruhiger und nicht so extrem psychopathisch veranlagt. Es ist definitiv stimmig zum Plot, da Emiliana an einer vorübergehenden globalen Amnesie leidet und sie in den vergangenen Bänden für reichlich explosive Stimmung gesorgt hat.
Mir gefällt das ziemlich gut, denn der Fokus liegt nun mehr auf Machtspielchen zwischen zwei Kontrahenten, die versuchen, das Herz einer Dame mit ungewöhnlichen Maßnahmen für sich zu gewinnen. Der Spannungsbogen ist kontinuierlich gespannt und sorgt zusammen mit dem sehr flüssigen und bildlichen Schreibstil für einen flotten Lesefluss.

Typisch für die komplette Serie gibt es 8 Kapitel, welche die angekündigten „8 Reasons“ widerspiegeln. Das erste Kapitel fängt die aktuelle Ist-Situation ein und bereitet mich auf die kommenden Handlungsschwerpunkte vor.
Perspektivwechsel innerhalb der Abschnitte sorgen für ein packendes Gesamtbild, gleichzeitig sorgt der personale Erzähler dafür, dass ich tief in die Gefühls- und Gedankenwelt der Hauptfiguren blicken kann. Zusammen mit unvorhersehbaren Wendungen ergibt sich eine packende Mischung und ich lerne die Charaktere noch einmal von einer ganz anderen Seite kennen.
Besonders gut gefällt mir, dass Tanja Wagner kaum neue Figuren einführt. Stattdessen begegne ich alten Bekannten, sie nehmen wieder mehr Raum ein und das erzeugt eine dichte Atmosphäre.

Wie ich es mir im letzten Band gewünscht habe, sind in „8 REASONS: Erlösung“ wieder mehr Thriller-Elemente enthalten. Besonders die Brutalität von Joel ist erschreckend. Tanja Wagner spart nicht mit Details, auch nicht bei den sehr heißen erotischen Szenen.
Der Genremix aus Erotik und Thriller ist ausgeklügelt und spiegelt eine wilde Mischung aus Leidenschaft und Dominanz, gepaart mit Besessenheit und Eifersucht wider. Besonders Kontrolle spielt eine zentrale Rolle und wird auf vielfältige Weise dargestellt.

Der Showdown hat es in sich und hebt das Spannungslevel gleich um ein Vielfaches an. Ein Hoffen und Bangen bei mir entsteht und der Wunsch, dass es ein gutes Ende nehmen möge. Doch Tanja Wagner ist immer für eine Überraschung gut und auch wenn ein Detail sich so entwickelt hat, wie ich es vorhergesehen habe, so ist das Ende völlig unerwartet. Wieder ist es ein gemeiner Cliffhanger und ich bleibe mit ein paar Fragen im Kopf zurück. Ich hoffe, dass ich nicht allzu lange auf die Fortsetzung warten muss. Denn ich habe keine Ahnung, wie sich die Geschichte weiterentwickeln würde.

Fazit:
„8 REASONS: Erlösung“ ist gefährlich, spannungsvoll und spielt mit den Emotionen sämtlicher Beteiligter. Ein toller Genremix aus harter Erotik und brutal-blutigem Thrill. Eine Empfehlung für all jene, die es expliziter mögen.

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  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 14.06.2023

Ein Blick hinter die Kulissen

Schreibwelten
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Das mintgrüne Cover mag ich fast ebenso sehr wie die Haptik des Buches. Es wirkt fast ein bisschen wie Leinen, was das Buch optisch aufwertet. Das Inhaltsverzeichnis verrät, bei welchen Schreibenden ich ...

Das mintgrüne Cover mag ich fast ebenso sehr wie die Haptik des Buches. Es wirkt fast ein bisschen wie Leinen, was das Buch optisch aufwertet. Das Inhaltsverzeichnis verrät, bei welchen Schreibenden ich einen Blick auf ihr Arbeitsumfeld und ihre Schreibrituale erhalte.

Das mintgrüne Cover mag ich fast ebenso sehr wie die Haptik des Buches. Es wirkt fast ein bisschen wie Leinen, was das Buch optisch aufwertet. Das Inhaltsverzeichnis verrät, bei welchen Schreibenden ich einen Blick auf ihr Arbeitsumfeld und ihre Schreibrituale erhalte.
Der Inhalt weiß mich ebenfalls zu überzeugen. Der Aufbau ist schön strukturiert und die AutorInnen werden mit ihrem Schreiballtag kurz porträtiert. Alex Johnson geht dabei nicht speziell in die Tiefe, was er aber meiner Meinung nach auch gar nicht muss. „Schreibwelten“ ist dadurch herrlich schön kurzweilig und mithilfe des lockerleichten Erzählstils kann ich dieses hübsche Buch genießen.
Von jedem Autor und jeder Autorin gibt es ein kleines Bild, ein personalisierter knackiger Titel und die Anmerkung, wo sich der Lieblingsschreibort genau befindet. Eine sehr schöne Idee und Umsetzung.

Den SchriftstellerInnen sind zwischen zwei und vier Seiten gewidmet, wobei sich darunter auch immer passende Illustrationen von James Oses befinden. Oftmals widmet er seinen Zeichnungen dem Schreibbereich der jeweiligen AutorInnen. Prinzipiell mag ich die farblichen Illustrationen, doch hier und da wäre ein echtes Foto weitaus interessanter gewesen. So würde ich liebend gern den Schreibtisch von Danielle Steel begutachten, der in Form ihrer drei Bestseller gestaltet ist. Das kommt auf der Zeichnung nicht so eindrucksvoll zur Geltung, wie ich mir das gedanklich vorstelle, was ich bedauere.
Dennoch möchte ich die Illustrationen hervorheben, denn James Oses hat sie viel Mühe gegeben, die Schreiborte möglichst detailgetreu abzubilden. Wer recherchiert, wird im Internet die Fotografien dazu finden und überrascht sein, wie gut der Zeichner dies umgesetzt hat.

Eine Besonderheit in „Schreibwelten“ ist, dass es zwischendrin kleine Themenboxen gibt, in denen Alex Johnson zum Beispiel davon berichtet, welche AutorInnen gerne im Liegen schreiben, wie sie mit Ablehnungsbescheiden umgehen oder welche tierischen Hausgenossen sie begleiten. Das lockert „Schreibwelten“ zusätzlich auf und so finden noch viel mehr SchriftstellerInnen Erwähnung als hier näher beleuchtet werden.
Leider kenne ich von den fünfzig Schreibenden nur die wenigsten durch ihre Werke. Oft kenne ich nur die Namen, manchmal kenne ich sie überhaupt nicht. Das stört mich jedoch keineswegs, denn es macht so viel Spaß davon zu lesen, wie sie es schaffen, dass ihre Kreativität fließt.

Richtig gut gefällt mir zudem, dass es zwischendurch passende Zitate aus der schreibenden Zunft gibt, was „Schreibwelten“ herrlich abrundet. Das Sahnehäubchen befindet sich am Ende von „Schreibwelten“. Dort hat sich Alex Johnson die Mühe gemacht und die Besucherinformationen zu den vorgestellten Schreiborten zusammengetragen. Leider sind nicht alle Orte öffentlich zugänglich, aber auch das wird vermerkt.

Fazit:
Eine herrliche Gelegenheit, in die Arbeitsroutine von 50 AutorInnen zu schnuppern. Kurzweilig, knackig und empathisch beschrieben ist „Schreibwelten“ ein gelungenes Sachbuch zum Staunen und Blättern.

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  • Cover
  • Erzählstil
Veröffentlicht am 31.05.2023

Ein großartiges Buch

Die Wissenschaft von Game of Thrones
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Das 254 Seiten starke Buch „Die Wissenschaft von Game of Thrones“ ist nicht nur vom Informationsgehalt eine Wucht, sondern auch die Illustrationen von William Simpson. Er ist der Storyboarder der Game ...

Das 254 Seiten starke Buch „Die Wissenschaft von Game of Thrones“ ist nicht nur vom Informationsgehalt eine Wucht, sondern auch die Illustrationen von William Simpson. Er ist der Storyboarder der Game of Thrones-Reihe. Kein Wunder also, dass seine Zeichnungen einen hohen Wiedererkennungswert haben mit der filmischen Umsetzung dieser gigantischen Saga. Auf dem Cover wird eindrucksvoll William Simpsons Arbeit in Szene gesetzt. Es ist nur ein minimalistischer Ausschnitt auf das, was mich erwarten wird. Diese Komposition übt eine magische Anziehungskraft auf mich aus. Die goldene Titelschrift veredelt optisch das Cover und so schlage ich das Buch mit einer Mischung aus Spannung und Vorfreude auf.

Der Titel „Die Wissenschaft von Game of Thrones“ ist absolut treffend. Eifrige Spezialisten von wissenschaftlicher Expertise haben sich an die Analyse der weltbekannten Fantasy-Saga gemacht und alles genaustens unter die Lupe genommen. Dabei zeigen sie auf, mit welcher genialen Komplexität und Bezügen zu wahren historischen Ereignissen es George R. R. Martin gelang, ein solch episches Meisterwerk zu erschaffen.
Dass die WissenschaftlerInnen wahre Experten sind, ist richtig spürbar. Sie sind detailversessen, erklären aber alles leicht verständlich und spannungsvoll. Wie es sich für ein gutes Sachbuch gehört, blicken die AutorInnen auch links und rechts des Weges. Immer wieder werden Parallelen und Bezüge zur Gegenwart und Vergangenheit, zu anderen Büchern sowie Filmen hergestellt. So ist der Inhalt wahnsinnig komplex, zeigt gleichzeitig aber auch auf, wie intensiv Game of Thrones durchleuchtet wurde. Ich mag das, auch wenn ich zum Lesen viel Zeit einplanen muss, damit ich diese Fülle an interessanten Fakten auch verarbeiten kann.

Das Inhaltsverzeichnis gibt einen guten Eindruck, was mich beim Lesen von „Die Wissenschaft von Game of Thrones“ erwarten wird. Ich erahne, mit welchen wissenschaftlichen Bereichen sich die einzelnen Kapitel beschäftigen werden und ich bin besonders gespannt auf „Eine fast natürliche Geschichte“ und „Ein Psychologe im Reich der sieben Königlande“.
Ich bin erstaunt, wie ausführlich sich die einzelnen Kapitel mit dem Kosmos von Game of Thrones beschäftigen. Das ist sehr nützlich, besonders wenn ihr euch, so wie ich, gar nicht weiter mit diesem Fantasyepos auskennt. Mir fehlt es hier an nichts, obwohl ich weder die Bücher noch die Serie kenne. Ich werde nicht nur in die tiefen Strukturen von Game of Thrones gesogen, sondern auch mitgenommen. Übrigens muss niemand Angst haben, gespoilert zu werden, denn es werden einzelne Komponenten beleuchtet und nicht der Plot der Story verraten.
Ich kann wärmstens das Kapitel „Lied von Eis und Feuer für Dummies“ empfehlen für alle, die sich mit der groben Story nicht auskennen.

„Die Wissenschaft von Game of Thrones“ beschäftigt sich mit den Sparten der Paläontologie, Archäologie, Klimatologie, Psychologie, Geomorphologie, der Sprache, dem Ingenieurwesen und es gibt Einblicke von einer Filmhistorikerin. Die Mischung der wissenschaftlichen Ansätze ist also bunt und genau richtig.
Ich liebe die Vielzahl an spannenden Fakten, vor allem wenn Besonderheiten vom Filmdreh und der Produktion erzählt werden. Spannend ist auch der regelmäßige Vergleich zu anderen Fantasy-Reihen, insbesondere zu „Herr der Ringe“ von Tolkien, der eine besonders große Inspirationsquelle für George R. R. Martin ist.
Sehr positiv aufgefallen ist mir, dass die Anmerkungen zu den einzelnen Kapiteln immer am jeweiligen Ende aufgeführt werden. So ist der Bezug viel frischer, wenn sich jemand für die Quellenangaben interessiert und noch tiefer einsteigen möchte.

Es gibt so vieles an „Die Wissenschaft von Game of Thrones“, was mich fasziniert.
So finde ich es äußerst interessant, von Dan Lunts Arbeit mit mehreren Klimamodellen zu lesen, wo er nicht nur unser eigenes auf der Erde beleuchtet, sondern auch das Klimamodell der Welt von Game of Thrones nachstellt. Übrigens werden alle Kapitel richtig großartig mit zusätzlichem Material wie Karten, Diagramme, Schaubilder, Grafiken und passenden Illustrationen unterfüttert. So wird das Gelesene greifbarer und perfekt ergänzt.
Der historische Blick auf die Saga lässt mein Herz höherschlagen, während das Kapitel über „Die Sprache im Lied von Eis und Feuer“ mir Probleme macht. Es ist auf jeden Fall sehr interessant, aber ich benötige wahnsinnig viel Konzentration, um alle diese Informationen und Bezüge zu verstehen. Teilweise gibt es Sätze in Englisch und Französisch, die zwar übersetzt und erklärt werden, aber im Kontext für mich schwer zu verarbeiten sind.
Das letzte Kapitel ist von allen anderen Abschnitten jenes, mit dem ich gar nicht klar kam. Kunst ist einfach nicht mein Thema und das Abtauchen in die künstlerische Welt der Malerei will mir nicht recht gelingen. Aber es stört mich nicht, denn alle anderen Bereiche haben mich komplett abholen können.
Richtig begeistern kann mich das Kapitel, welches sich um die Psychologie dreht. Sehr aufschlussreich und besonders fasziniert hat mich, dass tatsächlich Sagas wie Star Wars im Bereich der Psychotherapie verwendet und genutzt werden, um mit dem Patienten besser interagieren zu können. Star Wars wird sogar dazu genutzt, um psychiatrische Konzepte zu lehren und damit zur Ausbildung von Fachkräften für psychische Gesundheit beizutragen.

„Die Wissenschaft von Game of Thrones“ habe ich mit Sicherheit nicht zum letzten Mal in die Hand genommen. Ich bin sehr beeindruckt von diesem gesammelten Wissen und der verschiedenen Art das komplexe Werk von George R. R. Martin zu beleuchten. Meine Lust, endlich die Bücher zu lesen, ist jetzt noch viel größer und ich freue mich darauf, die Welt von Westeros zu entdecken.

Fazit:
Ein großartiges Buch. Hochinteressant, spannend und anschaulich. Ein Sachbuch, dass mit seinen vielen Facetten und Fakten gut verständlich aufbereitet ist. Eine echte Empfehlung, nicht nur für Fans der Serie.

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Veröffentlicht am 31.05.2023

Wissen in Unterhaltungsform

Der Horror der frühen Chirurgie
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„Der Horror der frühen Chirurgie“ ist optisch schon mal ein Knaller. Mir gefällt das Cover richtig gut, es fügt sich in seiner Schlichtheit zum Thema ein und nimmt nichts vorweg. Es passt auch gut zum ...

„Der Horror der frühen Chirurgie“ ist optisch schon mal ein Knaller. Mir gefällt das Cover richtig gut, es fügt sich in seiner Schlichtheit zum Thema ein und nimmt nichts vorweg. Es passt auch gut zum Vorgängerband „Der Horror der frühen Medizin“, was einem buchliebenden Menschen wie mir wichtig ist.

Lindsey Fitzharris gelingt es sofort, mich mit ihrem einzigartigen Schreibstil einzufangen. „Der Horror der frühen Chirurgie“ ist ein Sachbuch, liest sich aber nicht wie eins. Eher habe ich das Gefühl, einen Roman zu lesen, der mich mit in die Schrecken des beginnenden zwanzigsten Jahrhunderts nimmt und mir auf eine charmante Art den „Vater der plastischen Chirurgie“, Harold Gillies vorstellt.
Seine Pionierarbeit auf dem Gebiet der Gesichtsrekonstruktionen für verletzte Soldaten während des Ersten Weltkriegs ist so anschaulich und einnehmend geschildert, dass ich das Gefühl habe, dem berühmten Arzt selbst über die Schulter schauen zu können.
Lindsey Fitzharris beleuchtet die Arbeit von Harold Gillies auf eine ganz besondere Art und Weise, bringt mich der Person Gillies näher, ohne viel in sein Privatleben einzudringen. Der Fokus liegt klar auf der Chirurgie und wird verständlich beschrieben. Dabei schildert Lindsey Fitzharris den Werdegang von Gillies sehr interessant und untermauert diesen mit vielen Beispielen.

Der Mix aus kurz angerissenen Einzelschicksalen ist packend dargestellt. Sie sind so in den historischen Kontext eingebettet, dass sie eine Brücke zwischen den Problemen und den medizinischen Herausforderungen der damaligen Zeit schlägt. Besonders gut gefällt mir, dass Lindsey Fitzharris kurz die Hintergründe des Ersten Weltkrieges beleuchtet, was der Auslöser war und welche furchtbaren Entwicklungen dies nach sich zog. Dabei geht die Autorin sachlich mit der Thematik um und verzichtet auf Schuldzuweisungen. Stattdessen schaut sie auch links und rechts von den meisterhaften Leistungen Harold Gillies und berichtet von anderen Zeitgenossen verschiedenster Herkünfte, die ebenso zur weiteren Entwicklung der Chirurgie beitrugen und versuchten das Leid ihrer Patienten zu lindern.

Die geschilderten Schrecken des Ersten Weltkrieges sind brutal. Das sinnlose Gemetzel und die Schrecken für die Soldaten lassen mich beim Lesen schwer schlucken. Es zeigt so eindrücklich, wie grausam ein Krieg ist. Gleichzeitig schärft es mein Bewusstsein dafür, wie wenig entwickelt die damalige Medizin tatsächlich gewesen ist. Es berührt mich unglaublich zu lesen, mit welchen extremen Problemen die Mediziner zu kämpfen hatten. Alles war im Grunde ein reines Experimentieren, Penicillin und Antibiotika noch ein Fremdwort.
Völlig fasziniert hat mich auch die Tatsache, dass eine plastische Korrektur sehr zeitaufwendig war und manche Methoden schon vor 2.000 Jahren angewendet wurden. Lindsey Fitzharris springt immer mal wieder während der Erzählungen noch weiter in die Vergangenheit zurück, bringt Beispiele und stellt weitere Menschen vor. Dabei gelingt es ihr, das alles so geschickt in den Rahmen um Harold Gillies einzubetten, dass ich nie aus dem Lesefluss gerissen werde.

„Der Horror der frühen Chirurgie“ berichtet von vielen Personen und Jahreszahlen, das Wissen ist extrem geballt. Für mich ist das keine Lektüre zum schnellen Weglesen, da die Thematik sehr sachlich und ernst, aber gleichzeitig unglaublich unterhaltsam ist. Lindsey Fitzharris hat definitiv ein Talent dafür, die passende Atmosphäre zu erzeugen, sodass ich durchaus mal etwas zum Schmunzeln oder gar Lachen finde.
Obwohl sich Lindsey Fitzharris viel Mühe gegeben hat, fachliche Arbeitsweisen so einfach wie möglich zu beschreiben, fällt es mir bei manchen detaillierten Veranschaulichungen von chirurgischen Eingriffen schwer, ihnen zu folgen. Dazu habe ich zu wenig medizinisches Fachverständnis. Das gilt ebenso für die vielen medizinischen Begriffe. So komme ich manchmal nicht darum herum, selbst noch ein bisschen zu recherchieren, was ich aber nicht schlimm oder nervig empfinde.

Kleiner Tipp: Es lohnt sich am Ende einen Blick in die Anmerkungen zu werfen. Dort werden die im Text mit einer hochgestellten Zahl markierten Wörter noch ausführlicher erläutert. Meist verbirgt sich dahinter noch mehr Informatives, was ich sehr interessant und aufschlussreich finde.

Fazit:
„Der Horror der frühen Chirurgie“ ist ein Sachbuch im Mäntelchen eines Unterhaltungsromans. Dadurch wird mir die Pionierarbeit von Harold Gillies mit all seinen Unwegsamkeiten und den historischen Hintergründen so lebendig erzählt, dass ich dieses sehr ausführlich recherchierte Sachbuch genossen und viel für mich mitgenommen habe.

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Veröffentlicht am 31.05.2023

Kluge und umsichtige Aufklärungsarbeit

Wölfe
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Ich mag das schlichte blau-schwarze Cover. Es passt zu diesem Buch, das sich mit der Wirkung des Wolfes auf den Menschen sowohl im Hinblick auf die naturgeschichtliche Beziehung als auch auf die kulturgeschichtliche ...

Ich mag das schlichte blau-schwarze Cover. Es passt zu diesem Buch, das sich mit der Wirkung des Wolfes auf den Menschen sowohl im Hinblick auf die naturgeschichtliche Beziehung als auch auf die kulturgeschichtliche Verarbeitung beschäftigt. Es ist ganz klar ein Sachbuch, dies merke ich schon auf den ersten Seiten.
So flechtet Petra Ahne gern Zitate aus früheren Jahrhunderten zur Untermauerung der Beleuchtung des Wolfes von allen Seiten mit ein, was manchmal meinen Lesefluss hemmt und ich noch konzentrierter als ohnehin schon lesen muss.

Petra Ahne räumt Schritt für Schritt mit dem Mythos Wolf auf und erklärt nachvollziehbar sowie eindrücklich, wie dieser überhaupt erst entstehen konnte. Weshalb der Hass und die Furcht vor dem Wolf so gnadenlos wurde, dass diese wunderschönen Tiere beinahe einer vollständigen Ausrottung gegenüberstanden.
Zu Beginn bedient sie sich dazu der historischen Quellen, die beleuchten, wie die Menschen damals den Wolf wahrgenommen haben. Wie er zu etwas Bösem hochstilisiert wurde und wie doch ganz langsam ein Umdenken stattfand. Dazu wirft Petra Ahne einen Blick auf die beginnende Wolfsforschung Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts. Aber auch die war tückisch für die Wölfe, denn so entstanden erneut falsche Vorstellungen.

Der Weg, den Wolf zu entmystifizieren, ist lang und steinig. Dies wird in diesem Sachbuch ganz deutlich und es wird auch klar, dass es abhängig von jenen Menschen ist, die diese intelligenten Tiere beobachten. Mit sachlicher Präzision und nachvollziehbar zeigt Petra Ahne auf, wie schwer es den Menschen in all dieser langen Zeit fällt, den Wolf frei von jeglicher eigenen Interpretation zu beobachten und zu erforschen. Dazu stellt sie mehrere Menschen vor, die sich jahrzehntelang mit diesen Tieren beschäftigten und zeigt gleichzeitig auf, wie unterschiedlich sie dabei agierten. Das ist hochinteressant.

Besonders spannend ist für mich die neutrale Betrachtung des Sozialgefüges der Wölfe im Unterschied von Gefangenschaft und Wildnis. So offenbaren sich schonungslos die Fehler der Wolfsforschung, zeigt aber auch positiv auf, wie diese aufgedeckt wurden.
Auch das Jagdverhalten der Wölfe wird beleuchtet, was mich ebenfalls fasziniert.
Einen Blick hinter die Kulissen der Domestikation und dessen Resultat der Hund wird ebenfalls gewährt. Interessant finde ich hier die Erwähnung der Forschung mit Hunden und Wölfen im direkten Vergleich.

Die letzten etwa zwanzig Prozent des Buches nutzt Petra Ahne dazu, elf unterschiedliche Wolfsarten zu porträtieren. Das gefällt mir richtig gut. Besonders die Zeichnungen verschaffen einen guten Überblick über die Unterschiede der Wölfe.
Generell wird das Sachbuch durch die zahlreichen Abbildungen und Illustrationen aufgelockert. Sehr aufschlussreich finde ich die Darstellung der unterschiedlichen Schwanz- und Körperhaltungen sowie die verschiedensten Gesichtsausdrücke der Wölfe. Selbst bei meinem Hund konnte ich das ein oder andere schon beobachten.

Fazit:
Ein informatives Buch, welches sich sachlich und vorurteilsfrei damit beschäftigt, wie aus einem spitzen Prädator ein Hasssymbol wurde, dessen Vernichtung im Vordergrund stand und wie beschwerlich es ist, kluge und umsichtige Aufklärungsarbeit zu leisten.

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