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Veröffentlicht am 25.06.2023

Be- und enthauptet

STONE BLIND – Der Blick der Medusa
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Als die unsterblichen Gorgonen eines Tages ein menschliches Baby vor ihrer Tür finden, ist ihnen beinahe sofort klar, dass es sich dabei um ihre Schwester handeln muss. Sie nehmen sie auf und kümmern sich ...

Als die unsterblichen Gorgonen eines Tages ein menschliches Baby vor ihrer Tür finden, ist ihnen beinahe sofort klar, dass es sich dabei um ihre Schwester handeln muss. Sie nehmen sie auf und kümmern sich um Medusa; zum ersten Mal in ihrem Leben lernen sie Angst kennen. Nämlich darum, dass jemandem, den man liebt, etwas passieren kann. Medusa entwickelt sich zu einer hübschen, sympathischen und mitfühlenden jungen Frau. Das bleibt auch Poseidon nicht verborgen, der sie ausgerechnet im Tempel seiner Nichte Athene vergewaltigt. Diese ist nicht nur auf ihn wütend und sie rächt sich furchtbar an Medusa: Sie verwandelt sie in ein Monster mit Schlangenhaaren und tödlichen Blick. Und dann ist da noch Perseus, der von einem König auf eine unmögliche Mission geschickt wird ...

Wir alle wissen, dass es hier kein Happy End für Medusa gibt. Trotzdem ist diese Geschichte kein alter Abklatsch uns bekannter Mythologie. Obwohl Medusa, dafür, dass sie die Titelperson ist, recht wenig Raum zum Erzählen bekommt, lässt sich doch ein gutes Bild von ihr zeichnen. Selbst als sie schon zu dem Monster wird dank der rachsüchtigen Göttin, bleibt sie im Inneren die freundliche Person, die lieber an andere als an sich selbst denkt. Und auch, wenn es irritiert, dass sie nur wenig erzählt, entspinnt sich eine runde Geschichte um sie, mit einem besonderen Kniff. Die Autorin gibt vielen Persönlichkeiten aus der Mythologie eine kurze, eigene Stimme und anhand deren Handlungen, Taten und Gedanken erkennt man schnell, wer hier das Monster, wer die wahren Helden sind. Das Buch erscheint durch die kurzen Kapitel und Sprünge durch Gegenden und Personen manchmal etwas fahrig, aber zum Schluss findet man den Faden, der einen durch das Labyrinth all dieser Tittle-Tattle-Einschübe führt. Nicht jedermanns oder -fraus Sache, aber absolut nicht uninteressant für LeserInnen, die sich darauf einlassen können.

Veröffentlicht am 14.06.2023

Batavias Grab

Die Insel der Unschuldigen
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1628: Die neunjährige Mayken besteigt die Batavia, das Flaggschiff der ostindischen Kompanie, um damit die monatelange und anstrengende Reise zu ihrem Vater nach Indonesien anzutreten. Durch ihre offene ...

1628: Die neunjährige Mayken besteigt die Batavia, das Flaggschiff der ostindischen Kompanie, um damit die monatelange und anstrengende Reise zu ihrem Vater nach Indonesien anzutreten. Durch ihre offene und neugierige Art findet sie schnell Freunde, doch auch hinterhältige und gefährliche Leute befinden sich an Bord. Als dann ein gewaltiger Sturm das Schiff trifft, havarieren sie auf einer kleinen Insel vor der westaustralischen Küste. Und jetzt erst zeigen manche ihr wahres Gesicht ...

1989: Der neunjährige Gil kommt nach dem Tod seiner Mutter nach Beacon Island - auch genannt Batavia's Graveyard. Vor 360 Jahren havarierte dort die Batavia - gehen auch die Geister der Toten um? Doch Gil hat auch andere Probleme. Er ist anders als die meisten Kinder und das wird nicht gern gesehen.

Von Jess Kidd lese ich mittlerweile jedes Buch, ohne auch nur großartig darauf zu achten, worum es geht. Und auch hier wurde ich keinesfalls von der Story und dem Schreibstil enttäuscht. Bildgewaltig führt uns die Autorin in die Vergangenheit, in die Beengtheit, den Dreck, die Gefahr einer Seereise, zu einer Meuterei, zu Blutvergießen und Brutalität. Und sie stellt uns zwei noch ziemlich kleine Kinder vor, die mit unmöglichen Situationen umgehen müssen, nicht zuletzt mit Tod und der Grausamkeit von Erwachsenen. Dabei bettet sie ihre Handlung in historisch korrekte Geschehnisse ein, gibt ihnen ein Gesicht und eine Stimme. Dennoch unterscheidet sich dieses Buch von den anderen der Autorin. Während sie zwar immer mit Toten und Geistern spielt, tut sie das meistens in einer leichten, poetischen und manchmal amüsanten Weise. Hier hüllt sie die Lesenden in eine immerwährende Stimmung aufkommender Gefahr, Beklommenheit und aufkommender Trostlosigkeit. Wer sich mit mit menschlicher Grausamkeit schwertut, wird sich eventuell mit dem Buch quälen. Der Rest von uns bewundert das Können der Autorin, kämpft aber mit seinen Gefühlen und den Tränen.

Veröffentlicht am 09.06.2023

Mörderdemenz

Aufzeichnungen eines Serienmörders
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Er ist jetzt über 70, der pensionierte Tierarzt Kim, und er merkt, dass sein Gedächtnis nachlässt und er immer mehr vergisst. Demenz sagt sein Arzt. Ausgerechnet jetzt, da sich in der Gegend ein Serienkiller ...

Er ist jetzt über 70, der pensionierte Tierarzt Kim, und er merkt, dass sein Gedächtnis nachlässt und er immer mehr vergisst. Demenz sagt sein Arzt. Ausgerechnet jetzt, da sich in der Gegend ein Serienkiller herumtreibt, der junge Frauen tötet. Kim hat Angst um seine Adoptivtochter und er will den Killer stellen, bevor es auch sie erwischt. Dazu ist er tatsächlich sehr gut geeignet, denn er ist nicht nur pensionierter Tierarzt, sondern auch pensionierter Serienkiller. Doch immer mehr entgleiten ihm seine Vorhaben, seine Gedanken und das Wissen um das, was getan werden muss. Die Einträge in seinem Tagebuch werden immer verwirrender ...

... und das nicht nur für Kim selbst. Am Ende stehen die Lesenden da und fragen sich, was eigentlich tatsächlich alles wahr und was der Verwirrung der Demenz entspringt. Wie er sich gegen das Vergessen stemmt, ist schon beeindruckend aufgezeichnet worden. Die teilweise zusammenhanglosen Absätze und Notizen führen jedoch am Ende tatsächlich zu einer wenn nicht runden, so doch auf jeden Fall bemerkenswerten Geschichte, zu der man gedanklich noch öfter zurückkehren wird.

Veröffentlicht am 01.06.2023

Im Abgrund

Below Zero
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Da hängt sie nun: Hannah ist Wissenschaftlerin und steckt verletzt in einer Eisspalte auf Spitzbergen fest. Ihr Teamleiter hat ihr mehr oder weniger gesagt, dass dank des kommenden Schneesturms niemand ...

Da hängt sie nun: Hannah ist Wissenschaftlerin und steckt verletzt in einer Eisspalte auf Spitzbergen fest. Ihr Teamleiter hat ihr mehr oder weniger gesagt, dass dank des kommenden Schneesturms niemand zu Hilfe kommen wird und sie solle durchhalten. Sind ja nur ein paar Grad unter Null und so eine Gletscherspalte ist ja recht kuschelig. Doch ausgerechnet, als sie alle Hoffnung aufgegeben hat, taucht Ian auf und rettet sie. Ausgerechnet Ian, ihr wissenschaftlicher Erzfeind! Doch wie genau kam es dazu, dass Ian nicht nur - im wahrsten Sinne - Berge versetzt, um zu ihr zu kommen, sondern er auch die Fähigkeit hat, ihr Herz sowohl vor Wut als auch Liebe zum Rasen zu bringen? In Rückblenden erzählt Hannah ihre Geschichte.

Das ist eine von drei Kurzgeschichten um drei befreundete Wissenschaftlerinnen, die sich in der Männerdomäne behaupten müssen. Die um Hannah ist die letzte davon, aber sie ist in sich abgeschlossen und es gibt auch keine Spoiler zu den anderen Kurzgeschichten. Sowohl Hannah als auch Ian sind sympathisches Personal. Klar, beide sind nicht nur mega clever, sondern auch hot wie die Hölle, aber da die Geschichte so kurzweilig, amüsant und vor allem respektvoll auf beiden Seiten herkommt, stört mich das im Gegensatz zu anderen Liebesgeschichten nur wenig. Eine Wohlfühlstory sowohl eiskalte als auch heiße Tage.

Veröffentlicht am 27.05.2023

Chef's Special

Für jede Liebe ein Problem
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Dahlia ist geschieden, pleite und planlos, was sie in ihrem Leben noch erreichen könnte. Das Einzige, was sie wirklich gut kann und gern macht, ist kochen. Da kommt es gerade recht, dass sie sich für die ...

Dahlia ist geschieden, pleite und planlos, was sie in ihrem Leben noch erreichen könnte. Das Einzige, was sie wirklich gut kann und gern macht, ist kochen. Da kommt es gerade recht, dass sie sich für die Show "Chef's Special" qualifiziert. Vor laufender Kamera kämpft ein Dutzend Leute um den Titel und 100.000 Dollar. London ist die erste non-binäre Person der Show und sollte sich eigentlich nur aufs Kochen und nicht die süße Köchin vor sich konzentrieren. Doch dey und Dahlia kommen sich näher und müssen sich mit dem üblichen Missverständnis und Hass der typischen Empörten herumärgern, die weder Geschlechtsidentitäten noch queere Liebe akzeptieren wollen.

Eine interessante Lektüre! Ich habe weder groß Ahnung von Fernsehshows noch bin ich überragend im Kochen, aber hier wurde leicht und locker darüber geplaudert und ohne in die Tiefe zu gehen, der Stress dargestellt, der durch die Ausscheidungsrunden entsteht. Natürlich geht es auch in diesen Shows nicht wirklich (nur) um das beste Essen/Rezept, sondern vor allem um die Interaktion der Kandidaten und den damit verbundenen Einschaltquoten. Mir hat sehr gut gefallen, dass für London konsequent die Pronomen dey, demm, deren verwendet wurden. Wer nicht gerade total vernagelt ist und sich einfach mal ohne Vorurteile drauf einlässt, kommt damit sehr schnell zurecht. Echte Karens oder Janas aus Kassel werden natürlich den Untergang des Abendlandes verkünden. Ich hatte jedoch meinen Spaß mit dem Buch, und empfehle es für offene Menschen weiter.