Profilbild von marcello

marcello

Lesejury Star
offline

marcello ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit marcello über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 17.08.2017

Nachtblumen-Genuss

Nachtblumen
0

Was habe ich „Kirschroter Sommer“ und „Türkisgrüner Winter“ geliebt! So großartig die Autorenneuentdeckung Carina Bartsch auch war, so sehr konnte ich nachvollziehen, dass sie danach lange in einem Loch ...

Was habe ich „Kirschroter Sommer“ und „Türkisgrüner Winter“ geliebt! So großartig die Autorenneuentdeckung Carina Bartsch auch war, so sehr konnte ich nachvollziehen, dass sie danach lange in einem Loch war und dann sehr lange am Manuskript zum nun veröffentlichten „Nachtblumen“ gearbeitet hat. Wie sollte man die beiden so erfolgreichen Erstlingswerke auch toppen? Bartsch hat eine interessante Lösung gewählt: sie schreibt zwar immer noch für junge Erwachsene, aber Grundausrichtung ist eine ganze andere und hier kommt die Erklärung, wie mir dieser Schritt gefallen hat.
„Nachtblumen“ hatte es in vielerlei Hinsicht schon einfach, weil mit Jana eine Hauptfigur aufgeboten wurde, in der ich mich sehr häufig wiederentdeckt habe und wenn es doch noch andere Charaktereigenschaften gab, dann habe ich mich selbst das großartig hineinversetzen können, weil Jana wirklich sehr greifbar charakterisiert wurde. Jana nimmt definitiv den Hauptteil der Geschichte ein und es ist sehr berührend, wie man mit ihr nach und nach ihre Dämonen bekämpft und sie beim Wachsen zu ihrem wahren Ich begleiten darf. Diese Entwicklung enthält unheimlich viele kleine Schritte, aber jeder einzelne ist so wichtig, weil dadurch sehr authentisch klar wird, warum sie sich wandelt und warum sie am Ende des Romans eine junge, lebenslustige und mutige Frau ist. Hier muss ich wirklich kräftig loben, denn selten habe ich eine so glaubwürdige Entwicklung mitverfolgen können.
Neben Jana werden auch einige andere Figuren aufgeboten. Mit der Psychologin Flick, mit den Gasteltern Klaas und Anke und mit Janas Mitbewohnern werden eine ganze Reihe an unterschiedlichsten Charakteren aufgeboten. Thea Flick war z. B. der quirlige, lustige Ausgleich zu der eher melancholischen Jana und die Gasteltern die strengen, aber stets liebevollen Motivierer. Zwar habe ich mich mit einigen Figuren richtig wohl gefühlt, aber im Gegensatz zu Jana wurden sie alle in entscheidenden Aspekten vernachlässigt. Viele Aspekte ihrer Vergangenheit werden angedeutet, aber nie vollends aufgelöst. So habe ich mich aus diesem Buch mit sehr, sehr vielen Fragen verabschiedet und habe richtig bedauert, dass mit weitere 500 Seiten es nicht erlaubten, alles zu wissen.
Diese inhaltlichen Lücken entstehen aber auch, weil einer sehr große Erzählspanne bedient werden muss. Insgesamt etwa sechs Jahre. Mir ist bewusst, dass da nicht alles erzählt werden kann. Zumal die sechs Jahre auch so ein Zeitraum sind, wo ich sagen kann, ja, das ist realistisch, dass sich Jana da so sehr entwickelt hat. Denn oftmals kritisiere ich in Büchern, die ebenfalls junge Frauen auf der Reise zu ihrem Ich begleiten, dass die Zeitspanne viel zu kurz ist und es unglaubwürdig wirkt. Das kann ich hier nicht kritisieren, muss ich sogar loben, aber wenn dadurch logische Lücken entstehen, dann ist das auch nicht 1A-Weg.
Den letzten Abschnitt möchte ich nun noch der Liebesgeschichte widmen, die mich ebenfalls etwas zwiespältig zurückgelassen hat. Ich fand es sehr abwechslungsreich, dass es hier nicht um eine junge Liebe, begleitet von rosa Herzchen, rosaroter Brille und ähnlichen unrealistischen Traumbildern geht. Denn das hätte zu den traurigen Themen und der Melancholie der Geschichte nicht gepasst. Dennoch nimmt die Liebesgeschichte eher einen kleinen Raum ein und in meinen Augen fast zu wenig, um wirklich eine Beziehung zu Jana und Collin als Paar aufzunehmen. Die ersten Schritte der beiden zueinander hin sind süß, vorsichtig und damit perfekt für ihre jeweiligen Charaktere. Irgendwann nimmt das Tempo zu, damit verknüpft sind aber schnell erste Dämpfer, die das Glück trüben, die mich teilweise sogar frustriert haben. Ich war sogar soweit die beiden vielleicht als unpassend füreinander zu erklären. Aber vielleicht hat das auch die Autorin erkannt, da sie schließlich einen anderen Weg wählt, der tatsächlich viel besser zu den beiden passt und der mich dann auch zufrieden zurücklässt.
Fazit: Ich weiß, ich weiß, meine Argumente klingen eigentlich mehrheitlich negativ, trotzdem möchte ich „Nachtblumen“ wohlverdiente vier Sterne geben. Ich habe einen Heidenrespekt, dass sich Bartsch mit diesem Roman neu erfunden hat und auch abseits von Humor und Leichtigkeit ihren Weg gefunden hat. „Nachtblumen“ war nicht perfekt, da sich durch die große Erzählspanne einige Lücken ergeben haben, die man als Leser entweder selbst stopft oder als unbeantwortet akzeptieren muss. Dafür war ich tief beeindruckt von der unglaublichen realistischen Entwicklung von Jana, die begleitet war von Angst, Trauer, Mut, Freude, Empathie und gefüllt allen anderen Emotionen der Palette. Das habe ich selten so großartig irgendwo niedergeschrieben gesehen!

Veröffentlicht am 23.07.2017

Was für ein Finish!

Und morgen du (Ein Fabian-Risk-Krimi 1)
0

Stefan Ahnhem ist nun bereits seit ein paar Jahren auf dem Krimimarkt bekannt und seine Fabian-Risk-Reihe hat bereits drei Bände. Bei mir hat es etwas länger gedauert, aber nun habe auch ich mich endlich ...

Stefan Ahnhem ist nun bereits seit ein paar Jahren auf dem Krimimarkt bekannt und seine Fabian-Risk-Reihe hat bereits drei Bände. Bei mir hat es etwas länger gedauert, aber nun habe auch ich mich endlich „Und morgen du“, dem Auftaktband der schwedischen Krimireihe gewidmet. Ich habe große Hoffnungen in diese Reihe gesetzt, da die Kritiken durchaus positiv waren und ich schwedischen Krimis sowieso sehr positiv gegenüberstehe.
Mein großes Problem dieses Auftaktbandes ist ehrlich gesagt der Namensgeber dieser Krimireihe selbst: Fabian Risk. Zunächst nahm ich ihn als Familienvater war, der sich nur auf die Ermittlungen einlässt, weil persönlich betroffen ist. Diese Ausgangslage gefiel mir, weil viele Ermittler einsame, verbitterte Männer sind, die entweder nie eine Familie hatten oder diese bereits verloren oder zerstört haben. Der zweite Aspekt war, dass ein persönlicher Fall sehr viel Potenzial bot, den Ermittler gleich mit dem Auftaktband sehr gut kennenzulernen. Der erste Aspekt hat sich als Trug erwiesen und der zweite Aspekt hat gezeigt, dass Fabian Risk eher eine unbequeme Persönlichkeit ist, mit der man wohl nur mit langem Anlauf warm werden kann. Seine Alleingänge, sein grottiges Verhalten als Familienvater, dass ständige Betonen, wie gut er aussieht und dass er diese Tatsache einzusetzen weiß, da waren wirklich einige Aspekte, die mich Fabian Risk auch nach Beendigung des Bandes negativ gegenüber stehen lassen. Carl Mork, die zentrale Figur bei Jussi Adler Olsen ist ebenfalls eine unbequeme Figur und dennoch habe ich ihn über all die Zeit zu schätzen gelernt. Bei Risk ist das die große Frage: er bietet zwar gute, aber auch viele negativen Facetten und grundsätzlich identifiziere ich mich lieber mit „guten“ Menschen.
Der Fall dagegen war sogar unabhängig von Risks persönlicher Involvierung, klasse für einen ersten Band gewählt. Es wird kein harmloser Mord oder sonstiges geboten, stattdessen wird wirklich ein Killer der Extraklasse geboten, der einen Schüler einer Klasse nach dem anderen tötet. Durch die vielen Morde passiert unheimlich viel, es kommt nie Langeweile auf, so dass man regelrecht atemlos durch die Seiten hechelt. Dadurch dass sehr viel passierte und auch aus sehr vielen verschiedenen Perspektiven erzählt wurde, hätte es der Geschichte gut getan, wenn die Kapitel mit Datum- oder Wochenendangaben und sogar der Uhrzeit versehen worden wären. Denn manches Mal wurde etwas erzählt und das Kapitel danach war in der Zeit wieder davor. Das sind kleinere Dinge, bei denen man beim Lesen drüber stolpert und unnötig hängenbleibt. Das muss nicht sein.
Die vielen Perspektiven haben mit gut gefallen, ohnehin liebe ich bei Krimis ein großes Perspektivenrepertoire, weil es die Spekulationen gewinnbringend anheizt und weil so vielen Figuren hinter die Stirn geguckt werden kann. Seltsam war nur, dass der Beginn des Krimis fast nur aus Fabians Sicht erzählt wurde und urplötzlich kamen noch zig andere Perspektiven hinzu. Das war in der Erzählung selbst nicht ganz stringent. Die verschiedenen Perspektiven waren auch mit guten Figuren mit viel Potenzial für weitere Bände besetzt, sei es Fabians neues Team oder auch Dunja. Alle scheinen pfiffig zu sein und solche Nebenfiguren hat man doch gerne.
Beim Fall weiß ich nicht nur die Bösartigkeit und die Brutalität des Mörders zu schätzen, sondern auch dass der Fall unheimlich spannend konstruiert ist und einige Wendungen geboten hat, die ich so nicht habe kommen sehen. Manche Krimiautoren versuchen verzweifelt Überraschungsmomente einzubauen, die aber scheitern, weil sie zu offensichtlich sind, aber „Und morgen du“ bietet tatsächlich überraschende Momente, mit denen ich nicht gerechnet habe. Zu Ende hin spitzt sich die Lage in allen Perspektiven so zu, dass ich einige Sätze am liebsten übersprungen hätte, weil die Spannung zu brutal aufgebaut wurde und ich nur noch die Auflösung wissen wollte. Ich habe es meist auch gerne, wenn der Täter bis fast bis zum Schluss unbekannt bleibt. Das wird hier etwas früher aufgelöst, aber das ändert nichts ans der Spannung, da der große Kampf, ob Gut oder Böse am Ende siegt, genauso großartig war und das findet man echt selten.
Fazit: Ich habe es definitiv nicht bereut, nach einigen Jahren nun nach „Und morgen du“ gegriffen zu haben, denn Stefan Ahnhem scheint tatsächlich ein Krimiautor zu sein, der sein Handwerk zu verstehen scheint. Zwar bin ich mit dem Protagonisten noch nicht warm und es gibt auch kleinere stilistische Mängel, aber das Wichtigste (Fall und Spannungsaufbau) waren nahezu perfekt, so dass ich die Reihe nun definitiv weiterverfolgen werde!

Veröffentlicht am 19.07.2017

Hitverdächtiges Figurenrepertoire

Stormheart 1. Die Rebellin
1

Nachdem ich gerade erst den ersten Band der „Chronik der Verbliebenen“ verschlungen hatte und vollends begeistert von der starken weiblichen Protagonistin war, hatte ich daran wirklich einen Narren gefunden. ...

Nachdem ich gerade erst den ersten Band der „Chronik der Verbliebenen“ verschlungen hatte und vollends begeistert von der starken weiblichen Protagonistin war, hatte ich daran wirklich einen Narren gefunden. „Stormheart – Die Rebellin“ versprach ja alleine schon vom Titel ebenfalls eine starke Protagonistin. Zudem hat sich Cora Carmack ja auch in Deutschland bereits einen Namen gemacht und das durchaus mit Erfolg. Es sprach also vieles für diesen Trilogie-Auftaktband.
Eine neue Welt, neue Regeln, ein neues Verständnis von Natur. Man kann mich wahrlich nicht als Fantasy-Fan bezeichnen und dennoch tauche ich immer gerne in neue Welten ein. Knackpunkt bei der Sache ist, dass ich als ungeübter Leser dieses Genres immer recht lange brauche, um mich in neue Weltordnungen und –vorstellungen einzudenken. Das ist dann durchaus bitter, dass der erste Band dieser Reihe mir nicht unbedingt hilft. Vom Prinzip her verstehe ich die Idee hinter den Sturmgewalten, aber dennoch bleibt für mich bis zur letzten Seite vieles offen und ungeklärt. An dieser Stelle muss ich einschränken, dass es also entweder ein tatsächlicher Mangel der Autorin ist oder dass es vielleicht einfach an mir selbst liegt. Die Frage kann ich nicht beantworten, dessen muss sich jeder Leser individuell versichern. Dennoch lasse ich es mal als meinen größten Kritikpunkt im Raum stehen, da ich solche Kritik bei andern Fantasy-Welten nicht äußern musste.
Kommen wir zur durch den Titel groß angekündigten Protagonistin: Aurora. Ich nenne sie aber viel lieber Roar, denn genau die Persönlichkeit, die Aurora mit ihrer Flucht aus ihrer Heimatstadt antritt, die ist es, die es problemlos mit Lia aus „Chronik der Verbliebenen“ aufnehmen kann. Schon Aurora, die zu kämpfen und mit dem Messer umzugehen weiß, fasziniert mich, aber der Schritt aus der eigenen Heimat hinaus, sich auf wilde Abenteuer einzulassen und an sich selbst zu wachsen, das überzeugt mich restlos. Neben dieser abenteuerlustigen Seite, überzeugt Roar aber auch mit Empathie und Pflichtgefühl. Ich habe mich von Seite 1 in sie hineinversetzen können, mit ihr mitleiden und –freuen können und ich bin wirklich froh, dass sie durchweg in ihrer Persönlichkeit bleibt und mich dadurch für sie gewinnt.
Aber nicht nur die Protagonistin weiß zu überzeugen, sondern auch die vielen anderen eingeführten Figuren, die jede für sich eine spannende Geschichte zu erzählen haben. Ganz vorneweg natürlich Lock, der im Gegensatz zu meiner anfänglich Vermutung Cassius als eigentlichen Held ablöst. Ein mutiger Kämpfer mit einer traurigen Vergangenheit, der Roar als verängstigtes Mädchen aufnimmt und sie dabei begleitet, wie sie langsam zur Frau wird. Aber auch an ihm selbst gibt es noch unheimlich viel zu entdecken und daher freue ich mich bereits jetzt auf ein Wiedersehen mit den beiden.
Zurück zu den anderen Figuren, vor allem den Sturmkämpfern rund um Lock, Nova, die anscheinend eine lange verborgene Fähigkeit besitzt, deren Ausbruch ich gerne beiwohnen werde und natürlich Cassius. Cassius ist nicht leicht zu greifen: ist er Antagonist oder doch ein potenzieller Protagonist für die restlichen Bände? Viele Fragen, auch rund um den Sturmlord, der ebenfalls eine faszinierende Persönlichkeit zu sein scheint. Ich habe es wirklich selten, dass ich viel lieber wegen der Figuren weiterlesen möchte, als der Auflösung all der offenen Fragen entgegenzustreben.
Davon abgeleitet will ich natürlich noch etwas zur Handlung sagen. Diese leidet wie gesagt etwas unter der unverständlichen Welt für mich. Dennoch überzeugt mich der klug gewählte Erzählrhythmus. Es gibt viele ruhige Momente, in denen die Figuren brillieren können und es gibt viele spannungsgeladene Momente, die das Lesetempo anheizen und die Fähigkeiten der Helden erproben lassen. Ebenfalls positiv fällt mir der Perspektivenwechsel auf. Auf der einen Seite der Wechsel zwischen Lock und Roar und auf der anderen Seite immer wieder hin zu Nova und Cassius, so dass ein größeres Gesamtbild stehen bleibt.
Fazit: „Stormheart – Die Rebellin“ muss sich wirklich nicht hinter der „Chronik der Verbliebenen“ verstecken. Die Idee hinter der Fantasy-Welt ist ähnlich undurchsichtig, vielleicht sogar einen Ticken schwächer, aber dafür wird eine ebenso starke Protagonistin geboten und dazu eine wirklich großen Haufen an tollen Nebenfiguren, die ich bereits alle liebgewonnen habe. Die Reihe bietet noch so viel Potenzial, von dem ich hoffe, dass es in den Folgebänden genutzt wird, denn dann haben wir eine wieder eine wahre Hitreihe auf dem Buchmarkt.

Veröffentlicht am 11.06.2024

Spicy Wissenschaftsnerds

Not in Love – Die trügerische Abwesenheit von Liebe
0

Ali Hazelwood ist mir natürlich ein Begriff, aber „Not in Love“ ist tatsächlich mein erstes Buch von ihr. Mich hat speziell bei diesem Buch gereizt, dass es sich thematisch offenbar etwas wissenschaftlich ...

Ali Hazelwood ist mir natürlich ein Begriff, aber „Not in Love“ ist tatsächlich mein erstes Buch von ihr. Mich hat speziell bei diesem Buch gereizt, dass es sich thematisch offenbar etwas wissenschaftlich orientieren will. Das hatte mich von der Prämisse her ein wenig an Susannah Nix und ihre „Chemistry Lessons“ erinnert, wobei ich da etwas enttäuscht war, wie wenig ‚nerdig‘ die Geschichte letztlich doch war.

Bei „Not in Love“ lässt sich das Urteil auf eine Art und Weise auch fällen, aber aus einem ganz anderen Grund. Es ist durchaus so, dass wir Protagonistin Rue bei ihrem Arbeitsalltag begleiten und man auch durch die ganze Firma, für die sie arbeitet, tief in wissenschaftliche Kontexte und vor allem den Arbeitsalltag dort eintaucht. Das fand ich eigentlich wirklich positiv, auch weil es bei Liebesgeschichte so nicht oft auftaucht, da sind andere Berufsfelder oft viel attraktiver einer größeren Leserschaft zu verkaufen. Dennoch war ich letztlich überrascht, zumal ich vom Ruf her Hazelwood auch eher zu den humoristischen Liebesromanautorinnen gepackt hätte, wie groß der Anteil an spicy Szenen war und auch auf eine Art und Weise, dass es mir fast zu viel war. Es war weniger, wie oft es solche Szenen über die Buchlänge gab, sondern mehr konkrete Darstellung. Es ist schließlich nicht das erste und sicherlich auch nicht das letzte Mal, dass ich ein solches Buch lese und da war augenscheinlich, dass es für mich eine Richtung hatte, die ich nicht so gerne lese, aber das ist totale Geschmackssache, je nach Vorliebe wird es andere wahrscheinlich sehr willkommen beim Lesen sein.

Zum Glück ist es aber nicht so, dass die expliziten Szenen den ganzen Bucheindruck überschatten. Auf eine Art passte es auch zu den Figuren bzw. hat sich keinesfalls widersprochen. Denn beide haben eine schwere Geschichte hinter sich und vor allem familiär nie wirklich Rückhalt erfahren. Während Eli in seinen Freunden eine richtige Familie gefunden hat, die ihn aber dennoch auch seine Freiheit immer noch sehr genießen lässt, kennt Rue das weniger. Sie hat Tisha und sie hat auch ihre Chefin Florence, aber dennoch ist sie vor allem eine Einzelgängerin, die sich auch in sozialen Kontexten sehr schwer tut, aber dennoch sich gerne auf eine Art austobt. Das ist schließlich auch der Grund, warum sich die beiden Figuren kennenlernen. Ich fand ihr erstes Aufeinandertreffen gut gemacht und es war dabei vor allem wichtig, dass es genau da noch nicht zu mehr gekommen ist, da so gleich die Grundlage gelegt wurde, dass es zwei Figuren sind, die vieles für sich behalten, sich aber gegenseitig sehr private Aspekte anvertrauen können. Das hat mich gleich überzeugt, denn wenn bedingungsloses Vertrauen nicht selbstverständlich ist, dann sind solche Szenen gleich eine besondere Grundlage, von der aus man miteinander arbeiten kann.

Im Verlauf fand ich auch, dass das Buch sich genug tiefgründige Momente gönnt. Die Sprache brachte mich zwar manches Mal raus, aber es ist oft dann doch noch mehr daraus geworden, aus dem die Figuren gut ausgearbeitet wurden. Ich habe beide auf eine Art lieb gewonnen. Rue mehr als individuelle Person, weil sie schon ungewöhnlich war und dadurch faszinierend. Dafür war Eli mehr der, der durch die Personen um ihn herum sehr interessant wurde. Sein Freundeskreis mit all den Schichten, die Schwester, aber natürlich auch, wie respektvoll er in Rues Leben eingetreten ist. Auch auf der Handlungsebene war ich zufrieden. Es war eine Geschichte, die sich zwar irgendwie absehbar gestaltete und sie hatte auch nicht so viele Wendungen, weil wie gesagt, die expliziten Szenen dafür auch zu viel Raum eingenommen haben, aber es war letztlich rund und ein Ende, was sehr, sehr viel richtig gemacht hat. Für Rue und Eli alleine, aber auch für sie als Paar.

Fazit: Ich weiß nicht, wie Ali Hazelwoods Stil sonst ist, aber mir war es anteilig doch zu sehr spicy und auch in der Art nicht so meins. Aber das wäre für mich kein Grund, ein Buch abzubrechen und das wäre bei „Not in Love“ auch schade gewesen, denn ansonsten ist es eine sehr runde Geschichte, mit gut ausgearbeiteten Figuren, vielleicht was wenig Handlung, aber dafür auch mit wissenschaftlichen Themen ein ungewöhnlicher Rahmen. Es gab also starke Pro-Argumente, aber auch Contra-Argumente. Aber ich würde auf jeden Fall so gerne nochmal was von Hazelwood lesen, um zu ergründen, ob die Stilistik generell so ist.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 27.05.2024

Sehr spicy, rau und auch tiefgehend

Flawless
0

Wenn man überwiegend Bücher aus dem Lyx-Verlag liest, dann ergibt sich durchaus ein Gefühl für das Programm. Zwar ist der Stil aktuell sehr im Wandel, was ich auch positiv sehe, weil man nicht immer das ...

Wenn man überwiegend Bücher aus dem Lyx-Verlag liest, dann ergibt sich durchaus ein Gefühl für das Programm. Zwar ist der Stil aktuell sehr im Wandel, was ich auch positiv sehe, weil man nicht immer das gleiche lesen kann, aber dennoch bleiben manche Umstände sehr typisch. In dem Sinne bin ich bei „Flawless“ ein wenig doch herausgefallen. So ein Cover, wie es „Flawless“ hat verbinde ich vom Programm her eher für die überwiegend eher tiefsinnigeren Geschichten, bei denen die Pastellfarben auch von der Assoziation her gut aufgehoben sind. Den tatsächlichen Inhalt von „Flawless“ habe ich dann eher nicht so passend empfinden, was aber nicht gleich Schlechtes bedeutet.

Dank „Yellowstone“ auch wieder sehr beliebt geht es ums Bullenreiten, aber auch das Ranchleben in den USA. Es ist insgesamt eine eher raue Gegend, in der dennoch hochemotionale Gefühle möglich sind, aber einfach mit eigenen Gesetzen. Dazu ist „Flawless“ für mich voll von spicy Szenen. Dementsprechend ist auch die Sprache, da dirty talk ein großes Thema zwischen dem Paar ist. Das alleine schon zusammen erweckte bei mir schnell den Eindruck, dass es nicht unbedingt der Inhalt ist, den ich bei ähnlichen Covern zuletzt gelesen habe. Mich hat es ein wenig an Sarina Bowen erinnert, die ich immer gerne gelesen habe. Mein Geschmack hat sich ehrlicherweise davon etwas entfernt, aber dennoch konnte ich das Buch von Elsie Silver gut weglesen. Denn obwohl ein großer Fokus auf der Liebesgeschichte in sehr körperliche Form liegt, so habe ich es doch empfunden, dass die Geschichte für mich nicht oberflächlich geblieben ist.

Summer und Rhett waren jeweils für sich gut ausgearbeitet. Sie auf jeden Fall noch mal besser als er. Bei Rhett fand ich es ein wenig schade, dass die Familiendynamik noch etwas zurückhaltend blieb. Das mag daran liegen, dass es noch weitere Bände für dieses Ansinnen geben wird, aber die Entschuldigung, dass sie mit dem alleinerziehenden Vater und gleich drei Brüder nie über die Gefühle reden, darf nicht auf ewig eine Ausrede zu sein. Zudem ist auch die Schwester nur am Anfang mal aufgetaucht, um dann keine Rolle mehr zu spielen. Das klappte also nicht ideal und am Ende fehlte für mich auch eine finale Aussprache, aber dennoch habe ich Rhett als Figur verstanden. Als jüngster auf der Ranch hat er seinen Weg einfach nicht so logisch gefunden wie die anderen, so dass er sich eben ein Feld gesucht hat, wo alles bekommen hat, was es zuhause nicht selbstverständlich gab. Summer wiederum war mir als weibliche Protagonistin genau recht. Sie war verletzlich und dennoch sehr selbständig, gewieft und dabei einfach eine starke Frau. Bei ihr war für mein Empfinden alles sehr gut ausgearbeitet. Sowohl die ganze Familiendynamik als auch die Beziehungen zu Stiefmutter und Schwester und auch dem Ex-Partner. Sicherlich wäre ihre Krankengeschichte nochmal interessanter gewesen, aber dennoch war es insgesamt sehr gut gemacht.

Zusammen hatten Summer und Rhett sicherlich auch schnell eine gehörige Chemie. Ich bin zwar nicht mehr so der Fan davon, wenn sich der Mann wie ein Affe aufführt, der sich stolz auf die Brust klopft, aber es hat mich nicht unangenehm gestört, eben weil Summer eine starke Frau ist, für die das alleine nicht entscheidend ist. Rhett war manchmal wie eine Art Kleinkind, den man bei einigen Aspekten noch heranführen musste, aber er hatte auch andere Sachen, gerade mit seinem Schützling Theo, die gezeigt haben, dass er ein gutes Herz hat und einfach lernen muss, nicht nur an sich zu denken. Die Geschichte war für mich insgesamt sehr logisch aufgebaut und ich fand auch die am Ende in den Weg geworfene Steine angemessen. Der Geschichte hätte ich übertriebenes Drama zugetraut, aber es war nicht so.

Fazit: Angesichts des Covers war ich über den Inhalt von „Flawless“ doch etwas überrascht, da sich dahinter von meiner Erfahrung her nicht so viele spicy Liebesgeschichten verbergen. Das ist „Flawless“ eindeutig, aber es gibt auch sehr nahbare Figuren und eine gute Geschichte. Ich weiß nicht, ob es für mich wirklich reicht, die Geschichte fortzusetzen, aber sie ließ sich flott und gut weglesen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere