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Veröffentlicht am 17.08.2017

Faina

Das Schneemädchen
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Mabel und Jack verlieren ihr ungeborenes Kind. Jeder der beiden versucht auf eigene Weise, damit umzugehen. Mabel erträgt die Fragen und Reaktionen nicht mehr und überredet Jack dazu, in die Wildnis von ...

Mabel und Jack verlieren ihr ungeborenes Kind. Jeder der beiden versucht auf eigene Weise, damit umzugehen. Mabel erträgt die Fragen und Reaktionen nicht mehr und überredet Jack dazu, in die Wildnis von Alaska zu ziehen. Dort leben sie ihr zurückgezogenes Leben, doch wie sehr der Verlust beide noch schmerzt, merken sie erst spät. Dazu benötigt es das Auftauchen eines kleinen Mädchens, das sich nach und nach als immer seltsamer erweist. Doch es bringt in Mabel und Jack eine Saite zum Klingen und verändert einfach alles …

Die Autorin bringt die Trauer um das verlorene Kind, sowie die Sehnsucht nach der Weiterführung der Blutlinie sehr schön rüber. Auch versteht sie es, ein altes Märchen Realität werden zu lassen. Die Überzeugung der skeptischen, aber so herzlichen Esther ist da nur noch ein kleines Bonbon. Wunderschön, wie Mabel und Jack in den Freunden so viel mehr finden, als sie zunächst dachten. Die Liebe, die sie zu geben haben, findet mehr Abnehmer, als sie selbst gedacht hätten. Doch das mussten sie erst lernen und zulassen können.

Wie die Einsamkeit einer kargen Landschaft, die für so viele Segen, für noch mehr aber Fluch war, zwei gebrochene Herzen so weit wie möglich heilen lässt, mit ein wenig Magie und mit ganz viel echtem Leben, das bringt Eowyn Ivey wunderbar rüber.

Faina ist zaghaft, schüchtern, teils unfassbar stark, teils schwach, mal die Rettung, mal das Verderben und immer ganz besonders. All das findet sich auch in den anderen Figuren der Geschichte – mal mehr, mal weniger stark ausgeprägt. Ohne Faina wäre es zu einigen Wendungen gar nicht gekommen.

Der Stil der Autorin ist unbeschreiblich schön. Selbst die traurigsten, grausamsten Szenen schildert sie so, dass der Leser (bzw. Hörer) erkennt, so ist der Lauf der Welt, so muss es sein und so ist es gut. Du erträgst es – wie Mabel und Jack. Alles passt perfekt ineinander, die Entwicklungen sind logisch aufgebaut, auch wenn immer in allem ein Hauch Magie steckt.

Das Buch berührt. Es bewegt. Es verzaubert. Und am Ende kann sich jeder selbst beantworten, was nun Realität und was Einbildung war. Doris Wolters hat den perfekten Ton getroffen, dieses Buch vorzutragen. Durch ihre Art, so wenig Gefühl wie möglich in die Stimme zu legen, lässt sie die Worte diese Aufgabe übernehmen. Damit bleibt es immer dem Zuhörer überlassen, was er als real und was als Wunschvorstellung erachtet.

Mich hat dieses Hörbuch von Anfang an gefesselt und fasziniert. Es ließ mich auch am Ende nicht los und hallt noch immer in mir nach. Die Rezension zu schreiben, fällt mir sehr schwer: das Buch ist so völlig anders als alles, was ich bisher gelesen oder gehört habe. Nicht zu spoilern ist sehr schwer! Eine Vorahnung hat mich lange warten lassen, mich für „Das Schneemädchen“ zu entscheiden. Es ist keine leichte Kost, ganz und gar nicht. Aber es ist ein Buch, das man unbedingt gehört oder gelesen haben sollte. Es braucht nur den richtigen Zeitpunkt.

Ich wünsche der Autorin noch viele Leser und Hörer. Und mir wünsche ich neue Werke von Eowyn Ivey – ich bin gespannt, was nach solch einem Buch kommen kann. Von mir gibt es für „Das Schneemädchen“ die vollen fünf Sterne.

Veröffentlicht am 11.08.2017

Manche Zauber brauchen etwas länger

Der Neurochirurg, der sein Herz vergessen hatte
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James Robert Doty wird als Kind von allen Rob genannt. Als er auf der Suche nach einem neuen Zauberdaumen auf Ruth trifft, stellt er sich ihr als Jim vor – und ahnt nicht, dass diese Entscheidung symbolisch ...

James Robert Doty wird als Kind von allen Rob genannt. Als er auf der Suche nach einem neuen Zauberdaumen auf Ruth trifft, stellt er sich ihr als Jim vor – und ahnt nicht, dass diese Entscheidung symbolisch für das ist, was diese Begegnung für seine Zukunft bedeutet. Sechs Wochen lang bringt ihm Ruth ihre Magie bei und Jim genießt diese Zeit sehr, denn sein Zuhause ist nicht so, wie ein Kind sich das wünscht.

Das Buch hat mich von der allerersten Zeile an in seinen Bann gezogen. Selten kann ein Arzt so faszinierend erzählen und den Leser auf eine Reise durch Raum und Zeit führen. Sogar die medizinischen Details, die hin und wieder eingeworfen werden, lesen sich interessant und bremsen weder Lesefluss noch Lesevergnügen.

Die drei Teile des Buches sind alle recht unterschiedlich, dennoch faszinierend. Doty hat eine Sprache gewählt, die mich im ersten Teil zu einem kleinen Kind werden ließ, das seinem Vater oder Großvater lauscht, wie dieser von seiner Kindheit erzählt. Mit Doty wird der Leser quasi erwachsen und begleitet ihn durch sein Leben, seinen Werdegang.

Wer möchte, kann Ruths Zauber mithilfe des Buches erlernen. Die Entspannungstechniken sind sehr schön und verständlich beschrieben. Man muss viel üben, genau wie Jim, doch kann jeder, der diese Techniken kennt, bestätigen, dass sich die Mühe lohnt.

Das Buch wurde in 19 Sprachen übersetzt. Das hat diese wunderbare Lebensgeschichte, die zugleich bewegt und inspiriert, auch verdient. Dass es wochenlang auf der New York Times Beststellerliste stand, wundert wenig. Auch auf der Spiegel-Bestseller-Liste muss es landen und sehr lange bleiben – alles andere wäre unverständlich. Doty zeigt dem Leser, wie wichtig es ist, Herz und Gehirn stets gleichberechtigt und gleichwertig einzubringen, um das eigene Leben, sowie das Leben der Mitmenschen, zauberhaft zu gestalten.

Es sollte viel mehr Ruths und Jims auf dieser Welt geben, das würde sie so viel schöner machen.

Von mir bekommt dieses Buch die vollen fünf Sterne. Es hat sich auf Platz eins meiner Lesehighlights 2017 katapultiert. Unbedingt lesen, es lohnt sich!

Veröffentlicht am 02.08.2017

Grillen ohne viel Schnickschnack!

Grillen
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Die neue Kochbuchreihe von GU ist einfach perfekt – leckere Gerichte, ausgefallen und besonders, aber ohne allzuviel Schnickschnack, sondern eben einfach. Dabei bleibt der Geschmack keineswegs auf der ...

Die neue Kochbuchreihe von GU ist einfach perfekt – leckere Gerichte, ausgefallen und besonders, aber ohne allzuviel Schnickschnack, sondern eben einfach. Dabei bleibt der Geschmack keineswegs auf der Strecke. Im Gegenteil: gerade durch das Einfache kommt oft der Eigengeschmack viel mehr zur Geltung.

Dennoch gibt es auch in diesem Grill-Buch Rezepte, die nicht jedem gefallen werden. Zumindest ich überblättere manche Ideen dann schon mal gern. Doch dass mir wirklich jedes Rezept gefällt, hätte ich auch gar nicht erwartet.

Das Buch ist unterteilt in die Kapitel:
Schnell gegrillt
Grill-Klassiker
Veggie-Grillen
Burger & Co.
Salate, Saucen, Dips

In jedem Kapitel findet sich auch noch ein Extra: Grillen in der Stadt, American Barbecue, Grillen in Asien, Grillen wie die Profis. Über das Register lassen sich Rezepte schnell und leicht finden. Zu jedem Rezept findet man die Angaben zur Anzahl der Portionen, Zeitangaben, Kalorienangaben, eine Zutatenliste und natürlich eine gut verständliche Schritt-für-Schritt-Anleitung. Bei einigen der Rezepte findet sich sogar noch ein Tipp extra.

Das Auge isst bekanntlich mit, und so bin ich von den tollen Fotos der Lebensmittel bzw. fertigen Gerichte begeistert. Ich mag Rezepte ohne Bild einfach nicht, orientiere mich gerne an Fotos.

In diesem Buch wurden die besten Grillrezepte aus dem GU-Verlag zusammengestellt. Mir gefällt das Buch rundum, von der Aufmachung über die Materialien bis zu den (meisten) Rezepten. Es wurde an alle Fleischsorten gedacht, auch an Fisch. Rezepte für Gemüse und Früchte finden sich ebenfalls. Kein Wunder also, dass ich die vollen fünf Sterne vergebe!

Veröffentlicht am 31.07.2017

Ein ganz besonderer Tag

Sieh mich an
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Katharina ist eine ganz normale Frau in den 40ern – verheiratet, berufstätig, Mutter. Sie kämpft mit den alltäglichen Problemen: den Haustieren, brennenden Haushaltsgeräten, einer vorpubertären Tochter, ...

Katharina ist eine ganz normale Frau in den 40ern – verheiratet, berufstätig, Mutter. Sie kämpft mit den alltäglichen Problemen: den Haustieren, brennenden Haushaltsgeräten, einer vorpubertären Tochter, der kriselnden Wochenendehe, der Schwester, der Freundin, dem Studienfreund. Alles ganz normal eben. Wäre da nicht dieses Etwas, das sie in ihrer Brust entdeckt hat und das ihr verständlicherweise entsetzliche Angst macht. Seit zwei Wochen weiß sie bescheid, seit zwei Wochen schweigt sie. Doch dieser Tag, mit all seinen Ereignissen, verändert mehr, als sie sich vorstellen konnte …

Mareike Krügel hat mit „Sieh mich an“ ein wunderbares Buch geschrieben, das vielen Frauen in einer ähnlichen Situation aus der Seele spricht. Auch wer einfach nur Angst vor Krebs und den Folgen hat, wird sich in diesem Buch wiederfinden und verstanden fühlen. In solch einer Situation funktioniert man nur noch, man lebt nicht mehr. So geschehen dann Dinge, die sonst nie hätten passieren können, man wird unachtsam für das eine, aber empfänglicher für das andere. Das hat die Autorin wunderbar auf den Punkt gebracht und mit ihren Figuren sehr real dargestellt.

Mir gefällt der Stil des Buches, ebenso die Sprache. Katharina, Kathinka, Kata, Kathi, Rina – für jeden ist sie eine andere und doch ist sie all diese Personen. Auch wenn sie meiner Meinung nach zu pessimistisch mit der möglichen Erkrankung umgeht, habe ich das Buch sehr gerne gelesen. Es umfasst einen einzigen, sehr langen, sehr ereignisreichen Tag. Ob und wie Katharina am Ende mit der Erkrankung umgeht, sie übersteht, das bleibt offen. Dennoch oder gerade deshalb ist das Buch perfekt. Es zeigt den inneren Kampf einer Frau. Sie lernt so nebenbei auch, dass nicht immer alles so ist, wie sie das gesehen oder gedacht hat. Ihre Erinnerungen an diverse Ereignisse ihres Lebens sind teils amüsant, teils sehr tragisch – aber immer so erzählt, dass der Leser nach und nach versteht, warum Katharina ist, wie sie nun mal ist.

Auch wenn sehr viele außergewöhnliche Szenen, Ereignisse und Situationen im Buch geballt vorkommen, passt für mich doch alles gut zusammen und ineinander. Katharinas Leidenschaft für Listen, ihre Transgender-Nachbarn, die vermutlich an ADHS leidende Tochter Helli und der Showdown – so gerne würde ich ihr beistehen und mit ihr durch all das gehen, denn einen Menschen wie Katharina trifft man nicht oft im Leben und wenn, muss man aufpassen, ihn nie wieder zu verlieren.

Kristof Magnusson sagt die Wahrheit: dieses Buch ist wirklich klug, bestürzend, zupackend und humorvoll – manchmal auch alles zugleich.

Doch ist mir auch klar, dass man sich auf dieses Buch einlassen können muss. Nicht bei jedem wird es eine Saite in der Seele zum Klingen bringen. Was es mit dem Fuchs auf dem Cover auf sich hat, wird übrigens im Buch erklärt – eine kurze, aber besondere Stelle.

Für mich ist es aber eines der besten Bücher des Jahres 2017 – gerne bewerte ich es deshalb mit den vollen fünf Sternen!

Veröffentlicht am 17.07.2017

Michele auf der Suche

Die wundersame Reise eines verlorenen Gegenstands
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Micheles Mutter hat die Familie vor vielen Jahren verlassen. Inzwischen ist Michele 30 Jahre alt, aber in seinem Inneren noch immer das Kind, das darauf vertraut, dass die Mutter wieder zurückkommt. Hat ...

Micheles Mutter hat die Familie vor vielen Jahren verlassen. Inzwischen ist Michele 30 Jahre alt, aber in seinem Inneren noch immer das Kind, das darauf vertraut, dass die Mutter wieder zurückkommt. Hat sie doch sein geheimes Tagebuch mitgenommen und versprochen, nicht darin zu lesen. Michele lebt im Bahnhofshäuschen, ein quasi geerbtes Privileg, das mit seinem Job gekoppelt ist. Für ihn sind alle Tage gleich und er lebt noch immer nach den Regeln, die sein verstorbener Vater aufgestellt hatte. Doch dann tritt Elena in sein Leben, die verzweifelt die Puppe ihrer Schwester sucht, und wirbelt alles durcheinander. Dass dann plötzlich auch noch sein altes geheimes Tagebuch auftaucht, bringt Dinge ins Rollen, die viel zu lange wie festgeklebt waren. Michele macht sich auf den Weg, sein eigenes Leben zu gestalten …

Es war mir unmöglich, dieses Hörbuch in Etappen zu hören. Sobald eine CD zu Ende gelaufen war, musste ich einfach die nächste CD einlegen. Michele, Elena und all die anderen Menschen, die Michele begegnen, haben mich einfach sofort in ihren Bann gezogen. Dabei sind sie mir nicht alle wirklich sympathisch. Elena ist ein wenig anstrengend, doch wird im Laufe der Geschichte klar, warum sie ist, wie sie ist. Michele dagegen wirkt ein wenig zurückgeblieben und während seiner Entwicklung nimmt er Charakterzüge an, die es schwer machen, ihn zu mögen. Ja, da schlägt wohl Erbgut durch, dennoch ist der Unterschied vom stillen, in sich gekehrten jungen Mann zum hartherzigen, uneinsichtigen Mann nicht immer nachvollziehbar, verständlich oder auch nur entschuldbar.

Annina Braunmiller-Jest liest dieses Hörbuch sehr eingängig. Sie gibt allen Figuren Persönlichkeit und Leben. Die Sprache des Buches ist einfach zauberhaft. Der Fokus liegt ganz klar auf Michele, doch die Geschichte wird aus der Erzählperspektive erzählt. Das passt sehr gut, denn so kollidiert nichts mit den Erkenntnissen, die gewonnen werden und den Entwicklungen, die durchlaufen werden. Manches geht einfach sehr tief unter die Haut, anderes regt zum Protest an – auf alle Fälle entlockt das Hörbuch dem Zuhörer deutliche Reaktionen. Ich war sehr oft sehr ergriffen – auch wenn ich immer mal wieder richtig wütend wurde.

Italien, die Menschen, die Dörfer – alles hat man ganz klar vor Augen, so schön und gut beschreibt Salvatore Basile alles. Das liegt sicher mit daran, dass er in Rom als Drehbuchautor arbeitet. Mir fällt auf, dass ich Bücher, die von Drehbuchautoren geschrieben wurden, oft besonders gern lese. Diese Autoren wissen einfach, wo man den Leser erwischt!

Ganz sicher werden viele das Ende nicht mögen, denn es ist ganz eigen, weder gut noch schlecht, auf gewisse Weise auch recht offen. Doch ich finde, genau so ist das Leben und jedes andere Ende wäre zu schöngefärbt gewesen.

Mir hat das Hörbuch ausnehmend gut gefallen. Ich mag es sehr, wenn mich ein Buch berührt, mich irgendwie an längst vergangene Momente in meinem eigenen Leben erinnert, mir meine eigenen Stärken, aber auch Schwächen zeigt und mir Emotionen entlockt. All das hat dieses Hörbuch im Übermaß getan. Deshalb kann ich gar nicht anders, als die vollen fünf Sterne zu vergeben.