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Veröffentlicht am 23.07.2023

Drei Freunde - drei Schicksale

Perlenbach
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Luise, Jacob und Wilhelm stammen aus ganz unterschiedlichen Verhältnissen. Während Arzttochter Luise und Fabrikantensohn Jakob in wohlhabenden Verhältnissen im heutigen Monschau aufwachsen, kommt ...

Luise, Jacob und Wilhelm stammen aus ganz unterschiedlichen Verhältnissen. Während Arzttochter Luise und Fabrikantensohn Jakob in wohlhabenden Verhältnissen im heutigen Monschau aufwachsen, kommt Wilhelm aus einer armen Bauernfamilie im nahe gelegenen Wollseifen und darf nur im Winter Gast bei Jakob in Monschau sein.
In unspektakulärem, aber sehr anschaulichem Schreibstil schildert Anna-Maria Caspari die Suche der drei nach ihrem Platz im Leben. Dabei bekommt jeder seine eigenen Kapitel, was mir als Leser die Charaktere nahe bringt und die Erzählung sehr authentisch macht. Besonders mit Wilhelm, der zunächst auf dem völlig falschen Weg ist, habe ich sehr mitgelitten. Ich bin eingetaucht in die düstere Atmosphäre im ärmlichen Wollseifen und in den wirtschaftlichen Niedergang Monschaus zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Auch die gesellschaftlichen Zwänge dieser Zeit kommen sehr anschaulich zur Sprache. Dieses Buch hat mir auf spannende Weise bewusst gemacht, welche Fortschritte unsere Gesellschaft seit Beginn des 20. Jahrhunderts gemacht hat.
Insgesamt hat mir dieser historische Roman gut gefallen, er beleuchtet viele Aspekte des gesellschaftlichen Lebens in dieser schwierigen Zeit. Deshalb kann ich guten Gewissens eine uneingeschränkte Leseempfehlung aussprechen.

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Veröffentlicht am 19.07.2023

Krimi mit viel Lokalkolorit

Leichenblass im Fass
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In Sünnum an der ostfriesischen Küste braut Gesine Felber ihr Tüdelbräu und bewirtet damit hauptsächlich die Sünnumer Bürger in ihrem Kroog. Das ändert sich schlagartig, als sie den begehrten ...

In Sünnum an der ostfriesischen Küste braut Gesine Felber ihr Tüdelbräu und bewirtet damit hauptsächlich die Sünnumer Bürger in ihrem Kroog. Das ändert sich schlagartig, als sie den begehrten Watthumpen für das beste Bier gewinnt. Als ihr Widersacher Ulrich Neunaber ertrunken in einem Fass Tüdelbräu aufgefunden wird, gerät sie in Mordverdacht und taucht unter. Tochter Wiebke, ihres Zeichens Polizistin, nimmt zusammen mit den Sünnumern inoffizielle Ermittlungen auf, um die Unschuld ihrer Mutter zu beweisen.

Wie der originelle Titel erwarten lässt, haben wir hier einen Krimi mit humorigen Einlagen vor uns. Der kurzweilige, leicht plattdeutsch gefärbte Schreibstil hat mir gut gefallen. Besonders die Dorfgemeinschaft mit den zahlreichen ostfriesischen Originalen wirkt sehr authentisch, der trockene Humor ist super und die Menge an Lokalkolorit genau richtig. Der Spannungsaufbau erfolgt recht gemächlich, trotzdem wurde es beim Lesen nie langweilig. Ich hatte rechtfrüh schon die richtige Vermutung, wer der Täter sein könnte, bin von dieser Spur zwischenzeitlich aber wieder abgekommen, so dass die Auflösung dann doch eine Überraschung war. Das gehört für mich aber zu einem richtigen Krimi dazu.

Obwohl ich das erste Buch um Gesine Felber und ihre Sünnumer Mitbürger nicht gelesen habe, hatte ich nicht das Gefühl, dass mir wesentliche Informationen fehlen. Dieser zweite Band kann sehr gut für sich alleine stehen.

Ich habe mich von diesem Buch jederzeit sehr gut unterhalten gefühlt und empfehle es gerne uneingeschränkt weiter.

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Veröffentlicht am 29.06.2023

Wie im wirklichen Leben

Wieso? Weshalb? Warum? junior. Wir sind Geschwister
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Hier haben wir wieder ein gelungenes Werk zum Vorlesen und alleine lesen aus der WiesoWeshalbWarum-Reihe vor uns. Sehr hübsch gezeichnet und kindgerecht erklärt erleben wir den Geschwister-Alltag ...

Hier haben wir wieder ein gelungenes Werk zum Vorlesen und alleine lesen aus der WiesoWeshalbWarum-Reihe vor uns. Sehr hübsch gezeichnet und kindgerecht erklärt erleben wir den Geschwister-Alltag im Rahmen von verschiedenen Familienmodellen mit. Alleinerziehende finden sich hier ebenso wieder wie Patchwork-Familien, auch Menschen mit Migrationshintergrund kommen nicht zu kurz. So können unsere Kinder vorurteilsfrei lernen, dass sie mit ihren Sorgen und ihrer Freude im Geschwister-Dasein nicht alleine sind. Die kurzen Texte bieten ebenso wie die bunten Bilder zahlreiche Möglichkeiten zum Einhaken und weiter erklären, zum fragen "Wie ist es denn bei Euch so?" oder "Wie siehst Du das?", um eine Brücke zum eigenen Erleben des Kindes zu schlagen.
Gerne empfehle ich auch diesen Teil der sehr gut gemachten Reihe uneingeschränkt weiter.

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Veröffentlicht am 05.06.2023

Traurige Familiengeschichte

Die Reisenden der Nacht
7

Wir lesen die Geschichte der „reinblütigen“ Deutschen Ally Keller, die kurz vor Beginn des Nazi-Regimes ein Kind von dem farbigen Musiker Marcus bekommt. Sie verpasst den Zeitpunkt mit Mann und Kind aus ...

Wir lesen die Geschichte der „reinblütigen“ Deutschen Ally Keller, die kurz vor Beginn des Nazi-Regimes ein Kind von dem farbigen Musiker Marcus bekommt. Sie verpasst den Zeitpunkt mit Mann und Kind aus Deutschland zu verschwinden und zieht ihre Tochter Lillith alleine auf. Um Pöbeleien und Übergriffen zu entgehen, geht sie mit dem Kind nur nachts auf die Straße. Trotzdem droht Lillith Zwangssterilisation oder Schlimmeres. Deshalb schickt Ally ihre Tochter mit dem jüdischen Ehepaar Herzog und gefälschten Papieren nach Kuba, wo Lillith aufwächst und ihrerseits eine Tochter bekommt. Nachdem ihr Mann bei den Unruhen wegen der Machtergreifung Castros ums Leben kommt, muss sie ebenfalls eine schwere Entscheidung treffen.
Der Schreibstil Correas ist sehr ruhig und sachlich, fast ein bisschen emotionslos, trotzdem hat mich die tragische Geschichte gleich gepackt. Gerade diese Sachlichkeit macht das Unbegreifliche begreifbar, auch wenn es trotzdem schwer ist sich vorzustellen wie man ein Kind quasi in der Nacht großziehen kann. Die Geschehnisse in Deutschland schildert der Autor ebenso eindringlich wie die Ereignisse der Revolution auf Kuba. Hier merkt man die gründliche Recherche. Hilfreich finde ich auch die Erläuterungen zu historischen Ereignissen am Ende des Buches, die mir das Verstehen einiger Abschnitte sehr erleichtert haben.
Diese Geschichte hat mich wirklich traurig gemacht, an manchen Stellen musste ich das Buch weglegen, weil mir die Tragik einfach zu viel wurde. Trotzdem hat es mir sehr gut gefallen, denn Geschichten wie diese müssen erzählt und gelesen werden. Ich vergebe aus vollem Herzen fünf Sterne.

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Veröffentlicht am 04.06.2023

Die Swinging Sixties

Der Freiheit entgegen (Die Gutsherrin-Saga 3)
0

München zu Beginn der 60er Jahre: Clara ist glücklich, hat sie doch einen der heißbegehrten Plätze für eine Fotografenausbildung ergattert. Sie wird in ihren Ambitionen von den Eltern unterstützt, ...

München zu Beginn der 60er Jahre: Clara ist glücklich, hat sie doch einen der heißbegehrten Plätze für eine Fotografenausbildung ergattert. Sie wird in ihren Ambitionen von den Eltern unterstützt, ganz anders als ihre Freundin Sanni, die Schauspielerin werden will. Deren Eltern wissen das zu verhindern. Als ihr das Leben in ihre Pläne hineingrätscht, bricht Clara zusammen mit Sanni auf nach Hamburg - in die vermeintliche Freiheit. Dort möchte sie ihrem Traum, Fotojournalistin zu werden, näher kommen.

In lebendigem, einfühlsamem und leicht lesbarem Schreibstil erzählt Theresia Graw Claras Geschichte. Man fühlt sich direkt in die sechziger Jahre zurückversetzt. Clara ist zu Anfang ein verträumter Backfisch. Sie denkt, dass sie ihre hoch gesteckten Ziele im Vorbeigehen erreichen wird und nutzt das große Verständnis ihrer Eltern schon sehr aus. Da steht Sanni schon mehr im Leben, sie denkt pragmatisch und zielgerichtet. Von Freddy habe ich, ohne spoilern zu wollen, von Anfang an nichts gehalten. Er ist eine ziemlich selbstverliebte Luftnummer und für mich der erste Antagonist in der Geschichte. Aber auch er wird, wie alle Personen, von der Autorin sehr gut charakterisiert. Ich hatte beim Lesen das Gefühl, dass ich die Beteiligten gut kenne, obwohl ich die beiden Vorgängerbände nicht gelesen habe.

Zunächst ist die Geschichte "nur" die Lebensgeschichte einer jungen Frau in einer Zeit des Aufbruchs mit ein paar zeitgeschichtlichen Einsprengseln wie dem Kennedy-Besuch oder der beginnenden Karriere der Beatles. (Ob es zu dieser Zeit realistisch war, dass eine 18-jährige ohne Ausbildung einfach so einen Job in einer fremden Stadt annehmen kann, bezweifle ich. Da lasse ich mal die dichterische Freiheit gelten.) Später wird ein sehr berührender Bericht über die schrecklichen Geschehnisse während des "1000-jährigen" Reichs daraus, die beim Frankfurter Prozess aufgerollt werden. Wir dürfen Clara dort auf die Pressetribüne begleiten und von dort dem Prozess folgen, über den die Autorin akribisch recherchiert haben muss. Dieser Abschnitt wertet das sonst zwar wegen der zeitgeschichtlichen Bezüge interessante, aber doch etwas seichte Buch stark auf. Deshalb vergebe ich gerne fünf Sterne und empfehle es uneingeschränkt weiter.

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