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Veröffentlicht am 06.12.2023

Vielleicht ist manches ganz anders gemeint

Mit den Augen der Apostel
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Die biblischen Texte wurden vor langer Zeit geschrieben, es ist erstaunlich wie aktuell viele Verse uns trotzdem erscheinen. Doch verstehen wir diese Aussagen überhaupt richtig, wenn wir nicht die Situation ...

Die biblischen Texte wurden vor langer Zeit geschrieben, es ist erstaunlich wie aktuell viele Verse uns trotzdem erscheinen. Doch verstehen wir diese Aussagen überhaupt richtig, wenn wir nicht die Situation berücksichtigen, in die hinein diese Worte geschrieben wurden?

Die zwei Autoren dieses Buchs untersuchen verschiedene Aspekte unserer Kultur, um sie anschließend mit anderen Lebenswelten zu vergleichen. Viele Beispiele stammen aus Indonesien, da einer der beiden Autoren dort länger gelebt hat. Anhand vom Verhalten und Denken der Indonesier, zeigen sie, wie ein biblischer Text mit einem anderen kulturellen Hintergrund ganz anders verstanden werden könnte. Dabei gehen sie davon aus, dass diese asiatische Kultur der biblischen Lebenswelt näher steht als unsere eigene, zum Beispiel wenn es um Individualismus versus Gemeinschaftsleben oder Schuld versus Scham geht.

Was uns prägt, stellen sich die Autoren wie ein Eisberg vor. Nur wenig ist sichtbar, das meiste liegt so tief in uns verborgen, dass uns kaum bewusst ist, wie sehr unser Handeln von kulturellen Annahmen beeinflusst wird. Dabei sprechen sie beispielsweise unser Zeitverständnis an, oder das Gefühl, dass sich alles um uns drehen muss.

Neben dem Aufdecken von kulturellen Eigenheiten, besprechen die Autoren mehrere biblische Geschichten, und zeigen dabei auf, wo wir den Text mit unserer kulturellen Brille falsch verstehen können. Leider vermitteln sie dabei den Eindruck, dass ihr Verständnis dieser Stellen selbstverständlich richtig ist. Diese Voreingenommenheit der Autoren widerspricht eigentlich dem Anliegen des Buchs, was sehr schade ist.

Das trifft mich, wenn sie sagen, dass es ein Irrtum ist Bibelverse persönlich anzuwenden, die beispielsweise den Israeliten zugesprochen wurden. Oder wenn sie davon reden, dass ein reifer Christ nicht mehr um Kleinigkeiten, wie die Suche nach einem Parkplatz beten muss, da er nun selbstständiger geworden ist. Ich möchte mein Leben immer in der Abhängigkeit von meinem himmlischen Vater leben, und ich glaube fest daran, dass Gott durch Verse, die eigentlich an andere gerichtet waren, auch zu uns heute spricht. Ein weiterer Kritikpunkt ist ihre Überzeugung, dass Batseba Mitschuld an ihrer Vergewaltigung trägt.

Hilfreich sind beispielsweise die Gedanken über Zeit, über das Gemeinschaftsleben der ersten Christen, und mehr. Die Ratschläge zum Bibellesen und die Literaturempfehlungen am Ende des Buchs sind spitze.

Fazit: Interessante Überlegungen zum Verständnis biblischer Texte mit einigen Mängeln. Empfehlenswert für Menschen, die sich über ihre kulturellen Vorurteile Gedanken machen wollen, vor allem darüber wie diese ihr Bibelverständnis prägen.

Veröffentlicht am 19.06.2023

Mythen, Legenden und Sagen der orientalischen Welt

Die letzten Geheimnisse des Orients
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In Nordafrika beginnt die Reise: Eine faszinierende, marsähnliche Gegend in Tunesien, Drehort von Stars Wars. Weiter geht die Reise nach Ägypten, Saudi-Arabien, Jordanien, Israel, dem Libanon, Irak, Iran ...

In Nordafrika beginnt die Reise: Eine faszinierende, marsähnliche Gegend in Tunesien, Drehort von Stars Wars. Weiter geht die Reise nach Ägypten, Saudi-Arabien, Jordanien, Israel, dem Libanon, Irak, Iran und endet schließlich in der Türkei. Auf dieser Route macht Daniel Gerlach an neunzehn Orten Halt, die alle einen interessanten historischen, beziehungsweise religiösen, Hintergrund haben.

Der Autor ist Orientalist und besucht die genannten Länder schon seit zwanzig Jahren. Er trifft sich dabei mit religiösen Oberhäuptern, mit Archäologen und mit Politikern. Er sammelt ihre Geschichten und gibt sie hier weiter. Dabei stehen vor allem drei Religionen im Vordergrund, das Christentum, der Islam und das Judentum. Sie haben vieles gemeinsam, selbst wenn ihnen das nicht bewusst ist. Anderes trennt sie, vor allem aber gibt es diverse Unterströmungen, die zu interessanten Abzweigungen dieser Weltreligionen führen. So lernt der Leser mehrere geheimnisvolle Gruppierungen kennen. Der Autor hat interessante Gesprächspartner, zum Beispiel der koptische Papst und der Oberhaupt der israelitischen Drusen.

Vom Aufbau her, folgt dieses Buch einer Reiseroute, die von West nach Ost und wieder zurück führt. Jedes Kapitel ist eins der neunzehn Stationen gewidmet. Passend zur besprochenen Stadt, werden sowohl Mythen und Erzählungen, als auch historische Tatsachen zu jedem Ort aneinandergereiht. Dabei wechselt die Zeitepoche hin und her, mal wird von der Moderne berichtet, dann kommt beispielsweise eine Episode aus dem siebten Jahrhundert, danach vielleicht ein Ereignis aus dem Mittelalter.

Das Thema dieses Buchs ist wichtig, doch es fällt bei der herumschweifenden Erzählweise manchmal schwer sich auf den Inhalt zu konzentrieren. Die teilweise humorige Sicht der Ereignisse ist an den meisten Stellen ein unterhaltsames Plus. Als gläubige Christin stimme ich allerdings bei manchen Aussagen über Gott und die Bibel nicht zu. Da mir die biblischen Geschichten vertraut sind, sehe ich hier die Abweichungen von der tatsächlichen Erzählung, die der Autor sich erlaubt, vermutlich um etwas durch eine Überspitzung lächerlich zu machen. Doch trotz dieser Mängel, konnte ich einiges, das mir neu war und ich interessant finde, aus diesem Buch entnehmen.

Fazit: Eine Reise durch die religiöse Geschichte Nordafrikas und Asiens, die anhand von überlieferten Erzählungen Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen Christen, Juden und Moslems aufzeigt.

Veröffentlicht am 05.06.2023

Gut und Böse

Feinde
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Keith und Hugh wachsen beide in Biloxi, Mississippi auf. Sie haben viel gemeinsam. Beide stammen aus Einwandererfamilien, die nur langsam in den Vereinigten Staaten Fuß fassen konnten. Beide sind begeisterte ...

Keith und Hugh wachsen beide in Biloxi, Mississippi auf. Sie haben viel gemeinsam. Beide stammen aus Einwandererfamilien, die nur langsam in den Vereinigten Staaten Fuß fassen konnten. Beide sind begeisterte Sportler. Sie reisen gemeinsam zu Wettkämpfen, treffen sich in ihrer Freizeit. Doch als sie älter werden, orientieren sich die Jungs jeweils an ihre Väter, die kaum unterschiedlicher sein könnten.

Keiths Vater Jesse ist Anwalt. Mit allen Kräften setzt er sich für Gerechtigkeit und Gesetzestreue ein. Dass es ausgerechnet in seiner Stadt so viel Korruption gibt, so viele ungeklärte Mordfälle, dazu illegale Prostitution und Glücksspiele, das macht ihm zu schaffen. Doch seine Feinde sind mächtig, sein Kampf lebensgefährlich. Keith bewundert seinen Vater und möchte in seinen Fußstapfen treten.

Hughs Vater hat sich ein großes Imperium aufgebaut, und da er genügend Gesetzeshüter auf seiner Seite hat, fühlt er sich bei seinen illegalen Tätigkeiten sicher. Hugh steigt begeistert in das lukrative Geschäft ein. Dabei trifft er jedoch einige unüberlegte Entscheidungen.

Die Idee hinter diesem Buch ist interessant. Die Dixie Mafia in Biloxi hat es tatsächlich gegeben. Leider überzeugt die Ausführung nicht. Die erste Hälfte des Buchs zieht sich in die Länge. Es ist bei den vielen Ereignissen und Personen lange nicht klar, worum es eigentlich geht. Die Charaktere bleiben hölzern. Die Geschehnisse werden meist emotionslos widergegeben.

In der zweiten Hälfte des Buchs kommt etwas Spannung auf, doch auch hier ist nicht klar worauf der Fokus liegt. Erst am Schluss wird die Frage deutlich, die wohl dieser Erzählung zugrunde liegt. Es geht mal wieder um die Todesstrafe, ein Lieblingsthema Grishams, dieses Mal gekoppelt mit den Erinnerungen und Enttäuschungen einer ehemaligen Freundschaft.

Persönlich störe ich mich an der Behandlung des Problems der Prostitution. Die Erzählung lässt es erscheinen, als wären die Frauen freiwillig in diesem Gewerbe, was vermutlich selten der Fall ist. Auch die Art und Weise, in der über dieses Thema geschrieben wird, finde ich unangemessen.

Fazit: Zusammenhanglose Ereignisse und leblose Charaktere enttäuschen über weite Strecken in diesem Buch. Wer aber bis zur zweiten Hälfte durchhält, wird mit einer spannenden Geschichte belohnt.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 23.05.2023

Ein Kampf, der sich lohnt

Geliebte Kinder
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1975 wird Frau Müller-Erichsens zweites Kind geboren. Es wird ihr letztes Kind bleiben. Ohne ihr Wissen, wird die junge Frau sterilisiert, denn sie hat einen „Idioten“ geboren. Sie selbst erfährt das erst ...

1975 wird Frau Müller-Erichsens zweites Kind geboren. Es wird ihr letztes Kind bleiben. Ohne ihr Wissen, wird die junge Frau sterilisiert, denn sie hat einen „Idioten“ geboren. Sie selbst erfährt das erst Jahre später, als sie sich ein weiteres Kind wünscht. Mit diesem erschütternden Einblick in ein bewegtes Leben, beginnt dieses Buch.

Es ist ergreifend und tragisch, wie in dieser Zeit Menschen mit Behinderungen angesehen werden. Die Euthanasie des Dritten Reichs liegt noch nicht lange zurück, und selbst in der Gesetzgebung sind Rückbleibsel dieser schrecklichen Zeit zu finden. Die Autorin dieses Buchs begibt sich auf einen Kampfpfad, den sie auch heute als 84jährige noch nicht verlassen hat. Mit aller Kraft setzt sie sich für eine veränderte Sicht von Menschen von Behinderungen ein.

Ihren Sohn mit Down-Syndrom fördert sie, denn sie glaubt nicht den Meinungen der anderen, dass das sinnlos sei. Sie setzt sich aber gleichzeitig für Systeme und Lösungen ein, die Unterstützung bieten für andere Eltern beeinträchtigter Kinder. Dabei sieht sie über den Tellerrand hinaus. Vor allem Kontakte in Israel erweisen sich als fruchtbringend für beide Seiten.

Das Cover dieses Buchs weckt falsche Erwartungen, als ginge es in diesem Buch vor allem um das Leben mit einem behinderten Kind. Doch während die Kapitel über Olaf sehr bewegend sind, geht es in erster Linie um den Einsatz und die Verdienste seiner Mutter, der Autorin. Auch das könnte interessant sein, doch leider werden über weite Strecken des Buchs vor allem Namen, Daten und Organisationen aufgezählt. Wer dazu keinen Bezug hat, kann die vielen Informationen nicht einordnen. Da fühlt sich das Lesen ein bisschen an, wie die Lektüre eines Telefonbuchs. Das ist schade, denn über Persönliches berichtet die Autorin in einer Art, die sehr berührt.

Fazit: Dieses Buch zeigt, was ein einzelner Mensch erreichen kann, wenn er sich mit aller Kraft für Veränderung einsetzt. Die Lebensgeschichte zeigt einige Aspekte des Lebens mit einem behinderten Kind, legt allerdings den Schwerpunkt auf die wohltätigen und politischen Aktivitäten der Autorin. Empfehlenswert!

Veröffentlicht am 01.04.2023

Wo ist nur das Silberbesteck!?

Alle Farben der Kamelien
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Lucy liebt Kunst, und es ist ihr ein Herzensanliegen Historisches zu bewahren. Als sie erfährt, dass der junge Mann, mit dem sie verabredet ist, die alten Häuser in ihrer schönen Stadt abreißen will, um ...

Lucy liebt Kunst, und es ist ihr ein Herzensanliegen Historisches zu bewahren. Als sie erfährt, dass der junge Mann, mit dem sie verabredet ist, die alten Häuser in ihrer schönen Stadt abreißen will, um Neues zu errichten, ist ihr klar, dass Declan keinesfalls ihr Traummann ist. Und als würde das nicht reichen, zeigt sich schnell, dass er einer Familie angehört, die seit Generationen mit Lucys Familie im Streit liegt. Jede Familie wirft der anderen vor, den Familienschatz gestohlen zu haben.

Als Lucy überraschend ein wunderschönes, altes Haus als Erbe bekommt, kann sie ihr Glück kaum fassen. Es muss renoviert werden, und sie hat nicht viel Geld, doch mit diesem Haus erfüllt sich ihr größter Traum. Doch warum hat ausgerechnet sie dieses Haus bekommen? Sie will unbedingt mehr über die früheren Besitzer des Hauses erfahren.

Ihre Suche führt sie zu Eliza, einer bekannten Malerin, die vor fast hundert Jahren in diesem Haus lebte. Eliza muss eine unglückliche Liebe verkraften, denn ihr Verlobter verschwindet ohne Erklärung von einem Tag auf den anderen. Doch ihr Leben entwickelt sich danach ganz anders als erwartet.

Dieses Buch erzählt auf zwei Zeitebenen die Geschichten von Lucy und Eliza, und erst im Verlauf das Buchs wird mehr und mehr klar, was die beiden Frauen verbindet. Sie haben nicht nur viel gemeinsam, beide leiden wegen dem verlorenen Silberbesteck, denn Gerüchten zufolge soll es auf dem Grundstück ihres Hauses begraben sein.

Die beiden Zeitepochen werden gut wiedergegeben. Wie ein Faden zieht sich die Liebe zu Gärten, zur Kunst und zu historischen Häusern durch dieses Buch. Dagegen scheinen die Hinweise auf den christlichen Glauben eher ein nachträglicher Einfall zu sein. Sie überzeugen nicht, da sie nicht von Anfang an mit den Charakteren der Geschichte in Verbindung stehen.

Die Geschichte ist spannend, denn es werden immer weitere Geheimnisse gelüftet, doch einige Ereignisse wirken zusammenhanglos, und die Erklärungen überzeugen oft nicht.

Es fällt außerdem schwer mit den Charakteren warm zu werden, denn die Informationen am Anfang der Geschichte reichen nicht zur Identifikation. Die Liebesgeschichten, vor allem in Elizas Zeitebene, ist teilweise berührend, in beiden Geschichten ist manches jedoch vorhersehbar.

Fazit: Gut geschrieben und unterhaltsam, vor allem für Leser, die sich für historische Erzählungen und Familiengeschichten interessieren – doch manches erscheint unlogisch und überzeugt nicht.