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Veröffentlicht am 09.06.2023

Krieg, Moral, Ehre

FÜNF
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„...Du, mein Freund, hast durch das, was geschehen ist und vor allem wie es geschehen ist, die Essenz Deiner Überzeugungen vom überflüssigen Rest extrahiert. Ohne dass Dir das bewusst gewesen ist...“

Es ...

„...Du, mein Freund, hast durch das, was geschehen ist und vor allem wie es geschehen ist, die Essenz Deiner Überzeugungen vom überflüssigen Rest extrahiert. Ohne dass Dir das bewusst gewesen ist...“

Es ist ein toter Freund, der ihm in einem Tagtraum zu dieser Erkenntnis verhilft. Zuvor war eine Menge geschehen.
Der Autor hat einen fesselnden und gleichzeitig bedrückenden Roman geschrieben. Er weiß, wovon er schreibt. Das spürt man in jeder Zeile und auch an dem Schriftstil, der stellenweise sehr deutlich das Geschehen wiedergibt. Das Buch ist sicher keine Wohlfühllektüre. Es zeigt, wie grausam Krieg ist und was er aus dem Menschen macht.
Im Jahre 1987 werden zwei Offiziersschüler der NVA zu einem Außenposten der sowjetischen Streitkräfte in Afghanistan geschickt. Sie sollen die Arbeit der Aufklärer in einem Krisengebiet beobachten. Der Offizier, der sie mit seiner Einheit von einem Stützpunkt zum anderen bringen soll, ist alles andere als begeistert. Es handelt sich um eine Eliteeinheit. Er wird deutlich.

„...Vorbereitet, sagen Sie? […] Auf das hier kann Sie nichts und niemand vorbereiten. Was für ein Schwachsinn, das zu glauben! Und wie verantwortungslos, jemanden das glauben zu machen!...“

Als der Hubschrauber beschossen wird und abstürzt, überleben fünf der Männer. Dazu gehört einer der Offiziersschüler. Als Leser erfahre ich, was sein familiärer Hintergrund ist und warum er zur Armee gegangen ist. Über die Handlung möchte ich nicht viele Worte verlieren. Die möge der zukünftige Leser auf sich wirken lassen.
Für mich gehören zu den Höhepunkten des Buches die vielen Gespräche. Sie sind es, die belegen, wie der Krieg den Menschen verändert. Schon im Hubschrauber bekommen sie gesagt:

„...Ich gebe euch beiden Jünglingen einen guten Rat. Solltet Ihr uns abhanden kommen, tötet Euch selbst. […] In diesem Krieg gibt es keine Gefangenen. Keine Gnade und keine Ehre unter Kriegern...“

Der Offiziersschüler, der meist der Blonde genannt wird, ist mit hohen Idealen gekommen. Die werden nach und nach erschüttert. Er erlebt, dass sich die Soldaten nicht so verhalten, wie er erwartet hat. Er begreift aber auch, dass es auf jeden Einzelnen ankommt, wenn sie überleben wollen. Es ist eine besondere Art von Kameradschaft, die die Männer zusammenschweißt.

„...Du hältst uns für Tiere, oder? Für abartige Barbaren. Was bildest Du Dir ein? Was glaubst Du, wer Du bist, über uns urteilen zu können? [...].Du hast noch nie für etwas Verantwortung getragen, Jüngling...“

Und er musste noch nie auf einen Menschen schießen. Das wird sich im Laufe der Handlung ändern und es verändert ihn. Was bleiben wird, sind Alpträume und Schuldgefühle. Er beginnt, seine politischen Überzeugungen zu hinterfragen.
Als besonderes Stilmittel hat der Autor um das eigentliche Geschehen eine Rahmenhandlung gesetzt, die viele Jahre später spielt. Der Blonde besucht einen seiner damaligen Begleiter. Beide haben es als einzige geschafft, im Zivilleben wieder Fuß zu fassen.
Das Buch hat mich sehr bewegt, gerade weil hier schonungslos aufgezeigt wird, was der Kampf ums nackte Überleben bedeutet und wie schnell es zu Grenzüberschreitung kommt.

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  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 09.06.2023

Im Stile Sherlock Holmes

Der Schwarze Hibiskus
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„...Die Szene war fast vollständig. Die hätte geradewegs aus einem Schauermärchen stammen können: Eine stille mondlose Nacht, ein großes düsteres Anwesen, dessen Silhouette sich schemenhaft vor dem nächtlichen ...

„...Die Szene war fast vollständig. Die hätte geradewegs aus einem Schauermärchen stammen können: Eine stille mondlose Nacht, ein großes düsteres Anwesen, dessen Silhouette sich schemenhaft vor dem nächtlichen Himmel abzeichnete, ein stürmischer Wind, der durch das Gestrüpp blies und der unheimliche Laut einer Eule...“

Mit diesen Zeilen beginnt ein spannender historischer Kriminalroman. Wir befinden uns dabei in der Hauptstadt des Sultanats Malakka des 15. Jahrhunderts.
Melati lädt ihre Freundin Ying zu sich ein. Sie braucht die Hilfe von dessen Bruder. Ihr Mann ist Kutscher und seit einiger Zeit verschwunden.
Lin macht sich auf den Weg, um Spuren zu sichern. Dabei trifft er auf Inspektor Bintang. Die Polizei wurde in der Nacht wegen eines Unfalls einer Kutsche gerufen. Dabei stellte es sich heraus, dass es sich um einen Überfall handelte. Der Kutscher ist verschwunden. Außerdem wurde ein wertvolles Schmuckstück gestohlen. Alle Spuren weisen auf den schwarzen Hibiskus hin, eine Diebesbande, von der man aber einige Jahre nichts mehr gehört hat.
Lin Ji wird als zerstreuter kleiner Mann wahrgenommen. Das ist aber nur der äußere Schein. Seine logischen Gedankengänge und seine akribische Untersuchung der möglichen Tatorte erinnern mich an Sherlock Holmes. Da der Krimi ja eher spielt als sein englischer Pedant wäre Lin damit ein Vorläufer von Sherlock Holmes.

„...Das Luntenschloss ermöglicht es, während dem Abdrücken zu zielen. Ich schließe daher aus, dass der Täter aus Versehen in Richtung der Kutsche geschossen hat. Es war ziemlich sicher beabsichtigt...“

Bei dem Arzt Melor Mayang finden Lin und die Polizei den Kutscher. Der aber kann sich an nichts mehr erinnern, nicht mal an seinen Namen. Allerdings zeigt sich bald, dass er trotzdem in akuter Lebensgefahr ist. Jemand will, dass er sich nicht erinnern soll.
Ab und an diskutiert Lin mit seiner Zwillingsschwester Ying den Fall. Dabei geht es um bisherige Erkenntnisse, aber auch um erste Schlussfolgerungen und Ungereimtheiten. Außerdem wirft Lin eine Frage auf, die für den Fall von entscheidender Bedeutung sein könnte:

„...Was meinst du Ying, kann man jemanden bestrafen, der sich an sein Verbrechen nicht mehr erinnert...“

Beide wägen das Für und Wider gegeneinander ab, kommen aber momentan zu keinem eindeutigen Resultat.
Einige Zeit zuvor hatte Lin den Kutscher im Gespräch gewarnt, dass es schwierig werden könnte, wenn die Wahrheit zutage tritt.

„...Die Wahrheit kann manchmal bitter sein...“

Das Buch zeichnet sich durch die genaue Beschreibung der Handlungsorte, durch einen hohen Spannungsbogen und gut ausgearbeitet Gespräche aus. Außerdem darf ich die Ermittlungen im Detail verfolgen. Das ermöglicht ein Miträtseln und Mitdenken.
Am Ende löst Lin mit allen Beteiligten den Fall und überführt die wirklichen Täter.
Die Geschichte hat mir sehr gut gefallen. Ich mag logisch durchdachte Krimis.

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Veröffentlicht am 08.06.2023

Humorvoller Krimi

Männer, Mord und Remmidemmi
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„...Ich brauch nämlich dringend einen neuen Mann. Der alte ist mir leider vor vier Wochen abhandengekommen. Hat mich ausgetauscht. Gegen so eine frisch geschlüpfte Fünfundzwanzigjährige...“

Elli Fuchs ...

„...Ich brauch nämlich dringend einen neuen Mann. Der alte ist mir leider vor vier Wochen abhandengekommen. Hat mich ausgetauscht. Gegen so eine frisch geschlüpfte Fünfundzwanzigjährige...“

Elli Fuchs sagt deutlich, was sie denkt. Seit der Trennung lebt sie mit ihren Kindern wieder im Heimatdorf und arbeitet bei einem Installateur. Das neue Leben bietet nicht viel Abwechslung. Da kommt ein Kriminalfall gerade recht.

„...Genauer gesagt, es ist so ein Kuhdorf im schönen oberbayrischen Pfaffenwinkel. Ein herrlicher Landstrich, zumindest für den, der das Landleben mag...“

Die Autorin hat einen humorvollen Krimi geschrieben. Ganz nebenbei erfahre ich eine Menge über das bayrische Dorfleben. Elli erzählt die Geschichte aus ihrer Sicht. Der Schriftstil ist echt schräg, skurril und an manchen Stellen gekonnt überzeichnet. Natürlich fehlt der örtliche Dialekt nicht, der dem ganzen zusätzlich lokales Flair gibt.
In einem Wohnhaus wird eingemauert in einen Wannensockel eine Leiche entdeckt. Schnell stellt sich heraus, dass sie schon 30 Jahre dort liegt. Zusammen mit Heinzi versucht Elli, den Mörder zu finden. Dabei kommt ihr entgegen, dass ihr Ex Gerichtsmediziner ist und sich geschickt von ihr ausfragen lässt. Klar, dafür muss sich sich natürlich etwas einfallen lassen. Das aber kriegt Elli hin.
Doch eigentlich fehlt Elli die Zeit, denn in Bayern ist gerade Fasching. Und da fließt der Alkohol in Strömen. Mit irgendetwas muss man sich ja aufwärmen.

„...Warum ist bei uns der Fasching immer im Februar? Das ist der kälteste Monat vom ganzen Jahr. Man könnte den doch auch mal ausnahmsweise im Juli machen?...“

Und außerdem ist Elli auf Männersuche. Die Mutter ihrer Chefs hätte sie ja gern als Schwiegertochter, doch darauf legt Elli keinen Wert. Lenz, der für den Todesfall zuständig ist, kann bei ihr auch keinen Blumentopf gewinnen. Dem fährt sie gern in die Parade.
Allerdings hat Elli ein Gespür für Zwischentöne im Tratsch und Klatsch des Dorfes. Und die führen sie auf die richtige Spur. Nur von Selbstschutz hat sie noch nichts gehört. Das hätte gründlich schief gehen können.
Ein Nachwort und ein paar Rezepte ergänzen die Geschichte.
Das Buch hat mich ausgezeichnet unterhalten. Ich mag Ellis Humor.

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Veröffentlicht am 07.06.2023

Freundschaft oder Liebe?

Wirbel um die Komtess
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„...Du kannst alles machen, du darfst dich bloß nicht erwischen lassen!...“

Von den vielen Ratschlägen, die Komtess Isabella von Seybach Tag für Tag über sichergehen lassen muss, gefällt ihr der ihres ...

„...Du kannst alles machen, du darfst dich bloß nicht erwischen lassen!...“

Von den vielen Ratschlägen, die Komtess Isabella von Seybach Tag für Tag über sichergehen lassen muss, gefällt ihr der ihres Bruders Maximilian am besten.
Die Autorin hat eine inhaltsreiche Fortsetzung ihrer Reihe geschrieben. Der Schriftstil ist locker und leicht und sorgt für einen guten Lesefluss. Im Mittelpunkt steht diese Mal Isabella.
Auf dem Dach trifft sie ihren besten Freund: Leopold von Löwenstein.

„...Das Haar mandelbraun, ebenso die Augen, der Körper schlank. Leopold: Reiter, Ruderer, Komplize, Vertrauter. Er überragte sie immer noch um einen Kopf, und daran würde sich wohl nichts mehr ändern...“

Während Henriette von Seybach ihre Enkelin auf die erste Ballsaison vorbereitet, hat Isabella ganz andere Träume. Sie möchte am Nationaltheater spielen. Anregungen dazu hat ihr eine Bekanntschaft auf ihrer Italienreise gegeben. Eine Hochzeit liegt für sie noch in weiter Ferne.
Natürlich kann sich Isabella den Eindrücken der ersten Ballsaison nicht entziehen.

„...Isabella hob ihr Kleid an und bemühte sich, den Stoff nicht zu zerknittern. Die Sohlen der Tanzschuhe rutschten über den magmaroten Teppich, der die Stufen bedeckte. Sie konnte sich nicht erinnern, sich schon einmal so wunderbar gefühlt zu haben...“

Sehr detailliert wird beschrieben, wie sich die gehobene Gesellschaft dabei verhält. Isabella aber wäre nicht Isabella, wenn es ihr nicht gelingen würde, unauffällig eigene Wege zu gehen. Welche? Dazu sollte man das Buch lesen.
Zu den Höhepunkten der Geschichte gehören die Gespräche zwischen Leopold und Isabella. Erst durch ihre Augen erkennt Leopold, wie unterschiedlich die Gesellschaft junge Frauen und Männer behandelt. Isabella stellt Leopold Fragen, die man sonst höchstens seiner besten Freundin stellt. Und genau das ist das Problem. Keiner von beiden möchte die Freundschaft aufs Spiel setzen. Deshalb fällen beide eine sogenannte vernünftige Entscheidung – und sind unglücklich damit.
Es bedarf den Weg durch einige Höhen und Tiefen, bis sie begreifen, was sie wirklich wollen.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Es zeigt, dass auch in Adelskreisen einst manches hinter dem schönen Schein verborgen lag.

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Veröffentlicht am 06.06.2023

Spannender zweiter Teil

Eine Tochter aus Zion
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„...In nicht einmal drei Stunden würde sie als Kurier einen Bus der Linie zwei besteigen. Sie würde Waffen zu den Soldaten bringen, die im belagerten jüdischen Viertel hinter den alten Mauern der Jerusalemer ...

„...In nicht einmal drei Stunden würde sie als Kurier einen Bus der Linie zwei besteigen. Sie würde Waffen zu den Soldaten bringen, die im belagerten jüdischen Viertel hinter den alten Mauern der Jerusalemer Altstadt nicht aufgaben...“

Rachel Lubetkin hat das KZ überlebt und ihren Großvater und den kleinen Bruder in Jerusalem gefunden. Doch sie ist innerlich zerrissen. Die psychischen Wunden sind noch nicht geheilt und sie hat sich selbst nicht vergeben. Sie fühlt sich schuldig, gerade weil sie überlebt hat. Ihre Familie weiß nicht, dass sie in der Altstadt bleiben wird.

„...Ich bin es selbst, die mich verurteilt, Vielleicht verstehst du das nicht. […] Ich will keinen Mann lieben, um ihn für mich zu haben...“

Auch bei dem zweiten Teil der Reihe handelt es sich um eine fesselnde Geschichte. Der Schriftstil sorgt für einen hohen Spannungsbogen und bringt die politischen Probleme gekonnt auf den Punkt.
Die Spannungen zwischen den Volksgruppen sind mit den Händen greifbar. Die Araber sind gegen eine Teilung des Landes. Die jüdische Bevölkerung aber ist in sich gespalten. Während viele für den Erhalt und ihr Leben in der Altstadt kämpfen wollen, paktieren führende Rabbiner mit den Muftis.
Das Gespräch zwischen Ellie, die für eine renommierte amerikanische Zeitung fotografiert, und Rachel bringt das Dilemma der Juden auf den Punkt.

„...Ellie, ich sage dir, wenn meinem Volk nicht dieser Ort, nicht eine eigene Heimat zugebilligt wird, dann gibt es keinen Ort auf der Welt, an dem es sicher sein kann. Und du musst dies allen vor Augen führen...“

Noch ahnt Rachel nicht, dass sie ein Mann aus ihrer Vergangenheit gesehen hat. Er will nachholen, was ihm damals verwehrt geblieben ist. Einst aktiver Nazi dient er sich jetzt den Muftis an. Er ist ihr Mann fürs Grobe und organisiert raffinierte Attentate. Doch auch von jüdischer Seite werden Bomben inmitten der Menschenmenge gezündet. In jedem Fall trifft es Unschuldige.
Gekonnt ins Geschehen integriert wird Rachels Vergangenheit. Nach und nach wird deutlich, was sie erlebt und durchlitten hat.
Und dann gibt es noch die Besatzungsmacht, die britischen Soldaten. Eine Handvoll von ihnen steht auf der Seite der Juden. Viele aber können nicht vergessen, dass ihre Kameraden durch jüdischen Terrorakte gestorben sind. Bei der Durchsuchung einer jüdischen Unterkunft nehmen sie nicht einmal Rücksicht auf die schwangere Leah.

„...Leah dagegen blieb still liegen, wo sie hingefallen war, und hielt sich mit den Händen den Bauch. „Ihr seid keinen Deut besser als die Nazis“, sagte Schimon ruhig...“

Recht hat er! Sind sie dafür je zur Rechenschaft gezogen worden? Dass dieser Satz Schimons Todesurteil sein würde, weiß er nicht. Er wird sein Kind nie sehen.
Sehr detailliert wird beschrieben, wie es gelingt, Nahrungsmittel, Medikamente und Waffen in die Altstadt zu bringen.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Es arbeitet eine Stück Geschichte auf und zeigt, wie tief manche Wunden waren.

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