Wer kennt noch Autotelefone?
Sommersonnenwende (Wolf und Berg ermitteln 1)Das neu geformte Autorenduo Engman und Selåker nimmt uns mit in die schwedische Vergangenheit. Dieser gelungene Krimi spielt im sehr heißen Sommer 1994. Doch nicht nur das Wetter spielt im Buch und für ...
Das neu geformte Autorenduo Engman und Selåker nimmt uns mit in die schwedische Vergangenheit. Dieser gelungene Krimi spielt im sehr heißen Sommer 1994. Doch nicht nur das Wetter spielt im Buch und für die Ermittlungen seine Rolle, auch die damals gerade in den USA stattfindende Fußball-Weltmeisterschaft.
Auch wenn die Stimmung in erster Linie für schwedische Leser besonders gut erlebbar ist, kommt auch einiges davon in der Übersetzung an - ebenso für jene, die keine Fußballfans sind. Auch Kriminalkommissar Tomas Wolf kann sich dem nicht ganz entziehen und so werden Spiele der Nationalmannschaft in der Nacht geschaut, während tagsüber Mord und Totschlag warten.
Schlafmangel und Verbrecher sind aber nicht die einzigen Probleme, die der Mann mit sich herumschleppt. Ohne zu viel vorwegzunehmen, Tomas bedient ein paar “klassische Skandinavien-Ermittler-Klischees” exzellent. Das könnte mühsam sein, wäre die Geschichte ausschließlich auf ihm aufgebaut.
Aber es gibt noch einen “Gegenpol”. Die Journalistin und ebenso privat recht geforderte Vera Berg erkennt Parallelen zwischen den Fällen, da sie überregionale Kriminalberichterstattung für die Kvällsposten macht. Zudem hat sie ihre Quellen auch innerhalb der Polizei und ermittelt damit ein wenig parallel zu Tomas.
Aktuell jagt dieser einen Frauenmörder, der scheinbar rechtsnationale sowie bestimmte fetischistische Tendenzen aufweist und schon bald geraten mehrere Personen ins Visier der Ermittlungen.
Der Krimi kann mit Action, derber Sprache und gefährlichen Situationen aufwarten, ist aber generell eher unblutig. Aufgrund des Tempos kratzt er aber schon stark am Thriller und dank der vielen kürzeren Abschnitte hat man die fast 590 Seiten erstaunlich schnell durch.
Besonders ist natürlich auch das Setting. 1994 konnten nur wenige Leute unterwegs auf Handys zurückgreifen und warten dementsprechend nicht immer erreichbar beziehungsweise konnten auch Ideen und Planänderungen nicht immer gleich weitergeben. Tomas und Vera befassen sich daher öfter mit Straßenkarten. Immer wieder gibt es kleine Momente, die aus heutiger Sicht sogar fast entschleunigend wirken. Und immerhin - Tomas’ Dienstwagen besitzt ein Autotelefon!