Im ersten Teil zu langatmig, im zweiten zu hastig erzählt
John muss mit Erschrecken feststellen, dass seine Verlobung nur eine Farce gewesen ist. Er kann und will nicht glauben, dass hinter den großen Gefühlen nur eiskalte Berechnung gesteckt hat. Er sieht nur ...
John muss mit Erschrecken feststellen, dass seine Verlobung nur eine Farce gewesen ist. Er kann und will nicht glauben, dass hinter den großen Gefühlen nur eiskalte Berechnung gesteckt hat. Er sieht nur noch einen Ausweg...den letzten, den endgültigen Schritt zu gehen. Dass sich aber in dieser dunklen Stunde sein Leben grundlegend verändern wird, hat er nicht auf dem Schirm. Die Begegnung mit Leni am Elbufer ist eine glückliche Fügung des Schicksals und John sieht wieder einer rosigen Zukunft entgegen. doch erstens kommt alles anders und zweitens als man denkt....
Nach der "Heilgendamm-Trilogie", die mich regelrecht an die Seiten gekettet hat, war ich unglaublich neugierig, welche Schicksale Michaela Grünig aus ihrer Feder fließen lässt. Mit knapp 500 Seiten lockt das Buch und auch der Klappentext verspricht Spannung, Zeitgeschichte und Tragisches. Zu Beginn lese ich auch noch recht gerne die Entwicklungen, folge aufmerksam der Handlung und kann mich sogar mit John und Leni anfreunden. Aber schon bald merke ich, dass dieser Roman mich nicht wirklich zu begeistern weiß und für mich weit hinter der Heilgendamm- Erzählung zurück bleibt.
Die erste Hälfte des Buches ist nämlich recht langatmig und ausschweifend erzählt, verliert sich manchmal in Nebensächlichkeiten und wirkt dadurch unnötig aufgeplustert und künstlich in die Länge gezogen. Bis Kapitel 15 werden die Ereignisse der Jahre 1919 bis 1928 sehr intensiv geschildert und ich bekomme einen detaillierten Einblick in das Leben und Wirken der Figuren im Buch. Vom Zerfall des Kaiserreichs bis zum aufkommenden Antisemitismus gelingt es Grünig, ein sehr plastisches Bild der damaligen Zeit zu zeichnen. Die Steine, die man Leni und John in den Weg legt, sind mal mit größeren, mal mit kleineren Konsequenzen behaftet und werden fast problemlos aus dem Weg geschafft.
Ab Kapitel 16 galoppieren die Jahre im wie Flug vorbei und so ist jedes neue Kapitel auch eine kurze Abhandlung der Jahre 1933 bis 1939. Die charakterliche Veränderungen, die die Herrschaft der Nazis mit sich bringt, rückt so manche Figur in ein sehr dunkelbraunes Licht und es ist erschreckend, wie sehr sich das doch eigentlich friedliche Zusammenleben der Familien immer mehr auf des Messers Schneide bewegt. John und Leni stehen erneut vor schweren Entscheidungen, deren Ausgang ungewiss ist.
Auch wenn die Autorin den für sie typischen Schreibstil wählt, um über die die schicksalhaften Begegnungen zu erzählen, finde ich nicht wirklich Zugang zur Geschichte und fühle mich in machen Kapiteln fast schon gelangweilt. Die vielen positiven Leser:innenstimmen beweisen aber, das Geschmäcker und Empfindungen unterschiedlich sind und es eine große Fangemeinde gibt,die diesen Roman gerne gelesen hat.
Für mich reicht es leider nur für neutrale 3 Sternchen...auf das Lesen der Fortsetzung werde ich allerdings verzichten.