Profilbild von HarleyQ

HarleyQ

Lesejury Profi
offline

HarleyQ ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit HarleyQ über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 13.09.2023

Berührender Coming-of-Age Roman

Paradise Garden
0

Aus heiterem Himmel verliert die 14jährige Billie ihre Mutter. Ihren Vater kennt sie nicht und bei der gerade erst eingezogenen Großmutter in der Hochhaussiedlung will sie nicht bleiben. Also begibt sie ...

Aus heiterem Himmel verliert die 14jährige Billie ihre Mutter. Ihren Vater kennt sie nicht und bei der gerade erst eingezogenen Großmutter in der Hochhaussiedlung will sie nicht bleiben. Also begibt sie sich auf die Suche nach ihrem Vater.
Das Buch macht kein Geheimnis daraus, dass den Leser:innen das Herz gebrochen wird, denn es beginnt mit dem Begräbnis von Billies Mutter. Im Erzählen gehen wir in die Zeit davor zurück, die, obwohl ihre Mutter zwei Jobs hat und trotzdem kaum genügend Geld, für Billie wunderschön war, denn ihre Mutter bemühte sich darum, dass Billie immer wieder das Schöne in der Welt sehen kann. Man spürt den Schmerz Billies durch die Seiten und würde sich am liebsten auf den Beifahrersitz setzen und mit ihr quer durch Deutschland fahren, um ihren Vater und ihre Herkunft kennen zu lernen.
Paradise Garden ist ein schön erzählter Coming-of-Age Roman, der sowohl für jüngere als auch erwachsene Leser:innen ansprechend ist. Durch seine Kürze geht nichts verloren, die Geschichte ist abgerundet und kommt ohne unnötige Ausschweife aus. Eine Reise ins Erwachsensein, wie es sie selten in deutschen Literatur gibt.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 17.07.2023

Subtiler Horror der Realität

Sekunden der Gnade
0

Mit "Sekunden der Gnade" beweist Dennis Lehane wieder, dass er ein Meister des Subtilen ist. Sein Roman bietet keine großen Actionszenen oder den großen, übernatürlichen Horror. Lehane nimmt das reale ...

Mit "Sekunden der Gnade" beweist Dennis Lehane wieder, dass er ein Meister des Subtilen ist. Sein Roman bietet keine großen Actionszenen oder den großen, übernatürlichen Horror. Lehane nimmt das reale Leben, zeigt die schlechten Seiten auf und webt daraus eine Geschichte, die die Leser:innen fest in der Hand hält und immer fester zudrückt, bis es richtig unangenehm wird.
Wir verfolgen Mary Pat, eine Frau der Arbeiterklasse, die nicht gerade im besten Viertel der Stadt lebt, deren Tochter in der Nacht, in der ein Schwarzer auf mysteriöse Weise stirbt, verschwindet. Da sie der Polizei nicht vertraut, nimmt sie die Sache selbst in die Hand - und Mary Pat hat nichts zu verlieren.
Lehane zeigt nicht nur den Rassismus der 70er Jahre auf, sondern auch was die Lebensumstände aus einem Menschen machen können und wozu eine Mutter fähig ist. Die Handlung entwickelt sich wie ein dunkler Strudel des Unheils, in den die Leser:innen hineingezogen werden und gegen den man sich nicht wehren kann.
Der Roman beeindruckt durch seine klare Sprache, der Realitätsnähe und der Aktualität des Stoffes, obwohl die Handlung vor 50 Jahren spielt.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 09.06.2023

Die Schattenseiten der Idolkultur

Idol in Flammen
0

Rin Usamis "Idol in Flammen" entführt europäische Leser:innen in eine Welt, die wir so nicht kennen, die japanische Idolkultur. Wir haben zwar Boybands und beliebte Stars, in Japan jedoch werden diese ...

Rin Usamis "Idol in Flammen" entführt europäische Leser:innen in eine Welt, die wir so nicht kennen, die japanische Idolkultur. Wir haben zwar Boybands und beliebte Stars, in Japan jedoch werden diese Idole auch als solche bezeichnet und viel stärker medialisiert als hier in Europa. Akari ist Fan eines solchen Idols, sie arbeitet neben der Schule, um sich CDs in dreifacher Ausführung zu kaufen und auf alle Konzerte zu gehen. Sie nimmt alle öffentlichen Fernsehauftritte Masakis auf, schreibt Transkripte und führt einen Blog über das Mitglied der Band. Ihr Verhältnis zu ihrem Idol ist obsessiv und als herauskommt, dass er einen Fan geschlagen haben soll, bekommt ihre, für sie perfekte Welt, Risse. Ihr Idol ist plötzlich statt auf dem ersten auf dem letzten Platz beim jährlichen Beliebtheitsranking und muss in seinem allabendlichen Livestream Hasskommentare über sich ergehen lassen.
Usami zeichnet den fragilen Charakter Akaris sehr eindrucksvoll und nachvollziehbar. Die Sprache ist poetisch, jedoch nicht anstrengend zu lesen. Es finden sich schöne Metaphern und tiefgehende Beschreibungen, die Sätze müssen jedoch nicht in Kleinstarbeit analysiert werden, um überhaupt erst mal zu verstehen, was im Roman passiert. Die Obsession, ausgelöst durch psychische Probleme Akaris, die dazu führt, dass sie ihr eigenes Leben vernachlässigt, wird verständlich geschildert und als Leser:in befürchtet man, durch die drückende Gesamtstimmung des Romans, ein schlimmes Ende.
Der Roman zeigt auf, was die Obsession mit einer fremden Person im Leben einer Jugendlichen anrichten kann. Mir fehlte jedoch etwas der Fokus auf eben diesen Skandal des Promis, er scheint nach den ersten zwanzig Seiten beinahe vergessen und taucht nur manchmal als kleines Spotlight wieder auf.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 19.04.2023

Ruhig aber auch aufwühlend

Es war einmal in Brooklyn
0

"Es war einmal in Brooklyn" beginnt sehr stark und hält dieses Niveau eigentlich das gesamte Buch hindurch, nur manchmal schwächelt es ein klein wenig. Die große Stärke des Romans sind eindeutig die realitätsnahen ...

"Es war einmal in Brooklyn" beginnt sehr stark und hält dieses Niveau eigentlich das gesamte Buch hindurch, nur manchmal schwächelt es ein klein wenig. Die große Stärke des Romans sind eindeutig die realitätsnahen Protagonist:innen, die im guten Sinne "nichts besonderes" sind. Sie sind eigentlich durchschnittliche Menschen, die Schicksale erleben, die jeder und jedem passieren können und leider viel zu oft auftreten.
Ich habe schnell mit Juliette und David sympathisiert, auch wenn im Laufe des Buches meine Sympathien eindeutig stärker zu Juliette gewandert sind. Besonders prägend war für mich der Teil, bei dem sich beinahe alle jungen Männer im Roman unsympathisch gemacht haben, als es um die Entjungferung Juliettes ging, als Rico damit prallte, dass sie noch Jungfrau sei (da sie enger ist), als David ausflippt, weil er dachte, er hätte Anspruch auf Juliette und ihre Jungfräulichkeit und Mister Du-must-mir-so-unsympathisch-dass-ich-deinen-Namen-verdrängt-habe, der JuliettesTraurigkeit und Verwirrung nutzt, um sie dann schließlich zu entjungfern... Keiner der Männer ist hier im Recht und ihr Denken ist einfach altmodisch und frauenverachtend... Ich hätte mir hier bessere Aufarbeitung gewünscht, aber das ist auch der einzige Kritikpunkt an diesem Buch.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 29.03.2023

Ein Plädoyer an Geschichten

Die Bibliothek der Hoffnung
0

Die Bibliothek der Hoffnung ist ein Plädoyer für Geschichten! Der Roman zeigt wie wichtig Bücher, Bibliotheken, das (Vor-)Lesen und das Zuhören sind und das auf so vielen Ebenen.
Es geht um die Bethnal ...

Die Bibliothek der Hoffnung ist ein Plädoyer für Geschichten! Der Roman zeigt wie wichtig Bücher, Bibliotheken, das (Vor-)Lesen und das Zuhören sind und das auf so vielen Ebenen.
Es geht um die Bethnal Green Library in London, die zu Beginn der Blitzkriegs in die noch nicht eröffnete U-Bahnstation umziehen musste, in der auch viele Bewohner des Londoner Stadtteils Zuflucht suchten. Die leitende Bibliothekarin, aus Ermangelung eines anwesenden Mannes, macht es sich zur Aufgabe, den Menschen zu helfen und ihnen Ablenkung, Trost und Hoffnung zu schenken. Sie liest Kindern vor, gründet einen Lesezirkel und hat ein offenes Ohr und eine Buchempfehlung für alle Menschen die zu ihr kommen.
Eine wunderschöne Idee war für mich die Rahmenhandlung, bei der eine alte Mutter in der Coronapandemie durch Schilder in der U-Bahnstation an diese Zeit erinnert wurde und sie ihren Kindern davon erzählt. Zu einer Zeit in der das "Ende der Zeitzeugenschaft" eingeläutet wird, zeigt diese Rahmenhandlung, wie wichtig es ist, den wenigen Verbliebenen zuzuhören und daraus zu lernen. Aber auch die Geschichte rund um die Bibliothek in er U-Bahnstation, die auf wahren Begebenheiten beruht, ist schön zu lesen und trotz der düsteren Thematik oft erheiternd und hoffnungsspendend. Gegen Ende hin, wurde es mir jedoch zu sehr in die Länge gezogen und der Fokus war teilweise zu sehr auf den zwei großen Liebesgeschichten.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere