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Veröffentlicht am 10.06.2023

Gegen das Artensterben

Die Spur der Aale
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Hätte man gedacht, dass junge Aale einen solchen Wert haben, dass dafür Morde verübt werden, Menschen wie Sklaven gehalten werden? Bestimmt nicht und doch gibt es dieses Geschäftsmodell. Der Handel von ...

Hätte man gedacht, dass junge Aale einen solchen Wert haben, dass dafür Morde verübt werden, Menschen wie Sklaven gehalten werden? Bestimmt nicht und doch gibt es dieses Geschäftsmodell. Der Handel von Glasaalen ist nach Angaben von Europol eines der lukrativsten illegalen Geschäfte mit geschützten Arten. Europol schätzt die Profite auf bis zu drei Milliarden Euro im Jahr weltweit.

Aber natürlich gibt es auch Menschen, die solche Geschäftsmodelle verhindern wollen, die für den Artenschutz stehen und mit dafür sorgen wollen, dass bestimmte Fischarten nicht aussterben. Mit beiden Parteien haben wir es in diesem Krimi zu tun. Da ist auf der einen Seite der Zoll und glücklicherweise gibt es durchaus Beamte, die ihren Job engagiert machen und auch insistieren, wenn sie nicht gleich Gehör finden. Unterstützend auch die Staatsanwaltschaft in Person von Greta Vogelsang, die einschätzen muss, ob hinter den Anschuldigungen Substanz steckt, ob diese Anschuldigungen vor Gericht Bestand haben können.

Und da sind die Täter, die skrupellos ein Geschäftsmodell verfolgen und über alle möglichen Transportwege versuchen, die Ware – hier Glasaale - außer Landes und dann nach China zu bringen, wo Aale als Delikatesse gelten.

In diesem ersten Fall hapert es vor allem an Engagement und Vertrauen und Zusammenarbeit der Behörden untereinander. Das macht Verbrechern das Leben leicht. Der erste Beschuldigte in einem Fall von Aalschmuggel wird wieder auf freien Fuß gesetzt. Dann aber stirbt der Zollbeamte einen eigenartigen Tod und bei der Staatsanwältin klingeln sämtliche Alarmglocken. Soviel Zufall kann nicht sein, zumal ihr der Zollbeamte noch in der Woche zuvor eine dringende Mail geschickt hatte.

Gegen allen Widerstand in der eigenen Behörde beginnt sie mit ihren Ermittlungen. Und sie ist genau wie der Zollbeamte, auch sie lässt nicht locker. Nutzt ihren freien Tag für verdeckte Ermittlungen, vernetzt sich mit der Tochter des Zollbeamten und findet so Dinge heraus, die bei Dienst nach Vorschrift nie ans Tageslicht gekommen wären. In einem spannenden Finale läuft dann in Frankfurt alles zusammen. Und der, der am wenigsten damit zu tun hatte, den trifft es am härtesten. Das Leben ist unfair, hätte er nur auf seine Freundin gehört.
Alles in allem ein sich flüssig lesender Krimi, den ich tatsächlich an einem langen Nachmittag durchgelesen hatte. Vom Thema her eine Bereicherung, weil ich mir noch nie Gedanken darüber gemacht hatte. Man kennt den Handel mit Elefantenstoßzähnen und Nashörnern, nicht aber den sehr lukrativen mit Glasaalen, der hier in Europa dafür sorgt, dass die Aale vom Aussterben bedroht sind.

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Veröffentlicht am 30.05.2023

Knisternde Spannung und Erotik in den schottischen Highlands

Here With Me
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Mein erster Eindruck von Cover und Buchschnitt war ausgesprochen positiv. Nun kennt man bunte Buchschnitte seit dem Trafikanten ja bereits und sie fallen im Bücherregal auch auf. Einen so schönen königsblauen ...

Mein erster Eindruck von Cover und Buchschnitt war ausgesprochen positiv. Nun kennt man bunte Buchschnitte seit dem Trafikanten ja bereits und sie fallen im Bücherregal auch auf. Einen so schönen königsblauen und mit goldfarbenen Disteln bedruckten Buchschnitt, der sich dem Muster auf dem Cover anpasst, hatte ich aber noch nicht gesehen. Von daher, großes Kompliment, sieht toll aus!

Das Buch spielt vor dem Hintergrund des schottischen Hochlands in einem 200 Jahre alten Schloss. Kleine anheimelnde Dörfer, herrliche Sandstrände, enge Straßen, einsame Buchten und nette und weniger nette Menschen werden beschrieben. Im Schloss von Lachlan Adair trifft sich die High Society der Schauspieler und Regisseure. Hier finden sie, was ihnen sonst verwehrt wird: Privatsphäre und ein zwar luxuriöses aber normales Leben. Um das zu gewährleisten, ist ein ganzes Heer von Angestellten und Security Mitarbeitern beschäftigt. Diese Idylle wird durch zunächst gewaltfreie, dann sich in Gewalt steigernde Anschläge bedroht. Zunächst wird nicht klar, gegen wen sich diese Anschläge richten, gegen Lachlan persönlich, gegen Robyn und ihren Vater, gegen die Einrichtung insgesamt?
Das Buch ist schwer einzuordnen: es ist Krimi, Liebesgeschichte und Familienroman gleichermaßen. Immerhin gibt es einige Tote und mehrere versuchte Morde. Im Großen und Ganzen geht es aber um die Liebesgeschichte zwischen Robyn und Lachlan, die, obwohl sie sich zunächst einmal gar nicht sympathisch sind, eine starke körperliche Anziehungskraft füreinander verspüren, der sie sich trotz aller verbalen Auseinandersetzungen und gegenseitigen Verletzungen nicht entziehen können. Beide sind in ihrem Verhalten eher altmodisch, was in ihrer persönlichen Geschichte begründet liegt. Lachlan ist in gewisser Weise kontrollsüchtig, verspürt einen extremen Beschützerinstinkt denen gegenüber, die ihm als Oberhaupt der Familie anvertraut sind. Auch Robyn fühlte sich lange ihren Eltern und ihrer Stiefschwester gegenüber verantwortlich, es ist für beide gar nicht leicht, dem jeweils anderen gegenüber einmal Schwächen zu zeigen und nachzugeben.
Und es geht auch um die Annäherung einer Tochter an ihren leiblichen Vater, den sie als Kind sehr liebte, dann aber seit ihrem 14. Lebensjahr nicht mehr gesehen hat. Hier muss einiges aufgearbeitet werden, was durch einen Mordversuch ganz zu Anfang der Handlung zwar nicht erleichtert wird, aber die beiden dann doch schneller zusammenschweißt, weil die Angst, den anderen wieder zu verlieren, sie dann doch über ihren Schatten springen lässt.
Das Buch liest sich flüssig. Es ist aus jeweils der Perspektive von Robyn und aus der von Lachlan geschrieben, so dann man beider Beweggründe, warum so und nicht anders gehandelt wird, nachvollziehen kann. Es hat einige Längen, nicht jede Erfahrung hätte mehrfach gemacht werden müssen, aber es ist doch eine unterhaltende Sommerlektüre für entspannte Urlaubstage.

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Veröffentlicht am 12.05.2023

Verbrechensaufklärung unter Corona-Bedingungen

Geheimnisvolle Garrigue
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März 2020. Unserer so eng miteinander verbundenen Welt passiert etwas, das wir uns nie vorstellen konnten, ein Virus legt alles still. Frankreich und die ganze Welt sind im Ausnahmezustand. In der Provence ...

März 2020. Unserer so eng miteinander verbundenen Welt passiert etwas, das wir uns nie vorstellen konnten, ein Virus legt alles still. Frankreich und die ganze Welt sind im Ausnahmezustand. In der Provence verschwindet einen Tag vor Ausrufung des Lockdowns eine junge Frau, ihr linker Schuh wird später an einem Kanal entdeckt. Das Ganze erinnert fatal an eine Verbrechensserie vor 23 Jahren. Schon einmal gab es vier vermisste junge Frauen an diesem Kanal, ihre linken Schuhe fand man dort, aber sie selbst blieben verschwunden. Ist der Serientäter von damals zurückgekommen? Was hat ihn dazu bewogen, seine Serie von damals fortzusetzen. Oder ist es so, wie es die Psychologin so schön formuliert: „Wir leben im Zeitalter von Copy and Paste, mon Capitaine, das gilt selbst für Serientäter“
Roger Blanc und sein Team werden mit den Ermittlungen beauftragt und sie stellen fest, dass die Disparues du Rove auch nach so langer Zeit in den Erinnerungen der Menschen der Region verwurzelt sind. Kaum einer der Älteren, der sich nicht an diese Tat erinnert und sogar noch von seinen Beobachtungen berichten kann.
Zunächst einmal fand ich es richtig gut, dass die Pandemie auch Eingang in die Kriminalliteratur gefunden hat. Für mich war es der erste Roman der letzten Jahre, in dem Covid eine Rolle spielte und in dem die Hilflosigkeit der Politiker und die Verirrungen der ersten Corona-Monate noch einmal erinnert werden können. Auch die Situation in den Krankenhäusern, das Fehlen von Masken und Desinfektionsmittel, ja sogar die Überfälle auf Maskentransporte werden thematisiert.
Der Corona-Zeit geschuldet ist in diesem Fall das Fehlen des Savoir vivre in den netten Lokalen der Provence. Aber so war es nun mal, ein Rosé am Abend im Lokal gegenüber, Steak Frites mittags im Soleil, das war im März und April 2020 ganz plötzlich nicht mehr erlaubt. Und wenn man, wie Roger Blanc, mit einer Krankenschwester liiert ist, dann kann man nachvollziehen, dass nicht mal ein gemütliches Kochen zuhause mehr zu bewerkstelligen war.
Der mögliche Täterkreis engt sich recht bald auf die Personen ein, die auch vor 23 Jahren schon befragt wurden und als Zeugen galten. Leider konnte man die Tat damals niemandem nachweisen, weil keine Leichen gefunden wurden. Auch im aktuellen Fall bleibt die junge Frau verschwunden und kurze Zeit später verschwindet auch noch ihre beste Freundin unter mysteriösen Umständen. Auch ihr linker Schuh findet sich am Kanal.
Mit dem Ehrgeiz, den Fall nach der langen Zeit endlich zu lösen, bleiben Roger Blanc und sein Team an den Ermittlungen dran und so ganz allmählich stellen sich auch Erfolge ein.
Für mich war dieser Band um Roger Blanc, Marius Tonon und Fabienne Souillard einer der weniger spannenden. Hin und wieder war ich schon versucht, ein paar Seiten zu überspringen. Da gefielen mir die Vorgänger, die ich natürlich auch schon alle gelesen habe, besser. (Übrigens: Kompliment für die frühen Werke, wie den Trümmermörder oder den Fälscher!)
Und so würde ich dem Buch als Dokument der Zeit zwar die volle Punktzahl geben, dem Buch als Krimi allerdings nicht.

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Veröffentlicht am 09.05.2023

Grenzübergreifende Ermittlungen

Grenzfall - In der Stille des Waldes
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Hier haben wir nun den 3. Fall der beiden Ermittler Alexa Jahn und Bernhard Krammer, Alexa auf deutscher Seite und Bernhard auf österreichischer Seite.
Die ersten beiden Fälle habe ich sehr gerne gelesen ...

Hier haben wir nun den 3. Fall der beiden Ermittler Alexa Jahn und Bernhard Krammer, Alexa auf deutscher Seite und Bernhard auf österreichischer Seite.
Die ersten beiden Fälle habe ich sehr gerne gelesen und wollte jetzt natürlich wissen, wie es weitergeht.
Dieses Mal haben wir es mit unterschiedlichen Fällen zu tun, die beiden Kommissionen ermitteln nicht an einem gemeinsamen Fall sondern an separaten Fällen. Natürlich wechselt die Perspektive immer mal wieder von Deutschland nach Österreich und wieder zurück, aber Kontakte ergeben sich nur hin und wieder durch die mittlerweile aufgedeckte persönliche Beziehung der beiden.
In Österreich wurden aus einer Baugrube zwei präparierte und ausgestopfte Dachse geborgen, die mit Babykleidung gefüllt waren. Das ruft die Ermittler der Soko Leib und Leben in Innsbruck auf den Plan, weil man von einem eventuell herbeigeführten Kindestod ausgehen muss.

In Deutschland holt Alexa Jahn ihre Vergangenheit ein, ihr früherer Kollege und heimlicher Schwarm Jan taucht plötzlich auf und eröffnet ihr, dass nach der Auflösung ihres letzten Aschaffenburger Falles möglicherweise der falsche Mann im Gefängnis sitzt. Die beiden machen sich auf die Suche nach einem weiteren Verdächtigen und das trotz Alexas noch nicht ausgeheilter Schussverletzung an der Schulter.

Zwischen den Kapiteln kommen immer einmal wieder Täter und Opfer zu Wort, nur dummerweise weiß man nicht, um wen und welchen Fall es sich handelt, das löst sich erst zum Schluss auf.
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Während der Fall in Österreich dieses Mal nicht so spannend ist und eigentlich nur aus der Rekonstruktion eines Familiendramas besteht, gerät Alexa mit Jan in große Gefahr.
Im Prinzip bleiben sich die Charaktere aus den beiden vergangenen Büchern treu. Obwohl ihr immer wieder ans Herz gelegt wird, vorsichtig zu sein und keine Alleingänge zu wagen, kann sie nicht aus ihrer Haut. Auch der letzte Fall ist in Teilen ein Alleingang, wenn auch mit Jan zusammen.
Und auch Bernhard Krammer nimmt sich erst zum Schluss vor, sich endlich mehr zu öffnen.
Es wird eine Fortsetzung geben und wir sind gespannt, ob unsere Ermittler etwas dazugelernt haben.

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Veröffentlicht am 24.04.2023

Sehnsucht nach Smyrna

Tochter einer leuchtenden Stadt
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Was einen schon zum Beginn für das Buch einnimmt, ist das sehr schöne Cover. Das gemalte Bild einer schönen, jungen Frau im schwarz-weiß gestreiften Kleid vor einem rosé farbenen Hintergrund mit weißen ...

Was einen schon zum Beginn für das Buch einnimmt, ist das sehr schöne Cover. Das gemalte Bild einer schönen, jungen Frau im schwarz-weiß gestreiften Kleid vor einem rosé farbenen Hintergrund mit weißen Blüten.
Bei dieser jungen Frau muss es sich wohl um Panayota oder Schehezerade handeln, um die Tochter der ehemals leuchtenden Stadt Smyrna.

Smyrna ist der frühere Name des heutigen Izmir. Damals handelte es sich um eine kosmopolitische Stadt, die von Türken, Griechen, Armeniern, Juden und Europäern bewohnt wurde. Das war, bevor die Streitigkeiten zwischen Griechen und Türken eskalierten. Das kleine Mädchen kommt 1905 zur Welt, wird aber erst nach einem langen Leben erfahren, woher sie eigentlich kam und wer ihre Eltern waren.
Der Anfang liest sich schwer, man braucht lange Zeit, um ins Buch reinzukommen. Es ist verwirrend und oft weiß man nicht, von welcher jungen Frau gerade die Rede ist. Geht es um Juliette, um Edith oder um Schehezerade? Ich hatte da zunächst einige Schwierigkeiten und erst als ich die Familienverhältnisse für mich geklärt hatte, wurde es einfacher, die Geschichte zu verfolgen.
Es wird die Geschichte dreier Frauen erzählt. Da ist zunächst einmal Juliette, die aus einer ursprünglich französischen Familie stammt, die aber schon seit Generationen in Smyrna ansässig ist.
Juliette bringt neben ihren älteren Kindern als Nesthäkchen Edith zur Welt. Dieses Kind ist ein Kuckuckskind, was aber lange Zeit und bis nach dem Tode des Familienvaters niemand erfährt. Auch Edith selbst wird erst darüber aufgeklärt, als sie das Vermögen ihres leiblichen Vaters erbt.
Edith ist ein freiheitsliebendes Kind, was in der doch zum Teil sehr konservativen Stimmung in Smyrna nicht jedem gefällt, vor allem ihrer Mutter nicht. Nach dem Tod ihres leiblichen Vaters löst sie sich daher aus dem Familienverband und bezieht allein das geerbte Haus. Ihr indischer Partner Avinash Pillai steht ihr dort zur Seite. Ihr Leben und ihre Besonderheiten nehmen einen Großteil des Buches ein, parallel wird aber auch immer wieder aus einer griechischen und einer türkischen Familie berichtet. Hier geht es um unterschiedliche Zeiten, was das Lesen nicht unbedingt einfacher macht.
Dass Edith eine Tochter hatte, die sie bei der Geburt abgeben musste und von der sie seither glaubte, dass sie die Geburt nicht überlebt habe, wird zwar immer mal wieder angeschnitten, Einzelheiten dazu erfährt man aber erst zum Ende hin. Und damit lösen sich dann auch endlich viele Unklarheiten auf und viele Fragen werden beantwortet.
Smyrna muss nach den Schilderungen eine wunderschöne Stadt gewesen sein. Sie ersteht mit dem Lesen vor unseren Augen neu und ist mit dem heutigen Izmir wohl auch nur sehr eingeschränkt vergleichbar. Es ist schön, dass sich Defne Suman diesem Thema angenommen hat und in gewisser Weise ist ihr Buch auch ein Beitrag zur Völkerverständigung zwischen Griechen und Türken. Man hat den Eindruck, die Menschen allein kamen gut miteinander aus. Erst die Politik, die Einmischung der Westeuropäer und die kriegerischen Auseinandersetzungen mit der Ermordung tausender unschuldiger Menschen hat die bis heute andauernden Spannungen zwischen Griechen und Türken befeuert.

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