Ein großartiges Buch zum Thema Autismus, das ich jedem nur ans Herz legen kann!
Wie unsichtbare FunkenDa ich Bücher über das Anderssein immer unheimlich gerne lese, war meine Neugier sofort geweckt, als ich zum ersten Mal von „Wie unsichtbare Funken“ hörte. Sowohl das Cover mit seiner kreativen Gestaltung ...
Da ich Bücher über das Anderssein immer unheimlich gerne lese, war meine Neugier sofort geweckt, als ich zum ersten Mal von „Wie unsichtbare Funken“ hörte. Sowohl das Cover mit seiner kreativen Gestaltung und dem schimmernden Schriftzug als auch der Klappentext konnten mich direkt überzeugen. Ich ließ das Buch daher nur zu gerne bei mir einziehen.
Die 11-jährige Addie ist anders als andere. Ihr wird schnell alles zu viel, für sie fühlt es sich oft so an, als würden unsichtbare Funken um sie wirbeln. Ihr Lieblingsbuch ist ein Synonymlexikon und Haie sind für das Interessanteste überhaupt. Denn Haie sind wie sie, auch sie nehmen die Welt intensiver wahr. Addie ist Autistin und hat es oft ziemlich schwer. Viele können und wollen einfach nicht verstehen, dass ihr Gehirn anders funktioniert als bei neuotypischen Menschen. Als ihre Lehrerin Mrs Murphy im Unterricht von der Hexenverfolgung erzählt, die vor Jahrhunderten in ihrem schottischen Heimatort stattgefunden hat, kann Addie diese große Ungerechtigkeit kaum glauben. In Jupiter wurden unschuldige Frauen als Hexen angeklagt und dass nur, weil sie seltsam waren. Weil sie anders waren, so wie Addie. Addie kann einfach nicht zulassen, dass die zu unrecht verfolgten Mädchen vergessen werden. Denn sie weiß, dass hinter ihrer Geschichte mehr steckt. Sie möchte, dass man ein Denkmal für die Hexen errichtet. Ihre Forderung stößt in Jupiter allerdings auf nur wenig Begeisterung. Addie aber gibt nicht auf, sie ist bereit für die Hexen zu kämpfen. Und für sich selbst.
Kennt ihr das, ihr schlagt ein Buch auf, beginnt mit dem Lesen und wisst einfach schon nach wenigen Seiten, dass ihr ein neues Herzensbuch in Händen haltet? Mir erging es so mit „Wie unsichtbare Funken“ von Elle McNicoll. Ihr Debüt wurde in England eindeutig zurecht mit bedeutenden Preisen ausgezeichnet. Es ist ein herausragender Kinderroman, den wir dank des Atrium Verlags nun auch in deutscher Sprache genießen dürfen und der hoffentlich auch hier bei uns in Deutschland eine große Leserschaft erhalten wird. Addies Geschichte verdient es einfach, von vielen Menschen gelesen zu werden.
Besonders toll an diesem Buch ist, dass es von einer Autistin geschrieben wurde. Elle McNicoll weiß also ganz genau wie es ist, wenn man die Welt anders wahrnimmt als andere. Wie es sich anfühlt, wenn man aufgrund seiner Andersartigkeit ausgegrenzt und angefeindet wird und sich jeden Tag versucht irgendwie anzupassen.
Eindrucksvoll und ehrlich, aber auch sehr behutsam beschreibt die englische Autorin das Leben, Denken und Empfinden ihrer 11-jährigen autistischen Protagonistin. Die Geschichte wird aus der Sicht von Addie in der Ich-Perspektive erzählt, sodass man als Leserin einen tiefen Einblick in ihr Inneres erhält und sich ihr von Beginn an sehr nahe fühlt.
Ich mochte Addie vom ersten Moment an. Sie ist sympathisch, aufgeweckt, entschlossen und klug. Sie steht für sich selbst und andere ein und macht sich für das stark, was ihr am Herzen liegt. Addie ist einfach ein wundervolles Mädchen, nur leider wollen das viele andere nicht erkennen und akzeptieren. Es macht einen richtig traurig und wütend zu sehen, auf wie viel Ablehnung und Unverständnis Addie stößt, wie sie wegen ihres Andersseins gemobbt und gemieden und nicht ernst genommen wird.
Zum Glück gibt es in Addies Umfeld aber auch viele freundliche und verständnisvolle Menschen, die zu ihr halten und sie so lieben wie sie ist. Ihre große Schwester Keedie zum Beispiel, die ebenfalls Autistin ist, oder der herzensgute Schulbibliothekar Mr Allison.
Diese Geschichte ist eine wahre Achterbahnfahrt der Gefühle. Man leidet, kämpft und fiebert mit Addie mit und erlebt eine Menge Ungerechtigkeit. Man trifft aber auch auf Freundschaft, Liebe und Mitgefühl und sitzt stellenweise mit einem Schmunzeln im Gesicht da. Nebenbei erfährt man als Leserin auch mehr über Autismus. Elle McNicoll hat gekonnt ein paar Fachbegriffe in die Handlung eingeflochten wie Melt Downs und Regulation und zudem auch toll mit Symbolik gearbeitet. Anhand von Haien, Addies Lieblingstiere, und den Hexen führt uns die Autorin vor Augen, dass wir Menschen andere oft viel zu schnell verurteilen. Denn Haie und die fälschlicherweise als Hexen verfolgte Frauen sind in gewisser Weise wie Addie: Auch sie werden und wurden missverstanden und ungerecht behandelt.
Also ich bin begeistert davon, auf was für eine außergewöhnliche und faszinierende Weise uns Elle McNicoll das Thema Neurodiversität näherbringt. „Wie unsichtbare Funken“ ist ein sehr wertvolles und lehrreiches (aber nicht belehrendes) Buch, weil es einem dabei hilft, Autist*innen besser zu verstehen und uns zeigt, dass das Anderssein wichtig und notwendig ist. Wir brauchen solche Menschen wie Addie, da sie unsere Welt so viel bunter und schöner machen.
Fazit: Dies war mein erstes Werk aus der Feder von Elle McNicoll und es wird hoffentlich nicht mein letztes gewesen sein. Ich finde ihr Debüt einfach großartig!
„Wie unsichtbare Funken“ ist ein ganz besonderes und für alle ab 10 Jahren bereicherndes Buch zum Thema Neurodiversität. Es gibt einen authentischen, verständlichen und einfühlsamen Einblick in das Innenleben einer Autistin, es bewegt, fesselt, informiert und klärt auf und ist schmerzlich und wunderschön zugleich – und wichtig. Ich kann Addies Geschichte jedem nur ans Herz legen, mich hat sie sehr berührt und beeindruckt. Von mit gibt es 5 von 5 Sternen!