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Veröffentlicht am 20.08.2017

Stagnation

Die Geschichte der getrennten Wege
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Die Geschichte der getrennten Wege hat als dritter Teil der Serie das Problem vieler Mittelteile von Serien. Viel ist schon passiert, das Finale ist noch fern, und dieser Teil ist handlungsarm. Lange plätschert ...

Die Geschichte der getrennten Wege hat als dritter Teil der Serie das Problem vieler Mittelteile von Serien. Viel ist schon passiert, das Finale ist noch fern, und dieser Teil ist handlungsarm. Lange plätschert die Handlung vor sich hin. Dafür wird immerhin gut ein Stimmungsbild der Zeit in Italien gezeigt. Mit den Anfang der siebziger Jahren erfolgt eine Wende.
Während bisher im konservativen Teil von Italien nicht viel von Frauenrechten oder gar Feminismus zu hören war, wird jetzt immerhin schon mal nach der Pille gefragt. Auch der Arbeiterkampf spielt jetzt eine Rolle.

War die Saga bisher im Prinzip ein Entwicklungsroman in mehreren Teilen stagnieren die Figuren inzwischen mehr oder weniger. Elena kommt bei ihrer Schriftstellerei trotz Erstlingserfolg nicht richtig in Fahrt. Sie wird sogar von Lila wegen ihrer Werke kritisiert, doch warum versucht Lila nicht auch endlich mal wieder etwas in der Richtung. Sie hatte doch als Kind Potential dafür. Aber natürlich kann man verstehen, dass das nicht so einfach ist. Dafür erwartet Lila, dass Elena ihr erfolgreiches Leben quasi für sie mitlebt. Diese aber zögert und zaudert wie gewohnt.
Die Freundschaft der beiden Frauen ist jedoch abgekühlt, sie halten auch viel Distanz. Dennoch denke und hoffe ich, dass tiefergehend noch das alte Zusammengehörigkeitsgefühlt da ist. Enttäuschenderweise kommt Lila in diesem Teil der Saga aber nur wenig vor.

Der Alltag dominiert. Eigentlich ist das auch eine Qualität von Elena Ferrante, das so zu zeigen. Elena heiratet und wird Mutter. Das Eheleben mit Pietro verläuft unaufregend, dann gibt es ein Wiedersehen mit alten Freunden, wobei es eine neue Annäherung an Nino gibt.

Das Ende des Romans verläuft dann so, dass man auf keinen Fall auf den vierten und letzten Teil verzichten kann. Jetzt beginnt das Warten auf 2018.

Veröffentlicht am 12.08.2017

Sommerlektüre

Sommer unseres Lebens
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Kirsten Wulf kenne ich durch den Roman „Aller Anfang ist Apulien“, der mich damals nicht sehr überzeugte, obwohl der Roman erfolgreich und anerkannt war.
Ich kann jedoch vorausschicken, dass mir „Sommer ...

Kirsten Wulf kenne ich durch den Roman „Aller Anfang ist Apulien“, der mich damals nicht sehr überzeugte, obwohl der Roman erfolgreich und anerkannt war.
Ich kann jedoch vorausschicken, dass mir „Sommer unseres Lebens“ viel besser gefallen hat. Schauplatz ist diesmal Portugal, wo sich 3 Frauen nach 25 Jahren wiedertreffen, um gemeinsam ihren 50. Geburtstag zu feiern. Vor 25 Jahren haben sie sich in Portugal kennengelernt und angefreundet. Erst im Handlungsverlauf erfährt man, dass es damals auch Geheimnisse gab, die bis in die Gegenwart ausstrahlen. Man kann sich denken, dass es da um Liebe geht und dass es schnell wieder zu Verwicklungen kommt. Außerdem schleppen alle drei auch noch ihre aktuellen Probleme mit sich herum. Das geht von Angst vor Erkrankung, familiären Streitigkeiten bis zu finanziellen Sorgen.
Natürlich ist der Roman dennoch relativ harmlos, insbesondere die vorgezeigte Frauenpower wirkt aufgesetzt, doch die Freundschaft der 3 Frauen wird intensiv gezeigt und das macht das Buch zu etwas besonderen. Wo ich bei anderen Romanen des Genres manches übertrieben oder nicht glaubhaft finde, leuchtet mir hier die Stärke der Freundschaft zwischen den eigentlich sehr unterschiedlichen Frauen ein.

Die Handlung wird temporeich vorangetrieben. Die Frauen befinden sich permanent zwischen den emotionalen Extremen, zwischen Krise und Feiern.

Ich finde es gut, dass sich die Handlung zu 90% wirklich in Portugal abspielt, doch da die Protagonistinnen überwiegend mit sich selbst beschäftigt sind, wirken echte Portugiesen nur wenig mit und kommt das Lokalkolorit oft nicht so richtig zur Geltung. Da wirkte der auch noch relativ neue Krimi „Lost in Fuseta“ stärker auf mich. Es gibt in dem Punkt also noch Potential. Vielleicht wird Kirsten Wulf ja noch einmal einen Roman verfassen, der sich in Portugal abspielt.

Sommer unseres Lebens taugt sehr gut als ideale Lektüre für den Sommerurlaub, der Roman ist unterhaltend, aber nicht oberflächlich.

Veröffentlicht am 12.08.2017

Interessante Themen

Swing Time
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Swing Time ist ein sorgfältig durchgearbeiteter Roman, der mehr als 25 Jahre umfasst und von zwei Mädchen in London erzählt. Bei haben ein Elternteil, das weiß und eins, dass jamaikanischer Herkunft ist. ...

Swing Time ist ein sorgfältig durchgearbeiteter Roman, der mehr als 25 Jahre umfasst und von zwei Mädchen in London erzählt. Bei haben ein Elternteil, das weiß und eins, dass jamaikanischer Herkunft ist. Aufgrund ihrer gemeinsamen Hautfarbe schließen sich zusammen, sie teilen auch die Begeisterung für Tanz, z.B. in alten Filmmusicals mit Fred Astaire und Ginger Rogers.
Die glaubhaft geschilderten Kindheitsszenen nehmen einen guten Anteil in der Handlung ein und sind für beide auch als Erwachsene noch bestimmend. Die Erzählweise einer Icherzählerin und ihrer Freundin Tracy, einer Protagonistin, die nur aus deren Perspektive geschildert wird, eingebettet in relativ schwierige Familienverhältnisse, erinnert mich stark an Elena Ferrante´s Neapel-Saga. Diese Erzählweise erweist sich auch hier als zwingend. Tracy ist ein Maßstab für die Icherzählerin.
Als Erwachsene trennen sich die Wege. Während die begabte Tracy sich als Tänzerin versucht, wird die Icherzählerin Assistentin von Amelie, einem Star (erinnert leicht an Madonna), die sie auch auf Reisen begleitet. Ihre Wege werden sich aber wieder kreuzen und ihre Entwicklung beeinflussen.
Der Roman ist einigermaßen lang, liest sich aber gut weg. Es gab aber auch ein paar Passagen, wo mich die zaudernde Protagonistin leicht nervt. Sie ist immer wieder mit ihrem eigenen Leben unzufrieden und hat starke Bindungsängste. Aber langsam versteht man als Leser, wie wichtig die Identitätssuche für sie ist.
Auch die Zerbrechlichkeit von Freundschaft wird deutlich im Zusammenhang mit der Herkunft gezeigt.
Zadie Smith hat hier ein wichtiges Buch vorgelegt, das an ihren großen Erfolg, den Debütroman White Teeth aus dem Jahr 2000 heranreicht, vielleicht sogar übertrifft. Ein lohnens-und lesenswertes Buch mit interessanten Themen wie Freundschaft, Erfolg, Familie und Herkunft.

Veröffentlicht am 11.08.2017

Konzentrierter Psychothriller

Runaway
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Runaway ist ein im Selbstverlag erschienener Thriller. Ich war zunächst misstrauisch, da die meisten Selbstverlags-Autoren erschreckend schlecht schreiben. Möchtegerne, die es nicht wirklich können. Bei ...

Runaway ist ein im Selbstverlag erschienener Thriller. Ich war zunächst misstrauisch, da die meisten Selbstverlags-Autoren erschreckend schlecht schreiben. Möchtegerne, die es nicht wirklich können. Bei David Sedlacsek kann man das nicht sagen. Sein Stil ist zwar ein wenig gleichförmig, aber der Roman ist inhaltlich wie sprachlich sorgfältig durchgearbeitet. Die sprachliche Zurückhaltung passt außerdem gut zur Handlung und der eigentümlichen Thrilleratmosphäre, die sich entwickelt.

Der Plot ist ein klassischer, man denkt an „Auf der Flucht“ und ähnliches.
Frederick ist ein Mann, der verdächtigt wurde, seine Frau umgebracht zu haben. Er wird verhaftet und macht die Hölle durch. Nach 18 Jahren Haft in der Psychiatrie, glaubt Frederick seine angeblich ermordete Frau im Fernsegen zu erkennen und macht sich auf die Suche nach ihr. Eine Art US-amerikanisches Roadmovie beginnt.
Noch spannender wird es, als der Verfolgte einerseits selbst zum Jäger wird, gleichzeitig aber auch von der Polizei verfolgt wird. So bleibt das Tempo durchgehend hoch.

Runaway zeichnet sich durch seine düstere Atmosphäre aus. Wer dafür etwas übrig hat, wird nicht enttäuscht.

Veröffentlicht am 15.07.2017

Amerikaner in New York

Liebe findet uns
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Der deutsche Titel klingt einfallslos, obwohl der Originaltitel “The Map that leads to you“ auch nicht viel besser ist. Insgesamt ist das Buch nicht so kitschig wie man hätte erwarten können. Aber es ...

Der deutsche Titel klingt einfallslos, obwohl der Originaltitel “The Map that leads to you“ auch nicht viel besser ist. Insgesamt ist das Buch nicht so kitschig wie man hätte erwarten können. Aber es ist natürlich wirklich ein intensiver Liebesroman. Das Thema wird mit Ernsthaftigkeit, aber ohne Verkrampfung angegangen. Die Amerikanerin Heather macht mit ihren beiden besten Freundinnen Constance und Amy eine Europareise als im Zug Jack trifft. Dieses erste Treffen im Zug zeugt von dem Wortwitz, den J.P.Monninger in den Dialogen einsetzt. Heather und Jack verlieben sich und sind bald unzertrennlich. J.P.Monninger schafft es, große Gefühle zu beschreiben, ohne das es peinlich wird.
Es gibt aber auch Streit, wenn die Meinungen mal auseinandergehen, zum Beispiel über das Leben in New York, was Heather beabsichtigt, Jack jedoch kritisch sieht. Ihn zieht es nicht zu einem konservativen Leben mit Job von nine to five.

Neben den Heather / Jack-Abschnitten sind auch die Passagen mit den 3 Freundinnen gut gestaltet, wenn auch vielleicht etwas zu idealisiert. So ungetrübt ist selten eine Freundschaft.

Jack folgt den Spuren seines Großvaters, der nach dem Krieg durch Europa reist, das in einem Tagebuch aufzeichnete. Ab und zu sind Ausschnitte des Tagebuchs den Kapiteln vorgestellt und verleihen zusätzlich Flair. Die gemeinsame Reise führt Jack und Heather durch einige große europäische Städte, deswegen bleibt es abwechslungsreich.
Zwar war ich nicht unbedingt ganz glücklich darüber, wohin die Handlung führt, zur plötzlichen Trennung, wie schon im Klappentext pathetisch angekündigt. Doch eigentlich war ja schon im Prolog auch eine Melancholie der Erzählerin angedeutet und das Buch bleibt bis zum Schluß interessant.