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Veröffentlicht am 12.06.2023

Flashback

Aufrappeln
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AUFRAPPELN
Judith Poznan

Die Pechsträhne begann mit der Ratte im Klo. Erst im großen Badezimmer (guckte sie Judith direkt ins Gesicht), dann später sass eine zweite Ratte im Gästebad, mitten in der Toilettenschüssel.
Anschließend ...

AUFRAPPELN
Judith Poznan

Die Pechsträhne begann mit der Ratte im Klo. Erst im großen Badezimmer (guckte sie Judith direkt ins Gesicht), dann später sass eine zweite Ratte im Gästebad, mitten in der Toilettenschüssel.
Anschließend trennte sich Bruno von ihr. Von jetzt auf gleich und ohne Ankündigung. Wie geht es jetzt weiter? Geht es überhaupt weiter? Und was passiert mit dem Jungen dem gemeinsamen Sohn?

Mit viel Raffinesse erzählt die Autorin aus ihrem Leben. Immer wieder gibt es Rückblicke - Judith Poznan nimmt uns mit in die Zeit vor Bruno und in die Zeit in der sie ihn kennenlernte. Wie kann eine so große Liebe auf einmal verblühen und wann ist es passiert?
Es geht ums Aufrappeln wenn man am Boden ist, um das Abschliessen einer Beziehung und um Neuanfänge, die man wagen muss.

„Bis heute verstehe ich mich nur, wenn ich schreibe.“ (S. 144)

Der Schreibstil der Autorin ist wunderbar - sympathisch, locker und leicht. Schnell zieht sie uns in den Bann. Wer schon einmal in einer ähnlichen Situation wie Judith war, wird einen Flashback erleben.
Leseempfehlung für alle, die sich aufrappeln müssen oder gerne darüber lesen.

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Veröffentlicht am 25.05.2023

Klimawandel!

Blue Skies
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Was ist, wenn die Wasserrechnung im Monat tausend Dollar übersteigt, alle „guten“ Insekten aussterben und nur noch die Blutsauger wie Zecken, Moskitos und Wanzen überleben?
Wenn es im Norden nicht mehr ...

Was ist, wenn die Wasserrechnung im Monat tausend Dollar übersteigt, alle „guten“ Insekten aussterben und nur noch die Blutsauger wie Zecken, Moskitos und Wanzen überleben?
Wenn es im Norden nicht mehr aufhören wird zu regnen - alles überschwemmt ist und vor lauter Feuchtigkeit kein Auto mehr anspringt? Was ist, wenn es im Süden nie mehr regnen wird und endlose Dürre kein Buschfeuer aufhält?
Ist das ein Science-Fiction-Roman? Oder ist das unsere Zukunft, eine Dystopie, die auch Klimawandel genannt werden kann?

BLUE SKIES
T.C. Boyle

In T.C. Boyles neuesten Roman geht es um eine Klima-Dystopie:
Ottilie und Frank leben in Kalifornien. In dem US-Bundesstaat wird es immer heisser. Regen fällt keiner mehr. Buschfeuer, Wassernot und Stürme erschweren zusätzlich das Leben. Insekten wie Grillen und Bienen sterben wegen der Dürre von einem Tag auf dem anderen aus.
Dabei hatte Ottilie doch gerade ihrem Sohn und Insektenforscher zuliebe begonnen, ihr Essen auf Insekten umzustellen.
Doch Sohn Cooper, der besagte Entomologe, hat gerade ganz andere Probleme: Da es keine Insekten mehr gibt, wurde er über Nacht arbeitslos und zusätzlich plagt ihn ein Zeckenbiss mit hohem Fieber.

Tochter Cat lebt derweil in Florida, wo der Regen und die Überschwemmungen nicht mehr enden wollen. Es trifft sie und ihren Freund besonders hart, da sie in einem Strandhaus leben und die Brandung immer näher kommt.
Während ihr Freund ein Barcadi-Botschafter ist und im ganzen Land alkoholfreudige Partys organisiert, langweilt sich Cat zu Hause.
Aus einer Laune heraus beschließt sie Influencer zu werden und kauft sich Willie, eine Tigerphython, die bis zu 8 Meter lang werden kann.
Das alles wäre ja auch gar nicht so schlimm, wenn Cat nicht bereits vormittags die ersten Cocktails trinken würde und ein bisschen gewissenhafter wäre …

T.C. Boyle hat hier einen zeitgenössischen Roman geschrieben. Ich habe noch nie einen so gut dargestellten und realitätsnahen Roman über den Klimawandel gelesen wie diesen.
Die Mischung Familienroman mit Dystopie ist hier gut gelungen, fast ein wenig zu realistisch.
Ich mag Boyles leicht satirischen Schreibstil - er bleibt sich einmal mehr treu, wobei mich das Buch erst ab der zweiten Hälfte packen konnte. Dennoch: ein typischer Boyle.

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Veröffentlicht am 23.04.2023

Coming-of- Age Geschichte mit Tiefgang!

Roxy
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„Glaubst du denn“, fragt Marc, „dass man immer der bleibt, als der man geboren wurde? Oder kann man selbst entscheiden, wer man sein möchte?“ (S. 91)

ROXY
Johann von Bülow

Marc und Roy kennen sich seit ...

„Glaubst du denn“, fragt Marc, „dass man immer der bleibt, als der man geboren wurde? Oder kann man selbst entscheiden, wer man sein möchte?“ (S. 91)

ROXY
Johann von Bülow

Marc und Roy kennen sich seit der Schule. Zwei Jungen, die unterschiedlicher nicht sein könnten und nie auf gleicher Augenhöhe waren:
Marc, der in der Doppelhaussiedlung aufwuchs, hatte irgendwie nie wirklich Freunde. Sein grösster Traum war es, irgendwann einmal ein bekannter Schauspieler zu werden, aber dafür müsste er sich noch ändern - Charisma entwickeln - denn bis jetzt will er es immer allen recht machen und läuft anderen nur hinterher. Doch dann, per Zufall, wird endlich der von allen umworbende Roy auf ihn aufmerksam.
Roy, ist der Sohn eines reichen Industriellen. Er macht sich keine Sorgen und Gedanken über die Zukunft, warum auch - sein Vater hat ja genug Geld, das er ausgeben kann ...

„Roy war der Typ, der vorgab, alle zu durchschauen, weil er hoffte, dadurch selbst undurchschaubar zu sein. Er war faul, er strengte sich nicht gerne an. Und obwohl er flink im Kopf war und vieles tatsächlich schneller erfassen konnte als andere, verlor er wahninnig schnell die Lust an allem. Ein bisschen wie die Sportwagen seines Vaters: Hochmotorisiert und mit laut knallendem Auspuff stand er an der Ampel des Lebens und machte Krach, aber am Ende fuhr er nie richtig los. Nichts als Fehlzündungen:“ (S. 104)

Später, mit 18 Jahren, ziehen sie durch die Münchner Clubs, nehmen ein paar Drogen hier und da und vor allem im Roxy, trinken, als gäbe es kein Morgen und erleben viele Geschichten - lustige und jene, die man lieber wieder schnell vergisst - wer kennt das nicht aus seiner Jugend?!
Ob und wie lange diese Freundschaft halten wird, müsst ihr selber herausfinden.

Es ist eine Coming-of-Age Geschichte, bunt, wie eine Discokugel, in der sich die 80er Jahre widerspiegeln, und ein Buch, in dem einiges an Tiefgang steckt.

„Wenn ich was gelernt habe aus der Sache mit uns, dann ist es, dass man nicht warten soll, bis es zu spät ist.“ (S. 332)

Ich habe das Buch sehr gerne gelesen, eine kleine Strecke gab es im hinteren Drittel, für mich aber dennoch ein Lesevergnügen.
Da ich im Hamburger St. Pauli Theater der Lesung von Johann von Bülow, mit seiner angenehmen Erzählstimme lauschen durfte, kann ich mir vorstellen, dass das Hörbuch auch ein wahres Hörerlebnis ist.
Ein gelungenes Debüt.

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Veröffentlicht am 09.04.2023

Sehr beeindruckend!

Macht
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Eines vorab: Dieses wunderschöne Cover, dieser Handschmeichler, der auf einen geschmeidigen und sanften Inhalt schließen könnte, wird dich mit aller Macht in die Tiefe reißen.

TW: Vergewaltigung, Depression

MACHT
Heidi ...

Eines vorab: Dieses wunderschöne Cover, dieser Handschmeichler, der auf einen geschmeidigen und sanften Inhalt schließen könnte, wird dich mit aller Macht in die Tiefe reißen.

TW: Vergewaltigung, Depression

MACHT
Heidi Furre

„Ich versuchte mir einzureden, dass es nicht so schlimm war. Vergewaltigt zu werden ist wie eine Reise an einen Ort, den man schon einmal in einem Film gesehen hat. So war das. Wie wenn einem die Weisheitszähne gezogen werden. Wenn man zum ersten Mal betrunken ist. Ja, so ist es. Jetzt bin ich dran. Ich hatte so viele Porträts von Frauen gesehen, die getötet oder verschwunden waren. Nun war ich auch so ein Gesicht.“ (S.63)

Die 30-jährige Liv wurde vor 15 Jahren vergewaltigt. Sie versuchte es zu verdrängen und das gelang ihr auch, zumindest so lange bis vor 5 Jahren ihr kleiner Sohn Johannes geboren wurde, ab da stürzte alles in sich zusammen - aber nur innerlich. Äusserlich versucht sie sich nichts anmerken zu lassen.
Sie arbeitet in Schichten als Pflegerin, beschmiert die Schulbrote ihre Kinder und geht ins Fitnesscenter. Aber wenn sie ehrlich wäre, und sich jemanden anvertrauen würde, müsste sie zugeben, dass sie in keinem geschlossenen Raum sein kann, keine Straße in einem Wald begehen könnte, dass sie hinter jeder Hecke einen Vergewaltiger erwartet und heimlich Tabletten schluckt - nämlich genau dann, wenn sie weiss, dass der berühmte Schauspieler, der damals eine Frau vergewaltigt haben soll, aber freigesprochen wurde, morgen im Pflegeheim wieder seine Schwester besuchen wird - außerdem müsste sie endlich alles ihrem Ehemann erzählen.

„Manchmal ist es schlimmer zu sagen, ich bin vergewaltigt worden, als tatsächlich vergewaltigt zu werden.“ (S. 135)

Liv hat viele Zwänge. Einer lässt sie bei jeder Gelegenheit zählen, wie viele Frauen sich in einem Raum befinden - wie viele von ihnen wurden bereits vergewaltigt? Ein anderer zwingt sie in jeder Parfümerie den Duft ihres Peinigers aufzutragen.

„In den Umkleidekabinen war einiges los. Die Leute kamen und gingen, die Frauen um mich herum zogen sich um, duschten, schminkten sich, föhnten sich die Haare. Es war gut, dass sie da waren, sie waren auch nackt. Ich zählte nach, wir waren zu acht im Raum. Eine von zehn Frauen in Norwegen wird Opfer einer Vergewaltigung. In diesem Fall war ich diejenige, die in dieser Umkleide die Statistik erfüllte.“ (S. 27/28)

Macht ist schwere Kost, ein bedrückendes Buch und ich habe mich beim Lesen immer wieder gefragt, wer hier Macht über wen hat. Der ganze Schreibstil des Debüts schrie förmlich mit all seiner Wut und Metaphern nach Hilfe!
Ein Buch, welches mir unter die Haut ging und lange in Erinnerung bleiben wird, aber bestimmt nicht für jedermann geeignet ist.
Sehr lesenswert!
4/ 5

Aus dem Norwegischen ins Deutsche übersetzt von Karoline Hippe

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Veröffentlicht am 07.03.2023

Wichtiger Zeitzeugenbericht!

Ich war das Mädchen aus Auschwitz
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ICH WAR DAS MÄDCHEN AUS AUSCHWITZ
Tova Friedman und Malcolm Brabant

„Polnische Arbeiter schaufelten die Gräber zu“, erinnert sich mein Vater weiter. „Danach sagten sie, die Erde über den Gräbern habe ...


ICH WAR DAS MÄDCHEN AUS AUSCHWITZ
Tova Friedman und Malcolm Brabant

„Polnische Arbeiter schaufelten die Gräber zu“, erinnert sich mein Vater weiter. „Danach sagten sie, die Erde über den Gräbern habe sich noch eine ganze Weile nach den Morden bewegt.“ (Seite 116)

Tova Friedman war fünf Jahre alt, als sie in einem Viehwagen auf Schienen, gemeinsam mit ihrer Mutter, nach Auschwitz ll, Birkenau, deportiert wurde. Dieses Vernichtungslager hätte ihre Endstation sein sollen - wäre es nach den Nazis gegangen. Doch Tova und ihre Mutter hatten Glück und überlebten den Holocaust.
Sechs Millionen Juden hatten weniger Glück, sie wurden in diesem und anderen Vernichtungslagern „entsorgt“ - erschossen, vergast oder starben an Unterernährung.

Tova Friedman emigrierte später nach Amerika.
Ihre Motivation, mit über 80 Jahren dieses Buch zu schreiben, beruht auf eine in 2020 veröffentlichte Umfrage unter Amerikanern:
„Ein Drittel der Befragten hatten keine Ahnung, wie viele Juden im Holocaust starben. Fast die Hälfte konnte kein einziges Konzentrationslager oder Ghetto benennen. Dreiundzwanzig Prozent glaubten, der Holocaust sei ein Mythos oder die Berichte darüber seien übertrieben. Siebzehn Prozent hielten es für akzeptabel, Neonaziansichten zu vertreten. Eine ähnliche Untersuchung, die 2018 in Europa durchgeführt wurde, zeigte, dass ein Drittel der Europäerinnen und Europäer kaum etwas über den Holocaust wusste oder sogar noch nie davon gehört hatte. Und 20 Prozent vertraten die Ansicht, Juden hätten zu viel Einfluss auf die Wirtschaft und das Finanzwesen.“ (Prolog)

Zeitzeugenberichte des Holocaustes kann es nicht genug geben!
Erschreckend und aufwühlend ist die Geschichte von Tova Friedman.
Leseempfehlung und als Klassensatz für die Oberstufe bestens geeignet.

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