Eiskunstlauf ist ihr Leben. Oder doch nicht?
Right Here (Stay With Me)Ihre Eltern geben Lucy die Chance, ihren Traum von einer Karriere im Eiskunstlauf zu verwirklichen – unter einer Bedingung: sie muss beim nächsten Wettbewerb erfolgreich sein, ansonsten muss sie ihr Marketingstudium ...
Ihre Eltern geben Lucy die Chance, ihren Traum von einer Karriere im Eiskunstlauf zu verwirklichen – unter einer Bedingung: sie muss beim nächsten Wettbewerb erfolgreich sein, ansonsten muss sie ihr Marketingstudium wieder aufnehmen. Ausgerechnet während des Trainings für den Wettbewerb hat sie auf dem Eis einen Unfall, bei dem sie mit dem 8-jährigen Mika zusammenstößt. Dessen älterer Bruder Jules besteht darauf, die verletzte Lucy in das Krankenhaus zu begleiten – und stellt von da an ihre Welt auf den Kopf. Plötzlich muss sich Lucy fragen: Eiskunstlauf ist ihr Leben. Oder doch nicht?
Das Cover des Romans hat mich irritiert zurückgelassen. Die schönen Schneeflocken und das, was für mich nach Schnee aussieht, haben mich auf einen Roman eingestimmt, der im tiefsten Winter spielt. In meiner Vorstellung lagen Unmengen glitzernder Schnee, ich sah kuschelige Schals und Mützen vor mir, dunkle Nächte und rote Nasen. Stattdessen habe ich mich in einem eher herbstlichen Setting wiedergefunden, das zu den Schneeflocken auf dem Cover nicht passen möchte. Und wenn ich an Eiskunstlauf denke, denke ich nicht in erster Linie an Schneeflocken. Die zwei Hände, die die Schneeflocken und den Titel des Romans umfassen, heben sich grafisch etwas hervor, allerdings passen sie stilistisch nicht ganz ins Gesamtbild.
Mit der Darstellung der Hauptfiguren hatte ich Probleme. Es wurde keine Gelegenheit ausgelassen, in der nicht betont wurde, dass der Eiskunstlauf Lucys Leben ist und sie sich nichts anderes vorstellen kann. Diese übertriebene Betonung hat mich genauso wie ihre kindische Einstellung „jeder ist gemein zu mir" im Zusammenhang mit ihren Eltern gestört. Auch Jules' Beschreibung war zwar nett, jedoch ist es irgendwann zu viel, dass er ständig – also wirklich immer – rot anläuft, sobald er Lucy sieht oder berührt oder mit ihr spricht. Seine „Dämonen", wie sie im Klapptext beschrieben werden, wurden für mich gleichzeitig auch zu oberflächlich dargestellt. Nach einem kurzen Intermezzo waren diese Dämonen auch schon wieder weg.
Lucy und Jules. Jules und Lucy. Was mache ich nur mit euch beiden? Überrascht hat mich das Ende, das nicht perfekt war oder alle Probleme auf einen Schlag löste, sondern mich tatsächlich nachdenklich gemacht hat. Eine Erkenntnis von Lucy, die im Laufe des Romans einen inneren Kampf führt, möchte ich an dieser Stelle zitieren: „Mutig und verletzlich.“ (S. 381) – beides ist möglich. Lange hat es zwar gedauert, bis sich bei ihr eine neue Sicht auf die Dinge entwickelt hat, doch als sie schließlich ihre Einstellung änderte, war ich angenehm überrascht.
Der Roman hat mich im Großen und Ganzen mit einem guten Gefühl zurückgelassen. Die Erzählung der Geschichte von Lucy und Jules war stellenweise etwas langwierig und von unnötigen Zwischensequenzen durchzogen. Nichtsdestotrotz war sie entspannend zu lesen und hat mich mit ihrer Ruhe eingenommen. Es gab weder größere Höhen noch Tiefen, aber alles in einem gefiel mir der Roman, weil er vielleicht auch gerade dadurch ein Gefühl hinterlassen hat, als sei ich in Watte eingepackt worden. Lesenswert: ja, ein zweites Mal aber auch? Nicht ausgeschlossen, wenn mir wieder nach diesem friedlichen, leichten und weichen Gefühl ist.