Gegen das Vergessen
Das Hörbuch wird auf zwei Zeitebenen erzählt. In der Gegenwart telefoniert die in Frankreich lebende Jüdin Sara mit ihrem Enkel Julian. Der Junge lebt in den USA und bittet seine Großmutter, ihm ihre Geschichte ...
Das Hörbuch wird auf zwei Zeitebenen erzählt. In der Gegenwart telefoniert die in Frankreich lebende Jüdin Sara mit ihrem Enkel Julian. Der Junge lebt in den USA und bittet seine Großmutter, ihm ihre Geschichte zu erzählen, denn er möchte sie für ein Referat verwenden, und so beginnt Sara zu berichten, was damals geschah.
Schon als Kind lebte sie mit ihrer Familie in Frankreich, in der unbesetzten Zone. Im April 1943, Sara ist gerade in der Schule, werden auch dort alle Juden deportiert. Sara entkommt im letzten Moment und findet Hilfe bei einem Jungen, von dem sie es am wenigsten erwartet hätte. Julien, ihr Mitschüler, war in der Vergangenheit an Polio erkrankt und läuft an Krücken. Er wird in der Klasse nur gehänselt, und auch sie hat ihn eher mit Nichtachtung gestraft. Anfangs kommt Sara ziemlich eitel und überheblich rüber. Bis dahin hatte sie eine sorglose Kindheit und keine Ahnung davon, was einem Schlimmes widerfahren kann, aber als ihr Leben in Gefahr gerät und Julien sie rettet, ändert sich ihre Sichtweise, und sie erkennt, was wirklich im Leben zählt. Für Sara, getrennt von ihrer Familie, beginnt eine schwere Zeit voller Angst, Sorgen und Gefahr. Näher möchte ich auf die Handlung gar nicht eingehen, denn das muss man einfach selbst lesen oder hören.
Mich hat Saras Geschichte unwahrscheinlich berührt, und ich gestehe, dass ich manchmal den Tränen nahe war, was mir eigentlich bei Büchern eher selten passiert.
Sascha Icks ist die Sprecherin für den Part in der Vergangenheit, die Stellen, die in der Gegenwart spielen, werden von Hildegard Schmahl gesprochen, was alles sehr authentisch wirkt, denn die beiden Stimmen passen perfekt zur jungen und zur alten Sara.
Es ist eine Geschichte mit dramatischen Ereignissen und überraschenden Wendungen. Sie erzählt von Angst, Schrecken und Gewalt aber auch von Nächstenliebe, Menschlichkeit und Hoffnung. Der Schreibstil und somit auch die Sprache des Romans sind wunderschön und poetisch, vor allem wenn Sara in ihre Traumwelt der Vögel eintaucht. Ein kleiner, weißer Vogel bringt eine märchenhafte, teils magische Stimmung in die Geschichte. Mich hat dieses Hörbuch so gefesselt, dass ich es am liebsten in einem Stück durchgehört hätte.
Das erste Buch der Autorin „Wunder“ habe ich noch nicht gelesen, sondern kenne nur den Trailer zum Film. Nun habe ich erfahren, dass Saras Enkel Julian in diesem ersten Buch auch eine Rolle hat, wenn auch eine eher unrühmliche. Auf jeden Fall hat sich der Junge wohl sehr zum Positiven verändert, was sicher auf das intensive Gespräch mit seiner Großmutter zurückzuführen ist, denn das was ihm Sara erzählt, bringt auch seine bisherige Weltsicht ins Wanken und ihn zum Nachdenken.
Es ist ein Jugendbuch, aber ich denke, von dieser Geschichte können wir alle etwas mitnehmen, egal in welchem Alter. Auf jeden Fall wird Saras Geschichte noch sehr lange in mir nachhallen, und ich habe fest vor, mit einem gewissen Zeitabstand auch das Buch noch zu lesen, denn beim Lesen nimmt man wieder ganz andere Facetten einer Geschichte wahr als beim Zuhören. Dieser großartige Roman hat es verdient, in Erinnerung zu bleiben.