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Veröffentlicht am 17.06.2023

Ein Roman über mutige Menschen, die ihre persönliche Zukunft in der Flucht nach Europa suchen

Die Körper, die sich bewegen
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Das Romandebüt "Die Körper, die sich bewegen" des gebürtigen Nigerianers Bunye Ngene nimmt sich nicht ganz leichte Kost vor.

Wie der Covertitel vielleicht bereits verrät wird hier rund um den fiktiven ...

Das Romandebüt "Die Körper, die sich bewegen" des gebürtigen Nigerianers Bunye Ngene nimmt sich nicht ganz leichte Kost vor.

Wie der Covertitel vielleicht bereits verrät wird hier rund um den fiktiven Charakter des nigerianischen Jungen Nosa die Migrationsthematik sehr authentisch in allen seinen Facetten geschildert.

Vielleicht gleich nich eines vorweg, das Buch ist eher nichts für Zartbesaitete, aber dies sollte eigentlich jedem selbst klar sein, wenn er alleine den Klappentext kurz anliest.

Bereits der Prolog holte mich persönlich dann unumwunden ab und zog mich sofort ohne Umschweife in die Szenerie mit ein.

Gerade durch aktuellen Kompromiss zur Asyslreform durch die EU wie auch das diese Woche gesunkene Schifferboot vor Griechenland bekommt der Roman dann erst recht Brisanz.

Dreh- und Angelpunkt ist der junge Nosa, der als Jahrgangsbester seinen Abschluss in der Tasche hat und ihm doch normalerweise in seinem Heimatland Nigeria alle Türen offen stehen sollten. Weit gefehlt, auch in Nigeria hilft dann Vitamin-B sehr viel mehr weiter und in einen ersten Job. Desillusioniert von dieser harschen Ausgangssituation entschließt sich Nosa für die Flucht nach Europa. Mehr möchte ich persönlich zum eigentlichen Plot gar nicht mehr verraten.

Mir gefiel ganz besonders beim Lesen, die Dichte der Erzählung. Ich war den unterschiedlichen Handelnden sehr nahe und fieberte ganz einfach während der ganze Story dann mit.

Das Buch selbst ist dreigeteilt. Eingangs wird das bisherige Lebensumfeld von Nosa in Nigeria beschrieben und gut charakterisiert und man bekommt einen seltenen Einblick, wieso dann selbst junge Menschen keine Zukunft mehr in ihrer Heimat sehen.

Daran anschließend startet auch bereits die sehr hanebüchene Flucht innerhalb von Afrika in Richtung Libyen und dem vermeintlich rettenden Mittelmeer. Einer Achterbahnfahrt gleich erlebt man dort alle Höhen und Tiefen mit. Einige Details kennt man vielleicht bereits durch investigativen Journalismus, aber so in der Fülle sind einige Szenerien dann einfach fast unerträglich und vor allem menschenverachtend.

Final wird es erst richtig dramatisch und prekär, bevor dann vielleicht das Übersetzen mit einem Boot im Mittelmeer gelingt.

Ngene zeichnet hier ein überaus realistisches Bild, das nicht an Details spart und hoffentlich sehr vielen zur Mahnung dient, die Flüchtlinge in der Öffentlichkeit sehr schnell vorverurteilen.

Meiner persönlichen Meinung nach empfiehlt sich das Buch insbesondere als Schulliteratur. Ein aktuelles und vor allem wichtiges Thema, über das es sich auszutauschen lohnt.

Summa summarum ein tolles Buchdebüt, das mich sehr nachdenklich gestimmt hinterlässt, den einzelnen Schicksalen der Flüchtlinge ein Gesicht und vor allem eine starke Stimme verleiht.

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Veröffentlicht am 15.06.2023

Eine hochemotionale und tiefgründige Geschichte, die nur das Leben so schreibt - Träume nicht dein Leben, sondern lebe deinen Traum

Einmal Himmel und zurück zu mir
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FASTEN YOUR SEATBELT!


Celine Stüker lädt alle Interessierte ein sie in ihrem aktuellen Buch "Einmal Himmel und zurück zu mir - Eine wahre Geschichte von einer Reise um die Welt, einer Frau, die vom Himmel ...

FASTEN YOUR SEATBELT!


Celine Stüker lädt alle Interessierte ein sie in ihrem aktuellen Buch "Einmal Himmel und zurück zu mir - Eine wahre Geschichte von einer Reise um die Welt, einer Frau, die vom Himmel fiel und der Kunst, das Leben zu umarmen" bei ihrer Weltreise zu begleiten.


Nicht noch ein Buch einer Aussteigerin, die auf Sinnsuche ins Ausland flieht, mag sich jetzt vielleicht der ein oder andere interessierte Leser denken.


Stükers Werk besticht durch die durchweg sehr authentische und ehrliche Schilderung ihrer Etappen der lang ersehnten Weltreise.


Durchgeschüttelt durch verschiedene Schicksalsschläge zuhause bricht Stüker aus ihrem bisherig eher fremdbestimmten Leben aus und verlässt bewusst die ausgetrampelten Pfade und geht ihren eigenen Wünschen und Wegen nach.


Sie berichtet gleich eingangs schonungslos offen, von ihren Ängsten und Bedenken äußert allerdings gleichzeitig auch ihre Wünsche und Hoffnungen, die sie an ihren "Once-In-A-Liftime-Trip" stellt.


Sie geht das große Wagnis ein und lässt ihre Heimat hinter sich und verlässt Europa in Richtung Südamerika.


Dort durchlebt sie eine wahre Metamorphose, einem Schmetterling bzw. besser gesagt einer Raupe gleich, und stellt sich ihren innersten Ängsten und lebt endlich ihr eigenes Leben ganz nach ihrem Gusto und Tempo.


Sehr vielschichtig sind die zufälligen Reisebegegnungen, die sie während ihrer Reise macht und mit bzw. an denen sie dann förmlich wächst. Sie bricht mit alten Mustern oder alten manifestierten familiären Traditionen und fühlt dabei in sich selbst hinein. Immer wieder eingestreute Retrospektiven lassen auf ihr bisheriges Leben blicken und ihr Verhalten dann besser einschätzen.


Diese einzigartigen Begegnungen sind fantastisch beschrieben und man spürt förmlich am Anfang die Unsicherheit vor dem Neuen, das Vorantasten in neuen Gefilden und auch das Ausprobieren neuer vielleicht bisher noch nicht genutzter Freiheiten. Man spürt irgendwie die Veränderungen für Celine, die sie so sehr für sich gesucht hat. Sie bekommt ihre ganz veränderte Aura dann widergespiegelt und erkennt, dass eine positive und zufriedene Veränderung bereits nach außen sichtbar wird. Auch innerlich taut sie immer mehr auf und erlaubt sich einfach sie selbst zu sein.


Der Fokus der Reisen liegt auf dem südamerikanischen und dem australischen Kontinent, als Australien dann viel zu früh das Schicksal zuschlägt und die Reise vorschnell beendet.


Celine Stüker zeigt aber auch dort, dass sie nichts schnell aus der Bahn werfen kann und ein wahre Kämpferin ist, egal was ihr gerade Schlimmes widerfährt.


Das Buch ist meiner Meinung nach eine Ode auf das Leben schlechthin und zeigt die ganzen möglichen Emotionen schlechthin. Eine wahre Achterbahnfahrt der Gefühle wartet hier auf alle Leseinteressierte.


Wenn uns eines die Geschichte von Celine zeigt, wohl dann vor allem folgenden Aspekt.


Das Leben ist zu kostbar, um nur eine einzige Sekunde davon nicht voll auszukosten. Diesen Umstand und die erstmalig neu gewonnene Freiheit spüre ich bei den beschriebenen Abenteuern sehr deutlich. Diese ganzen positiven Vibes, die hin und wieder sicherlich auch nochmals mit alten Mustern kollidieren, fand ich persönlich schön zu lesen. Dort geht endlich nach sehr langer Zeit eine Frau im besten Alter ihren eigenen Weg nach ihrem Gusto und ihrem eigenen Tempo.


Für mich zeigt das Buch sämtliche Facetten in den allerschönsten bunten wie auch grauen oder schwarzen Tönen, die unser Leben so bietet auf. Garniert wird die Geschichte um farbige Fotografien aus der "Galerie der Herzen" von Celine Stüker. Diese unterstützen dann das schnell anlaufende Kopfkino und lassen die Erzählung Wirklichkeit werden.


Die sehr positive gestimmte Entwicklung während der ganzen Reise konnte man förmlich mit jeder neuen Zeile spüren. Dieser Auftrieb, mit sich und seiner Vergangenheit selbst ins Reine zu kommen und daran dann wiederum zu wachsen und die neuen Freiheiten zu genießen ist eine echt brillante Entwicklung, die sich Celine so vielleicht selbst erhofft aber nie erträumt hätte.


Kurzweilig und schnell vergehen die Tage mit Celine on Tour und spannende Abenteuer gilt es zu bestehen und die eigenen Grenzen zu verschieben.


Stükers Geschichte nimmt in Australien dann ein unschöne Wendung, die im abrupten Abbruch der Weltreise gipfelt. Aber bei diesen schweren Stunden begleiten wir Celine auch durch die Höhen und Tiefen der sich anschließenden medizinischen Therapie. Genau dieser letzte Teil macht dann für mich das Buch dann wirklich aus und erst richtig authentisch. Stüker verschweigt auch nicht die Schattenseiten ihres Trips und geht auch diesen inneren Konflikten nicht aus dem Weg sondern zeigt dort dann wieder ihre Kämpfernatur.


Summa summarum hat mich dieses Buch mit einer authentischen Protagonistin, sehr schnell in den Bann gezogen. Das wahre Leben schreibt dann immer noch die spannendsten Geschichten, auch wenn sie nicht immer wie in Hollywood sofort in einem rosaroten Happy End münden.


Für mich hat sich das Buch schnell zum echten Pageturner entwickelt, der bei mir viele verschiedenen Emotionen und Gefühle angesprochen hat. Für mich ganz persönlich ist Celines Story ganz verdient eines meiner Lesehighlights im Jahr 2023.

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Veröffentlicht am 15.06.2023

Die ganz alltäglichen Herausforderungen einer sich findenden Patchworkfamilie

Fanny Frühling - Mein Haufen Brüder
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Stephanie Gessner thematisiert in ihrem aktuellen Kinderbuch "Fanny Frühling - Mein Haufen Brüder" das Thema Patchworkfamilie auf ganz besondere Art und Weise für Lesekinder ab ca. 9 Jahren.

Patchworkfamilien ...

Stephanie Gessner thematisiert in ihrem aktuellen Kinderbuch "Fanny Frühling - Mein Haufen Brüder" das Thema Patchworkfamilie auf ganz besondere Art und Weise für Lesekinder ab ca. 9 Jahren.

Patchworkfamilien sind in unserer Gesellschaft keine Seltenheit mehr.

Doch stellen sie dennoch in ihrer Findungsphase dann spezielle Anforderungen an alle Beteiligten.

Genau dort setzt dann das Kinderbuch von Gessner an und bringt Licht in den Alltag einer exemplarischen Patchworkfamilie rund um Fanny und ihren Vater Obi sowie Elisabeth und ihren vier Söhnen.

Abwechselnde Perspektiven zeigen die Fallstricke bzw. Berührungsängste der Kinder in dieser Situation sehr gut auf und thematisieren gerade eben die kindliche Perspektive, wenn zwei Erwachsene sich neu verlieben und Anhang im Schlepptau mitbringen.

Mit sehr viel Charme und Witz aber auch vielen Herausforderungen wird der Alltag der beiden Familien erzählt.

Gelingt aus den beiden einzelnen Familien eine einzige verschworene Gemeinschaft zu formen nach dem Sprichwort "Alle für einen und einer für alle!"?

Wir konnten uns in die Geschichte sehr schnell einfinden und fallen lassen. Dies hat zum einen mit der Erzählperspektive zu tun und auch mit den liebenswerten und sehr realistisch gezeichneten Charakteren zu tun. Die eingestreuten schwarzweißen Illustrationen nehmen dann die Texte gekonnt auf und lassen die Lesekinder noch länger in der Szenerie verweilen und darüber nachdenken. Hier und da gibt es natürlich auch Anknüpfungspunkte für ein offenes Gespräch zwischen dem Lesekind und den verantwortlichen Erwachsenen zum Thema Patchworkfamilie.

Offen und ehrlich zeigt das Buch etwaige Fallstricke bzw. Vorurteile in einer solchen Neufindungsphase auf.

Summa summarum ein tolles Buch für Kinder, welches ein für uns wichtiges Thema thematisiert und den Kindern nahebringt.

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Veröffentlicht am 14.06.2023

Ergreifende Episoden rund um den Sternenreiter, die neuen Mut, neue Hoffnung, neue Liebe verbreiten und Frieden im Herzen schenken möchte

Sternenreiter – Wie ein Licht in dunkler Nacht (Band 2)
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Jens Koch alias Jando geht mit seiner Sternenreiter-Reihe in die Verlängerung und setzt den kleinen Jungen erneut im aktuell zweiten Band "Sternenreiter – Wie ein Licht in dunkler Nacht" gekonnt in Szene. ...

Jens Koch alias Jando geht mit seiner Sternenreiter-Reihe in die Verlängerung und setzt den kleinen Jungen erneut im aktuell zweiten Band "Sternenreiter – Wie ein Licht in dunkler Nacht" gekonnt in Szene.

Inhaltlich abgeschlossen lässt sich dieser Band der genannten Reihe ohne etwaige Vorkenntnisse des ersten Bandes lesen. Wer den vorherigen Band kennt und ihn schätzt, der wird schnell in das ganz besondere Setting wieder ein- und tief abtauchen können.

Eigentlich war keine Fortsetzung geplant, aber Jando gab seinem Herzen einen Ruck bzw. ging dem Bitten seiner Leser nach und erdachte ein neues Abenteuer rund um den kleinen Jungen mit den tiefgründigen Sprüchen.

Als Setting dient dieses Mal ein vom Krieg gebeuteltes Land, in dem der Sternenreiter dann notwendigerweise in Erscheinung tritt und auch in einer unwirtlichen und trostlosen Zeit dann neue Hoffnung, Mut und Liebe verbreiten möchte. Wer darin vielleicht Parallelen zum aktuellen barbarischen und menschenverachtenden Ukrainekrieg sieht liegt nicht ganz falsch, obwohl kein bestimmtes Land im Buch genannt wird.

Auch in diesem Werk stellte sich bei mir schnell ein richtiges Gefühlschaos ein. Quasi eine rasante Achterbahnfahrt, die sehr viele verschiedene Gefühle und Emotionen bei mir persönlich beim Lesen zu Tage förderte.

Ich konnte mich unumwunden in die Geschichte fallen lassen, darin verweilen und schwelgen. Das Buch lädt förmlich dazu ein zwischen den Zeilen zu lesen und das Gelesene sacken zu lassen und dabei in sich nachzuspüren. Ein tolles Werk um inne zu halten und den Wahnsinn, der in unserer Welt passiert, kurz anzuhalten.

Auch hier vermag es der Sternenreiter abermals Hoffnung zu spenden, wo es aktuell eher vielleicht aussichtslos erscheint. Er schenkt Freude, spendet Mut und tut ganz einfach verletzten Seelen unglaublich gut. Er bringt kleine Lichtblicke in rabenschwarze Zeiten und lässt immer wieder einen kleinen Hoffnungsschimmer durchleuchten.

Mich erwartete ein reich illustriertes Buch mit sehr tiefgründigen Texten, die zum Nachdenken und Reflektieren einladen. Die Texte und kurzen Zitate sind einfach Balsam für die Seele, gerade in persönlich schwierigen und herausfordernden Zeiten.

Nur flüchtig gelesen, könnte man von einem neunmalklugen kleinen Jungen reden, der immer einen sehr passenden tiefgründigen Spruch auf den Lippen hat. Wer allerdings wirklich genau den Sätzen zuhört, wird in seinen Aussagen, trotz des noch jungen Alters, so viel Wahrheit entdecken, an denen gerade wir Erwachsene uns eine richtig große Scheibe davon abschneiden können.

Kleine Kostprobe gefällig?

"Wenn Dunkelheit die Sonne verdrängt und Ängste wachsen, beginnen Sterne dir den Weg zu leuchten. Sie halten es wie die Gezeiten: Auf Ebbe kommt immer die Flut."

Bei mir persönlich hat das Buch wiederum komplett ins Schwarze getroffen und mich gut inne halten lassen. Es ist daher ganz verdient eines meiner ganz besonderen Lesehighlights im Jahr 2023.

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Veröffentlicht am 11.06.2023

Die bitteren Erfahrungen zweier DDR-Offiziersschüler bei einem ungeahnten Himmelfahrtskommando in Afghanistan anno 1987

FÜNF
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Die Story des Autors Veikko Bartel zu seiner aktuellen Novelle "FÜNF - Der Ring der Schlangen" erinnerte mich persönlich rein nur nach dem Teasertext gleich an den US-amerikanischen Kinoblockbuster "Black ...

Die Story des Autors Veikko Bartel zu seiner aktuellen Novelle "FÜNF - Der Ring der Schlangen" erinnerte mich persönlich rein nur nach dem Teasertext gleich an den US-amerikanischen Kinoblockbuster "Black Hawk Down".

Anstelle des Schauplatzes Somalia im Kinofilm steht hier dann Afghanistan im Blickpunkt und die russischen Truppen bestimmen das Geschehen.

Das Buch nahm mich dann ziemlich schnell in Beschlag und ich war direkt bei der Sache dabei. Ohne viele Umschweife gelingt es Bartel gekonnt den Leser zu umgarnen und ihn quasi in die Geschichte hineinzuziehen, als wäre man Teil der Truppe dort in Afghanistan vor Ort.

Sehr realistisch wirken die geschilderten Szenerien und für Zartbesaitete ist dieses Buch dann vielleicht mit einigen sehr expliziten Szenen dann eher nicht zu empfehlen. Zur Story selbst möchte ich hier nichts weiter spoilern sondern verweise einfach nochmals auf den Klappentext.

Das Werk besticht durchweg durch seine akkurate Schilderung der Vorkommnisse und der sehr authentischen Aufbereitung. Der Spannungsbogen ist ausgeklügelt gewählt und reißt bis zum Schluss hin nicht ab.

Es ist mehr als nur ein reiner faktenbasierter Kriegsroman, in dem dann Kämpfe geschildert werden und heroische Geschichten erzählt werden. Diese kommen zwar auch in diesem Werk vor aber dieser einseitige Eindruck wäre zu kurz gesprungen und würde dem Buch nicht gerecht. Am Ende des Buches geht Bartel dann sehr ausführlich auf die mal mehr oder weniger versehrten heimkehrenden Veteranen ein.

Was lösen kriegerische Aggressionen bei Menschen, die diese hautnah erlebt haben dann langfristig aus (Stichwort "PTBS")?

Kann ein geschundener Veteran dann zuhause überhaupt wieder im Alltag Halt finden und die Erlebnisse verarbeiten?

Wie gehen Veteranen mit etwaigen Schuldfragen um und ist eine Aussöhnung mit den eigenen Werten und Idealen überhaupt möglich?

Gerade dieser Teil macht das Buch für mich persönlich dann ganz besonders. Meist schließt ein solches Buch ja bereits mit dem heroischen Sieg der einen Partei über die andere und alles ist am Ende vermeintlich gut. Aber selbst wer in einem Krieg vordergründig als Sieger hervorgeht hat wohl oder übel ein Leben lang mit den grauenvollen Erlebnissen zu kämpfen.

Einen kleinen Vorgeschmack auf die tatsächliche Tiefe des Buches gibt folgendes Zitat:

"Ihre Gesichter zeigen ihre Jugendlichkeit allerdings nicht. Nicht mehr. Im Gegenteil. Allesamt sind sie durch den Krieg gezeichnet. Physisch durch mannigfaltige Narben - aber vor allem seelisch. Aus ihren Gesichtern spricht der Krieg. Er hat sich in ihre Augen eingebrannt. Sanftmut und alles Träumerische sind verschwunden. Stattdessen steht in ihren Augen Bitterkeit, eine permanente, fast schon paranoide Wachsamkeit, Kälte und pure Entschlossenheit. Ein Blick in ihre Augen lässt dem, der ihn wagt, augenblicklich das Blut in den Adern gefrieren und zwei Gedanken denken: Ich warne Dich, versuche nicht herauszufinden, was diese Augen schon gesehen haben, es wird Dich zerstören. Und zweitens: Erwarte niemals Barmherzigkeit und Vergebung."

Mich lässt die Novelle mit Blick auf den aktuellen Ukrainekrieg mehr als nachdenklich zurück. Wieviele solcher Schicksale wird es aktuell wohl wieder geben?

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