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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 02.09.2017

Unbedingt lesen!!

Der Duft des Teufels
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„...Eigensinn hebt eine Frau aus der Masse ihrer Geschlechtsgenossinnen heraus. Ich schätze das als Zeichen von Geist und Witz...“

Wir schreiben das Jahr 1695. In der Freien Reichsstadt Köln scheinen ...

„...Eigensinn hebt eine Frau aus der Masse ihrer Geschlechtsgenossinnen heraus. Ich schätze das als Zeichen von Geist und Witz...“

Wir schreiben das Jahr 1695. In der Freien Reichsstadt Köln scheinen dunkle Zeiten zurückzukehren. Nach der Schändung einer Kirche gehen Gerüchte um, dass jemand Teufelswasser verkauft, das für besondere Erlebnisse im Bett sorgt. Plötzlich gelangen junge Frauen wieder in den Verdacht, Hexen zu sein. Das betrifft auch die Hebamme Kathrina Obladen. Die junge Witwe hat sich erlaubt, den Heiratsantrag des Webers Fritz Haan abzulehnen und sich damit einen Feind fürs Leben geschaffen.
Die Autorin hat einen fesselnden historischen Roman geschrieben. Die Geschichte hat mich schnell in ihren Bann gezogen.
Das liegt auch an den gut charakterisierten Personen. Kathrina ist eine selbstbewusste junge Frau. Doch ihr verstorbener Mann war Protestant. Das nimmt ihr die mehrheitlich katholische Bevölkerung Kölns übel. Deshalb muss sie sich ihren Unterhalt mit Näharbeiten verdienen, denn zu Geburten wird sie nicht mehr gerufen.
Auch der italienische Kramhändler und Parfümeur Giovanni Paolo Femini muss sich seinen Stand in Köln hart erarbeiten. Er versucht, nach alten Rezepten seines Großvaters ein besonderes Aqua mirabilis zu kreieren. Doch nun kann das in Köln lebensgefährlich werden. Die Angst seiner Frau vor den Konsequenzen ist mit Händen greifbar.
Bruder Martin, Dominikaner und selbst im Kloster Außenseiter wegen seines Fanatismus, sieht seine Stunde gekommen.
Der Schriftstil des Buches lässt sich angenehm lesen. Sehr genau werden die Verhältnisse in Köln zur damaligen Zeit beschrieben. Die Zeit der Hexenverfolgung ist eigentlich vorüber. Selbst der Abt des Klosters fällt durch seine fortschrittliche Haltung auf. Liebevoll versucht er, Bruder Martin von seinen Vorstellungen abzubringen. Doch gegen Fanatismus ist kein Kraut gewachsen.
Gekonnt gelingt es der Autorin aufzuzeigen, wie durch das geschickte Streuen von Gerüchten Meinungen beeinflusst und Massen manipuliert werden. Das geht bis in die gehobenen Kaufmannsfamilien. Dort prallen unterschiedliche Meinungen aufeinander. Ab und an durchdringt allerdings ein feiner Humor die Geschichte, wie das folgende Zitat zeigt.
„...Dass sie nie wieder mit ihm sprechen würde, könnte sich als Segen erweisen, aber keine Kalbsniere in Weinsoße mehr zu servieren war eine ernstzunehmende Drohung...“
Plötzlich werden wieder unbescholtene Nachbarinnen angeklagt. Der Rat der Stadt stemmt sich anfangs dem entgegen, doch bald siegt die Gewalt der Straße. Bruder Martin lässt sich im Kloster nichts mehr sagen und bekommt Zulauf von frustrierten Kölnern. Wieder macht die Idee des Scheiterhaufens die Runde. Der Mob auf der Straße nimmt zu.
Daniel, ein junger Kaufmann, der Kathrina vor Fritz beschützt hat, und von dem obiges Zitat stammt, will den Hersteller des eigenartigen Wassers finden. Paolo steht ihm dabei zur Seite.
Sehr ausführlich wird dargestellt, wie viel Geduld und Fingerspitzengefühl dazu gehört, ein neues Parfüm zu entwickeln. Ein Tropfen der falschen Zutat zu viel und die ganze Arbeit war umsonst. Fachliche Begriffe wie Kopfnote und Herznote werden anschaulich erläutert.
Worterklärungen und ein informatives Nachwort über die Entstehung des Kölnisch Wassers ergänzen die Geschichte.
Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Das Thema Massenmanipulation und der Kampf um die persönliche Freiheit wurde in einer spannenden Handlung verpackt. Viele wissenswerte Fakten, die im Roman enthalten sind, zeugen von der ausführlichen und exakten Recherche der Autorin. Außerdem bin ich der Meinung, das der Grundtenor der Handlung nichts von seiner Aktualität verloren hat.

Veröffentlicht am 31.08.2017

Fesselnd bis zur letzten Seite

Die Legion des Raben
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„...So viele Muscheln am Strand, so viele Schmerzen bietet die Liebe...“

Wir schreiben das Jahr 260. Im Hause des Stadthalters von Treveris findet ein Fest statt. Invita, die junge Sklavin, soll sich ...

„...So viele Muscheln am Strand, so viele Schmerzen bietet die Liebe...“

Wir schreiben das Jahr 260. Im Hause des Stadthalters von Treveris findet ein Fest statt. Invita, die junge Sklavin, soll sich davon fern halten. Doch ihre Neugier siegt. Aus sicherem Versteck beobachtet sie die Gäste und belauscht die Gespräche. Dann bringt der Tag eine Überraschung. Dem alemannische Sklaven Flavus und ihr wird eine gemeinsame Kammer zugeteilt. So genau weiß Invita nicht, was sie von ihm halten soll. Aus der gemeinsamen Nacht wird jedenfalls erst einmal nichts.
Am nächsten Morgen werden alle Sklaven aus dem Schlaf gerissen. Der edle Baetius wurde ermordet, nachdem er das Haus des Stadthalters verlassen hat. Die Witwe des Toten und dessen Sohn Publius beschuldigen Hyacinthus. Der Sklave begleitete Baetius auf den Weg. Deshalb sollen alle Sklaven des Hauses hingerichtet werden. Es bleiben nur enige Tage, um den wahren Mörder zu finden.
Die Autorin hat einen spannenden historischen Roman geschrieben. Es ist der zweite Teil einer Trilogie. Obwohl ich Teil 1 noch nicht gelesen habe, hatte ich kein Problem, die Zusammenhänge zu erfassen.
Die Geschichte hat mich schnell gefesselt. Das lag nicht zuletzt an den gut charakterisierten Protagonisten. Invita ist eine junge Frau, die gern die Grenzen ihrer Möglichkeiten auslotet. Dabei hat sie schon schlimme Erfahrungen gemacht. Das aber hält sie nicht davon ab, sich für Gerechtigkeit einzusetzen. Und das Todesurteil für die Sklaven von Baetius hält sie für alles andere als gerecht. Sie ist die persönliche Sklavin von Marcella, der Tochter des Stadthalters. Marcella bekennt sich zum Christentum und lässt Invita gewisse Freiheiten.
Flavus ist ein stolzer Mann. Lange Zeit umgibt ihn eine geheimnisvolle Aura, denn über seine Vergangenheit ist nur wenig bekannt.
Der Schriftstil lässt sich angenehm lesen. Die Geschichte wird von Invita erzählt. Detailgenau schildert sie das Leben in römischen Trier (Treveris). Dabei zeigt sich auch die exakte Recherche der Autorin, denn ich werden als Leser mit Errungenschaften konfrontiert, die ich nicht in dieser Zeit verortet hätte.
Es ist hart zu lesen, wie mit Sklaven damals umgegangen wurde. Vor allem Publius und seine Mutter versuchen alles, Hyancinthus zu brechen und zu einem Geständnis zu zwingen.
Invita dagegen bemüht sich, den wahren Mörder zu finden. Dabei erlebt sie ein wahres Auf und Ab. Mit ihrer Reaktionsschnelligkeit meistert sich einige schwierige Situationen. Die Autorin nutzt das Geschehen, um mich mit dem Reichtum und der Ausstattung von Gütern außerhalb der Stadt bekannt zu machen. Gleichzeitig erlebe ich, wie eine wohlhabende junge Frau als Gast in einem solchen Haus behandelt wird.
Verstrickungen und Intrige sorgen neben der rasanten Handlung für einen hohen Spannungsbogen. Nach und nach erfahre ich die Hintergründe des Mordes, obwohl sich Flavus immer nur zu den Dingen äußert, die unbedingt nötig sind. Das ist für Invita schwer zu ertragen, denn eigentlich mag sie den jungen Mann, weiß aber nie, inwieweit er in die Geschehnisse verstrickt ist.
Obiges Zitat ist ein Beispiel für die Einbeziehung von klassischen Aussprüchen, denn es stammt von Ovid. Außerdem wird damit deutlich, dass Invita über höhere Bildung verfügt, denn sie äußert die Worte.
Karten der Zeit, ein Glossar und ein inhaltsreiches Nachwort ergänzen das Buch.
Die Geschichte hat mir ausgezeichnet gefallen. Sie malt ein spannendes Bild der Zeit.

Veröffentlicht am 27.08.2017

Beeindruckendes Debüt

Postkarten an Dora
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„...Das Trugbild ihrer Hoffnungen, das sie die letzten Monate aufgebaut hatte, zerbarst in tausend Stücke. Die Scherben bohrten sich tief in ihr Herz, stachen hinein, dass der Schmerz sie fast wahnsinnig ...

„...Das Trugbild ihrer Hoffnungen, das sie die letzten Monate aufgebaut hatte, zerbarst in tausend Stücke. Die Scherben bohrten sich tief in ihr Herz, stachen hinein, dass der Schmerz sie fast wahnsinnig machte...“

16 Jahre ist Dora, als sie ihre erste Enttäuschung erlebt. Davon spricht das obige Zitat. Dora möchte Schauspielerin werden. Deshalb lässt sie sich heimlich von Wilhelm recht freizügig fotografieren. Vorbild für sie ist ihre Lieblingsschauspielerin. Sie ahnt nicht, dass Wilhelm die Fotos als Postkarten verkauft. Der Schock sitzt tief, als sie es erfährt.
Hinzu kommt, dass ihre Eltern für ihren Berufswunsch kein Verständnis haben. Doras Vater ist Gymnasiallehrer. Dora gehörte zu den besten Schülern der Schule und soll nun die Ausbildung zur Lehrerin machen. Damit agiert er erstaunlich fortschrittlich, denn Mädchen sollte in der Zeit heiraten und benötigten demzufolge keine höhere Ausbildung. Als ihren Begleiter zum Internat hat der Vater den jungen Offizier Alfred von Nathusius bestimmt. Dora übernachtet im Hause seiner Familie und flieht eines Nachts. Sie möchte nach Amerika und träumt von einer strahlenden Karriere.
Die Autorin hat einen spannenden und abwechslungsreichen Roman geschrieben. Die Geschichte beginnt im Jahre 1905.
Der Schriftstil des Buches ermöglicht ein flottes Lesen. Sehr detailliert werden die gesellschaftlichen Verhältnisse wiedergegeben. Alfred von Nathusius hatte auch andere Träume als eine militärische Laufbahn, aber als dritter Sohn blieb ihm nur diese Möglichkeit. Jack, dritter Sohn eines Earls, ist eine Lebemann, der durch die Welt reist, jede feste Bindung ablehnt und sich gern seiner Verantwortung entzieht.
Auf Doras Reise von Thüringen zum Hause derer von Nathusius lerne ich einige interessante Bahnhofsgebäude kennen. In London werde ich in die dunkelsten Gegenden, aber auch in die Bezirke der Reichen und Schönen geführt. Das farbenprächtige Leben in Argentinien kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass dort die moralischen Ansprüche wesentlich stärker sind als in Europa. Schnell ist man abgestempelt.
Dora weiß, was sie will. Über den Weg zu ihrem Ziel aber hat sie sich kaum Gedanken gemacht. Ihr Reisegeld reicht nicht für die Schiffspassage nach Amerika. Glücklicherweise nimmt sie die Ballerina Martha Löwenstein unter ihre Fittichen und bringt sie nach England.
Sehr genau wird das harte Leben einer Schauspielerin dargestellt. Die Rollen sind dünn gesät, die Gage langt nicht zum Leben und nicht zum Sterben und eine Wohnung will auch bezahlt werden. An Doras Seite lerne ich als Leser das Auf und Ab des Berufes kennen. Missgunst und Neid sorgen für Reibereien unter den Akteuren. Es gibt Stunden, in denen bereut Dora ihren Schritt. Doch ein Zurück gibt es nicht. Das verbietet ihr der Stolz. Andererseits ist sie sehr ichbezogen. Was ihr Handeln auf andere für Auswirkungen hat, begreift sie meist erst zu spät.
Gekonnt erzählt die Autorin einige kleine Geschichten im großen Geschehen. Sie liegen in der Vergangenheit der Protagonisten und entwerfen schlagartig ein Bild von den dunklen Seiten des Lebens.
Den Umgang mit Metaphern und die bewusste Verwendung passender Adjektive beherrscht die Autorin sehr gut. Die Gespräche sind aussagekräftig. Emotionen äußern sich nicht nur in Worten, sondern auch in den Taten der Handelnden.
Das Nachwort gibt ausführlich Aufschluss darüber, wie die Autorin auf die Idee für das Buch kam. Die Postkarten, die an vielen Stellen eine Rolle spielen, existieren wirklich. Einige sind im Buch abgebildet.
Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Zwar habe ich über Dora häufig den Kopf geschüttelt, das ändert aber nichts an der Faszination ihres Lebensbildes.

Veröffentlicht am 25.08.2017

Raffinierte Inszenierung

Giftflut
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„...Der Polizeipräsident zog die Mundwinkel erdwärts. Das BKA versteinerte. Die Bundeswehr errötete. Der Verfassungsschutz putzte sich die Nase. Der Generalstaatsanwalt räusperte sich...“

Als Kriminalkommissar ...

„...Der Polizeipräsident zog die Mundwinkel erdwärts. Das BKA versteinerte. Die Bundeswehr errötete. Der Verfassungsschutz putzte sich die Nase. Der Generalstaatsanwalt räusperte sich...“

Als Kriminalkommissar Eugen de Bodt am Morgen erwacht und ins Bad geht, stellt er fest, dass er kein Wasser hat. Er ahnt nicht im geringsten, dass das der Beginn seines neuen Falls ist, denn in Friedrichshagen wird ein Ehepaar tot in der Badewanne gefunden. Der Ehemann war Direktor des Wasserwerkes. Logischerweise beginnen die Ermittlungen im privaten Umfeld.
Doch dann ergeben Nachforschungen, dass es fast zur gleichen Zeit einen ähnlichen Fall in Paris gab. Als fast zeitgleich die Oberbaumbrücke in Berlin und die Seinebrücke in Paris in die Luft gesprengt werden, erhält der Fall eine neue Dimension. Ein paar Tage später wiederholt sich das gleiche Szenarium in London.
Der Autor hat erneut einen fesselnden Thriller mit brisanter politischer Thematik geschrieben. Die Geschichte hat mich schnell in ihren Bann gezogen, zumal ich einigen alten Bekannten wieder begegnen durfte.
Der Schriftstil ist ausgereift und abwechslungsreich. Das beginnt schon damit, dass die Protagonisten gut charakterisiert werden. De Bodt lässt sich nicht in ein Korsett zwängen. Er sagt, was er denkt, stößt gern seine Vorgesetzten vor den Kopf, geht eigene Wege und lotet die Grenzen der Legalität aus. Seine besondere Begabung liegt aber in seinem konsequent logischen Denkvermögen und seiner Fähigkeit, einen Fall auch aus ungewöhnlichen Blickwinkel zu betrachten.
Kommissar Leblanc in Paris muss ähnlich wie de Bodt erleben, dass man versucht, ihn aufs Abstellgleis zu schieben. Ihm fehlt allerdings die Kraft, sich erfolgreich dagegen zur Wehr zu setzen. Dadurch erkennt er auch nicht das Potential seines jungen Kollegen Floire, der mit seiner unkonventionellen und unbekümmerten Art frischen Wind bringt. Er hat mehrmals ein Lächeln auf meine Lippen gezaubert.
Als besonderes Stilmittel lässt mich der Autor an den Gedanken der Täter teilnehmen, das heißt derjenigen, die die Anschläge geplant haben. Gekonnt wird ihre Angst dargestellt, denn sie wissen nicht, wer ihre Auftraggeber sind und was mit ihnen passiert, wenn sie nicht mehr gebraucht werden.
Obiges Zitat zeigt, dass manche Situationen mit wenigen, aber aussagekräftigen Sätzen auf den Punkt gebracht werden. Als die Ermittlungen immer mehr ins Stocken geraten, wird de Bodt wieder hinzugezogen. Vorher hat man mehrere seiner Warnungen ignoriert. Während einer Besprechung legt er seine Sicht der Dinge da und spricht die gefahren und mögliche Ursachen an. Die Reaktion ist im Zitat dargestellt.
Ein feiner Sarkasmus durchzieht die Geschichte, wie der folgende Ausspruch zeigt, dem de Bodt einem Amerikaner entgegenhält, dessen Entscheidung und Aussage er braucht:
„...Ihre Staatsanwälte sind doch ziemlich humorlos. Ihre Gefängnisse gleichen Legebatterien...“
Natürlich gibt es bei der Ausweitung der Ermittlungen die üblichen Verdächtigen. Doch denen fehlt für das geschickte Vorgehen entweder das Geld oder die Logistik. Bedauerlicherweise blockiert Großbritannien die Zusammenarbeit.
Gekonnt werde ich in de Bodts Gedankengänge mit einbezogen und darf sämtliche Umwege mitgehen. Fachliche Grundlagen werden allgemeinverständlich erläutert. Ich denke dabei insbesondere an die Erklärung für Hedgefonds.
Nicht nur im Großen wird gezeigt, wie Recht und Gesetz ausgehebelt werden. Eine kleine, aber feine Geschichte im Roman zeigt, wie schnell im persönlichen Bereich Moral und Ethik den Bach runter gehen, wenn man Blut geleckt hat und glaubt, das Recht auf Rache in die eigenen Hände nehmen zu dürfen.
Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. In einer fesselnden Handlung wird ein Szenarium aufgebaut, dass hoffentlich nie wahr wird. Ich möchte meine Ausführungen mit einem Zitat de Bodts beenden, das fast am Anfang des Buches fällt und am Ende seine Bestätigung findet:
"...Wir müssen unsere Werte gegen die eigenen Leute verteidigen, nicht gegen Terroristen..."

Veröffentlicht am 20.08.2017

Warum musste Anna sterben?

Mord am Waterberg
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„...Unsere Würde haben sie uns genommen, unsere Kultur haben sie zerstört. Auch in unseren Seelen ist vieles kaputt gegangen...“

Katrin fliegt nach Namibia. Sie wird dort einen Sarg abholen, den Sarg ...

„...Unsere Würde haben sie uns genommen, unsere Kultur haben sie zerstört. Auch in unseren Seelen ist vieles kaputt gegangen...“

Katrin fliegt nach Namibia. Sie wird dort einen Sarg abholen, den Sarg mit dem Leichnam ihrer jüngeren Schwester Anna. Sie hatte für den Deutschen Entwicklungsdienst gearbeitet und war ermordet worden.
Als Katrin in das Dorf kommt, wird sie von Annas Chef, dem Manager Arnold Kaure in Empfang genommen und zur Polizeistation gebracht. Dort teilt ihr der Polizist William Katjelio mit, dass es sich um einen Raubmord gehandelt hat und dass der Mörder gefasst ist. Sämtliche Fragen von Katrin werden abgeblockt. Ihr wird empfohlen, nach Windhoek zurückzukehren und am nächsten Tag abzufliegen. Katrin aber besteht darauf, ins Haus ihrer Schwester zu kommen.
Die Autorinnen haben einen spannenden und außergewöhnlichen Krimi geschrieben. Die Geschichte lässt sich zügig lesen.
Schnell merkt Katrin, dass vieles nicht so ist, wie man ihr erzählt hat. Sie findet das Tagebuch ihrer Schwester und Briefe von Tante Elsa, die vor mehr als 80 Jahren auf einer Farm in Namibia gelebt hat.
Der Schriftstil ist abwechslungsreich. Rückblicke in die Kindheit ermöglichen mir, einen Blick in Katrins Psyche zu werfen. Als Älteste von drei Geschwistern musste sie schon früh Verantwortung übernehmen. Dabei hat sie logischerweise auch Fehler gemacht, die das Verhältnis zu Schwester und Bruder getrübt haben. Annas wiederholte Einladungen nach Afrika hat sie mit den Verweis auf Zeitprobleme stets ausgeschlagen.
Ausführlich wird die deutsche Kolonialgeschichte von Namibia im Buch aufgearbeitet. Obiges Zitat stammt vom Häuptling der Herero. Landwegnahme und die Folgen von Vergewaltigungen wirken bis heute nach. Doch es gibt Hoffnung. Das zeigt das folgende Zitat:
„...Alle, die Versöhnung wollen, haben ihre Schwester gern gehabt und es ihr hoch angerechnet, dass sie als Deutsche mit uns arbeitete...“
Das heutige Leben der Herero wird ebenfalls ausführlich geschildert. Es geht darum, Tradition und Moderne in Einklang zu bringen. Mit dem Verlust der Würde kam der Alkoholismus. Auch dieses Erbe gilt es zu überwinden. Vorreiter sind dabei insbesondere die Frauen.
Schnell wird klar, dass der verhaftete Junge unschuldig ist. Wer aber hatte Interesse an Annas Tod? Obwohl Katrin von den örtlichen Befindlichkeiten wenig Kenntnis hat, gelingt es ihr, das Gewirr von Korruption und Verschleierung zu durchdringen. Gleichzeitig wird sie mit der Vergangenheit ihrer Familie konfrontiert. Hier sorgt Angst für Ablehnung.
Wie oben schon erwähnt, haben die Autorinnen Annas Tagebucheinträge als besonderes Stilmittel eingefügt. Dort findet Katrin Hinweise für ihre Ermittlungen, aber auch Informationen über die Schwierigkeiten in Annas Leben.
Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. In einer fesselnden Handlung wird ein Stück deutscher Kolonialgeschichte gekonnt aufgearbeitet.