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Veröffentlicht am 19.06.2023

Das fiktive Leben des Louis Chabos

Sein Sohn
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»Sein Sohn« erzählt das fiktive Leben des Louis Chabos, der 1794 als Baby in ein Mailänder Waisenhaus gebracht wird. Die Kosten der Unterkunft wurden bei der Abgabe gleich für die folgenden 18 Jahre beglichen. ...

»Sein Sohn« erzählt das fiktive Leben des Louis Chabos, der 1794 als Baby in ein Mailänder Waisenhaus gebracht wird. Die Kosten der Unterkunft wurden bei der Abgabe gleich für die folgenden 18 Jahre beglichen. Dies ist der Start in ein ereignisreiches Leben, an dem uns Lewinsky teilhaben lässt.
Poetisch, mit kräftigen Worten schildert der Autor den Werdegang des Protagonisten und gibt eidetische Einblicke in das Leben des frühen 19. Jahrhunderts.
In einem spektakulären Plot zieht er als Vagabund umher, landet im Gefängnis, kann fliehen und nimmt an Napoleons Russlandfeldzug teil und danach folgt die Suche nach den Eltern, seinen Wurzeln, seiner Herkunft. Und das ist auch das große Thema des Romans:
Die Suche nach den eigenen Wurzeln, die Zweifel und Nöte, die eine unbekannte Herkunft mit sich bringt. Aber dieses Buch zeigt auch, dass es nicht unbedingt Erlösung bringt, die eigene Abstammung dann aufzuklären. Die Begegnung mit der Mutter ist mehr als verstörend und die weitere Suche nach dem Vater führt zu einem Ergebnis, dass Louis enttäuscht und wütend macht. So wütend, dass er einen entsetzlichen Plan fasst, der wiederum uns Leser verstören könnte. Wohlgemerkt könnte und nicht kann, denn Lewinsky fädelt Louis Beweggründe so geschickt in die Geschichte ein, dass wir sein Handeln nachvollziehen können – es sogar für die logische Auflösung halten. Mehr kann ich dazu nicht sagen, ich will ja nicht spoilern.
Eindrucksvoll empfand ich auch die Schilderungen der Zustände im Kinderheim und die der Schrecken des Krieges. In all diese Begebenheiten sind historische Fakten sorgsam eingearbeitet. Das gibt dem Roman einen besonderen Reiz, wenn man sich etwas in der Geschichte jener Zeit auskennt, allerdings tut es der Geschichte keinen Abbruch, wenn man geschichtlich uninteressiert ist.

Lewinskys Erzählweise ist beeindruckend. Die schnellen und häufigen Wechsel des Sprachtempos, aber immer stimmig mit der Handlung, schaffen eine eigene Spannung. Es war wieder eines jener Bücher, die ich gar nicht mehr aus der Hand legen wollte. Dieser Roman wirkt auch nach dem Lesen nach, es ist vor allem die unbeirrbare, hartnäckige Suche nach der eigenen Herkunft, die mich noch immer beschäftigt.

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Veröffentlicht am 19.06.2023

Symbolische Texte zum Nachdenken

Das Buch des Löwen
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»Und als die Tage des Löwen zu Ende gingen, kamen die Monate des Lammes. Und man schlug die, die stark gewesen waren, und man erhörte nur noch die, die gefolgt waren dem Metzger, der sie rief.« ...



»Und als die Tage des Löwen zu Ende gingen, kamen die Monate des Lammes. Und man schlug die, die stark gewesen waren, und man erhörte nur noch die, die gefolgt waren dem Metzger, der sie rief.«
Die Tage des Löwen, Roland Reber

So fängt die Geschichte an – und so geht sie weiter. Jetzt sitze ich mit einer großen Frage hier. Gerne möchte ich meinen Leseeindruck mit der Welt teilen, doch wie soll ich es anstellen? Dieses Buch, nein Büchlein, ist so gewaltig, da steht so viel drin, dass es mich fast erschlagen hat.
Nachdem ich es gelesen hatte, war ich mir sicher: Dieser Text ist reiner Bullshit oder eben absolut genial. Schnell tendierte ich zum Zweiteren. Mich erinnerte es an eine gewaltige Schöpfungsgeschichte, auch der Schreibstil erinnert an die Bibel, genauer an das Alte Testament, was auch noch durch die Unterteilung in Verse unterstützt. Wort- und tatgewaltig ist der Text, leicht lesbar und von einer ganz eigenen Schönheit. Doch ich hatte das Gefühl, ich habe den Sinn noch nicht verstanden, was will uns Roland Reber mit diesem Text sagen? Eine Metapher auf die menschliche Schöpfung und Entwicklung? Ich las es noch einmal. Diesmal erkannte ich eine Geschichte von Machtausübung, von dummer Obrigkeitsgläubigkeit dem Auf- und Niedergang von Gesellschaftssystemen. Auch eine kleine Geschichte der Menschheit.
Ich war verwirrt wegen meiner Unklarheit und ihr ahnt es, ich musste es noch einmal lesen. Was ich las, war eine Geschichte der institutionellen Kirchen, blindem Glauben und dessen Folgen. Ich war besessen vom Text, ich musste dem auf den Grund gehen. Während ich versuchte herauszubekommen, was der Autor mit diesem Text sagen will, las es mein Sohn.

»Und?«
»Es ist ein Gleichnis gegen den Krieg, Gewalt und Unterdrückung.«

Im Kern geht es bei jeder möglichen Interpretation um Macht, Ohnmacht, Unterwerfung und Dummheit. »Gelobt seist du, Metzger, der uns holt. Und heilig, heilig sei die Stätte, auf der wir unser Blut vergießen am Tage des Todes.«
Die Tage des Löwen, Roland Reber

Doch was sagte nun der Autor zu der Bedeutung seines Textes?

»Die Deutung liegt bei jedem selbst!«
Roland Reber über seinen Text

Unbestritten ist der Text höchst symbolisch, ein fabelhaftes Gleichnis. Eine Fabel ohne Zweifel, denn es kommen nur Tiere darin vor, auch wenn eines davon das »Tier Mensch« ist.
Ich habe mich an diesem Text ergötzt, er hat mich zum Nachdenken gebracht, er hat mich fasziniert. Unterhaltung? Ja, der Text hat mich auch unterhalten, doch wer die reine Unterhaltung sucht, der ist mit diesem Text schlecht beraten. Die wahre Freude an diesem Büchlein werden jedoch alle haben, die gerne außergewöhnliches lesen, die Sprache lieben und die philosophisch in Texte eintauchen möchten.

Ergänzt ist der Text mit passenden Illustrationen der Künstlerin Ute Meisenheimer. Außerdem enthalten sind weitere kurze Texte und Gedanken des Autors, allen voran das unvollständige »Buch der Prophezeiungen«. Rebers literarischer Nachlass, den ich jedem Literaturfreund wärmstens ans Herz legen möchte.

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Veröffentlicht am 19.06.2023

Fesselnde Biografie mit Einblicke in die deutsche Geschichte

Vermutlich Deutscher
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Ohne den Besuch der Leipziger Buchmesse wäre mir dieses Buch wohl nie begegnet. Ein unscheinbares Cover, doch das zog sofort meine Aufmerksamkeit auf sich, gefolgt vom Titel: »Vermutlich Deutscher«. Neugierig ...

Ohne den Besuch der Leipziger Buchmesse wäre mir dieses Buch wohl nie begegnet. Ein unscheinbares Cover, doch das zog sofort meine Aufmerksamkeit auf sich, gefolgt vom Titel: »Vermutlich Deutscher«. Neugierig geworden las ich den Klappentext, der meine Erwartungen weiter anheizte. Es versprach eine interessante, lehrreiche Lektüre und einen neuen Blick auf die deutsch-deutsche Geschichte.

Es ist die Biografie von Vincent von Wroblewsky, dem »Sartre-Übersetzer«. Doch der Inhalt ist weitaus umfangreicher und mitreißender, als es der Klappentext vermuten lässt. Hier geht es nicht allein um Wroblewskys Leben in der DDR, das Einblicke in den teils absurden Apparat des Systems gewährt, sondern auch um die Suche des Autors nach seiner Herkunft, seiner Schöpfungsgeschichte sozusagen. Dabei stößt er auf faszinierende Details, die das Leben seiner Eltern betreffen. Die Bekanntschaft mit Ernst Thälmann, der Widerstand seiner Eltern gegen die Nationalsozialisten – all das ist packende deutsche Geschichte, und ich muss gestehen, dass ich diesen Teil äußerst fesselnd fand. Es waren Fragmente aus einer anderen Zeit, einer höchst aufregenden Epoche deutscher Geschichte, deren Facetten in der allgemeinen Geschichtsbildung der BRD bedauerlicherweise viel zu kurz kommen.

Das Buch ermöglicht einzigartige Einblicke in die deutsche Geschichte, wie es kein Geschichtsbuch vermag. Durch den mitreißenden Erzählstil des Autors tauchen wir in die Erlebnisse und Hintergründe ein, die jene Zeit prägten. Es ist eine Lektüre, die mich nicht nur gut unterhalten hat, sondern auch mein Verständnis für die deutsche Geschichte erweitert hat. Im Kleinen offenbaren sich die Absurditäten der Verwaltung in der DDR. Das Hin und Her, als Wroblewsky zum Sartre-Kongress reisen wollte und von welchen Faktoren die Teilnahme letztlich abhing – dies sind persönliche Erfahrungen, die auch jenen, die sie nicht selbst erlebt haben, das Gefühl geben, dabei gewesen zu sein.

An keiner Stelle spürt man Bitterkeit, es werden keine Vorwürfe erhoben – auch das ist bemerkenswert. Mit einer sachlichen Herangehensweise und einer leicht lesbaren, prägnanten Erzählweise gelingt es dem Autor jedoch, die Lektüre äußerst unterhaltsam zu gestalten. Beim Lesen dieses Buches war ich stellenweise genauso gebannt wie von einem spannenden Thriller und erhielt darüber hinaus außerordentlich wertvolle Informationen. Ich bekam einen einzigartigen Blick auf die vergangene DDR-Geschichte.
Wie in einem guten Roman hat Wroblewsky das Buch aufgebaut, sogar der Titel ist literarisch, wie man am Ende, auf der letzten Seite verstehen wird. Denn dort wird klar, dass es keinen treffenderen Buchtitel hätte geben können.

»Vermutlich Deutscher« verknüpft individuelle Erfahrungen mit historischen Ereignissen und sollte einen festen Platz in der deutschen Geschichtsliteratur finden.

Ich empfehle diese Biografie uneingeschränkt all jenen, die persönliche Einblicke in die Geschichte der DDR suchen und generell an der deutschen Geschichte interessiert sind. Das Buch hat mich restlos begeistert. Es hat nicht nur meine Erwartungen übertroffen, sondern mich regelrecht in seinen Bann gezogen, indem es mich tief in die Geschichte eintauchen ließ.

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Veröffentlicht am 19.06.2023

Weckt Verständnis für andere Lebensentwürfe

"Nicht normal" ist ganz normal
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Antje Nikola Mönning widmet sich in ihrem Buch »Nicht normal ist ganz normal« einem Thema, das uns alle betrifft: dem Finden und Ausleben der eigenen Sexualität. Sie zeigt uns sexuelle Neigungen, die nicht ...

Antje Nikola Mönning widmet sich in ihrem Buch »Nicht normal ist ganz normal« einem Thema, das uns alle betrifft: dem Finden und Ausleben der eigenen Sexualität. Sie zeigt uns sexuelle Neigungen, die nicht unbedingt der Norm entsprechen, aber dennoch völlig »normal« sind. In authentischer und offenherziger Weise erzählt sie von ihrem eigenen Weg, ihre Sexualität zu finden und anzunehmen.

Doch dieses Buch geht weit über Mönning’s eigene Geschichte hinaus. Im zweiten Teil des Buches gibt sie Raum für die Geschichten anderer Menschen, die auf ihre eigene Weise versuchen, ihre Sexualität, sexuelle Orientierung oder sexuelle Identität zu leben. BDSM-Praktizierende, Swinger, Fetischisten, Prostituierte, Pornodarsteller, Cam-Girls, Crossdresser, trans Menschen und assexuelle Menschen – sie alle kommen zu Wort und gewähren uns Einblick in ihre Erfahrungen und Perspektiven.

Diese Themen sind allgemein bekannt, werden jedoch in unserer Gesellschaft oft verschämt missachtet und nicht offen angesprochen. Statt auf das sensationslüsterne Bild, das von der Regenbogen- und Boulevardpresse geprägt ist, zu setzen, verzichtet Mönning in ihrem Buch auf einen voyeuristischen Blick. Stattdessen gibt sie den Betroffenen eine Stimme und ermöglicht uns einen respektvollen Einblick in ihre Welten.

Der Erzählstil in »Nicht normal ist ganz normal« ist locker und mitreißend. Mönning schaffte es, mich von der ersten Seite an in das Thema hineinzuziehen, sodass ich das Buch kaum aus der Hand legen mochte. Ihre klare und direkte Art zu schreiben, macht das Buch zu einem leicht zugänglichen und fesselnden Leseerlebnis.

Informativ, manchmal amüsant und stets zum Nachdenken anregend, bietet dieses Buch eine Vielzahl von Geschichten, die berühren und gleichzeitig dazu ermutigen, zu seiner eigenen Sexualität zu stehen. Antje Nikola Mönning öffnet uns die Augen für die Vielfalt menschlicher Erfahrungen und schafft ein besseres Verständnis für andere Menschen.

»Nicht normal ist ganz normal« ist eine klare Leseempfehlung für alle, die ihren Horizont erweitern möchten und sich für das Thema Sexualität und Selbstakzeptanz interessieren. Das Buch regt zum Nachdenken an und ermöglicht es, eigene Vorurteile abzubauen und mehr Verständnis und Empathie für andere Menschen – und Lebensentwürfe – zu entwickeln. Eine faszinierende Lektüre, die dazu beiträgt, unsere Sichtweise auf Sexualität und gesellschaftliche Normen zu hinterfragen.

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Veröffentlicht am 18.06.2023

Reflexion über Machtmissbrauch und Freundschaft

Noch wach?
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Benjamin Stuckrad-Barres Roman »Noch wach« hat bereits viel Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Die Geschichte, die auf realen Ereignissen von Machtmissbrauch, Lügen, Täuschung, Angst und Wut basiert, geht ...

Benjamin Stuckrad-Barres Roman »Noch wach« hat bereits viel Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Die Geschichte, die auf realen Ereignissen von Machtmissbrauch, Lügen, Täuschung, Angst und Wut basiert, geht jedoch weit über eine weitere MeToo-Erzählung hinaus und genau deshalb werde ich mich nicht den real zugrunde liegenden Ereignissen widmen.

Im Roman wird die Geschichte des Chefredakteurs eines Fernsehsenders erzählt, der seine Macht missbraucht, um Affären mit überwiegend jungen Frauen ausleben zu können. Stuckrad-Barre gelingt es hier deutlich, die perfiden Methoden, das Klima von Manipulation und Angst aufzuzeigen, die der Chefredakteur anwendet. Der Autor gibt den Frauen in beeindruckender Weise eine eigene Stimme. Das ist bewegend, emotional und gibt tiefe Einblicke. So kommt man nicht umhin, über das Thema nachzudenken, ist es ja nicht nur auf die Chefetagen großer Konzerne beschränkt.

Doch wer diesen Roman nur unter den Aspekten von Machtmissbrauch und übergriffigem Verhalten betrachtet, dem entgeht die ergreifende Geschichte einer tiefen Männerfreundschaft zwischen dem Ich-Erzähler und seinem Freund, dem Besitzer des Senders. Die Verbindung zwischen den beiden Männern wirkt an vielen Stellen liebevoll, und der Autor findet berührende Worte, um sie zu beschreiben.
Zitat:

»Wir wussten beide nicht, ob wir uns jetzt umarmen sollten, merkten wir, als wir uns bereits ungelenk ineinander verschränkten und einander mit verklemmter Herzlichkeit auf die Ohren küssten. Menschsein, es ist und bleibt die groteskeste Komödie überhaupt.«
Noch wach – Benjamin von Stuckrad-Barre

Dieser Nachsatz im Zitat hat sein müssen, trifft er doch so genau männliche Gefühlswelten.


Vermutlich bestünde diese Freundschaft noch, wäre da nicht der bereits erwähnte übergriffige Chefredakteur, der als Antagonist agiert. Stück für Stück schiebt er sich mit seinem Verhalten und seinen Ansichten zwischen die beiden. Eine klare Positionierung des Freundes bleibt aus. Schließlich kommt es zum Showdown der drei Männer, der das Ende der jahrelangen Freundschaft besiegelt.

Verwebt sind diesen beiden Geschichten durch die Darstellung von Auswüchsen der Medienwelt und die Allmachtsfantasien einflussreicher Firmenbosse in der Medienwelt und außerhalb. Fast grotesk und zugleich erschreckend real ist es etwa, wenn ein Ministerpräsident demütig vor Elon Musk buckelt. An anderer Stelle stellt man sich fast zwangsläufig die Frage der moralischen Schuld, als durch die Berichterstattung eine junge Frau in den Tod getrieben wird.

Es scheint, als sei »Noch wach« ein Buch, das aus Wut und Empörung, aber auch aus Schmerz und Wehmut geschrieben wurde. Wut und Empörung darüber, wie einige Männer Frauen behandeln, wie sie ungestraft davonkommen; Schmerz und Wehmut über das Zerbrechen der erwähnten Freundschaft. Literarisch mag der Roman nicht immer tiefgründig sein, doch wird dies durch die kraftvollen Emotionen und die sprachliche Originalität mehr als ausgeglichen. Die Figur des Ich-Erzählers erscheint mir manchmal etwas zu korrekt, fast erhaben über den Dreck der Welt. Gelegentlich hatte ich den Eindruck, dass das Buch auch eine Rechtfertigung ist. Doch diese Aspekte mindern keinesfalls die Gewaltigkeit des Romans und sind völlig legitim.

Der Schreibstil von Benjamin von Stuckrad-Barre ist eine explosive Mischung aus autobiografischer Hingabe, sprachlicher Wucht und provokanter Radikalität. Der Text ist wie eine dynamische Klangcollage, die mich mit ihrer wilden Sprachakrobatik und scharfzüngiger Ironie durch eine Welt voller Emotionen schleuderte.
Wieder einmal präsentiert sich Stuckrad-Barre als ein literarischer Störenfried, der mit seiner ungestümen, mitunter auch verstörenden Erzählweise die Grenzen des Erzählens auslotet. Neue, ungewöhnliche Wortschöpfungen, unorthodoxe Ausdrucksweisen und befremdliche Schreibweisen (viele Worte in Großbuchstaben, was ich absolut passend fand) lassen das ganze Werk rebellisch wirken. In jedem Fall wirkt der Roman sehr intensiv, teils aber auch poetisch.

Fazit:
»Noch wach« ist eine eindringliche Reflexion über Machtmissbrauch und Freundschaft, die mit einer Prise Kapitalismuskritik gewürzt wurde. Die Emotionalität und sprachliche Originalität des Autors machen den Roman zu einem intensiven Leseerlebnis, das zum Nachdenken anregt. Für mich ist das Buch ein echtes Highlight.

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