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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 23.07.2023

Eerfüllt die Erwartungen nicht

Das Leben, das uns bleibt
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Ruth ist eigentlich keine Goldschmiedin. Sie muss ihre Lehre in der Schmuckabteilung eines Kaufhauses abbrechen, als sie mit ihrer Mutter und ihren beiden Geschwistern wegen ihrer jüdischen Herkunft oder ...

Ruth ist eigentlich keine Goldschmiedin. Sie muss ihre Lehre in der Schmuckabteilung eines Kaufhauses abbrechen, als sie mit ihrer Mutter und ihren beiden Geschwistern wegen ihrer jüdischen Herkunft oder wegen der herannahenden Russen aus Breslau fliehen muss. Dabei verliert sie nicht nur ihre Heimat, sondern auch ihre große Liebe. In Freiburg lernt sie dann den Sohn des Inhabers eines Juwelierladens kennen. Und weil sie es immer allen Recht und ihrer Familie keine Sorgen machen möchte, heiratet sie ihn, obwohl sie noch immer an ihre alte Liebe denken muss. Eine starke Frau ist sie also (lange) auch nicht. Im stillen Kämmerlein entwirft sie Schmuck und lässt sich nach Feierabend von einem Goldschmied a. D. Nachhilfestunden in Sachen Handwerk geben. Und natürlich ist sie es, die mit ihrem Verkaufstalent und ihren Entwürfen den Laden vor dem Untergang rettet, als Vorwürfe laut werden, ihre Schwiegervater habe den Laden einst einem Juden abgepresst.
Obwohl die Idee eigentlich viel Potential zu einem spannenden historischen Roman böte, ist dieser das schließlich auch nicht. Statt spannender Handlung arbeitet sich der Leser seitenweise durch Gefühlsergüsse der Protagonistin oder zur Abwechslung den Träumen ihrer jüngeren Schwester sowie die sozialkritischen Anwandlungen des Bruders, der sich anklägerisch an die Nachkriegsgesellschaft wendet, die die Vergangenheit zu vergessen bestrebt ist. Allein durch den sprunghaften Wechsel fällt es schwer, in der Geschichte anzukommen. Im letzten Drittel dann verhalten sich die Figuren so unmotiviert, dass es schwer fällt, das Gelesene noch Ernst zu nehmen. Figuren, die zuvor noch aus Liebesschmerz bereit waren, alles zu tun, entdecken auf einmal, dass sie sich dem eigenen Geschlecht eher zugehörig fühlen, oder vermeintlich Turtelnde offenbaren, dass dies alles nur vorgetäuscht war und in Wirklichkeit alles ganz anders.
Für Ruth erscheint quasi als deus ex machina die alte Freundin Marga aus Berlin, die die Lösung all ihrer Probleme auf einem Silbertablett serviert. Dabei gerät sie mit ihren markigen Sprüchen und Lebensweisheiten und ihrer pseudo-berliner Schnauze wohl eher unfreiwillig zur Witzfigur.
Ruth muss sich nur noch entscheiden, zu allem Ja und Amen zu sagen. Macht das eine starke Frau aus, als die sie dem Leser angepriesen wird?

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  • Atmosphäre
Veröffentlicht am 23.07.2023

Mit Längen

Der Bornholm-Code
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Archäologische Funde vor Bornholm, die eine Verbindung zwischen der Varus-Schlacht und dem legendären Schatz der Nibelungen erahnen lassen, ziehen nicht nur Taucher und Wissenschaftler an, sondern auch ...

Archäologische Funde vor Bornholm, die eine Verbindung zwischen der Varus-Schlacht und dem legendären Schatz der Nibelungen erahnen lassen, ziehen nicht nur Taucher und Wissenschaftler an, sondern auch machthungrige Politiker, die damit die Weltherrschaft erstreben.
Insbesondere die Bezüge zwischen Varus und Siegfried bieten durchaus interessantes Potential, leider veranlassen sie die Hauptfigur zu langen, sich des öfteren wiederholenden belehrenden Vorträgen, denen zu folgen gerade in der Hörfassung schwer fällt. Diese dominieren die ersten zwei Drittel so sehr, dass die Thrillerhandlung, auch wenn sie im letzten Drittel an Fahrt aufnimmt und dabei zugegebenermaßen schon recht absurde Züge annimmt, mich als Zuhörer gar nicht mehr in den Bann ziehen konnte. Dies wird durch die recht monotone Vortragsweise, mit der sowohl die Wissensreferate als auch die Partien mit mehr Handlung (Entführung, Mordanschlag uswusf.) gleichermaßen vorgetragen werden, nicht gerade besser. Ein eher zähes Hörvergnügen.

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Veröffentlicht am 28.06.2023

Die Wirren der Liebe

Schicksalskinder
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Im dritten Teil der Familiensaga um die Lavernes von Katja Maybach geht es um die Jahre 1945 bis 1948. Die Story entspinnt sich zwischen Ostpreußen, Deutschland, der Schweiz, Frankreich und Italien. Die ...


Im dritten Teil der Familiensaga um die Lavernes von Katja Maybach geht es um die Jahre 1945 bis 1948. Die Story entspinnt sich zwischen Ostpreußen, Deutschland, der Schweiz, Frankreich und Italien. Die Mitglieder der Familie sind zum einen zerstreut, finden sich aber immer mal wieder in Bad Lichtenberg ein, dem Stammsitz der Lavernes. Nicht nur die Wirren des Kriegsendes, sondern auch viele private Schicksalsschläge lassen die Familienmitglieder nicht zur Ruhe kommen. Sie ver- und entlieben sich, finden sich wieder, verlieren sich erneut oder finden zu anderen. Insgesamt ist dieser Liebesreigen zwischen der Vielzahl an Figuren ziemlich verwirrend und sehr sprunghaft. So wie die gesamte Handlung wenig motiviert ist. Der historische Hintergrund wird in Stichwortmanier abgearbeitet und spielt mit Ende des Krieges eigentlich gar keine Rolle mehr. Die Dialoge der Figuren sind sehr hölzern und der Stil insgesamt sehr gefühlsschwanger und melodramatisch. Zu einzelnen Figuren eine engere Beziehung aufzubauen, fällt schwer, weil die Geschichte immer wieder hin und herspringt und alle Konstellationen nur kurz angerissen und dann wieder fallen gelassen werden. Das kann soweit gehen, dass die Geschichte der Figur der Olga Reimann, deren Vater ein alter Bekannter aus dem vorangegangenen Teil, sogar gänzlich in Vergessenheit gerät: Ihr Racheplan an der Familie Laverne verpufft, am Ende wird nur kurz ihre Abreise konstatiert.
Wer an historischen Romanen interessiert ist, kommt hier, wie ich für mich feststelle, nicht auf seine Kosten.

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Veröffentlicht am 20.06.2023

Sehr artifiziell

Zwischen Himmel und Erde
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Eine Doktorarbeit führt die brasilianische Studentin Catarina nach London und in die WG von Melissa. Beide sind sehr unterschiedlich, scheinen aber über das Land Brasilien eine Verbindung zu haben. Es ...

Eine Doktorarbeit führt die brasilianische Studentin Catarina nach London und in die WG von Melissa. Beide sind sehr unterschiedlich, scheinen aber über das Land Brasilien eine Verbindung zu haben. Es entwickelt sich eine Freundschaft, die die Geschichten von Brasilien und London zu verbinden scheinen.

Der experimentelle Schreibstil verhindert ein Abtauchen in eine Erzählhandlung und eine innere Annäherung an die Figuren. Immer wieder wird der Leser durch den Wechsel zwischen Prosa und Poesie, zwischen kurzen Fließtexten und vermeintlich zusammenhangslosen Wortfetzen aus dem Lesefluss katapultiert. Dabei changieren die Themen zwischen banaler Alltagsprosa, realhistorischer Politik und philosophischer Gesellschaftslehre.

Sicherlich ein spannendes Experiment, aber ein wenig überfrachtet und zu gekünstelt. Und auf über 500 Seiten ein Marathon für den Leser. Wie bei einem Experiment: Ausgang offen – für den einen klappt`s, für den anderen nicht. Aber ohne garantierte Wiederholbarkeit bleibt die Frage nach dem Sinn des Ganzen.

Da nutzt das wunderschöne Cover auch nur dem Büchersammler, der mehr sammelt, als liest.

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Veröffentlicht am 13.06.2023

Unerwartete Wendungen

Alegra - Das Mündel der Medici
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Alegra, Titelfigur des historischen Romans „Alegra, das Mündel der Medici, muss als Kind miterleben, wie ihr Vater von den fanciulli, der italienischen „Kinderpolizei“, abgeführt und hingerichtet wird. ...

Alegra, Titelfigur des historischen Romans „Alegra, das Mündel der Medici, muss als Kind miterleben, wie ihr Vater von den fanciulli, der italienischen „Kinderpolizei“, abgeführt und hingerichtet wird. Sie wächst lange im Verborgenen auf, im Hause des Malers Donatello, dessen Förderer Cosimo de Medici ist. Doch als junge Frau drängt es sie, die Welt um sie herum kennenzulernen. Aber nicht alles, was ihr widerfährt, gefällt ihr, auch wenn die Begegnung mit Fabrizio bei ihr bisher nicht gekannte Gefühle weckt. Dabei ist auch er einer der fanciulli.
Eigentlich sind die Voraussetzungen für einen opulenten historischen Roman gegeben: Liebe, Kunst, das stimmungsvolle Florenz, die Zeit der Ränke und Machtspiele unter den Medici und das spannende Phänomen der fanciulli: eine Bande Halbwüchsiger, denen es gestattet war, Menschen für ihre Sünden in dem Sinne zu bestrafen, dass sie z. B. in den Häusern Luxusgut und anrüchige Gegenstände wie die Porträts von Nackten zerstören durften oder diejenigen verprügeln konnten, die ihnen keine Almosen gaben oder zu guter Letzt Menschen, die sich wiederholt versündigten, zur Hinrichtung geleiteten.
Leider verliert sich der Roman zusehends mehr in melodramatischen Gefühlsausbrüchen, sodass bisweilen der historische Kontext ganz ins Hintertreffen gerät. Das Verhalten der Figuren ist dabei recht häufig gänzlich unmotiviert und wechselt innerhalb von Zeilen zwischen Zorn und Liebesbekundungen, Verachtungen und Verständnis usw. Im letzten Drittel wird die Verwicklung der Figurenkonstellationen immer abstruser: Totgeglaubte tauchen wieder auf, nur um kurz darauf wieder zu verschwinden, Liebesbeziehungen wechseln von hetero zu bi und auch darin mehrfach zwischen den Figuren, was total unglaubwürdig wirkt. Gerade noch vor Eifersucht rasend auf den Nebenbuhler um eine Frau, stellt sich heraus, dass der junge Mann gar nicht auf Frauen steht, sondern auf Männer. Und auch dies passiert nicht einmal, sondern öfter.
Ich war mit ganz anderen Leseerwartungen an das Buch herangetreten, sodass das Buch nicht meinem Geschmack entsprochen hat.

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