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Veröffentlicht am 29.07.2023

Guter Auftakt

Refugium
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Eigentlich hat Schriftstellerin Julia nur noch mit fiktiven Verbrechen zu tun seit sie ihre Karriere bei der Polizei gegen die am heimischen Schreibtisch ausgetauscht hat. Doch das Mittsommerfest wird ...

Eigentlich hat Schriftstellerin Julia nur noch mit fiktiven Verbrechen zu tun seit sie ihre Karriere bei der Polizei gegen die am heimischen Schreibtisch ausgetauscht hat. Doch das Mittsommerfest wird für sie unversehens zu einer Rückkehr in den alten Job, denn sie muss hilflos die Ermordung ihres Jugendfreundes mitansehen. Dessen Festgesellschaft wird regelrecht von einem Kugelhagel niedergemäht, und natürlich muss Julia herausfinden warum. An ihrer Seite weiß sie den jüngeren Hacker Kim, der nicht nur mit seiner Vergangenheit kämpft, sondern ebenfalls alles daran setzt die Morde aufzuklären.

Refugium ist der erste Teil einer Trilogie, und dieser Band legt schon mal sehr ordentlich vor. Die Geschichte liest sich sehr spannend und flott, nicht zuletzt auch dank der z.T. recht kurzen Kapitel. Lindqvist schafft es trotzdem komplexere Sachverhalte oder auch heiklere Themen wie Kindesmissbrauch einzubetten, ohne dass diese zu oberflächlich abgehandelt werden, noch dass deswegen das Tempo verlangsamt wird. Mir hat sein Stil gut gefallen, der nicht ganz so nüchtern wie bei anderen nordischen Autoren daherkommt. Das ungleiche Duo Julia/Kim ist interessant, auch wenn Kim für mich manchmal zu gekünstelt „anders“ erscheint. Trotzdem ist er eine Figur, über die es sicherlich genug für zwei Folgebände zu erzählen gibt. Er ergänzt Julia gut, die trotz ihres Berufes eher auch schon mal etwas brav-bieder wirkt. Die Entwicklung des Falles gelingt sicher, Spannung ist eigentlich immer da und die Handlung wird zu einem schlüssigen Ende zusammengeführt. Insgesamt hat mir Refugium wirklich gut gefallen und so werde ich mir den Folgeband sicherlich auch ansehen.

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Veröffentlicht am 21.06.2023

Diese vermaledeite Wette

Der Eisbär und die Hoffnung auf morgen
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In St Piran wird eines feuchtfröhlichen Abends im Pub eine Wette abgeschlossen, die dank Social Media nicht mehr in Vergessenheit geraten will: der Student Tom wettet gegen Politiker und Klimawandelleugner ...

In St Piran wird eines feuchtfröhlichen Abends im Pub eine Wette abgeschlossen, die dank Social Media nicht mehr in Vergessenheit geraten will: der Student Tom wettet gegen Politiker und Klimawandelleugner Monty, dass einer von ihnen beiden den jeweiligen Geburtstag in 50 Jahren nicht überleben wird. Der eine, weil sein Wohnzimmer bis dahin durch den steigenden Meeresspiegel unter Wasser stehen sollte und er dort ertrinkt. Der andere, weil er, sollte das nicht geschehen, freiwillig ins Meer gehen würde. Diese Wette bindet die Männer über Jahrzehnte aneinander.
Ironmonger befasst sich mit dem Thema des Klimawandels und kehrt dafür ins Dörfchen St Piran zurück, das man schon aus Der Wal und das Ende der Welt kennen könnte. Man kann dieses Buch jedoch sehr gut unabhängig davon lesen. Der Autor folgt den Spuren seiner Protagonisten über mehrere Jahrzehnte, es hat Spaß gemacht ihre Entwicklung zu beobachten. Tom ist zu Beginn des Buches gerade so erwachsen, ihn prägt die Wette fast noch mehr als Monty. Gefühlt lernt man ihn deutlich besser kennen als seinen Gegenspieler. Er befasst sich schon früh auch beruflich mit dem Thema des Klimawandels, und ist sich der Problematik ständig bewusst. Für Monty spielt das Thema zunächst keine wirkliche Rolle, doch an ihm lässt sich auch verdeutlichen, dass sich jeder mit diesem Thema befassen werden muss; ob man will oder nicht. Montys Art gefiel mir nicht so gut, er bleibt dem Leser aber auch eher fremd, was dazu sicherlich beigetragen hat. Ironmongers Herangehensweise mochte ich sehr, manche Szenen waren mir etwas zu konstruiert, aber im Großen und Ganzen hat mir sein Roman sehr gut gefallen. Der Erzählstil ist flüssig zu lesen, bei allem Ernst bleibt der Ton doch eher locker, sodass man sich sehr flott durch die Seiten liest. Trotzdem bleibt ein nachdenklicher Hall zurück, und Ironmongers Botschaft ist trotz aller Unterhaltung unverkennbar und prägt sich beim Leser ein.

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Veröffentlicht am 29.01.2023

Starke Frauen

Macht
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Vor Jahren ist Liv etwas passiert; selbst das Wort Vergewaltigung denkt sie nur zögerlich, schweigt den Vorfall tot. Doch als an ihrem Arbeitsort ein mutmaßlicher Täter regelmäßig ein und aus geht, droht ...

Vor Jahren ist Liv etwas passiert; selbst das Wort Vergewaltigung denkt sie nur zögerlich, schweigt den Vorfall tot. Doch als an ihrem Arbeitsort ein mutmaßlicher Täter regelmäßig ein und aus geht, droht die mühevoll errichtete Fassade zu bröckeln.
Liv hat sich eine Fassade der Äußerlichkeiten, der Normalität aufgebaut. Ihr Trauma lauert immer im Hinterkopf, doch sie kämpft dagegen an, will die Opferrolle weit von sich weisen. Kleinigkeiten können sie aus dem Tritt bringen, doch trotzdem wissen nur wenige Bescheid, noch nicht einmal ihr Mann. Welche Kraft dazu nötig ist, das liest man immer wieder aus ihren Schilderungen heraus, aber trotz allem ist Liv eine starke Frau. Man kommt bei der Lektüre mehr als einmal ins Grübeln, nicht zuletzt, weil die Autorin auch immer wieder diese Zahl anbringt: 1 von 10 Frauen (in Norwegen, die deutsche Statistik kenne ich leider nicht). Eine erschreckende Zahl. Furres Geschichte liest sich soghaft und zwingend, Gedankensprünge und Richtungswechsel zeigen Livs Anspannung, sodass die Handlung immer aufgeladen und rastlos wirkt, auch wenn der generelle Ton eigentlich recht kühl wirkt. Macht ist schon allein thematisch kein leichtes Buch, trotzdem habe ich es gerne gelesen.

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Veröffentlicht am 25.01.2023

Molly

Unschuld
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Molly wuchs bei ihrem Onkel auf, denn ihr Vater sitzt im Todestrakt. Er hat den Mord an dem jungen Casper gestanden, doch kurz vor seiner geplanten Hinrichtung kommen Molly Zweifel. Sie versucht undercover ...

Molly wuchs bei ihrem Onkel auf, denn ihr Vater sitzt im Todestrakt. Er hat den Mord an dem jungen Casper gestanden, doch kurz vor seiner geplanten Hinrichtung kommen Molly Zweifel. Sie versucht undercover in der Familie des Opfers zu ermitteln, doch wird ihr Plan schnell durchschaut. Kann sie trotzdem Licht ins Dunkel bringen?
Mollys Geschichte geht einem als Leser nahe. Sie scheint aus einer verzweifelten Position heraus zu agieren, versucht das Manko ihres Stotterns zu verbergen, lebt sowieso eher unauffällig weitab ihrer Heimatstadt. Schon als Kind gehörte ihre Familie zu den Außenseitern der Gesellschaft und das scheint Molly nie ganz abgelegt zu haben. Im Gegensatz dazu die Rosendales: quasi DIE wichtigste Familie im Ort, steinreich, konservativ, traditionell. Würger arbeitet die Gegensätze schön heraus, und zeigt so die tiefe Spaltung der amerikanischen Gesellschaft. Überhaupt schneidet er viele heikle Themen an, sei es Medikamentenmissbrauch oder auch die Probleme, die sich aus quasi unkontrolliertem Waffenbesitz ergeben. Dieser sozialkritische Aspekt hat mir sehr gut gefallen. Auch den Stil mochte ich, die etwas düster-verzweifelte Grundstimmung wird gut transportiert und die Geschichte liest sich flüssig. Irgendwie hat mir aber das letztes Quentchen gefehlt, um so richtig abgeholt zu werden, manches wurde mir zu kurz abgehandelt, vielleicht lag es daran. Nichtsdestotrotz ist „Unschuld“ ein guter Roman, wenn er auch manchmal eher an der Oberfläche bleibt.

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Veröffentlicht am 18.12.2022

Blutmond

Blutmond (Ein Harry-Hole-Krimi 13)
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Harry Hole ist ganz unten. Wieder einmal ertränkt er seinen Kummer, lebt am Rande der Gesellschaft in L.A., hat alle Verbindungen in die alte Heimat abgebrochen. Das ändert sich, als seine Saufkumpanin ...

Harry Hole ist ganz unten. Wieder einmal ertränkt er seinen Kummer, lebt am Rande der Gesellschaft in L.A., hat alle Verbindungen in die alte Heimat abgebrochen. Das ändert sich, als seine Saufkumpanin in Schwierigkeiten gerät und er die Möglichkeit erhält ihr zu helfen. Doch dafür muss er zurück nach Oslo, um dort den Mord an zwei Frauen aufzuklären. Innerhalb von nur 10 Tagen, im Umfeld seiner alten Dienststelle, wo nun wirklich nicht alle glücklich sind Hole wiederzusehen.
Blutmond ist ein typischer Harry Hole, aber nicht auf dem Niveau von z.B. Koma. Es ist düster, es wird schmutzig, Harry ist ein kaputter Typ, der Fall zeigt die Abgründe, die sich hinter manch heiler Fassade verbergen; doch das alles kennt man von Nesbo auch noch eine Schippe heftiger, was für mich wiederum insgesamt stimmiger gewesen wäre. Vorwissen aus den immerhin schon 12 Vorgängern ist nicht zwingend notwendig, auch wenn das ein oder andere aus der Vergangenheit noch mal aufgegriffen wird. Der Autor entspinnt einen mitreißenden Fall, der einen als Leser wirklich fesselt. Ich bin ihm mehr als einmal auf die falsche Fährte gefolgt. Die Auflösung des Falles mutet zunächst sehr unrealistisch an, aber ein bisschen Internetrecherche zeigt schnell, dass sehr viel mehr Wahrheit drin steckt als zunächst vermutet. Im Endeffekt war ich davon wirklich fasziniert. Ich mochte Harry in der Zusammenarbeit mit seinem mehr als unkonventionellem Team sehr, die Figur Harry selbst schien mir aber etwas blass und entschärft, irgendwie nicht der Harry, den ich erwartet hatte. Das hat meiner Begeisterung einen kleinen Dämpfer verpasst, denn das reine Fallgeschehen hat mich mehr als begeistert. Doch mit Harry habe ich gefremdelt, und so war der Krimi insgesamt für mich nicht ganz perfekt.

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