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Veröffentlicht am 22.08.2017

Der Sozialbetrug und seine tödliche Strafe

Selfies
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„Von überall her starrten Gesichter sie an: „Schlag das Kreuzzeichen über uns, wenn du dem Bösen den Weg versperren willst“, schrien sie.“

Inhalt

Nachdem die kompetente Mitarbeiterin Rose Knudsen ihre ...

„Von überall her starrten Gesichter sie an: „Schlag das Kreuzzeichen über uns, wenn du dem Bösen den Weg versperren willst“, schrien sie.“

Inhalt

Nachdem die kompetente Mitarbeiterin Rose Knudsen ihre Arbeit im Sonderdezernat Q im Kellergeschoss der Kopenhagener Polizeistation niedergelegt hat und wutentbrannt davon gestürmt ist, droht durch eine falsche Übermittlung der Daten bald schon eine Stellenkürzung in der Abteilung, die sich mit längst vergangenen Fällen beschäftigt. Doch Carl Mørck und sein beherzter Kollege Assad wissen das zum Glück aufzuhalten, indem sie möglichst schnell Licht in verschüttete Fälle bringen. Doch diesmal stoßen sie auf eine interessante Verbindung zwischen einer aktuellen Unfallserie, die augenscheinlich das Werk eines Serienmörders ist, der junge, hübsche Frauen mitten auf der Straße zu Tode fährt und einem ungeheuerlichen Coup auf eine Diskothek, in der mehrere Tausend Kronen gestohlen wurden. Die Verbindung führt sie direkt in Roses Haus, zu deren Nachbarin und ihrer Familie. Doch Rose selbst kann nicht mehr mitwirken, denn sie wurde aus der psychiatrischen Klinik entlassen und in ihrer Wohnung findet sich ein Abschiedsbrief. Was wusste sie wirklich und wird das Sonderdezernat Q rechtzeitig kommen, um sie zu retten und den Täter dingfest zu machen?

Meinung

Auch in seinem 7.Fall ermittelt das Team um Carl Mørck auf gewohnt gewiefte und realitätsnahe Art und Weise, wie immer mit einer guten Prise Humor, die sich besonders in der Interaktion zwischen dem Vizepolizeikommissar und seinem ausländischen Teamkollegen zeigt. Das interessante an dieser Reihe sind gar nicht mehr die einzelnen Fälle und ihre Zusammenhänge, sondern in erster Linie die Hauptprotagonisten und deren bewegtes Leben. Mittlerweile fiebert der Leser regelrecht mit, wie es der akkuraten, schillernden Persönlichkeit Rose denn wirklich gehen wird und welche Leichen in ihrem Keller verborgen liegen.

Interessant finde ich hier auch den Aspekt, der sich diesmal darauf konzentriert die „Cold Cases“ der Vergangenheit mit den aktuellen Ermittlungen in Verbindung zu bringen und Parallelen zwischen Gestern und Heute aufzuzeigen. Allerdings bleibt Fall 7 etwas hinter meinen Erwartungen zurück, was daran liegt, das die Kerngeschichte eher stiefmütterlich behandelt und mit der Sensationsgier der Presse aufgehübscht wird. Das Verbrechen der Vergangenheit tritt zugunsten des aktuellen Geschehens in den Hintergrund, obwohl es mir andersherum besser gefallen hätte. Nichtsdestotrotz ereignen sich viele glückliche Zufälle und andererseits traurige Begebenheiten, die dem Gesamtkomplex nichts von seiner Besonderheit nehmen. So kämpft unsere liebgewonnene Rose um ihre Rehabilitierung, während der seit 11 Jahren gelähmte Hardy vielleicht endlich wieder ein Lebenszeichen in seinem tauben Körper spürt.

Fazit

Ich vergebe gute 4 Lesesterne für diesen Klassiker aus der Reihe um den Sonderermittler der dänischen Polizei Carl Mørck. Sicher nicht der spannendste der bisher erschienenen Bände aber doch eine gute Fortsetzung. Für Fans sicherlich kein Problem, wenn es auch mal etwas ruhiger zugeht und das Leben der Ermittler im Vordergrund steht, wer den Autor aber kennenlernen möchte, sollte zu einem der ersten Bände greifen, allein schon wegen der Chronologie der Ereignisse. Mir hat das Buch gut gefallen und ich erwarte die Fortsetzung gespannt.

Veröffentlicht am 18.08.2017

Zwischen Kriegen, Gräbern und guten Freunden

Das Ministerium des äußersten Glücks
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„Der Augenblick war so kurz wie ein Herzschlag. Aber das war unwichtig. Wichtig war, dass er existierte. Es war ein himmelweiter Unterschied, ob man in der Geschichte präsent war, oder ob man darin abwesend ...

„Der Augenblick war so kurz wie ein Herzschlag. Aber das war unwichtig. Wichtig war, dass er existierte. Es war ein himmelweiter Unterschied, ob man in der Geschichte präsent war, oder ob man darin abwesend war, völlig aus der Geschichte herausgeschrieben.“

Inhalt

Indien ist ein Land voller Absurditäten, voller Einwohner mit kreativen Ideen, voller Proteste und Konflikte auf den Straßen aber auch ein Land der Besonderheiten, der bescheidenen Ansprüche und der Aufrichtigkeit zwischen Menschen mit reinem Herzen. So beginnt Anjum, ein anfangs recht einsames Leben, aus der Not heraus auf einem Friedhof. Sie schläft zwischen Gräbern, kommuniziert mit den Besuchern des Friedhofs und beginnt, aus ihrer Misere eine stabile Lebenssituation zu schaffen, indem sie ein „Gästehaus“, eine Art Pension aufbaut, in der Fremde willkommen sind und wo es keinen Unterschied macht, woher man kommt, was man ist, wer man sein möchte und wohin einen der Weg führen wird.

Bald ist Anjum bekannt und ihr Freundeskreis wächst. Sie beherbergt Menschen mit einer bewegten Vergangenheit aller Altersgruppen und urteilt nicht über deren Leben. Gemeinsam mit Anjum entdeckt der Leser viele Geschichten über das Leid eines Landes, die Zerbrechlichkeit der Liebe, die Unbeständigkeit der Zeit, die Willkür des Lebens und die Gewaltverbrechen Einzelner an einer scheinbar hilflosen Minderheit. Doch zwischen den Grabsteinen erblüht auch die Hoffnung, die Zuversicht deren, die trotz ihres Schicksals an ein Morgen glauben und die sich einfach nicht unterkriegen lassen.

Meinung

Nach zwanzig Jahren hat die indische Preisträgerin Arundhati Roy ihren zweiten Roman veröffentlicht. Nach ihrem Erfolg mit „Der Gott der kleinen Dinge“ schließt sie nun ein monumentales Zeugnis der inneren Situation ihres Landes an, in dem sie eine Geschichte erzählt, die so besonders und aufwühlend geschrieben ist, dass sie sich ins Gedächtnis einbrennt und Lust darauf macht, sie ein zweites Mal aus einer anderen Perspektive, mit mehr Hintergrundwissen und anderen Vorstellungen zu lesen.

Tatsächlich handelt es sich bei diesem Roman um ein äußerst intensives, komplexes Leseerlebnis mit zahlreichen Namen, diversen Gedichtzeilen, einzelnen Erzählungen und einer Gesamtkomponente, die sich erst nach gut der Hälfte des Werkes erahnen lässt. Es gibt einen roten Faden, an dessen Rändern Menschen mit dramatischen Schicksalen, Ereignisse mit unbeschreiblichen Gewaltszenen und Weisheiten aus einer fremden Kultur stehen. Und erst nachdem man glaubt, diesen Faden fast verloren zu haben, schwingt sich die Erzählung zu Neuem auf und verrät plötzlich das, was man verzweifelt gesucht hat. Erst in der zweiten Buchhälfte wird der Leser mit dieser Geschichte vertraut, die laut Klappentext „in Scherben liegt“.

Dieses Buch prägt sich ein, es hinterlässt Spuren und Fragen, es ist wie ein Vorhang, der sich kurz öffnet um ein Szenario zu zeigen, welches voller Bilder und Emotionen ist und er schließt sich bald schon wieder um die Gedankengänge des Lesers anzuregen. Gerade dieses anspruchsvolle, sprachlich auf hohem Niveau angesiedelte Experiment, bringt den Zusatznutzen für Literaturbegeisterte.

Dennoch erfordert das Lesen höchste Konzentration und in gewisser Weise auch die Bereitschaft, sich auf vollkommen fremde Situationen und Menschen einzulassen, die so rein gar nichts mit dem eigenen Leben gemeinsam haben. Das fiel mir besonders schwer, weil es keinen Protagonisten gab, mit dem ich mich hätte identifizieren können und weil das Denken hier so universell ist wie der Glaube, die Politik und die Gesamtheit der Welt. Eine Beurteilung kann man nur in Ansätzen schreiben, jeder wird hier etwas anderes finden aber jeder kommt auf seine Kosten.

Fazit

Ich vergebe 4 Lesesterne, für diesen Roman, der auf mich wie ein Manifest wirkt, den ich nicht wirklich ins Herz geschlossen habe, der mich aber zutiefst bewegt hat und in seiner schriftstellerischen Form absolut überzeugen konnte. Dieses Buch trifft man irgendwann wieder, in einer anderen Situation, vielleicht mit anderen Ansichten und tieferen Bezügen zum Land selbst. Ein Buch zu dem man auch sagen könnte: „Man sieht sich immer zweimal im Leben.“ Und dessen Nutzwert, jedes Mal auf einer anderen Schwelle stehen wird. Hier hilft nur eins – selberlesen!

Veröffentlicht am 07.08.2017

Schöne Schwestern in der Hand eines Psychopathen

Pretty Girls
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„Vielleicht war es deshalb kein Schock für sie. Oder vielleicht war sie inzwischen nicht mehr fähig, mit einem Schock zu reagieren, denn immer wenn sie dachte, sie hätte nun das Schlimmste von Paul gesehen, ...

„Vielleicht war es deshalb kein Schock für sie. Oder vielleicht war sie inzwischen nicht mehr fähig, mit einem Schock zu reagieren, denn immer wenn sie dachte, sie hätte nun das Schlimmste von Paul gesehen, tauchte eine entsetzliche neue Tat von ihm auf und mit ihr die Erkenntnis ihrer eigenen bewussten Blindheit.“

Inhalt

Eines Nachts endet die harmonische Ehe zwischen Claire und Paul Scott ebenso brutal wie abrupt, denn während sie sich in einer dunklen Gasse lieben wollten, wird Paul bei einem tätlichen Raubüberfall mit einem Messer getötet. Als trauernde Witwe bleibt die nun vollkommen entwurzelte Claire zurück, die den tragischen Tod ihres Mannes kaum verwinden kann. Erst als sie in einer Computerdatei von Paul belastendes Videomaterial entdeckt, regen sich erste Zweifel bei ihr. Wurde Paul tatsächlich nur als willkürliches Opfer erwählt oder steckt Berechnung dahinter? Warum besitzt er grausame Pornodarstellungen, die er akribisch archiviert hat? Und aus welchem Grund ähneln die Frauen aus den Filmen ihr so sehr? Claire kommen ernste Zweifel an ihrer Menschenkenntnis und sie beschließt der Sache nachzugehen, um wieder ruhig schlafen zu können. Doch je tiefer sie gräbt, desto düsterer wird der Sumpf an Menschenverachtung, der sich vor ihr auftut. Und je näher sie der Wahrheit kommt, desto unwahrscheinlicher wird es, dass sie ungeschoren aus ihrem persönlichen Alptraum entfliehen könnte …

Meinung

Die amerikanische Bestsellerautorin, die zu den weltweit populärsten Schriftstellerinnen auf dem Sektor des Spannungsromans gehört, widmet sich auch in diesem psychologischen Thriller den düsteren Gedanken eines Sadisten, der seine kranke Erfüllung im Leid unschuldiger Frauen findet. Äußerst facettenreich und wahnsinnig nervenaufreibend gestaltet die Autorin den temporeichen Handlungsverlauf, der nach und nach sämtliche Gräueltaten offenbart. Gemeinsam mit einer ambitionierten, wenn auch geschockten Hauptprotagonistin gerät der Leser immer tiefer in ein dunkles Kellerverlies menschlicher Abgründe und trifft dort auf ein wahres Paradies der sadistischen Auswüchse, dem man teilweise nur ungern bis in den letzten Winkel folgen möchte. Stellenweise sehr brutal und detailliert werden Foltermethoden beschrieben, so dass man an harten Worten und echten Grausamkeiten nicht ganz vorbeikommt.

Karin Slaughter wählt eine sehr interessante Erzählperspektive, indem sie ein dramatisches Puzzle aus diversen Blickrichtungen schildert. Zunächst aus der Sicht eines verzweifelten Vaters, der seine älteste Tochter an die Ungewissheit ihres plötzlichen Verschwindens verloren hat und später aus Sicht seiner beiden jüngeren Töchter, die dem Teufel in Menschgestalt viel näherstehen, als sie lange Zeit ahnen. Und trotz der Tatsache, dass bereits nach den ersten Seiten die Opfer- und Täterrollen klar verteilt sind und auch im Verlauf der Geschichte keine unspektakulären Wendungen vollzogen werden, blickt man bald auf ein grausames Schlachtfeld, das ebenso anzieht wie abschreckt.

Wie man es von einer amerikanischen Autorin erwartet, fehlt es auch nicht an gruseligem Actionpotential und Gänsehautstimmung, so dass man beim Lesen lieber nicht allein in der düsteren Kammer sitzt.

Fazit

Ich vergebe 4 Lesesterne für diesen psychologischen Thriller mit dem Fokus auf desolaten menschlichen Beziehungen, in denen die Unschuld kilometerweit entfernt scheint. Generell ein guter Mix aus Drama, Grauen und unerbittlichen Rachegedanken, voller Nervenkitzel und Spannung bis zum finalen Countdown. Ein klassischer Vertreter des Genres, den ich Freunden guter Plots empfehlen kann und der mich trotz einiger echter Schockmomente in seinen Bann gezogen hat.

Veröffentlicht am 07.08.2017

Eine Odyssee in Richtung Zukunft

Gott ist nicht schüchtern
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„Er weiß, dass er genau in diesem Moment zu einem Sohn seiner Stadt werden könnte. Vielleicht zum ersten Mal in seinem Leben. Seine Stadt steht vor einem Wendepunkt, und alle wissen, dass es kein Zurück ...

„Er weiß, dass er genau in diesem Moment zu einem Sohn seiner Stadt werden könnte. Vielleicht zum ersten Mal in seinem Leben. Seine Stadt steht vor einem Wendepunkt, und alle wissen, dass es kein Zurück mehr gibt.“

Inhalt

Während der junge Arzt Hammoudi nur noch einmal in seine syrische Heimat zurückkehren muss, um sich eine Verlängerung für seine auslaufende französische Aufenthaltsgenehmigung zu holen, möchte die Syrerin Amal ein freies Leben in ihrer Heimatstadt Deir az-Zour und schließt sich dem Widerstand an. Sie wünscht sich ein schönes Zuhause, einen freien, intakten Freundeskreis und ein echtes berufliches Auskommen ohne Bestechung und ohne ständige Beschattung durch den Staat. Doch die politischen Unruhen greifen bereits drastisch um sich und verändern den Lebensalltag der Bevölkerung sehr nachhaltig und rivalisierende Untergrundbewegungen bringen weiteres Unheil über unschuldige Menschen.

Für Hammoudi bleibt die Rückkehr ins friedliche Europa verwehrt, so dass er beschließt, den Menschen in seinem Land zu helfen – Menschen, die keine medizinische Versorgung bekommen, weil sie ins Kreuzfeuer der feindlichen Armeen geraten sind. Und erst als ihm bewusst wird, dass sein eigenes Leben in Syrien überhaupt keinen Wert mehr besitzt, schlägt er den Weg vieler anderer Flüchtlinge über das Mittelmeer ein. Und auch Amal muss erkennen, dass sie in ihrer Heimat keine Zukunftsperspektive haben wird und nimmt die Anstrengungen einer Flucht auf sich, selbst wenn das bedeutet, die eigene Identität aufgeben zu müssen …

Meinung

Dieser zeitgenössische Roman greift den aktuellen Anlass einer zerrütteten, desolaten Nahostpolitik auf und setzt ihn in Verbindung mit scheinbar willkürlichen Menschenschicksalen, die erst durch die Dramatik der Kriegshandlungen einen unausweichlichen Charakter annehmen. Der Fokus der aus Ascherbaidschan stammenden Autorin Olga Grjasnowa liegt auf der Machtlosigkeit des Einzelnen, der zu Gunsten einer militanten Politik immer weiter ins Hintertreffen gerät. Dabei schont sie den Leser in keiner Weise, sie beschreibt vielmehr sachlich und ausreichend distanziert die Gräuel und Schandtaten im Alltag eines vernichtenden Bürgerkrieges. Terroristen und Selbstmörder treffen auf Unschuldige und jeden Tag, immer wieder aufs Neue entscheidet sich, ob es ein „morgen“ geben wird und wie es denn aussehen mag.

Gerade diese Erzählweise, die Abstand zu Emotionen und Menschen hält, hat mir in diesem Kontext besonders gut gefallen, weil dadurch die Protagonisten fast austauschbar erscheinen, ihre Namen ebenso verblassen, wie die bittere Realität tausender Betroffener. Es sind weniger die starken Charaktere mit ihren persönlichen Entscheidungen, die diesem Roman ein Gesicht verleihen, als vielmehr die gnadenlose, sinnlos erscheinende Notwendigkeit kriegerischer Handlungen, die so viele Menschen mit Unbarmherzigkeit in die heimatlose Ungewissheit treibt.

Fazit

Ich vergebe gute 4 Lesesterne für diesen hochaktuellen, zeitgenössischen Roman über die vielfältigen Ursachen der Flüchtlingswelle, der mich auf ungewöhnliche Blickwinkel aufmerksam machen konnte und viel Inhalt mit schierem Entsetzen koppelt. Ein Buch, welches Perspektiven zeigt aber auch deutliche Grenzen sichtbar macht – Grenzen, die Menschen geschaffen haben um sie auf Leben und Tod zu verteidigen unter dem Schutzmantel einer fragwürdigen Ideologie. Zeitlos und bewegend zugleich kann der Leser eintauchen in eine Welt, die er eigentlich nicht kennen möchte.

Veröffentlicht am 06.07.2017

Blaue Flammen über klirrendem Eis

So kalt wie Eis, so klar wie Glas
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Diese Kugel ist lebendig. Sie vermittelt dem Betrachter ein ganz bestimmtes Gefühl. Und das kann sie nur, weil du dieses Gefühl in sie hineingegeben hast. Das ist mutig, denn du lässt jeden, der in diese ...

Diese Kugel ist lebendig. Sie vermittelt dem Betrachter ein ganz bestimmtes Gefühl. Und das kann sie nur, weil du dieses Gefühl in sie hineingegeben hast. Das ist mutig, denn du lässt jeden, der in diese Kugel sieht, auch in dein Herz sehen.“

Inhalt

Als Cora nach dem Tod ihrer Mutter erfährt, dass sie einen Großvater hat, der noch dazu ein angesehener Kugelmacher in der kleinen Gemeinde Rockenfeld ist, ist sie mehr als überrascht. Sehr schnell wird Cora vom Glanz und der besonderen Schönheit der winterlichen Schneekugeln angezogen und beschließt bei ihrem Großvater in die Lehre zu gehen, um selbst eine Kugelmacherin zu werden. Doch schon bald merkt sie, dass in der dörflichen Gemeinschaft ein großes Neidpotential unter den Handwerkern dieser besonderen Zunft besteht. Die Gerüchteküche brodelt und die Dorfbewohner sind untereinander nicht gerade aufrichtig miteinander. Außerdem gibt es immer wieder seltsame blau Flammen über dem See und Cora erkennt, dass die geheimnisvollen Vorgänge in den winterlich kalten Nächten, nicht mit gesundem Menschenverstand erklärbar sind. Als ihr der charismatische Niklas begegnet, den ein blaues Leuchten umgibt und der immer sehr überraschend verschwindet und auftaucht, erforscht Cora die dunklen Geheimnisse dieser verborgenen Welt.

Meinung

Der deutsche Autor Oliver Schlick entwirft in diesem Jugendbuch eine wunderschöne, winterliche Zauberwelt, deren Grenzen zwischen Realität und Magie immer wieder verwischen. Ganz klassische Elemente einer Fantasygeschichte findet der Leser hier ebenso wie die Grundpfeiler eines guten Jugendbuchs, die da wären: Freundschaft, Liebe, Zusammenhalt und den Glauben gemeinsam Wunder zu bewirken. Mit viel Liebe zum Detail entwirft er ein Bild einer ausgesprochen speziellen Dorfgemeinschaft, die durch ihre kauzigen Charaktere und ihr Herz am rechten Fleck eine besondere Wirkung erzielt. Die Protagonisten sind vielfältig und ihre Rollen im Geschehen wirken klar verteilt. Es gibt das Gute, das Böse und den Mut der Menschen in der Zwischenwelt, sich klar zu positionieren.

Darüber hinaus ist die Geschichte allerdings sehr vorhersehbar und bietet auch in ihrem Verlauf keine Überraschungen. Das Ende passt klar zum entworfenen Bild und fügt sich nahtlos an. Dadurch fehlt es dem Roman etwas an Überzeugungskraft und leider auch an Potential zum Lieblingsbuch. Dennoch vermag der Autor eine schöne Geschichte zu erzählen, die mit viel Humor und interessanten Aspekten aufwartet. Beim Lesen kann man sich alles sehr bildlich vorstellen, so dass mich ein entsprechender Film zum Buch wohl noch mehr überzeugt hätte, als die literarische Vorlage.

Fazit

Ich vergebe 4 Lesesterne für diesen klassischen Jugendroman mit fantasiereichen Aspekten und einer stimmigen Atmosphäre. Empfehlenswert auch für jüngere Leser, die Freude an abenteuerlichen Erzählungen und Lesemomenten voller Magie haben. Mir hat das Buch gut gefallen, auch wenn es nicht lange nachwirkt und eher als leichte Unterhaltungskost anzusehen ist.