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Veröffentlicht am 27.06.2023

Das Leben ist wie ein Kaleidoskop: unberechenbar und dennoch beständig in kontinuierlicher Veränderung

Die Farben unserer Träume
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Anna hat schon immer so ein komisches Gefühl im Bauch...irgendwie passt da etwas nicht ins Bild und sie kann sich nicht erklären, was. Während sie das Malen und die Welt der Farben liebt, ist Schwester ...

Anna hat schon immer so ein komisches Gefühl im Bauch...irgendwie passt da etwas nicht ins Bild und sie kann sich nicht erklären, was. Während sie das Malen und die Welt der Farben liebt, ist Schwester Elsie der Sonnenschein in der Familie und bestrebt, den elterlichen Friseursalon zu übernehmen. Ein Brief stiftet Unruhe und Verwirrung und Anna zieht die Reißleine. Ein Leben in vorgepressten Schubladen ist definitiv nichts für sie...


Lilli Beck lässt mit "Die Farben unserer träume" ihre Erinnerungen Revue passieren und verbindet eigenen Erlebnisse aus den wilden 1960er Jahren mit den Ereignisse aus Annas Leben zu einer neuen Realität. Zwischen Beatles, Bienenkorb und Minirock strampelt sich ihre Hauptfigur Anna nämlich frei von den verstaubten gesellschaftlichen Zwängen und geht ihren Weg. Der ist zwar nicht immer gerade, sondern holprig, aber genau das macht doch das Erwachsenwerden aus. Träume in die Tat umsetzen, sich ab und an das Knie blutig schlagen, wieder aufstehen und aus den Fehlern lernen - gehört dazu und formt den Charakter.

Das Buch spiegelt in der für Lilli Beck typischen Erzählweise die ganze Farbpalette an Emotionen und Schicksalen wieder, findet sich wie in einem Kaleidoskop zu immer neuen schillernden Konstellationen zusammen und geht tief unter die Haut. Eine junge Frau auf der Suche nach sich selbst,nach ihren Wurzeln und dem Gefühl, endlich bei sich und im Leben angekommen zu sein - das ist der Stoff, aus dem Becks Bücher gemacht sind.

Abwechslungsreich und sehr mitreißend erzählt, gelingt es der Autorin, Annas Gefühls- & Gedankenwelt offen zulegen und mit ihr die Veränderungen zu erleben. Die Liebe zu Künstler Clemens macht sie stark und lässt sie dabei Wege gehen, die vorher undenkbar gewesen sind.

Beck zeichnet ein sehr lebendiges Sittengemälde und zeigt die Veränderungen, die nicht nur in der Mode, sondern auch auf und in den Köpfen stattfindet und gibt so einen Einblick, wie sich das Leben eines Teenie vor 60 Jahren angefühlt hat. Aktuelle politische Themen fließen ebenso ein und bestimmen die Handlung, Hits aus Rock und Pop lassen die Füße unweigerlich im Takt mitwippen. Zwischen Bravo, Raumpatrouille Orion und Oswald Kolle entfaltet sich ein nostalgischer Flair, der von Beck sehr schön in das Hier und Jetzt transportiert wird.

Wendungsreich und mit vielen frischen Ideen versehen, führt die Schreibende durch den Roman und vermittelt so das Gefühl , dass sich die Seiten wie von selbst umblättern. Grandios erzählt wird dieser Roman schnell zur sommerlichen Lieblingslektüre inklusive Ohrwürmer wie Puppet on a string, die für gute Laune beim Lesen verantwortlich sind.


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Veröffentlicht am 24.06.2023

Hinten sticht die Biene

Mordsgift
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Ilona Wassermann hat Geld wie Heu, jede Menge Ideen für ihre Produkte aus der Seifenmanufaktur und ist fleißig wie ein Bienchen. Doch mit selbigen steht sie auf Kriegsfuß, denn nur ein einziger Stich genügt, ...

Ilona Wassermann hat Geld wie Heu, jede Menge Ideen für ihre Produkte aus der Seifenmanufaktur und ist fleißig wie ein Bienchen. Doch mit selbigen steht sie auf Kriegsfuß, denn nur ein einziger Stich genügt, um ihr das Leben schwer zu machen. Umso erstaunlicher ist es, dass sie tot auf der Terrasse liegt - niedergestreckt durch eine Biene. Ihr Ehemann scheint an seiner Trauer zu zerbrechen, aber Sissi Sommer und Klaus Vollmer wissen, dass hinter der schönen Fassade oft ein tiefer Abgrund lauert. Ihre Ermittlungen führen in ein wahres Wespennest und scheuchen das ein oder andere flatterhafte Geschöpf auf....


Ich habe selten während des Lesens eines Krimis Tränen gelacht, aber bei "Mordsgift" kann ich diese einfach nicht zurückhalten. Barbara Edelmann schickt mit Erna und Anita ein wirklich ungleiches Paar auf die Matte, das allen Dorfklischees gerecht wird. Erna ist eine oide Bissgurn, die an nichts und niemand ein gutes Haar lässt. Sie ist wie ein Tauchsieder, hängt ihre Nase in Dinge, die sie nichts angehen und verbreitet so Klatsch und Tratsch vom Allerfeinsten. Anita, zwar üppig bestückt mit Rundungen, aber weniger mit Grips, hat zwar das Herz auf dem rechten Fleck, aber irgendwie klebt ihr das Pech an den Füßen. Dass ihre wirklich gut gemeinten Bemühungen allesamt missverstanden werden und sie aufs Äußerliche reduziert wird...könnte man glatt als Absicht auslegen, aber sie kann es einfach nicht anders :)

Das amüsante Kräftemessen zwischen den Hütern des Gesetzes - vertreten durch Sissi und Klaus - und den Bewohner:innen des Ortes ist gespickt mit dem ein oder anderen Seitenhieb, flotten Dialogen und perfektem Timing für freche Pointen. Die Spannung kommt auch nicht zu kurz, sodass zwischen skurrilen Charakteren und lokalen Einsprengseln freudig gemordet, verdächtigt und gemutmaßt wird. Vom Alltagswahnsinn im Betrieb über Liebesgeflüster bis hin zu abgrundtiefen Einblicken in die Vita der Figuren weiß die Autorin einen amüsanten ud sehr kurzweiligen Allgäu-Krimi zu stricken, der sich flott von der Hand liest.

Genau richtig für heiße Tage auf der Terrasse und einem kühlen Allgäuer Büble Bier :)

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Veröffentlicht am 23.06.2023

Magisches aufgrendes Unterwasserabenteuer

In 80 Meerestieren um die Welt
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Nimmt man Helen Scales Buch in die Hand, fühlt man sich gleich wie Kapitän Nemo und entdeckt die aufregende Unterwasserwelt der Ozeane. Das bunte Cover weckt die Abenteuer- & Leselust und lässt die Leser:innen ...

Nimmt man Helen Scales Buch in die Hand, fühlt man sich gleich wie Kapitän Nemo und entdeckt die aufregende Unterwasserwelt der Ozeane. Das bunte Cover weckt die Abenteuer- & Leselust und lässt die Leser:innen in der Tauchkapsel Platz nehmen, um sie in eine magische, aufregende, faszinierende und zugleich bedrohte Welt zu entführen.

Die Illustrationen sind mit Aquarellfarben gemalt, greifen daher in der Maltechnik die Thematik auf und schaffen eine wundervolle Verbindung zum Gelesenen. Bunt und schillernd, düster und unheilvoll ziehen die Meeresbewohner ihre Bahnen im Wasser und erzählen durch Helen Scales ihre Geschichte. Kaiserfisch, Seepferdchen, Rochen, Mondfisch, Kegelschnecke oder Grönlandhai - in unterhaltsamen und sehr informativen Kurzporträts schwimmen die Meerestiere an uns vorbei und nehmen uns immer tiefer mit in ihren Lebensraum unter Wasser.

Aber was haben diese Tiere mit unserem medizinischen Fortschritt, Kulturgütern, Brauchtum oder gar Seide zu tun ? Je mehr Seiten gelesen sind, deszo mehr Tiefseegeheimnisse kommen ans Licht. Helen Scales taucht gemeinsam mit ihren Leser:innen in die Ozeanen hinab, fördert Kurioses und Wissenswertes an Tageslicht und zeigt, wie wundervoll und verletzlich diese magische Welt ist.

Das Buch ist Abenteuer und Mahnmal zugleich, denn durch die Übergriffe durch Menschenhand, den Klimawandel und die zunehmende Vermüllung der Weltmeere ist diese zerbrechliche Schönheit bedroht. Es ist Zeit umzudenken, damit die bunte Unterwasserwelt uns noch lange in ihren Bann zieht.

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Veröffentlicht am 23.06.2023

Statt Druck Vertrauen aufbauen

Ankommen dürfen statt loslassen müssen
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Für Kinder bedeutet die Eingewöhnungszeit im Kindergarten, dass sie ihre gewohnte Umgebung verlassen, neue Gesichter, neue Gerüche, neue Spielsachen kennenlernen und sich von ihren Bezugspersonen schrittweise ...

Für Kinder bedeutet die Eingewöhnungszeit im Kindergarten, dass sie ihre gewohnte Umgebung verlassen, neue Gesichter, neue Gerüche, neue Spielsachen kennenlernen und sich von ihren Bezugspersonen schrittweise lösen. Damit aus dem Abenteuer Kindergarten kein Trauma wird ist es wichtig, die Bedürfnisse eines jeden einzelnen Kindes zu kennen, sie richtig zu deuten und gemeinsam mit den Eltern das sanfte Gleiten von Zuhause in die liebevollen Arme der Kita zu gestalten, um sicher und voller Neugier in den neuen Lebensabschnitt zu kommen.

Weg von Tränen und Trennungsschmerz hin zu Vertrauen und Bindung, aber genau das braucht Zeit, um zu wachsen. Bei Kindern genauso wie bei Eltern und dem pädagogischen Fachpersonal in der Kita. Damit die Unsicherheit bei diesem sensiblen Thema verschwindet, hat Lea Wedewardt einen wundervollen Ratgeber verfasst, der mit Beispielsituationen arbeitet und daraus Handlungsalternativen ableitet. Es gelingt der Autorin, das Wohl des Kindes immer in den Vordergrund zustellen, um den Prozess des Loslassens sanft, und vollkommen auf die Bedürfnisse aller Beteiligten ausgerichtet, zu gestalten, sodass aus der "Eingewöhnungszeit" eine Zeit des Ankommens und Wohlfühlens wird.

Dabei gilt es, die Feinfühligkeit für das Kind und die jeweilige Situation als Basis für die zukünftige Bindungsbeziehung anzusehen, um angemessen auf die Ereignisse während der Übergangsphase eingehen zu können. Auch wenn es vermeintliche Rückschritte gibt, können diese einen Schritt nach vorne sein, denn das Kind zeigt deutlich, was es nicht möchte und womit oder wobei es sich unwohl fühlt.

Haltgebende Rituale, das Lieblingskuscheltier oder kleine "Brücken", die den Übergang erleichtern schaffen Sicherheit und Vertrauen und helfen dem Kind dabei, sich von den bis dahin gewohnten Abläufen zu lösen.

Ein sehr wertvolles Buch, das in keiner Kita fehlen darf.

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Veröffentlicht am 22.06.2023

Zeit, dass sich was dreht (H. Grönemeyer)

Kitarevolution
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Der Fachkräftemangel macht auch vor Kitas nicht Halt und es ist an der Zeit, die so wertvolle Arbeit auch zu würdigen und wertzuschätzen. Doch das kann nur gelingen, wenn sich das Bild der Kita dreht und ...

Der Fachkräftemangel macht auch vor Kitas nicht Halt und es ist an der Zeit, die so wertvolle Arbeit auch zu würdigen und wertzuschätzen. Doch das kann nur gelingen, wenn sich das Bild der Kita dreht und der öffentliche Gedanke vom Erziehen verschwindet und stattdessen in ein bedürfnisorientiertes Begleiten umgewandelt wird.

Dabei leben uns die Kinder vor, wie sie die Welt mit ihren Augen sehen und genau da setzt dieses kleine wertvolle Büchlein an. Die Kita wird zum Abenteuerspielplatz, zum Terrain des Ausprobierens, Entdeckens und Wohlfühlens und warum soll das, was für Kinder gilt, nicht auch für die pädagogischen Fachkräfte gültig sein ?

Weg vom "Müssen" und hin zum "Wollen" und "Dürfen" sind die Zauberworte, die die Türen zu einem achtsamen Miteinander, mehr Selbstfürsorge und persönlicher Stärke öffnen. Das Buch setzt liebevolle Impulse, um in kleinen Schritten das eigene Handeln zu überdenken und zu verändern. Es geht darum, alte Strukturen aufzubrechen, Denkweisen sanft aber bestimmt umzuändern und so nicht nur den Kindern mehr Freiraum zu geben, sondern auch sich selbst.

Gefühle von Jungen und Mädchen ernst nehmen, dabei sich selbst nicht aus den Augen lassen und so eine bunte, quirlige und lebhafte Welt zu erschaffen, in der Vielfalt, Diversität, Anerkennung und eine Begegnung auf Augenhöhe selbstverständlich ist. Weg von dem Drang, Kinder zu kleinen Erwachsenen zu formen und sie in ein gesellschaftliches Korsett zu zwängen, das längst überholt ist.

Kinder handeln intuitiv, leben uns mit Humor und Neugier vor, wie ein achtsames und verantwortungsvolles Miteinander jeden Tag aufs Neue gelingt. Und genauso sollte der Alltag in der Kita auch für die pädagogischen Fachkräfte sein -zusammengetragen in diesem wundervollen Buch, das die Motivation der pädagogischen Fachkräfte immer wieder neu entfacht und ihnen das Gefühl gibt: Schön, dass du da bist!

Wenn es gelingt, diesen Satz zu verinnerlichen und ihn als Leitsatz der Kita nach aussen zu tragen, ist die "Kita(R)evolution" geglückt.

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