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Veröffentlicht am 21.08.2023

100 Jahre Geschichte

Sogar Papageien überleben uns
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Olga Martynova hat in 88 kleinen Kapiteln, verteilt auf 199 Seiten, über das 20. Jahrhundert in Russland geschrieben. Es gibt eine grobe Storyline:

Die Ich-Erzählerin, Martina, Uni-Dozentin in Petersburg, ...

Olga Martynova hat in 88 kleinen Kapiteln, verteilt auf 199 Seiten, über das 20. Jahrhundert in Russland geschrieben. Es gibt eine grobe Storyline:

Die Ich-Erzählerin, Martina, Uni-Dozentin in Petersburg, ist in Deutschland auf einem Kongress. Dort will sie einen Vortrag über den avantgardistischen russischen Autor Charms (1905-1942) halten, dessen Texte erst seit Ende der 1980er Jahre in größerem Umfang gedruckt und veröffentlicht werden. Vor 20 Jahren lernte Martina in Petersburg den deutschen Studenten Andreas kennen und verliebte sich in ihn. Sie werden sich wieder begegnen.

In den zahlreichen, teilweise nur wenige Zeilen langen Kapiteln, erinnert sich Martina an Personen, Orte, Begebenheiten - private und gesellschaftliche - und deckt so das gesamte vergangene Jahrhundert ab. Ungewöhnlich, aber eine sehr gute Idee, um die Kapitel zeitlich einzuordnen, sind die drei Zeilen nach jeder Kapitelüberschrift. Es sind Jahreszahlen, die vom 5. Jh. v. Chr. bis in die Gegenwart Martinas, das Jahr 2006, reichen. Die Jahre, die im Kapitel angesprochen werden bzw. eine Rolle spielen, sind fett gedruckt. Ich habe einige Lesemarkierung im Buch gemacht, weil es wirklich sehr schön formulierte, pointierte, interessante und nachdenklich stimmende Sätze und Abschnitte gibt. Insgesamt war das Buch aber nichts für mich. Es war mir zu zusammenhanglos und ich habe auch nicht alle Kapitel wirklich verstanden. (Was will uns die Autorin damit sagen?) Auf dem hinteren Buchdeckel steht: "Man muss diese Buch lieben." Nein, ich liebe es nicht. Es ist ohne Frage eine anspruchsvolle Lektüre, die all die Preise sicherlich verdient hat, aber es ist in meinen Augen nicht unbedingt lesefreundlich.


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Veröffentlicht am 28.06.2023

Disneyland Venedig

Falsche Freunde
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In diesem dritten Teil der Reihe ist Commissario Morello immer noch eher widerwillig in Venedig. Er wartet nur darauf, zurück nach Sizilien gehen zu können, obwohl dort nach wie vor die Mafia auf ihn lauert. ...

In diesem dritten Teil der Reihe ist Commissario Morello immer noch eher widerwillig in Venedig. Er wartet nur darauf, zurück nach Sizilien gehen zu können, obwohl dort nach wie vor die Mafia auf ihn lauert. Derweil vertreibt er sich die Wartezeit mit einer Mordaufklärung. Ein Mann wurde erschlagen und die Untersuchung führt Morello in vornehme Kreise ein. Die Nachfahren der ehemaligen Dogenfamilien halten sich immer noch für die Staatsoberhäupter. Zahlreiche von ihnen sind verarmt und mussten ihre prächtigen Palazzi vermieten oder gar verkaufen. Es gibt aber noch genug, die mit ihrem Geld (oder dem von anderen) die Lagunenstadt nach ihren Vorstellungen "renovieren" möchten.

Ehrlich gesagt habe ich schon wieder vergessen, wer den Buchhalter Salini eigentlich ermordet hat. Der Kriminalfall an sich ist wieder eher eine gemächliche Angelegenheit. Die Dialoge sind mir weiterhin zu hölzern. Der "Tiefpunkt" ist für mich das Gespräch zwischen Morello und Gerhard (S. 211 bis S. 219). Das finde ich wirklich einfach nervig.

Als Leserin erfährt man wieder einiges über Venedig und seine Geschichte, das ist interessant. Erneut hat sich das Autorenduo ein gesellschaftliches/wirtschaftliches Problem vorgenommen und mit dem Finger darauf gezeigt. (Kaum zu glauben, dass es tatsächlich solche Bestrebungen wie im Buch dargestellt gibt.) Morello ist mir als Figur nicht ans Herz gewachsen, das Gewese um seine Coppola ist unerquicklich. Außerdem beginnt er plötzlich mitten im Roman mit sich selbst zu reden und sich immer mit Antonio anzusprechen. Das hat er zuvor nicht gemacht und ich empfand diese unvermittelte Veränderung seines Verhaltens merkwürdig. Als überflüssig habe ich empfunden, dass gefühlt auf jeder Seite "Aperol Spritz" getrunken wird. Mal ist es ja ganz nett, aber so gehäuft wirkt es irgendwie plump. Mecker mecker.

Gut gefallen hat mir die Entwicklung der Sekretärin Viola, die Morello mal ordentlich die Meinung gegeigt hat. Außerdem gibt es tatsächlich eine Figur, die langsam aber sicher neugierig macht: Morellos Stellvertreterin Anna. Diese hat offenbar eine interessantere Vergangenheit als bisher angenommen. Die Karte mit Legende auf dem Vorsatz hilft bei der Orientierung in der Stadt. Für Venedig- und Cosy-Crime-Fans sicherlich wieder ein gelungener Krimi.

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Veröffentlicht am 28.06.2023

Das Leben ist ein Roman

Eine Geschichte, die uns verbindet
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New York: Die walisische Romanautorin Flora Conway spielt mit ihrer kleinen Tochter Carrie in der zweihundert Quadratmeter großen Wohnung Verstecken. Als Flora alle Möglichkeiten abgesucht hat, bleibt ...

New York: Die walisische Romanautorin Flora Conway spielt mit ihrer kleinen Tochter Carrie in der zweihundert Quadratmeter großen Wohnung Verstecken. Als Flora alle Möglichkeiten abgesucht hat, bleibt Carrie dennoch verschwunden. Einzig einer ihrer rosa Hausschuhe liegt im Flur. Das Loft im Lancaster Building ist verschlossen, die Fenster lassen sich nicht öffnen und die Videoüberwachung zeigt, dass niemand die Wohnung nach Flora und Carrie betreten oder verlassen hat, bis die Polizei kommt.

Paris: Der Schriftsteller Romain Ozorski fürchtet, seinen geliebten Sohn Théo zu verlieren. Seine Exfrau will sich in den USA einer Kommune anschließen und den Jungen mitnehmen.

Der Roman beginnt wahnsinnig spannend und man fliegt nur so über die Seiten. Die Spannung verliert sich aber dann, weil sich die Geschichte völlig anders entwickelt, als zunächst gedacht. Sie wird leider schwächer. Dennoch erzeugt sie einen Sog, weil die Handlung - typisch Musso - sehr verwirrend und überraschend ist. Der Autor spielt mit dem Genre Roman und dem Dasein als Autor*in. Er springt zwischen den Personen, Handlungen und Zeiten hin und her und verblüfft mit irritierenden Begegnungen.

Das alles liest sich sehr flott und insgesamt ist der Aufbau (Wiederholungen, verschiedene Schrifttypen) gut durchdacht. Es taucht sogar eine fiktive Autorenfigur auf, die ich bereits aus einem anderen Musso-Roman kenne. Allerdings reicht das alles für mich nicht für ein Highlight. Es las sich ganz nett, aber ehrlicherweise habe ich (zwei Bücher weiter) auch schon wieder viel vergessen. Wer eine ungewöhnliche, leichte Geschichte, mit einem super Einstieg sucht, ist hier genau richtig.

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Veröffentlicht am 20.06.2023

Morellos zweiter Fall

Der Tintenfischer
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Auch der zweite Fall von Commissario Morello konnte mich nicht für diese Reihe begeistern. Während ich für die Dengler-Bücher, die ich bisher gelesen habe, sehr schwärme.

Der Sizilianer Morello sitzt ...

Auch der zweite Fall von Commissario Morello konnte mich nicht für diese Reihe begeistern. Während ich für die Dengler-Bücher, die ich bisher gelesen habe, sehr schwärme.

Der Sizilianer Morello sitzt immer noch in Venedig fest, zu seiner eigenen Sicherheit, wird er doch auf seiner Heimatinsel von der Mafia gejagt. Die Stadt ist wegen der Ausgangssperre wie ausgestorben; nur ein junger Nigerianer ist mit festem Ziel unterwegs: Er will sich von einer Brücke in den Canale Grande stürzen. Zufällig können Morello und seine Kollegin Anne den Selbstmord des Flüchtlings verhindern. Dies setzt eine Kettenreaktion in Gang, in deren Folge sich der Commissario mit der Flüchtlingsproblematik, Corona, Corona-Betrügern, Korruption, der Mafia und Mädchenhandel auseinandersetzen muss. Zur Krönung des Falles muss er dazu ausgerechnet nach Sizilien.

Der Krimi ist selbstverständlich voller Lokalkolorit, italienischer Speisen und Espresso. Schorlau/Caiolo nehmen sich wieder eines gesellschaftlichen Problems an und man erfährt durchaus interessante Details. Allerdings war es mir einfach ein bisschen viel von allem. Vielleicht hätte ich den Roman auch zeitnaher lesen sollen, denn von Corona will ich eigentlich nichts mehr hören. Ich kann mich auch mit den Dialogen nicht so anfreunden. Für mich klingen die in großen Teilen sehr gestelzt. Ich weiß nicht, ob man sich in Italien so unterhält. Ich bin jedenfalls oft hängengeblieben und habe mich gewundert. Die Story ist mäßig spannend, man kann sie aber so weglesen. Am Ende gibt es wieder einige Rezepte zum Nachkochen.

Wer Venedig kennt, wird sicherlich an dem Roman seine Freude haben und Morello gerne auf seiner Mafiajagd und in die Cafés der Lagunenstadt begleiten.

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Veröffentlicht am 20.06.2023

Durchschnittskost aus dem Krimiregal

A Stranger in the House
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Als Tom Krupp nach Hause kommt und seine Frau und ein leckeres Abendessen erwartet, findet er erstaunlicherweise beides nicht vor. Karen ist mit ihrem Auto verschwunden, die Haustür nicht abgeschlossen, ...

Als Tom Krupp nach Hause kommt und seine Frau und ein leckeres Abendessen erwartet, findet er erstaunlicherweise beides nicht vor. Karen ist mit ihrem Auto verschwunden, die Haustür nicht abgeschlossen, das Mobiltelefon zurückgelassen. Kurz darauf meldet sich die Polizei bei ihm. Karen hatte einen Autounfall und liegt mit einer schweren Gehirnerschütterung im Krankenhaus. Die übervorsichtige Fahrerin ist mit überhöhter Geschwindigkeit durch die Stadt gerast und dann gegen einen Strommast gefahren. Karen kann sich an nichts erinnern. Dann wird ganz in der Nähe des Unfallortes eine Leiche gefunden und für die Polizei steht fest: Da muss ein Zusammenhang bestehen! Ist Karen nicht nur die hübsche Vorstadthausfrau, sondern gar eine kaltblütige Mörderin?

Das war mal wieder kein Thriller, sondern eher ein Cosy-Krimi - angelehnt an das Hobby der Nachbarin Brigid, die ständig strickend am Fenster sitzt. Ich habe das Buch während einer Zugfahrt gelesen, das ging ganz gut. Umgehauen hat es mich aber nicht. Die Charaktere waren ziemlich flach. Es gab nur wenige Figuren, da konnte man sich schon an einer Hand abzählen, welche Möglichkeiten mit "überraschender Wendung" noch offen sein könnten. Alles sehr übersichtlich und die angepriesene Hochspannung habe ich schmerzlich vermisst. Krimis oder Thriller, die mit dem Thema Gedächtnisverlust spielen, können ganz interessant sein, hier wird das Potenzial aber verspielt.

Ein durchschnittlicher Krimi, nett zu lesen, aber auch schnell wieder vergessen.

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