Platzhalter für Profilbild

sveso

Lesejury Star
offline

sveso ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit sveso über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 02.07.2023

Aufforderung zur Erinnerung

Erinnere dich!
0

Arno Seitz bekommt ein Prepaid-Handy zugeschickt und erhält kurz nach Empfang eine SMS mit dem Text "Erinnere dich!". Schnell wird klar, dass sich diese Nachricht auf das Verschwinden von Maja handelt. ...

Arno Seitz bekommt ein Prepaid-Handy zugeschickt und erhält kurz nach Empfang eine SMS mit dem Text "Erinnere dich!". Schnell wird klar, dass sich diese Nachricht auf das Verschwinden von Maja handelt. 20 Jahre zuvor hat Arno nach dem Abi mit seiner damaligen Freundin Maja und zwei weiteren Freundinnen, Lukas und Ulrike, bei der Maja spurlos verschwunden ist. Die Leiche wurde nie gefunden und obwohl die Polizei Arno verdächtigt hat, wurde Majas Verschwinden nie geklärt. Nun wird Arno Seitz durch Kurznachrichten und Anrufe, bei denen jemand mit Majas Stimme spricht, gezwungen, sich mit den damaligen Geschehnissen auseinanderzusetzen und sich zu erinnern.
Bei dem 20-jährigen Klassentreffen trifft Arno wieder auf Lukas und Ulrike, doch auch Majas kleine Schwester Anja kommt zum Treffen, um mehr über ihre verschwundene Schwester zu erfahren. Sie überredet das Trio dazu, die damalige Wanderung nun noch einmal zu machen.

Max Reiter hat den Anfang etwas schleppend gestaltet. Die Leser
innen bekommen einen recht detaillierten Einblick in Arnos Leben als Literaturwissenschaftsdozent, seine Fernbeziehung, in der es kriselt und in seine Vergangenheit mit seinem alkoholkranken und damals gewalttätigen Vater.
Nach einem guten Drittel nimmt die Handlung jedoch Fahrt auf und Reiter konnte mich fesseln: Auslösend durch die Nachrichten erinnert sich Arno an die gemeinsame Zeit mit Maja und muss sich immer stärker mit der Frage auseinandersetzen, ob er doch etwas mit ihrem Verschwinden zu tun hat, bzw. was damals alles vorgefallen ist und ob er selbst gewalttätig war. Dabei ist für die Leser*innen nicht immer klar, ob es sich um tatsächliche, verdrängte, Erinnerungen handelt oder um vermeintliche Erinnerungen, die durch die Nachrichten in Arnos Gedächtnis eingepflanzt wurden.

Tatsächlich hatte ich - obwohl ich natürlich einige Thesen aufgestellt habe - lange Zeit keine handfeste Spur, bei wem es sich um die anrufende Person handelt und war daher gespannt auf die Auflösung.

Nach schleppendem Beginn stellten sich immer mehr Spannungsmomente ein und ich habe mich vollkommen auf Arno Seitzs Erinnerungsprozedur einlassen können und kann "Erinnere dich!" vor allem denjenigen empfehlen, die Psychothriller ohne Blut mögen.

Veröffentlicht am 30.06.2023

Netter Küstenkrimi

Windstärke Tod (WaPo Cuxhaven 1)
0

Agatha Christensen, eine ambitionierte Wasserschutzpolizistin, findet ausgerechnet an ihrem freien Tag eine Leiche. Bei dem Toten handelt es sich um einen Mediator, der aktuell in einem Streit um einen ...

Agatha Christensen, eine ambitionierte Wasserschutzpolizistin, findet ausgerechnet an ihrem freien Tag eine Leiche. Bei dem Toten handelt es sich um einen Mediator, der aktuell in einem Streit um einen Offshore-Windpark vermitteln sollte. Ein Motiv für den Mord an Gunter Fluth wäre sicherlich bei den Streitbeteiligten zu finden, allerdings ist Agatha gar nicht zuständig, so gern sie auch ermitteln möchte - es hindert sie nichts daran, sich auf eigene Faust auf Spurensuche zu begeben.
Tatsächlich zuständig für die Ermittlungen ist Victor Carvalho von der Kripo in Cuxhafen. Allerdings wird bereits kurz darauf eine weitere Leiche, ebenfalls mit politischem Zusammenhang, gefunden und der Ermittlungsdruck steigt immens. Da kommt Victor die engagierte Unterstützung von Agatha doch ganz recht...

Das Cover und der Klappentext lassen auf einen eher ruhigen, idyllischen Krimi mit Lokalkolorit schließen. "Windstärke Tod" hat für mich genau das erfüllt. Die Figuren sind authentisch, die Schauplätze werden anschaulich beschrieben und die Ermittlungen drehen sich vor allem um die Entwicklungen vor Ort. Dabei werden einige Bewohner*innen und Beteiligten berücksichtigt.
Der Schreibstil ist flüssig, die Entwicklungen sind teilweise vorhersehbar und nicht allzu überraschend, aber der Weg dorthin und das Handeln der Ermittelnden hat mich trotzdem gut enthalten.
Schöner Krimiroman für zwischendurch!

Veröffentlicht am 30.06.2023

Gut zu wissen

Muskeln – die Gesundmacher
0

Ingo Froböse ist Sportwissenschaftler und verdeutlicht in "Muskeln - die Gesundmacher", weshalb Muskeln unabdingbar sind und weshalb zu wenig Muskelmasse zu verbreiteten Erkrankungen wie Herzinfarkten, ...

Ingo Froböse ist Sportwissenschaftler und verdeutlicht in "Muskeln - die Gesundmacher", weshalb Muskeln unabdingbar sind und weshalb zu wenig Muskelmasse zu verbreiteten Erkrankungen wie Herzinfarkten, Diabetes oder Übergewicht führen kann. Dafür erläutert er im Detail die einzelnen Bestandteile und Funktionen der Muskelmasse im Körper. Froböse verwendet sehr viele Fachbegriffe, die nur teilweise definiert werden. Einige Begriffe und Funktionen waren mir aus dem Biounterricht noch im Gedächtnis, einige waren neu. Für die Bedeutung der Muskeln im Körper fand ich die Details und die Beschreibung der einzelnen Prozesse gelungen. Allerdings fehlte mir zwischendurch immer mal wieder die Einordnung in den Gesamtkontext oder eine Art Transfer in die Praxis. Als es dann um das Praktische ging, fehlte mir die Tiefe und die detailreiche Erläuterung, mit der Froböse im Theoriteil aufgetreten ist.

Deutlich wird in jedem Fall, das (leichtes) Muskeltraining unabdingbar und unbedingt zu empfehlen ist, um die Gesundheit zu erhalten und zu fördern. Dabei wird hier komplexes und fundiertes Wissen vermittelt, das ich eher für bereits Vertraute im Thema und Wissenschaftlerinnen empfehlen würde. Wer sich ein leicht verständliches Einsteigerinnenbuch wünscht, sollte vielleicht zunächst etwas anderes lesen.

Veröffentlicht am 30.06.2023

Berührend und überraschend

Mika im echten Leben
0

Für Mika Suzuki läuft es im Leben nicht ganz so rund. Gerade erst ist ihre Beziehung geendet, sie hat ihren Job verloren und das Verhältnis zu ihren Eltern lässt sich am ehesten als zerrüttet bezeichnen. ...

Für Mika Suzuki läuft es im Leben nicht ganz so rund. Gerade erst ist ihre Beziehung geendet, sie hat ihren Job verloren und das Verhältnis zu ihren Eltern lässt sich am ehesten als zerrüttet bezeichnen. Als dann auch noch ihr Handy klingelt und Penny, ihre 16-jährige Tochter, die sie damals zur Adoption freigab, anruft, weil sie Mika kennenlernen möchte, ist das Chaos perfekt. Um Penny nicht ihre Chaos als 35-Jährige offenbaren zu müssen, erfindet Mika das Leben, das sie gern führen würde und verfängt sich in einem gewaltigen Netz aus Lügen. Als Penny ankündigt, vorbeizukommen, muss Mika eine Lösung finden. Emiko Jean gelang es, mir Mikas Leben, ihre eigene Aufgeschmissenheit, Unsicherheiten und dennoch die seichten Träumereien und Wünsche anschaulich und nahbar zu vermitteln. Selbstverständlich ist klar, dass Mikas Lügen ihr früher oder später um die Ohren fliegen und sich diese Lügen und das Kennenlernen mit Penny immer mehr auf eine gewaltige Katastrophe zusteuern, der Weg dorthin ist jedoch das Interessante. Der Schreibstil ist flüssig, ich konnte die Kapitel rasch hintereinander weg lesen und fühlte mich wie im Sog hineingezogen in die Geschichte der beiden. Während Penny neugierig, aufgeweckt und fröhlich wirkt, wird Mika in ihre Vergangenheit, ihre Beziehungen und die Zeit der Schwangerschaft, der Geburt und der Zeit danach zurückversetzt und muss sich mit sich selbst auseinandersetzen. Ich finde es wichtig, dass Adoption, Identität und Beziehungen thematisiert werden. Allerdings hätte ich mir hier an einigen Stellen mehr Aufklärung oder mehr Tiefe gewünscht. Davon abgesehen mochte ich die Figuren und die Entwicklungen gern und war stellenweise sehr berührt von der Lektüre.

Veröffentlicht am 29.06.2023

Wichtige und schockierende Einblicke

Ich, ein Sachse
0

"Ich, ein Sachse" erzählt, wie Samuel Meffire der erste Schwarze Polizist in Ostdeutschland wurde. Eingestiegen wird in der frühen Kindheit, wie sich seine Eltern kennengelernt haben, welches Mindset die ...

"Ich, ein Sachse" erzählt, wie Samuel Meffire der erste Schwarze Polizist in Ostdeutschland wurde. Eingestiegen wird in der frühen Kindheit, wie sich seine Eltern kennengelernt haben, welches Mindset die Gesellschaft in der DDR geprägt hat und welchen Widrigkeiten sich die Familie entgegenstellen musste. Samuel, Afrodeutscher, Sohn einer weißen Mutter und eines Schwarzen Vaters, der jedoch am Tag von Samuels Geburt umgebracht wurde und den er nie kennengelernt hat, erlebt schon während seiner Kindheit Gewalt und Härte. Während Rassismus in der DDR zwar unterschwellig vorhanden war, aber hinter dem Mantel des Sozialismus recht gut verdeckt wurde, änderte sich die Situation für Samuel mit der Wende.
Plötzlich gab es Hetzjagden durch Nazis, Überforderung und fehlende Eingriffe der Polizei und verdammt viel Gewalt.
Samuel Meffire kommt selbst zur Polizei, rutscht dann ab in die Kriminalität und durchlebt insgesamt einen Alltag, der von Rassismus und Gewalt geprägt ist.

Erzählt wird ausschließlich in Form von Rückblicken, die nicht unbedingt chronologisch sind und mich tatsächlich des Öfteren total rausgebracht haben, weil ich die Zeit und das Setting nicht direkt einordnen konnte. Da hätte mir eine Chronologie den Lesefluss erleichtert. Andererseits erzählt Samuel Meffire von den verschiedensten Stationen seines Lebens, den entsprechenden Herausforderungen und die gesellschaftliche und politische Situation. Die Perspektive eines Schwarzen - aufgewachsen in Ostdeutschland, mit direktem Bezug zur DDR und dem erlebten Wandel im Zuge der Wiedervereinigung - auf die deutsch-deutsche Geschichte hat Samuel Meffire hier exemplarisch sehr eindrücklich und teilweise sehr schockierend dargestellt. Das sind Aspekte, die mehr Aufmerksamkeit und vor allem Aufarbeitung benötigen - und vor allem als Bestandteil der deutsch-deutschen Geschichte vermittelt werden sollte, gerade im Blick auf die aktuelle politisch-gesellschaftliche Lage.