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Veröffentlicht am 05.09.2017

Mutter macht alt

Tot überm Zaun
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Cosma Pongs, freischaffende Kriminalschriftstellerin, hat es nicht leicht. Ihre Tochter Paula, Kriminalkommissarin, will einfach nicht mit ihr zusammenarbeiten. Dabei kann es doch keine authentischere ...

Cosma Pongs, freischaffende Kriminalschriftstellerin, hat es nicht leicht. Ihre Tochter Paula, Kriminalkommissarin, will einfach nicht mit ihr zusammenarbeiten. Dabei kann es doch keine authentischere Recherche geben als in echten Fällen zu ermitteln. Cosma hat es im Gespür, es wird einen Mord geben. Etwas erschrocken ist sie dennoch als sie und die Mitbewohner in ihrer ü60 Wohngemeinschaft in einem Schrebergarten tatsächlich auf einen Menschenauflauf stoßen, in dem darüber diskutiert wird, die der vor ihnen liegende Besitzer eines der Gärten wohl zu Tode gekommen sein mag. Cosma ist wie elektrisiert - eine echte Leiche, es muss einfach Mord sein.

Cosma und Paula Pongs sind ein Team, das aus Wiederständen zusammengeschweißt ist. Paula erteilt regelmäßig Platzverweise, die Cosma regelmäßig ignoriert. Neugierig sind sie beide, wodurch sich ihre Ermittlungen, bei denen sie sich gerne behindern, hin und wieder auch ergänzen. Ist im Verein der Gartenfreunde also tatsächlich ein Mord geschehen? Zunächst einmal wird schnell klar, dass der Tote nicht besonders beliebt war, ein Paragraphenreiter, der auf die Einhaltung sämtlicher Regeln und Gesetze pochte, wo man es doch eigentlich nicht ganz so genau nehmen muss, solange sich alle einig sind. Doch so ergeben sich etliche Motive, angefangen von dem Nachbarn mit der zu hohen Hecke bis zur Ehefrau, die nicht sehr zu trauern scheint.

Obwohl der Roman in Düsseldorf spielt kommt einem beim Lesen der Beschreibung Cosma Pongs irgendwie der Gedanke an Katharina Thalbach, die in der Soko Köln in einigen Folgen eine schrullige Kriminalschriftstellerin/Privatdetektivin verkörperte. Und so erhält Cosma schneller eine Stimme und ein Gesicht als geahnt. Für die Lektüre ist das keinesfalls schlecht, es trägt eher weiter zur Erheiterung des Lesers bei, der den eh schon mit Witz und Humor gespickten Roman noch besser genießen kann. Wenn in den Nachrichten über viele bedrohliche oder unheimliche Geschehnisse berichtet wird, bietet so ein Cosy-Krimi gerade die richtige Portion Ablenkung und Abwechslung vom trüben Alltag.

Mag man dieses Genre des humorigen Kriminalromans, wird man von diesem Debüt sehr angetan sein.

Veröffentlicht am 04.09.2017

Überflutung

Unsere Jahre in Miller's Valley
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Schon seit über 200 Jahren wohnt Mimis Familie in Miller’s Valley. Und schon seit Jahren reisen Regierungsbeamte durch das Tal, um die Bewohner zu überzeugen, ihre Häuser aufzugeben, damit das Tal für ...

Schon seit über 200 Jahren wohnt Mimis Familie in Miller’s Valley. Und schon seit Jahren reisen Regierungsbeamte durch das Tal, um die Bewohner zu überzeugen, ihre Häuser aufzugeben, damit das Tal für einen Staudamm geflutet werden kann. Den alteingesessenen Bewohnen fällt es schwer ihre Heimat zu verlassen. Reich sind die Menschen in Miller’s Valley nicht. Schon mit elf Jahren muss sich Mimi daran gewöhnen, dass es ihre Heimat nicht mehr ewig geben wird. Ihr ältester Bruder Ed ist bereits aus dem Haus und der mittlere der drei Kinder Tom meldet sich freiwillig zur Armee. In den 1960er denkt Mimi nicht so sehr daran wie es einmal sein wird, zunächst einmal will sie einen guten Schulabschluss machen und vielleicht sogar studieren.

Die Millers sind eine Familie aus einfachen Verhältnissen. Die kleine Farm wirft eigentlich nicht genug ab zum Leben. Die Rechnungen werden eher vom Gehalt der Mutter bezahlt, die als Krankenschwester arbeitet, und von dem Geld, welches der Vater mit kleinen Reparaturarbeiten verdient. Für ein kleines Taschengeld sorgt Mimi selbst, in dem sie Mais verkauft. Dieses allerdings wird ihr oft von ihrem Bruder Tom abgenommen. Im Gegensatz zu Ed und Mimi, die gerne lernen, ist er ein charismatischer Hans Dampf, der mit Schule und Ausbildung nicht viel am Hut hat. Obwohl ihr Leben aus einiger Mühsal besteht, versuchen die Eltern, ihren Kindern eine gute Ausbildung zu geben, einen guten Start ins Leben.

Beim Lesen dieses ruhigen aber eindringlichen Romans fallen einem auch hier einige Talsperren ein, aus denen bei Niedrigwasser schon mal eine Kirchturmspitze herausragt. Ein Anblick, der zum Nachdenken darüber anregt, was wohl für ein Ort zu der Kirche gehört hat und wie es die Bewohner empfunden haben, ihre Heimat verlassen zu müssen. Ähnlich wird es mit dem Tagebau sein, der mitunter Umsiedlungen nötig macht. Wer will schon gerne sein Heim verlassen, seine Scholle, das Haus, das er vielleicht mit eigenen Händen erbaut hat oder das sich schon seit Generationen im Familienbesitz befindet. Familie Miller aus Miller’s Valley erlebt dieses Schicksal, doch ihr Leben wird nicht nur von der drohenden Umsiedlung bestimmt. Sie leben und erleben eine Zeit des Kampfes gegen die Überflutung ihres Tales, eine Zeit des Aufbruchs der Kinder in ihre jeweilige Zukunft, eine Zeit des Alterns von Vater und Mutter, eine Zeit der langsamen Akzeptanz, der Loslösung. Ein schöner Familienroman über das Erwachsenwerden einer Tochter, die ihren Weg macht.

Veröffentlicht am 24.08.2017

Madeleine

Wildeule
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Madeleine Jablin soll ein ehrenvolles Begräbnis erhalten. Bereits zu Lebzeiten hatte sie Kontakt mit dem Bestattungsinstitut von Hannes van Deest aufgenommen, um das Nötige zu regeln. Ihr Bruder Maurice ...

Madeleine Jablin soll ein ehrenvolles Begräbnis erhalten. Bereits zu Lebzeiten hatte sie Kontakt mit dem Bestattungsinstitut von Hannes van Deest aufgenommen, um das Nötige zu regeln. Ihr Bruder Maurice war immer von seiner Schwester abhängig und nicht in der Lage, das selbst zu übernehmen. Als die alte Dame dann verstirbt schnappt der Bestatter Christian Schellhorn Hannes den Auftrag weg. Friedhofsgärtnerin und ehemalige Polizistin Gesine Cordes soll die Beerdigung mit Blumen ausstatten. Sie ist es, die bemerkt, dass der Sarg nicht richtig verschlossen ist. So wird zum Entsetzen aller Anwesenden entdeckt, dass nicht Madeleine im Sarg liegt, sondern der Unternehmer Schellhorn.

Schnell gerät Gesines guter Freund Hannes unter Verdacht, schließlich hatte er diesen nicht gerade kleinen Auftrag verloren. Hannes verhält sich so eigenartig, dass sogar Gesine in Zweifel gerät, ob er in jedem Punkt die Wahrheit sagt. Gesine beginnt in Bestatterkreisen Nachforschungen anzustellen, die ihr ja durch ihre eigene Tätigkeit grundsätzlich gut bekannt sind. Das Gewerbe mit dem Tod stellt sich härter dar als vermutet, es wird um jeden Auftrag gebuhlt. Und da kam dieser nun verstorbene Großunternehmer daher und machte anderen so manches Geschäft kaputt. So ein Motiv ist offensichtlich. Um jedoch mehr zu erfahren, nimmt Gesine das Angebot der Polizei an, under cover zu ermitteln.

Wie Gesine in mehr oder weniger ihren eigenen Reihen nach der Wahrheit sucht, getrieben von dem Wunsch, Hannes Unschuld zu beweisen und die Wahrheit zu finden, ist sehr fesselnd beschrieben. Gesines aufkeimende Zweifel wegen Hannes’ eigentümlichen Verhalten, ihre Verzagtheit, ihr Festhaltenwollen am Hergebrachten, ihre Angst vor Veränderung, aber auch ihre Hartnäckigkeit, ihre Fähigkeit zum Querdenken, das alles macht Gesine aus. Ihr Gegenpart ist da viel cooler, aber auch voreingenommener, allzu leicht scheint es, sich auf Hannes einzuschießen. Es entwickelt sich eine intensive Suche nach den wahren Hintergründen, die deutlich macht, dass das Geschäft mit dem Tod eben auch ein Geschäft ist und nicht nur die Erfüllung des Wunsches Hinterbliebener nach einer ehrenvollen Bestattung.

Spannend, manchmal aufwühlend wird ein Thema behandelt, mit dem sicher jeder Lebende mindestens einmal beschäftigen muss.

Veröffentlicht am 20.08.2017

Fremd in dritter Generation

Die Treibjagd
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In einem kleinen Ort des Zentralmassivs im südlichen Frankreich erledigt der Revierjäger Rémi Parrot seinen Dienst. Er ist Fremder in dritter Generation, bereits sein Großvater bewirtschaftete einen kleinen ...

In einem kleinen Ort des Zentralmassivs im südlichen Frankreich erledigt der Revierjäger Rémi Parrot seinen Dienst. Er ist Fremder in dritter Generation, bereits sein Großvater bewirtschaftete einen kleinen Hof. Und den alteingesessen Familien war schon dieser Fremde ein Dorn im Auge. Gerne hätten sie die Hofstelle aufgekauft. Doch noch immer befindet sich Land in Rémis Besitz. Nach einem Unfall, den er in seiner Jugend nur knapp überlebt hat und von dem er entstellende Narben im Gesicht zurückbehalten hat, läuft Rémi wie ein Mahnmal durch sein Revier. Als seine Jugendliebe Michèle in den Ort zurückkehrt schöpft Rémi neue Hoffnung. Doch dann verschwindet ein bekannter Umweltaktivist.

Zwei Familien, die sich spinnefeind sind, beherrschen den kleinen Ort und die Umgebung. Sie besitzen das meiste Land und haben den größten Einfluss. Und meist setzen sie ihre Macht für eigennützige Ziele ein. Beliebt sind sie nicht, aber Strukturen, die schon immer so waren, bricht so schnell keiner auf. So behalten sie ihre Postion und können nach Gutdünken schalten und walten. Um die Strukturen schert sich Rémi nicht, er will seine Arbeit, die ihm teilweise Polizeirechte gibt, ordentlich ausüben. Allzu gerne möchte er auch die Bekanntschaft mit Michèle erneuern. Diese hat jedoch mit ihren eigenen Dämonen zu kämpfen.

Antonin Varenne hat seine Geschichte von Rémi, Michèle und den Familien interessant strukturiert. Manchmal wird die Handlung in ihrem zeitlichen Verlauf erzählt, dann befindet man sich in Verhören oder auch vor den Ereignissen. Es lohnt sich daher, die Kapitelüberschriften genau zu studieren. Wenn man die Hinweise erstmal eingeordnet hat und sich die geschickte Konstruktion erschließt, wird man von dem Buch gefesselt sein. Varenne versteht es einfach, eine hintergründige Geschichte zu erzählen. In dieser muss manchmal sehr tief gebohrt werden, um an den Kern der Dinge zu gelangen. Ist die Neugier geweckt, will man immer mehr erfahren über Rémi und Michèle und die anderen überraschenden Konstellationen, die sich nach und nach ergeben. Ein Dorfdrama, in dem jeder jeden kennt, aber nicht jeder am Ende gut dasteht, besticht schließlich durch die Erkenntnis, dass aus einem Fremden in dritter Generation ein Einheimischer in erster Generation werden kann.

Veröffentlicht am 19.08.2017

Baltimore

Todeskleid
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Immer schon hat Ramón behauptet, er sei unschuldig. Beweisen konnte er es nicht, zu viele Indizien sprachen gegen ihn und er wurde verurteilt. Nun wurde seine Frau vor den Augen der Privatdetektivin Paige ...

Immer schon hat Ramón behauptet, er sei unschuldig. Beweisen konnte er es nicht, zu viele Indizien sprachen gegen ihn und er wurde verurteilt. Nun wurde seine Frau vor den Augen der Privatdetektivin Paige Holden erschossen. In letzter Sekunde konnte Elena ihr noch etwas zustecken und Paige beginnt zu ermitteln, ob Ramóns Aussagen nicht doch stimmen. Schnell muss Paige erkennen, dass noch viel mehr hinter der Geschichte steckt. Und sie überlegt, wem sie sich anvertrauen kann. Sollte der Staatsanwalt Grayson Smith die richtige Vertrauensperson sein. Er wirkt integer und sympathisch. Und auch er sieht, dass es geboten sein könnte, tiefer zu graben.

Dieses Hörbuch lebt von seinen intensiv vorgetragenen Dialogen. Mal aus Graysons Sicht und mal aus der von Paige werden die Ereignisse geschildert. Spannend ist dabei, wie teilweise ähnlich oder auch unterschiedlich sie die Geschehnisse erleben. Vieles finden sie gemeinsam heraus und manches Mal gehen sie getrennte Ermittlungswege, deren Ergebnisse sich ergänzen. Dabei kommen sie auf eine Spur, mit der sie keinesfalls gerechnet haben und die große Brisanz entwickelt. Wohin soll das noch führen, müssen sie ihre Karrieren oder gar ihr Leben oder das ihrer Liebens aufs Spiel setzen, um die Wahrheit ans Licht zu bringen?

Die Vorleserin Sabina Godec verschafft sowohl Paige als auch Grayson eine lebendige Stimme. Mit ihrer Lebhaftigkeit hält sie die Hörer jederzeit bei der Stange. Hinzu kommt, dass sich der Fall spannend entwickelt. Und das zarte Aufkeimen des Pflänzchens Liebe zwischen Paige und Grayson darf nicht fehlen und erwärmt das Herz. Wer andere Bücher von Karen Rose kennt, wird wissen, was ihn erwartet und es gibt keine Enttäuschung. Man bekommt vielleicht kein hochtrabend literarisches Werk, aber eine fesselnde Story und eine schöne Liebesgeschichte.