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Veröffentlicht am 07.07.2023

Ein mörderisch guter Urlaub

Spur des Verrats
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In zwei europäische Großstädte des Jahres 1910 entführt uns Matthias Wittekindt mit diesem historischen Kriminalroman. Der Major des Preußischen Auslandsgeheimdienstes, Albert Craemer, wird kurz vor seinem ...

In zwei europäische Großstädte des Jahres 1910 entführt uns Matthias Wittekindt mit diesem historischen Kriminalroman. Der Major des Preußischen Auslandsgeheimdienstes, Albert Craemer, wird kurz vor seinem Urlaub noch in eine Ermittlung einbezogen.

Im Berliner Zoo gab es am helllichten Tag eine Schießerei. Noch bevor genau geklärt werden kann, wer hier auf wen und warum schoss, tritt Craemer mit seiner Frau die Zugreise nach Kopenhagen an. Er reist allerdings nicht ganz ohne Hintergedanken dorthin, denn er will bei einer Tagung nützliche Kontakte knüpfen.

Seine Frau Helmine durchschaut sein Geheimnis und plant ihrerseits ein wenig Zeit fürs Kontakteknüpfen ein. Die durchaus unterhaltsame und fortschrittliche Beziehung der beiden ist ein tragendes Element dieses Krimis.

Und wie der Zufall es will, zieht es die Beteiligten der Schießerei auch nach Norden. Und da Alberts Mitarbeiter sich an deren Fersen geheftet haben, landen sie ebenfalls in Kopenhagen. Dank ein paar witziger Wendungen landen alle Hauptfiguren am Ende am selben Platz und alles gipfelt in einem komisch-ernsten Showdown.

Generell tanzt dieses Buch gekonnt auf der feinen Linie zwischen spannendem Historienkrimi und leichter Parodie mancher damaliger Methoden. Auch die Charaktere sind allesamt voll skurriler Eigenschaften und sie entdecken immer wieder neue Seiten an sich selbst. Auch der Schreibstil passt in die Epoche, er ist - angepasst an die Epoche - hin und wieder umständlich, aber dennoch gut zu lesen.

Veröffentlicht am 25.06.2023

Sara Nowak kommt nicht zur Ruhe

Wagner
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Stockholms unerschrockenste und zugleich oft widersprüchlichste Kommissarin bekommt mit “Wagner” den dritten Fall der Trilogie. Nach “Geiger” und “Faust” schickt Autor Gustaf Skördeman seine Sara Nowak ...

Stockholms unerschrockenste und zugleich oft widersprüchlichste Kommissarin bekommt mit “Wagner” den dritten Fall der Trilogie. Nach “Geiger” und “Faust” schickt Autor Gustaf Skördeman seine Sara Nowak durch Schweden und Deutschland auf die Jagd nach Verbrechern und Spionen.

Die drei Bücher bauen eng aufeinander auf und viele Details und Reaktionen der Charaktere in bestimmten Situationen erklären sich nur, wenn man auch alle kennt. Wen aber solche Kleinigkeiten nicht stören, der kann auch jeden Band unabhängig lesen. Es gibt auch so einige Anspielungen und Rückblicke, die die wesentlichen Punkte nochmals aufgreifen.

Die Thematik rund um Agenten, Kalter Krieg und alte Ressentiments ist der Kern der ganzen Geschichte und somit sind alle Bände sich auch im großen Ganzen ähnlich. Wer aber ein Fan dieser Storyline ist, kommt somit bei der Trilogie und damit auch bei “Wagner” voll auf seine Kosten.

Dazu gibt es mit Sara eine Hauptperson, die verheiratet, Mutter zweier Kinder ist und die dank des Geldes der Familie ihres Mannes nicht auf ihren Job bei der Polizei angewiesen ist. Dass und wie sie ihn macht, zeigt ihren Drang, sich nützlich und angenommen zu fühlen, der sich leider oft negativ auf ihr Privatleben auswirkt.

Sara ist keine klassische “Working Mum”. Sie nimmt ihren Beruf so gut wie immer mit nach Hause und hat Probleme, sich davon abzugrenzen. Sie liebt ihre Familie und versucht, sie so gut wie möglich vor ihrem Berufsleben zu schützen, aber dennoch lebt sie für ihren Job und andere in ihrem Umfeld müssen da auch manchmal zurückstecken.

Dem Autor ist hier ein guter Schluss für die Trilogie gelungen, wenngleich das Ende eine Hintertür für weitere Geschichten offenlässt.

Veröffentlicht am 11.06.2023

Erfrischender Krimi mit etwas anderem Zugang

Die Spur der Aale
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Frankfurt/Main ist der Schauplatz einer neuen Krimiserie um die Staatsanwältin Greta Vogelsang. Wie jeder gute Krimi beginnt auch dieser mit einer Leiche. Erfrischend ist, hier eine andere Perspektive ...

Frankfurt/Main ist der Schauplatz einer neuen Krimiserie um die Staatsanwältin Greta Vogelsang. Wie jeder gute Krimi beginnt auch dieser mit einer Leiche. Erfrischend ist, hier eine andere Perspektive kennenzulernen.

Es gibt nicht die ganz klassische Polizeiermittlung, sondern die Ereignisse werden aus Sicht der Staatsanwaltschaft und ihrer Abteilungen und bürokratischen Tücken geschildert. Andere Vorgangsweisen und andere Befugnisse bringen zwischendurch immer wieder ein wenig Abwechslung hinein.

Die kurzen Kapitel über Gretas Anteil der Geschichte werden immer mal wieder unterbrochen, um auch andere Perspektiven zu zeigen. “Die Spur der Aale” reicht unter anderem bis nach Frankreich und China. Ganz nebenbei erfährt der Leser auch Hintergründe zur Arbeit der Behörde oder Themen wie Schmuggel.

Auch wenn man grundsätzlich das Gefühl hat, dass der Krimi in einer “sicheren Blase” spielt und am Ende auch die Gerechtigkeit siegen wird, gibt es doch kleine Nadelstiche und ganz alltägliche Nebenschauplätze, die in die Handlung gut eingewoben sind und die Erzählung somit vielschichtiger und durchaus spannend machen.

Und für alle, die mehr von Greta lesen wollen, gibt es schon einen Pflichttermin: Am 4.7.2024 soll Band zwei erscheinen, “Der goldene Tod”.

Veröffentlicht am 29.05.2023

Kann mit dem Vorgänger nicht ganz mithalten

City of Dreams
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Die Trilogie um Mafioso Danny Ryan (gestartet mit “City on Fire”) wird dieses Jahr mit “City of Dreams” fortgesetzt.

Im Vergleich zu Band 1 ist dieser weniger einschüchternd. Das Buch ist dünner, was ...

Die Trilogie um Mafioso Danny Ryan (gestartet mit “City on Fire”) wird dieses Jahr mit “City of Dreams” fortgesetzt.

Im Vergleich zu Band 1 ist dieser weniger einschüchternd. Das Buch ist dünner, was einerseits daran liegt, dass es weniger Charaktere gibt (nicht alle überleben den Serienstart) und andererseits auch daran, dass auf die detailreichen Informationen zu den Protagonisten weitgehend verzichtet wird.

Um also alle Situationen optimal zu verstehen, ist es sicher hilfreich, wenn man den ersten Band kennt. Andererseits - ein Mafioso handelt für “normale Menschen” ohnehin nicht immer “logisch”.

Don Winslow schafft es auch hier wieder mühelos, grausame Szenen und derbe Sprache mit ruhigen Beschreibungen und sympathischen Begebenheiten zusammenzubringen. Wer ist nun dieser Danny Ryan? Er ist US-Ire, lebt in Providence an der Ostküste und heiratete in die Irische Mafia ein.

Aufgrund der Entwicklungen in “City on Fire” ist er nun auf der Flucht (unüblich für einen Mafioso) vor der Italienischen Ostküsten-Mafia (üblich für einen Mafioso). Zudem ist er irgendwie auch der Boss der Iren und mit ihm sind noch einige treue Freunde (Untergebene) unterwegs. Und er hat einen kleinen Sohn.

Durch seine grundsätzlich faire und pragmatische Einstellung und den unblutigen Zugang, den Danny so oft wie es geht, wählt, ist er ein “sympathischer” Gangster. Vor allem, wenn man ihn mit anderen Figuren vergleicht. Auch wenn er (wie 95% der Charaktere hier) hinter Gitter gehört, kommt man nicht umhin, ihm anderes zu wünschen.

“City of Dreams” kann nicht ganz mit dem Tempo und der Attitüde von “City on Fire” mithalten. Es fehlt hier einiges vom schwarzen Humor, gleichzeitig aber ist dieser Thriller auch vergleichsweise “jugendfrei”. Weniger Action bedeutet auch weniger Gebrauch von Schusswaffen und seltenerer Einsatz von richtig derber Sprache.

Diese Stilmittel machen die Geschichte aber an sich erst authentisch, also wäre es nicht gut, komplett darauf zu verzichten und besser eine Warnung vorab auszusprechen für Leser, die um diese Elemente lieber einen Bogen machen.

“City of Fire” war aber auch einfach ein so guter Start, dass es in jedem Fall schwer gewesen wäre, das noch zu toppen. Ich freue mich aber schon auf Teil 3, “City of Ashes” (2024), und bin gespannt, ob es den Tenor von Band 2 fortsetzt oder ob Winslow wieder mehr auf die Stärken vom Start setzt.

Veröffentlicht am 21.05.2023

Ein neuer Mord im beschaulichen Siglufjörður

Schneetod
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Ragnar Jónassons “Dark-Iceland-Reihe” ist eine Reihe sehr praktischer und spannender Thriller. Dies liegt daran, dass die Bände nicht zu dick sind und viele eher kürzere Kapitel aufweisen. Zudem ist das ...

Ragnar Jónassons “Dark-Iceland-Reihe” ist eine Reihe sehr praktischer und spannender Thriller. Dies liegt daran, dass die Bände nicht zu dick sind und viele eher kürzere Kapitel aufweisen. Zudem ist das Layout so gewählt, dass ein neuer Abschnitt immer auf der nächsten neuen rechten Buchseite beginnt.

Zusammen mit einer fesselnden Handlung trägt dies dazu bei, dass ich “Schneetod” wie auch die meisten seiner anderen Werke wirklich schnell durch hatte. Die Fälle, in denen der junge Polizist Ari Thór Arason im nördlichsten Örtchen Islands ermittelt, sind zwar eigenständig, aber da die Bände selbst nicht so lange sind, gibt es nicht in jedem immer ganz ausführliche Hintergründe zu den Hauptfiguren.

Das kann dazu führen, dass sie eventuell etwas blass bleiben oder nicht ganz logisch agieren (vor allem im Privatleben). Abseits davon lässt sich aber die Krimihandlung gut genießen und auch die örtlichen Begebenheiten, allen voran das Wetter, kommen gut zur Geltung.

Ein Element, das Jónasson auszeichnet, ist auch, dass er gerne die aktuelle Geschichte mit Ereignissen in der Vergangenheit verknüpft. Dieses Mal gibt es Tagebucheinträge und der Leser kann raten, um wen es dort geht.

“Schneetod” ist nicht der beste Band der Reihe, aber auch nicht der schlechteste. Der Aufbau der Geschichte und das angesprochene Layout machen es aber einfach, dranzubleiben und garantieren gute Unterhaltung.



btb startete im Jahr 2022 eine etwas ältere Serie des isländischen Autors Ragnar Jónasson neu beziehungsweise wieder auf Deutsch. Band 1 der “Dark-Iceland-Serie” ist “Schneeblind” aus dem Jahr 2010/2011. Insgesamt umfasst diese Reihe bisher 6 Bände.