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Veröffentlicht am 11.07.2023

Geschmackssache

Die Wanderbühne
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In „Die Wanderbühne“ erzählt der kroatische Autor Zoran Ferić vor dem Hintergrund der wechselvollen Geschichte (Südost)europas und Ex-Jugoslawiens von seiner Zagreber (multiethnischen)Familie. Das Ganze ...

In „Die Wanderbühne“ erzählt der kroatische Autor Zoran Ferić vor dem Hintergrund der wechselvollen Geschichte (Südost)europas und Ex-Jugoslawiens von seiner Zagreber (multiethnischen)Familie. Das Ganze ist zugleich eine Chronik des 20. Jahrhunderts und auch eine Nationalismuskritik. Den Anfang fand ich noch ganz interessant, insgesamt zieht sich das Ganze in meinen Augen aber wie Kaugummi. Mir fehlt im Text beispielsweise der Hintersinn, wie er etwa in den Publikationen einer Dubravka Ugrešić (RIP) zu finden ist; dabei gibt es im Text durchaus sarkastisch-zynische Passagen und auch einen gewissen Galgenhumor. Manches klingt in meinen Ohren aber leider regelrecht schwülstig und abgedroschen, es ist etwa von einem Dekolleté die Rede, „wo die Brüste herausschauten, die erst am Sprießen sind und auf dem Weg zu den Brüsten eines erwachsenen Mädchens, […]“ oder auch von den Schuldgefühlen infolge „Jahrhunderten katholischer Erziehung“ (wie oft hat man diese Wendung schon gelesen?).

Eigentlich mag ich das Genre gern, „Die Rolle meiner Familie in der Weltrevolution“ von Bora Ćosić gehört zu meinen Lieblingsromanen.

„Die Wanderbühne“ ist sicher eine lesenswerte Familiensaga, mich konnte der in Teilen autobiographische Roman aber nicht richtig „packen“, stilistisch und sprachlich ist Zoran Ferić wohl einfach nicht mein Fall.

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Veröffentlicht am 09.07.2023

„Noch nie waren Sparsamkeit und Vernunft so romantisch gewesen.“

Eine Lady hat die Wahl
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Vor einem Jahr habe ich den ersten Teil der „Lady’s Guide“ –Serie von Sophie Irwin gelesen.
Mit „Wie man sich einen Lord angelt“ hatte die Autorin den Auftaktband zu einer Regency – Romance ...

Vor einem Jahr habe ich den ersten Teil der „Lady’s Guide“ –Serie von Sophie Irwin gelesen.
Mit „Wie man sich einen Lord angelt“ hatte die Autorin den Auftaktband zu einer Regency – Romance – Reihe vorgelegt. Die Geschichte rund um Katherine „Kitty“ Talbot fand ich ganz amüsant. Nun ist der Folgeband ins Deutsche übertragen worden. Wenn man bedenkt, dass Irwin anfangs aus „Persuasion“ zitiert, wird klar, an welchem Vorbild sich „Eine Lady hat die Wahl“ orientiert.
Das Endergebnis erinnert aber eher an „Bridgerton“ als an Jane Austen (oder an Georgette Heyer). Regency Era meets Wokeness?
„Eine Lady hat die Wahl“ spiegelt den Zeitgeist, es gibt eine Dreiecksbeziehung und auch ein gleichgeschlechtliches Liebespaar.

Worum geht’s?

Die Protagonistin wird zunächst als Kind ihrer Zeit eingeführt, welches den gesellschaftlichen Erwartungen entsprach, indem es eine Vernunftehe einging.
Als die unsichere Eliza Balfour unverhofft ein Vermögen erbt (nie hätte sie gedacht, dass ihr distanzierter Ehemann Lord Somerset, der immerhin zwanzig Jahre älter als sie war, sie als Haupterbin einsetzen würde), stehen ihr theoretisch alle Türen offen, die Erbschaft ist jedoch an gewisse Bedingungen geknüpft. Daher entschließt sich die schüchterne junge Frau dazu, mit ihrer Cousine Margaret nach Bath zu reisen. Als der offene Landauer mit einer anderen Kutsche kollidiert, lernt sie den berüchtigten Max Melville kennen, der ihr schon bald den Hof machen soll. Doch es gibt da noch den jungen Lord Somerset, Elizas Jugendliebe. Für welchen Mann wird die Heldin sich entscheiden? Oder entscheidet sie sich am Ende gar für sich selbst?
Wenn Figuren einer längst vergangenen Ära sich wie Menschen des 21. Jahrhunderts verhalten, ist dies ahistorisch. Wenn ich eine moderne Geschichte lesen will, greife ich in der Regel nicht zu einem historischen (Liebes)roman. Ich hätte mir auch eine filigranere Figurenzeichnung gewünscht, dann hätte ich mit den Helden richtig mitfiebern können. Als Autorin hätte ich den plot gestrafft, noch mehr Witz und Tempo wären auch nicht schlecht gewesen, obwohl die story ganz unterhaltsam ist. Die Wortgefechte, die sich Eliza und Lord Melville liefern, verleihen der Erzählung Würze.

Fazit:
„Eine Lady hat die Wahl“ kommt leider nicht ganz an „Wie man sich einen Lord angelt“ heran. Der zweite Band einer Reihe ist aber eine nette Lektüre für Zwischendurch.

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Veröffentlicht am 11.06.2023

Typischer Mittelband

City of Dreams
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„Jimmy, ich hab das Heroin ins Meer gekippt.“
Don Winslow hat mit „City of Dreams” den zweiten Band seiner Trilogie rund um den irisch-amerikanischen Mafioso Danny Ryan vorgelegt. Um es gleich vorwegzunehmen ...

„Jimmy, ich hab das Heroin ins Meer gekippt.“
Don Winslow hat mit „City of Dreams” den zweiten Band seiner Trilogie rund um den irisch-amerikanischen Mafioso Danny Ryan vorgelegt. Um es gleich vorwegzunehmen – „City of Dreams“ ist meines Erachtens ein typischer Mittelband – nicht ganz so stark wie der Auftakt „City on Fire“ und hoffentlich schwächer als das Finale der Reihe, die sich liest wie eine Mischung aus Homers „Ilias“ und dem Scorsese – Kracher „The Departed“.
Die Exposition von „City of Dreams” fand ich gelungen, der Mittelteil zog sich leider etwas in die Länge und war gleichzeitig zu gehetzt, und es gab für mich vorhersehbare und fast klischeehafte Erzählelemente. Das Ende dieser Mafiaballade in Buchform ist aber ganz okay und es macht neugierig auf den Abschluss der Serie. Zum besseren Verständnis empfehle ich, tatsächlich auch „City on Fire“ zu lesen (obwohl der Autor den Inhalt auch in diesem Folgeband zusammenfasst).
Worum geht’s?
Die Erzählung beginnt als Roadmovie. Die Gang macht sich von Neuengland (Rhode Island) nach Kalifornien auf. Dannys Frau Terri erlag ihrem Krebsleiden, der Protagonist beschloss, dem Bandenkrieg mit den Italienern und dem Katz-und-Mausspiel mit korrupten Polizisten ein Ende zu bereiten und kippte eine große Drogenlieferung kurzerhand ins Meer. Er wollte seinem Söhnchen Ian ein besseres Leben bieten und seinem Vater einen ruhigen Lebensabend, doch das FBI lässt nicht locker. Als in Hollywood ein Streifen über sein früheres Leben gedreht werden soll, verliebt sich der moderne Odysseus Danny in eine Filmdiva, ein Neuanfang liegt in greifbarer Nähe. Doch die Vergangenheit lässt sich nicht so einfach abschütteln…
Don Winslow kann mit tollen Figuren und einem potentiell interessanten plot punkten. Leider konnte er mich mit seinem „geschwätzigen“ Stil nicht unbedingt überzeugen, und damit meine ich nicht nur die Tatsache, dass die Handlung arg dialoglastig ist. „Show, don’t tell“ möchte man ihm zurufen. Oft werden handwerkliche Schwächen im Thrillergenre mit spannenden, wendungsreichen Szenen kompensiert. „City of Dreams“ hätte für meinen Geschmack fesselnder sein dürfen, aber der Roman ist eben ein zweiter Teil, in welchem nicht das ganze Pulver verschossen werden darf. Jetzt darf man auf ein fantastisches Finale der Reihe rund um Danny Ryan & Co. hoffen!

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Veröffentlicht am 30.05.2023

Rivalen auf dem Eis

Match on Ice
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“Match on Ice (Read! Sport! Love!): Liebe, Spiel und Sieg“ von Allie Wells ist eine Sportlerromanze. Man sollte sich für Leistungssport begeistern können, um beim Lesen nicht genervt zu sein. Eine Ich-Erzählerin ...



“Match on Ice (Read! Sport! Love!): Liebe, Spiel und Sieg“ von Allie Wells ist eine Sportlerromanze. Man sollte sich für Leistungssport begeistern können, um beim Lesen nicht genervt zu sein. Eine Ich-Erzählerin führt durch das Geschehen. Ich wollte den Roman gerne lesen, weil mir die Eiskunstlaufserie „Spinning Out“ auf Netflix gut gefiel. Der Roman liegt als E-book und als Taschenbuch auf Deutsch vor, was ich gut finde, so kann man sein bevorzugtes Format wählen. Ich habe mir das E-book angeschaut.9

Worum geht’s?
„Mehr Training, mehr Konzentration, mehr irgendwas.“
Nach einem traumatischen Erlebnis traut sich Romy nicht mehr auf’s Eis. Für die Eiskunstläuferin ist diese Blockade ein großes Problem. Helfen soll ihr (zur Strafe) der Eishockeyspieler Jack, und da gibt es auch noch Romys Partner. Schon bald beginnt das Karussell sich zu drehen…
Allie Wells Roman hat mir leider nicht ganz so gut gefallen wie Teagan Hunters „Our Hearts on Ice“ (es geht in Hunters Roman auch um Eishockey).
Die Figuren in „Match on Ice” bleiben für meinen Geschmack austauschbar und etwas farblos. Zwar gibt es dramatische Ereignisse, Intrigen und auch schöne Momente, die Szenen werden jedoch relativ routiniert aneinandergereiht, so dass das Ganze stellenweise auch ein bisschen ‚blutleer‘ erscheint. Am Aufbau hätte die Autorin Allie Wells auch ein wenig feilen dürfen – auf eine eigentlich gelungene Exposition folgt ein konventionell aufgebauter Mittelpart, der Finalteil kommt dann doch arg komprimiert daher, andererseits kommen so auch nicht unnötige Längen auf, man kann das Ganze prima „weglesen“, die Denkweise von Leistungssportlern wird auch ganz gut „eingefangen“.

Fazit: Eiskalte Unterhaltung für Zwischendurch!

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Veröffentlicht am 30.05.2023

Besser allein als in schlechter Gesellschaft

Besser allein als in schlechter Gesellschaft
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Endlich wieder Neues von Adriana Altaras!
Ich habe schon mit großem Vergnügen „Titos Brille“ und „Doitscha“ gelesen, daher war mir „teta Jele“ (Adrianas Tante Jelka) schon ein Begriff, und ich freue mich ...

Endlich wieder Neues von Adriana Altaras!
Ich habe schon mit großem Vergnügen „Titos Brille“ und „Doitscha“ gelesen, daher war mir „teta Jele“ (Adrianas Tante Jelka) schon ein Begriff, und ich freue mich sehr, dass „Besser allein als in schlechter Gesellschaft“ (dito, dito) auch von dieser Tante erzählt. Es geht um Adrianas Familiengeschichte, um die Pandemie und um’s Altern. Durch die Lektüre der anderen Bücher war mir die Geschichte der jüdischen Familie wie gesagt schon ein wenig bekannt, hier erfährt man Näheres, und es hat mich betroffen gemacht, dass Arianas Ehe mit dem „Westfale[n]“, den sie so liebte, wohl der Vergangenheit angehört. Der Text ist einigermaßen dialoglastig, Arianas Humor ist wieder unschlagbar gut, aber es gibt auch melancholische Passagen, die traurig machen. Die Pandemie hat bei uns allen Spuren hinterlassen. Als die Grenzen geschlossen werden, bleiben den Frauen nur tägliche Telefonate. Ich bin nicht unbedingt ein Fan der literarischen Verarbeitung der Coronawelle, die uns alle betraf, hier ist das Ganze aber passend. Mir ist auch aufgefallen, dass die slawischen Ausdrücke & die diakritischen Zeichen nicht immer korrekt sind, dies kann ein Lektorat leicht ausbügeln, ansonsten ist es aber eine gelungene Veröffentlichung. Ich liebe das leichtfüßige code - switching im Text.
Tante Jelka, die als Tochter des deutschen Juden Sigismund Fuhrmann in Zagreb aufwuchs, befindet sich mittlerweile in einem italienischen Seniorenheim, sie fühlt sich aber immer noch jung im Herzen und versichert ihrer Nichte Adriana (Altaras ist die Tochter ihrer Schwester Thea), dass sechzig Jahre kein Alter sind. Die Weisheit der Hundertjährigen! Man erfährt vieles aus Jelkas bewegtem (und hartem) Leben. Jelka ist immer eine Lady geblieben, eine Dame von Welt!

Fazit: „Besser allein als in schlechter Gesellschaft“ ist eine Liebeserklärung an einen Lieblingsmenschen, eine Chronik, ein Nachdenken, eine Publikation zum Lachen & Weinen.

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