Potenzial nicht ausgeschöpft
RefugiumVon Prologen kann man halten, was man möchte. Für die Einen ebnen sie den Weg des weiteren Verlaufs, für Andere sind sie eher sekundär. Ich würde sagen: Wenn mich ein Prolog catcht, ist das schon die halbe ...
Von Prologen kann man halten, was man möchte. Für die Einen ebnen sie den Weg des weiteren Verlaufs, für Andere sind sie eher sekundär. Ich würde sagen: Wenn mich ein Prolog catcht, ist das schon die halbe Miete. Der Auftakt in diesem Band ist stark. Er bietet Action, Nervenkitzel, versetzt den Leser direkt in eine angespannte Position. Nun liegt es am Autor oder der Autorin, die Spannung beizubehalten. Leider ist es in diesem Fall nicht gut gelungen.
Zwar hat Lindqvist ein Gespür für die richtigen Formulierungen, punktet mir Ausdruck und definitiv mit einer klug gewählten Figurenausarbeitung, jedoch ist letzteres auch der Knackpunkt. Der Autor hat den Fokus klar auf die Charaktere gelegt. Und zwar so sehr, dass alles andere fast schon nebensächlich wirkt. An einigen Stellen zog sich der Plot unnötig in die Länge, sodass man guter Dinge sein muss, um trotzdem weiterzulesen.
Hinzu kommt die Tatsache, dass wir es eher mit klassischen Elementen eines Krimis zu tun haben, nicht mit denen eines Thrillers. Wer sich jetzt freut, weil er gern die Ermittlungen mitverfolgt und Hintergründe serviert bekommt, sollte sich lieber etwas bremsen. Denn auch diese Aspekte werden nur bröckchenweise thematisiert. Da mich insbesondere politische, wirtschaftliche und unternehmerische Handlungen in Büchern nicht sonderlich interessieren, war es so, dass ich öfter Zeilen übersprungen habe. Das ist natürlich Geschmackssache und könnte dem einen oder anderen Leser durchaus bedeutend besser gefallen als mir. Für mich las sich die Story dadurch zu nüchtern und trocken. Hier und da hätte man ruhig kürzen und das Ganze auflockern können.
Bei Fehlern bin ich zwar im Allgemeinen recht kleinlich, ich finde jedoch, dass sich der Nachname einer Figur während des Verlaufs nicht ändern darf. Sicher, kann passieren. Ist trotzdem ärgerlich, wenn aus Julia Malmros plötzlich Julia Ribbing wird. Apropos Ribbing: Der Nachname gehört eigentlich Kim. Kim Ribbing. Für mich der coolste Charakter seit Längerem. Er ist faszinierend, ihn umgibt eine düstere Aura, man kann ihn nur schwer einschätzen. Und das macht ihn unglaublich interessant. Er ist niemand, der in der Masse untergeht, sondern sich ins Gedächtnis brennt.
Im Großen und Ganzen hat mich Lindqvist mit REFUGIUM etwas enttäuscht, muss ich gestehen. Vor allem wegen des aufreibenden Prologs. Ob ich dem zweiten Teil der Trilogie eine Chance geben werde, weiß ich noch nicht. Ich würde schon gern wissen, wie es weitergeht, wie sich Julia und Kim weiterentwickeln. Und ein klitzekleines bisschen hege ich die Hoffnung, dass der erste Teil dazu dient, eine solide Basis aufzubauen, damit es danach ordentlich kracht. Mal sehen!