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Veröffentlicht am 26.07.2023

Potenzial nicht ausgeschöpft

Refugium
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Von Prologen kann man halten, was man möchte. Für die Einen ebnen sie den Weg des weiteren Verlaufs, für Andere sind sie eher sekundär. Ich würde sagen: Wenn mich ein Prolog catcht, ist das schon die halbe ...

Von Prologen kann man halten, was man möchte. Für die Einen ebnen sie den Weg des weiteren Verlaufs, für Andere sind sie eher sekundär. Ich würde sagen: Wenn mich ein Prolog catcht, ist das schon die halbe Miete. Der Auftakt in diesem Band ist stark. Er bietet Action, Nervenkitzel, versetzt den Leser direkt in eine angespannte Position. Nun liegt es am Autor oder der Autorin, die Spannung beizubehalten. Leider ist es in diesem Fall nicht gut gelungen.

Zwar hat Lindqvist ein Gespür für die richtigen Formulierungen, punktet mir Ausdruck und definitiv mit einer klug gewählten Figurenausarbeitung, jedoch ist letzteres auch der Knackpunkt. Der Autor hat den Fokus klar auf die Charaktere gelegt. Und zwar so sehr, dass alles andere fast schon nebensächlich wirkt. An einigen Stellen zog sich der Plot unnötig in die Länge, sodass man guter Dinge sein muss, um trotzdem weiterzulesen.

Hinzu kommt die Tatsache, dass wir es eher mit klassischen Elementen eines Krimis zu tun haben, nicht mit denen eines Thrillers. Wer sich jetzt freut, weil er gern die Ermittlungen mitverfolgt und Hintergründe serviert bekommt, sollte sich lieber etwas bremsen. Denn auch diese Aspekte werden nur bröckchenweise thematisiert. Da mich insbesondere politische, wirtschaftliche und unternehmerische Handlungen in Büchern nicht sonderlich interessieren, war es so, dass ich öfter Zeilen übersprungen habe. Das ist natürlich Geschmackssache und könnte dem einen oder anderen Leser durchaus bedeutend besser gefallen als mir. Für mich las sich die Story dadurch zu nüchtern und trocken. Hier und da hätte man ruhig kürzen und das Ganze auflockern können.

Bei Fehlern bin ich zwar im Allgemeinen recht kleinlich, ich finde jedoch, dass sich der Nachname einer Figur während des Verlaufs nicht ändern darf. Sicher, kann passieren. Ist trotzdem ärgerlich, wenn aus Julia Malmros plötzlich Julia Ribbing wird. Apropos Ribbing: Der Nachname gehört eigentlich Kim. Kim Ribbing. Für mich der coolste Charakter seit Längerem. Er ist faszinierend, ihn umgibt eine düstere Aura, man kann ihn nur schwer einschätzen. Und das macht ihn unglaublich interessant. Er ist niemand, der in der Masse untergeht, sondern sich ins Gedächtnis brennt.

Im Großen und Ganzen hat mich Lindqvist mit REFUGIUM etwas enttäuscht, muss ich gestehen. Vor allem wegen des aufreibenden Prologs. Ob ich dem zweiten Teil der Trilogie eine Chance geben werde, weiß ich noch nicht. Ich würde schon gern wissen, wie es weitergeht, wie sich Julia und Kim weiterentwickeln. Und ein klitzekleines bisschen hege ich die Hoffnung, dass der erste Teil dazu dient, eine solide Basis aufzubauen, damit es danach ordentlich kracht. Mal sehen!

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Veröffentlicht am 18.07.2023

Potenzial nicht gänzlich ausgeschöpft

Sünde
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Das Mädchen Anna Owen wird bei dem Diebstahl eines Brotes erwischt und ins Gefängnis gesteckt. Täglich wird sie mit den anderen Insassinnen zum Richteherr geführt und geht ohne Bestrafung zurück in die ...

Das Mädchen Anna Owen wird bei dem Diebstahl eines Brotes erwischt und ins Gefängnis gesteckt. Täglich wird sie mit den anderen Insassinnen zum Richteherr geführt und geht ohne Bestrafung zurück in die Zelle. Bis sie eines Tages ihre Strafe erhält und zu einer Sündenesserin erklärt wird.

Eine Sündenesserin nimmt Sterbenden die Beichte ab. Für jede Sünde gibt es eine Speise, beginnend mit der Sünde der Geburt, dafür steht Brot. Nach dem Tode Desjenigen liegen die jeweiligen Speisen bereit und werden von der Sündenesserin gegessen.
Sie ist eine Aussätzige, die mit niemandem sprechen darf. Und das hat sie als Figur so verdammt faszinierend gemacht. Weil sie sich von der Masse abhebt und kein 08/15-Charakter ist, dem man in jedem zweiten Buch begegnet. Ich habe mich zuvor noch nie mit diesen Themen befasst, die die Autorin in ihrem Werk aufgegriffen hat. Oder habt ihr schon mal eine Sündenesserin getroffen? Eben.

Ab etwa der Mitte des Buches wurde es für mich zunehmend verwirrender. Anna, unsere Sündenesserin, gibt den Menschen Spitznamen, und es erscheinen immer mehr von ihnen, bis ich irgendwann kaum noch durchstieg. Dazu mischen sich die Intrigen am Hof mit Annas eigener Herkunft, deren Strang irgendwann im Sande verlief.

Die Sprache ist rauh und deftig, absolut der damaligen Zeit angemessen. Ansiedeln würde ich es, wenn man einen Vergleich möchte und anhand der Figuren urteilt, zur Zeit Elisabeths der Ersten. Hat mir gut gefallen, denn das habe ich bisher seltener gelesen.

Fazit: Ein solider, historischer Roman über einen der ungewöhnlichsten Berufe, der tatsächlich in England bis zum 19. Jahrhundert praktiziert wurde. Leider haben mich die Verwirrung am Königshof und die Vielzahl an Protagonisten etwas Lesespaß gekostet, sodass ich SÜNDE nur bedingt weiterempfehle. (Würde ich sündigen, würde ich drei von fünf Sünden begehen.)

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Veröffentlicht am 10.07.2023

Langatmiger Start, dann ausgetüftelte Story

Der finstere See
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Jeremy verlor seine kleine Schwester schon, als er selbst noch ein Kind war. Seine Erinnerungen an diesen Vorfall sind allerdings lückenhaft. Doch plötzlich löst ein Ereignis Flashbacks aus. Als er dann ...

Jeremy verlor seine kleine Schwester schon, als er selbst noch ein Kind war. Seine Erinnerungen an diesen Vorfall sind allerdings lückenhaft. Doch plötzlich löst ein Ereignis Flashbacks aus. Als er dann auch noch für den Verkauf des geerbten Hauses zurück an den Platz des Geschehens muss, kommen die Erinnerungen Stück für Stück zurück, und die Anwohner sind über seine Anwesenheit nicht begeistert.

Es gibt Bücher, die von der ersten Seite an spannend sind und einen nicht loslassen. Und dann gibt es Bücher wie dieses, die sich ziehen wie Kaugummi. Viele Seiten lang erfährt der Leser, was Jeremy für ein unsympathischer Kerl ist, der sich glücklich schätzen sollte, dass seine Frau Sarah so viel Verständnis für seine Aussetzer hat. Seit dem Tod seiner Schwester leidet er offenbar unter psychischen Problemen, und seine Mutter war nicht gerade wohlsorgend damit, ihm bei der Trauerbewältigung zu helfen. Ganz im Gegenteil ließ sie wohl ihren Schmerz über den Verlust der Tochter an Jeremy aus.

Zitat Pos. 81:
"Niemals hätte er seiner Mutter diese Befriedigung gegönnt, denn in Wirklichkeit war nicht Sarah die Zielscheibe, das wusste er, sondern er. Der Subtext war laut und deutlich: Die Einzige, die ihn haben wollte, die Einzige, die er kriegen konnte, war eine dicke junge Frau, eine pummelige, dankbare Frau."

Bereits der Klappentext lässt erahnen, dass Jeremy irgendwie selbst am Tod seiner Schwester beteiligt ist. Durch einige Wendungen schafft es die Autorin dann etwa zur Hälfte des Buches, die Spannung zu steigern, und auch der Eindruck von Jeremy verändert sich noch einmal.

Das Ende war dann tatsächlich sehr überraschend und dramatisch - konnte aber die anfänglichen Längen nicht vollends wieder gutmachen.

Fazit: Ein langatmiger Anfang. Wer aber durchhält, wird mit einer ausgetüftelten und letztlich auch spannenden Crime-Story belohnt. Ich frage mich allerdings, wie man auf diesen Buchtitel gekommen ist, denn den finsteren See hat die Autorin nur ganz kurz nebenbei eingebracht. Schade!

© RO, Daniela

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Veröffentlicht am 21.06.2023

Potenzial nicht ganz ausgeschöpft

Lieblingstochter
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Kinder, die ihre Eltern töten? Kommt gar nicht mal so selten vor. Wenn das Kind aber tatsächlich ein Kind im wahrsten Sinne des Wortes ist, dann wird es spannend. Zumindest hätte diese Story es werden ...

Kinder, die ihre Eltern töten? Kommt gar nicht mal so selten vor. Wenn das Kind aber tatsächlich ein Kind im wahrsten Sinne des Wortes ist, dann wird es spannend. Zumindest hätte diese Story es werden können...

Dr. Gretchen White ist ein ungeschliffener Diamant. Ich lese gerne von Protagonisten mit Ecken und Kanten, unangepasste Charaktere, die aus dem Rahmen fallen. Gretchen war mir jedoch in allem zu extrem. Gerade am Anfang las sich die Storyline so, als wollte die Autorin die Lesenden mit aller Macht davon überzeugen, dass es sich lohnt, weiterzublättern. Leider hatte ich das Gefühl, dass Gretchen keine Entwicklung durchlebt hat, weil sie am Ende immer noch dieselbe Person war wie zu Beginn.

Und da fügt sich das Ganze mit dem Schreibstil zusammen, denn Dr. Gretchen White wird als Soziopathin beschrieben, und das nicht nur einmal. Es fühlte sich wie ein Running Gag an, wenn wieder einmal betont wurde, dass sie eine Soziopathin (keine gewalttätige!) ist. Immer und immer wieder. Ebenso werden die Empathen laufend erwähnt. Ab einem gewissen Punkt waren die Dialoge in dieser Hinsicht vorhersehbar, so dass das Lesen ziemlich anstrengend wurde. Das hat leider einiges von der Spannung genommen. Dabei ist die Geschichte eigentlich interessant, der Plot solide, und auch die anderen Charaktere können sich durchaus sehen lassen. Gut gefallen hat mir, dass man oft dachte, die Geschichte durchschaut zu haben, es dann aber doch zu einer Wendung kam. Die Perspektiven sind überschaubar, der Fall an sich zwar klug konstruiert, die Spannungskurven aber definitiv ausbaufähig.

Fazit: Die neue Reihe startet mit einigen Anlaufschwierigkeiten und viel Luft nach oben. Ich hoffe, dass mich der zweite Teil mehr begeistern kann. Diese Chance werde ich der Autorin auf jeden Fall geben, denn der erste Teil verspricht einiges an noch nicht ausgeschöpftem Potenzial. Schaut mal rein!

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Veröffentlicht am 10.06.2023

Emotionslos, Schachtelsätze

Der Club. Dabeisein ist tödlich
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In die Story bin ich relativ gut reingekommen. Es hat gemächlich begonnen, man wurde in die Thematik eingeführt. Doch es wurde schnell langweilig und ziemlich verrückt. Schwierig, passende Worte dafür ...

In die Story bin ich relativ gut reingekommen. Es hat gemächlich begonnen, man wurde in die Thematik eingeführt. Doch es wurde schnell langweilig und ziemlich verrückt. Schwierig, passende Worte dafür zu finden. Mich hat der Schreibstil enorm gestört. Dieser konnte keinerlei Emotionen in mir hervorrufen. Geschrieben wurde das Buch von einem Autorenduo, jedoch scheinen die beiden nicht sehr gut zusammengearbeitet zu haben. Der Schreibstil war einige Seiten in Ordnung, dann sackte die Qualität ab. Und so ging es im Wechsel weiter. Dadurch wurde ich häufig aus meinem Lesefluss gerissen. Ich war sogar drauf und dran, das Buch abzubrechen, weil es wirklich schwierig war, in der Geschichte zu versinken. Es gab viele verschachtelte Sätze und wirkte häufig abgehakt. Warum ich mich dennoch gezwungen habe, weiterzulesen? Ich wollte natürlich eine Antwort auf meine Fragen erhalten, die ich mir bereits während des Lesens gestellt habe.

Leider war die Geschichte nicht wie erwartet. Die Charaktere wurden nur oberflächlich angeschnitten, dadurch wirkten sie auf mich 0815 und sind leider nicht hervorgestochen. Nehmen wir als Beispiel Jess. Sie ist eigentlich eine selbstbewusste, junge Frau. Hat viel mit Niederlagen zu kämpfen und bekommt dann, urplötzlich, diesen tollen, großartigen Job angeboten. Natürlich gleich eine relativ hohe Position. Ich kann sie verstehen, aber so viel Naivität in einer Person war etwas too much. Und so geht es weiter. Die Charaktere bleiben undurchsichtig und verschwinden zwischen den Seiten.

Die Story war zwischendurch spannend, es gab gewisse Momente, da konnte man erahnen, dass das Buch eigentlich ein Krimi sein soll. Aber irgendwie konnte das Autorenduo diese Momente nicht fassen und ließ sie schnell wieder in der Versenkung verschwinden. Vieles war vorhersehbar und kein bisschen überraschend. Es wurde viel zu viel nebenher erklärt. Bestenfalls ein durchwachsener Roman, aber kein ausgetüftelter Krimi, wie in der Inhaltsangabe versprochen.

Fazit: Leider konnte mich das Buch überhaupt nicht überzeugen. Mit dem Schreibstil bin ich nicht klargekommen, weshalb es schwierig war, durchzuhalten. Dem ein oder anderen Leser könnte der Plot durchaus gefallen, also empfehle ich die Leseprobe, um einen ersten Eindruck vom Inhalt zu bekommen.

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