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Veröffentlicht am 17.09.2017

Zwischen Licht und Schatten

Zwischen Schatten und Licht
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Heike Rommel hat mir ihrem dritten Bielefeld-Krimi nach "Nacht aus Eis" und "Das fremde Grab"einen spannenden Fall vorgelegt. Für mich war es das erste Buch der Autorin.
Anfangs verwirrten mich die vielen ...

Heike Rommel hat mir ihrem dritten Bielefeld-Krimi nach "Nacht aus Eis" und "Das fremde Grab"einen spannenden Fall vorgelegt. Für mich war es das erste Buch der Autorin.
Anfangs verwirrten mich die vielen Namen, da Heike Rommel einmal den Vornamen und dann wieder den Nachnamen derselben Figur verwendet. Da es sich auch um den dritten Band einer Reihe handelt und ich das Ermittlerteam noch nicht kannte, hatte ich anfangs damit einige Probleme. Bis ich die Personen engültig zuordnen konnte, dauerte es etwas. ...

Marleen Seismo und ihre Band treten nach längerer Zeit wieder in ihrer Heimatstadt Bielefeld auf. Beim Konzert im Bunker, einem Jazzkeller, bricht Marleen plötzlich tot auf der Bühne zusammen. Schnell ist klar, dass es sich um einen Giftmord handelt. Kai, der Bruder von Kommissarin Nina Tschöke, der am Down Syndrom leidet, war ebenfalls beim Konzert anwesend. Er saß sogar in der Pause bei der Künstlerin am Tisch und wirkt seitdem etwas verstört. Doch Kai bleibt gegenüber seiner Schwester verschlossen und Nina und ihre Kollegen tappen sehr, sehr lange im Dunkeln, denn Verdächtige gibt es jede Menge....

Der Titel "Zwischen Licht und Schatten" passt wie die Faust aufs Auge für wohl jede Musiker-Karriere. Oft geht es um verpasste Chancen und Neid, die hier die Schattenseiten eines Lebens im Glanz des Scheinwerferlichts aufzeigen.
Der kurzweilige Krimi, dessen Spannungsbogen ab der Hälfte kontinuierlich ansteigt und einen tollen Showdown beinhaltet, konnte mich überzeugen. Das interessante Ermittlerteam, bei dem man auch private Einblicke hat, ist eher atypisch. Mit Kai, dem Bruder von Nina, der am Down-Syndrom leidet, und einem schwulen Ermittler, der sein Geheimnis gegenüber den Kollegen noch nicht offen darlegen möchte, hat die Autorin alleine schon zwei sehr ungewöhnliche Charaktere erschaffen.
Die Zahl der Verdächtigen steigt durch ein Klassentreffen am Vorabend des Konzertes, bei dem Marleen der strahlende Mittelpunkt war. Man rätselt als Leser sehr lange wer hinter dem feigen Giftmord steckt, als es den nächsten Toten gibt.

Auch der Lokalkolorit spielt hier eine große Rolle, wobei aber die Ermittlertätigkeiten keineswegs in den Hintergrund geraten. Das Ende ist schlüssig und lässt einem zufrieden das Buch zuschlagen.

Schreibstil:
Der Schreibstil von Heike Rommel lässt sich flüssig und angenehm lesen. Die Autorin überzeugte mich mit sehr lebendigen Charakteren und einer Prise Humor. Wunderbar beschrieben hat Heike Rommel den Charakter von Kai. Man merkt, dass sie selbst mit Behinderten arbeitet und Kai's Gefühle und sein Verhalten sehr verständnisvoll beschreibt. Auch die Einflüsse der Region werden mit viel Liebe und Lokalkolorit dargestellt.

Fazit:
Ich bin nun neugierig auf die ersten beiden Bände geworden, denn Heike Rommel konnte mich mit "Zwischen Licht und Schatten" für sich gewinnen. Ein guter Krimi aus der Region Bielefeld mit herrlich erfrischenden Ermittlern und einer Menge an Verdächtigen, was das Miträtseln umso spannender macht.

Veröffentlicht am 03.09.2017

Sam Wyndham 1

Ein angesehener Mann
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Ich interessiere mich sehr für Indien und deswegen fiel mir dieses Buch schon lange vor dem Erscheinungstermin auf. Interessant war für mich auch noch die Zeit in dem es spielt und dass es sich um einen ...

Ich interessiere mich sehr für Indien und deswegen fiel mir dieses Buch schon lange vor dem Erscheinungstermin auf. Interessant war für mich auch noch die Zeit in dem es spielt und dass es sich um einen Krimi handelt. Alles Punkte, die mich überzeugten!

Abir Mukherjee entführt den Leser in das Kalkutta des 20. Jahrhunderts. Es ist die Zeit der britischen Kolonialherrschaft und der Unterschied zwischen den englischen "Herren" und der einheimischen Unterschicht ist allgegenwärtig.
Sein Protagonist Sam Wyndham ist erst vor kurzem in Kallkutta angekommen. Nach Ende des Ersten Weltkrieges lässt sich der ehemalige Scotland Yard Ermittler von Großbritannien nach Indien versetzen. Er hat im Krieg alles verloren, ist desillusioniert und möchte in Kalkutta ein neues Leben beginnen. Doch bevor er sich überhaupt richtig akklimatisieren kann, hat er bereits seinen ersten Mordfall. Der Tote kommt noch dazu aus höheren Kreisen und wurde im falschen Teil der Stadt ermordet aufgefunden. Kein besonders angenehmer und leichter Start, denn diese Umstände drängen zusätzlich auf eine schnelle Überführung des Täters. Der allgegenwärtige gesellschaftliche Trennung lässt auch nur eine Vermutung zu: Der Täter muss ein Bengale sein. Steckt doch auch ein Zettel mit einer Warnung im Mund des Toten.

Mit dem einheimischen Sergeant Banerjee hat Sam einen äußerst intelligenten Untergebenen an seiner Seite. Digby, sein englischer SuB-Inspector, möchte den Fall zwar ebenfalls schnell aufklären, ist aber noch immer sauer, dass er nicht befördert wurde und der Neue, den ihm zustehenden Posten bekommen hat.
Sam versucht allen Hürden zum Trotz den Täter zu überführen und ermittelt bis in die höchsten politischen und wirtschaftlichen Kreise, womit nicht Jeder einverstanden ist....

"Ein angesehener Mann" ist der erste Band einer neuen Reihe um den Ermittler Captain Sam Wyndham.
Der Krimi ist eher ruhig und baut viel auf die politische Lage in Indien zu dieser Zeit auf. Der Unterschied zwischen den 150.000 weißen Kolonialherren, die über 3 Millionen Inder herrschen, und die strikte Trennung zwischen der White und der Black Town zieht sich als roter Faden durch die ganzen 512 Seiten. Die politischen Verhältnisse werden so geschildert, dass man sie auch ohne Vorkenntnisse versteht. Den unterschwelligen Rassismus stellt der Autor gekonnt mit seinen beiden Inspectors dar. Während sich Sam den Indern gegenüber aufgeschlossen gibt, stellt Digby den typischen englischen "Herrscher" dieser Zeit dar. In seiner respektlosen Art gegenüber den Einheimischen nennt er Sergeant Banerjee wegen der Unausprechlichkeit seinen Vornamens einfach "Surrender-not".

Mukherjee gelingt es nicht nur die Stadt und die brodelnde Atmosphäre in der indischen Metropole bildgewaltig darzustellen, sondern auch die Charaktere detailiert zu beschreiben. Man hat das Gefühl diese Figuren zu kennen. Gleichzeitig spürt man die Hitze und den Staub der damals blühenden Stadt am Fluss Hugli. Kalkutta bildete zu dieser Zeit nach dem Ersten Weltkrieg das Zentrum der Unabhängigkeitsbewegung, was man immer wieder zwischen den Zeile spüren kann.

Sam ist ein sympathischer Ermittler, der noch etwas mit seinen Dämonen aus dem Weltkrieg zu kämpfen hat und deshalb sehr authentisch wirkt. Er hat ebenso seine Ecken und Kanten und ist dennoch kein "kaputter Typ", wie sie gerne in den skandinavischen Krimis verwendet werden. Besonders mochte ich aber seinen indischen Kollegen Banerjee, der loyal zu seinen Vorgesetzten steht. Der britische Humor blitzte ebenfalls hin und wieder durch, was mir gut gefallen hat.
Die im Buchinneren abgebildete Karte von Kalkutta zeigt die beiden Stadtteile und die Stationen der Ermittlungen.

Der Kriminalfall ist sehr komplex und atmosphärisch und lädt zum Miträtseln ein. Ich wusste bis zum Ende nicht, wer oder was dahintersteckt.

Fazit:
Ein bemerkenswerter Debütroman, der mich ins farbenprächtige Indien entführte. Atmosphärisch und komplex mit einem Schuss trockenen englischen Humor. Trotzdem gab es in der Mitte des Buches einige kleine Längen, bei der die Geschichte nicht wirklich voran kam. Auch etwas mehr Spannung hätte der Krimi gut vertragen. Deswegen vergebe ich gute 4 Sterne und bin schon gespannt auf den Folgeband.

Veröffentlicht am 26.08.2017

Tolle Spannung, aber etwas zu unglaubwürdig und konstruiert

Das Mädchen aus Brooklyn
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Die letzten beiden Romane des Autors haben mir leider - vorallem wegen dem Ende - nicht wirklich zugesagt, obwohl die Handlung spannend erzählt wurde. Nun war ich schon neugierig, wie es mir mit dem neuen ...

Die letzten beiden Romane des Autors haben mir leider - vorallem wegen dem Ende - nicht wirklich zugesagt, obwohl die Handlung spannend erzählt wurde. Nun war ich schon neugierig, wie es mir mit dem neuen Roman "Das Mädchen aus Brooklyn" ergehen wird.
Gleich vorweg: Meine Gefühle sind zwiespältig! Mit dem Ende war ich diesmal zufrieden, auch wenn der Autor auf den letzten hundert Seiten etwas über die Stränge geschlagen hat, konnte ich gut mit dem Finale leben. Der Spannungsaufbau war wirklich hoch und schon zu Beginn der Geschichte wurde man mitten ins Geschehen geworfen. Der Handlungsverlauf erinnert eher an einem Thriller, als an einem Roman. Trotzdem gibt es einige Kritikpunkte meinserseits.

Unser Protagonist Raphaël ist Autor von Kriminalgeschichten und Vater eines kleinen Sohnes. Die Mutter des Kindes hat ihn verlassen und hat Theo bei ihm zurückgelassen. Seitdem hat er keinen Satz mehr auf Papier gebracht und das Vertrauen in die Frauen verloren. Doch als er Anna kennenlernt, weiß er, dass sie die Richtige ist. Kurz vor der Hochzeit möchte er das volle Vertrauen zwischen ihnen herstellen. Er wünscht sich, dass sie alle Geheimnisse miteinander teilen. Als Anna ihm ein Foto mit drei verbrannten Leichen zeigt und sagt: "Das habe ich getan" ist er entsetzt und verlässt das Hotel. Sehr schnell erkennt Raphaël, dass er zu voreilig war. Er möchte Antworten und kehrt zurück, doch das Zimmer ist verwüstet und Anna spurlos verschwunden.....

Mit der Hilfe seines Freundes Marc, einem ehemaligen Polizisten, macht sich Raphaël auf die Suche nach Anna und erlebt sehr schnell die nächste Überraschung. Und das ist nicht die Letzte! Raphaël hat aber auch das Gefühl, dass seine Verlobte in Schwierigkeiten steckt. Es beginnt ein spannendes Katz und Maus Spiel quer durch Frankreich und New York....

Durch den fulminaten Start hat man anfangs leider nicht wirklich genug Zeit die beiden Protagonisten Anna und Raphaël richtig kennenzulernen und ihre Charaktere einzuordnen. Es scheint als wäre dies auch die Absicht des Autors gewesen, denn die Spannungskurve wird damit angehoben. Als Leser weiß man nicht, wie man Anna einordenen soll - jene Frau, die kurz vor der Hochzeit ihren Verlobten ein Foto zeigt, das drei verbrannte Leichen zeigt und dazu "Das habe ich getan" sagt. Natürlich ist dies ein Schock für den zukünftigen Ehemann...aber läuft man sofort danach weg ohne nachzufragen? Zeigt man überhaupt ein derartiges Foto her und spricht diesen Satz aus? Eher nicht.....

Die Geschichte wird abwechselnd aus der Perspektive von Raphaël oder Marc erzählt. Der Leser steht auf einer Stufe mit den Beiden und man bleibt lange im Unklaren, was Anna verbirgt. Marc, der ehemalige Polizist, lässt seine Verbindungen spielen, um an der Aufklärung ihres Verschwindens mitzuwirken. Raphaël versucht inzwischen in Brooklyn mehr über Annas Vergangenheit herauszufinden.
Trotz des etwas konstruiert und unglaubwürdigem Auftaktes, verfolgt man voller Spannung die Suche von Raphaël und Marc, die von der Côte d’Azur nach Paris und schlussendlich nach New York führt. Dabei hat Guillaume Musso unerwartete Wendungen eingebaut. So war auch die erste Hälfte absolut spannend zu lesen und hat mich wirklich an das Buch gefesselt. Musso beherrscht seinen Beruf, denn er beendet jedes seiner Kapitel mit einem kleinen Cliffhanger. Dadurch kann man das Buch kaum aus den Händen legen.
Die Charaktere bekommen im Laufe der Geschichte immer mehr Gesicht und werden greifbarer. Nach und nach fügt sich auch das Bild rund um Anna zu einem Ganzen. Ein Ergebnis, das mir gefallen hat!

Kommen wir nun aber zu den eher negativen Fakten der Geschichte. Im letzten Drittel hat es der Autor etwas übertrieben. Musso wollte anscheinend noch mehr Action reinbringen und hat weitere Wendungen und Abläufe in die Geschichte gequetscht, die mit der Zeit immer konstruierter und unglaubwürdiger wirken. So beginnt man leider öfters mit dem Kopf zu schütteln und fragt sich, was sich der Autor dabei gedacht hat. Mit dem Ende war ich teilweise zufrieden. Positiv für mich war diesmal, dass es kein mystisches Drumherum gab und ich wie in seinen letzten beiden Roman zutiefst enttäuscht das Buch zugeklappt habe. Ebenso werden auch alle losen Fäden verknüpft und es bleiben keine Fragen offen, aber die letzten hundert Seiten sind einfach zu konstruiert.

Noch eine Frage musste ich mir stellen: Ob Musso wohl Vater ist? Wenn ja, dann scheint er nicht oft zu Hause zu sein. Oder er übernimmt die Kinderbetreuung nur für kurze Zeit, denn der kleine Theo ist wohl das bravste Kind überhaupt. Außer, dass er pausenlos im Hochstuhl sitzt und isst und glückselig lächelt, quängelt Theo kaum und macht keinerlei Probleme. Wo gibt es so ein pflegeleichtes Kleinkind??? Ich habe noch keines getroffen!

Und noch eine kleine Anmerkung: Anna ist übrigens dunkelhäutig. Der Verlag hat allerdings auf dem deutschen Cover eine weiße Frau dargestellt.

Wie bereits oben angesprochen lässt mich der Roman mit zwiespältigen Gefühlen zurück. Es liest sich wahnsinnig spannend und die Idee ist großartig. Doch vieles ist zu konstruiert und ich hatte das Gefühl der Autor wollte einfach zuviel in seinen Roman quetschen. Meine Erwartungen wurden daher nicht ganz erfüllt.

Schreibstil:
Der Schreibstil ist wie in allen Musso Romanen sehr flüssig und temporeich. Man liest zügig durch die Geschichte und möchte das Buch kaum aus der Hand legen. Guillaume Musso versteht Spannung aufzubauen und den Leser notfalls mit kleinen Cliffhangern bei der Stange zu halten - was er überhaupt nicht notwendig hat! Unerwartete Wendungen und rasche Perspektivenwechsel sorgen für ein hohes Spannungslevel.

Fazit:
Die Geschichte hat einen sehr interessanten Plot und ist sehr spannend geschrieben. Dennoch beendete ich den Roman mit geemischten Gefühlen. Vorallem im letzten Drittel wirkt Vieles zu unglaubwürdig und ich hatte das Gefühl der Autor möchte unbedingt noch ein paar Wendungen hineinquetschen, die aber zu konstruiert wirken. Wegen dem rasanten Verlauf und der hohen Spannung vergebe ich noch schwache 4 Sterne.

Veröffentlicht am 14.08.2017

Familiendrama um Verlust, TRauer und Lügen...

Die Bucht, die im Mondlicht versank
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Titel und Cover vermitteln hier einen lockeren Sommerroman. Dies trifft jedoch bei diesem Roman so gar nicht zu! Wer allerdings den Klappentext gelesen hat weiß, dass es sich hier mehr um ein Familiendrama, ...

Titel und Cover vermitteln hier einen lockeren Sommerroman. Dies trifft jedoch bei diesem Roman so gar nicht zu! Wer allerdings den Klappentext gelesen hat weiß, dass es sich hier mehr um ein Familiendrama, als um eine locker leichte Geschichte handelt.

Isla und Sarah sind seit ihren Teenagerjahren die besten Freundinnen. Beide hatten in ihrer Jugend einen schweren Schicksalsschlag zu verkraften und gaben sich gegenseitig Halt. Später erfüllen sich die Beiden einen langgehegten Traum: Eine eigene Strandhütte auf der Sandbank in Longstone an der englischen Küste, wo sie sich kennergelernt haben.
Isla möchte aber auch die Welt bereisen. Deswegen nimmt sie sich nach dem Studium eine kleine Auszeit um fremde Länder kennenzulernen, auch wenn sie sich deswegen von ihrem Freund Nick trennen muss. Sarah und Nick treffen sich weiterhin auf der Sandbank und aus der anfänglichen Freundschaft wird Liebe. Sarah ist bereits schwanger, als Isla, ebenfalls in guter Hoffnung, von ihrer Weltreise nach 18 Monaten zurückkehrt. Die Freundschaft der beiden Frauen bleibt trotzdem bestehen. Ihre beiden Söhne, Marley und Jacob, werden im selben Jahr geboren und sind ebenfalls unzertrennlich.
Zehn Jahre später schwimmen die Beiden an Jacobs Geburtstag ins offene Meer hinaus und geraten in Schwierigkeiten. Nur Sarah's Sohn Jacob kann gerettet werden, während Isla's Marley ertrinkt. Genau sieben Jahre später verschwindet auch Jacob nach einer Strandparty.....

Lucy Clarke hat mit ihrem neuen Roman eine sehr fesselnde und emotionale Geschichte geschrieben, die sämtliche Eigenschaften eines Dramas beinhaltet. Die traumhafte Kulisse, die ich in meinen Gedanken wirklich nicht in England angesiedelt hatte, sondern irgendwo im Süden Europas, Asiens oder im Südwesten der Staaten, wurde von der Autorin sehr bildhaft eingefangen. Sie erzählt den Roman abwechselnd aus Sarahs und Islas Sicht in der Ich-Form. Der ständige Perspektivenwechel und das Zusammenspiel von Vergangenheit und Gegenwart sorgt für Spannung und Dramatik. Während die Tragödie ihren Lauf nimmt und immer mehr Geheimnisse aufgedeckt werden, rätselt man, was hinter den Beiden Vorfällen steckt. Ich konnte das Buch nur schwer aus der Hand legen und wollte unbedingt wissen, was damals wirklich vorgefallen ist und wohin Jacob plötzlich verschwunden ist.

Trotzdem hat die Geschichte auch ihre Schwächen. Ich bin selbst Mutter und obwohl ich die Verzweiflung und die Schuldgefühle der beiden Frauen sehr gut nachvollziehen konnte, blieben sie mir trotzdem irgendwie fremd. Sarah wirkte oftmals sehr kühl und distanziert auf mich, während ich wiederum einige Handlungen von Isla überhaupt nicht nachvollziehen konnte.

Die Autorin hat den Roman sehr vielschichtig und komplex angelegt und mit Themen wie Freundschaft, Loyalität, Hoffnung, Vertrauen, aber auch mit Schuldgefühlen, Verlust, Trauer und Neid bestückt. Geheimnisse und Lügen stellen die Freundschaft der beiden Frauen auf eine harte Probe bis sie zum Ende hin endgültig auseinanderbricht.

Das Tempo ist nicht sehr hoch und so kommt es mitunter zu einigen Längen. Das ist schade, denn der Plot ist wirklich großartig und die vielen Themen, die hier angesprochen werden, sind interessant und vielschichtig. Auch die Location wurde sehr stimmungsvoll beschrieben. Generell lässt sich der Schreibstil der Autorin wunderbar lesen, ist atmosphärisch und dicht. Die Stärke des Romans liegt eindeutig in der emotionalen Tiefe und dem wunderbaren Schreibstil.

Wer sich nicht vom Cover und Titel irreführen lässt und eine locker leichte Geschichte erwartet, erhält einen sehr emotionalen und vielschichten Roman, der trotz kleiner Längen überzeugen kann.

Zum deutschen Cover möchte ich noch sagen, dass ich die mit Seesternen bedruckte Schnittkante wirklich wunderschön finde und dem Buch das gewisse Etwas gibt.

Fazit:
Ein Familiendrama, das trotz einiger kleiner Längen, mit emotionaler Tiefe, einem interessanten Plot und stimmungsvollen Beschreibungen punkten kann. Keine locker-leichte Geschichte, sondern ein vielschichtiges Drama rund um eine Frauenfreundschaft.

Veröffentlicht am 10.08.2017

Komm in die Puppenstube

Das Porzellanmädchen
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Nachdem ich die Reihe rund um den Ermittler Nils Trojan noch nicht gelesen habe, Band 1 "Der Federmann" aber noch in meinem SuB Regal steht, dachte ich mir mit einem Stand alone des Autors kann man nun ...

Nachdem ich die Reihe rund um den Ermittler Nils Trojan noch nicht gelesen habe, Band 1 "Der Federmann" aber noch in meinem SuB Regal steht, dachte ich mir mit einem Stand alone des Autors kann man nun nichts falsch machen und ich kann ihn endlich kennenlernen.
Gleich vorweg kann ich sagen, dass der Spannungslevel wirklich hoch war und der Autor mit der Psyche des Leser gekonnt spielt. Und trotzdem fehlte mir irgendetwas, das mir das Gefühl gab, dieser Thriller ist Extraklasse und hat 5 Sterne verdient. Aber liest selbst....

Der erste Teil der Geschichte spielt im Jahre 2003 und geht über die ersten fünf Kapitel des Buches. In diesem Abschnitt wird ein junges Mädchen von einem Mann entführt, der sich mit einer Gasmaske unkenntlich macht und den sie "das Insekt" nennt. Im Zimmer ihres Martyriums sitzt neben ihr eine alte Porzellanpuppe mit zwei unterschiedlich blauen Augen. Diese hat, wie das entführte Mädchen, dunkle Haare und eine sehe helle Haut und wirkt irgendwie gruselig. Trotzdem ist sie für sie eine Art "Bezugsperson". Dem Mädchen gelingt es zu entkommen, doch der Entführer wird nie überführt und das entlegene Haus nicht gefunden.
Im zweiten Teil lernen wir die damals Entführte als erfolgreiche Thrillerautorin Luna Moor kennen. In ihren Büchern versucht sie die damalige Tat zu verarbeiten. Für ihren neuersten Thriller hat sie sich selbst die Latte sehr hoch gelegt, denn Luna zieht in den Schuppen des Hauses, indem einst ihr Martyrium begann. Als zweiwöchigen Mitbewohner hat sie den fünzehnjährigen Leon an ihrer Seite, den Sohn ihrer Freundin Anna, die in die Vereinigten Staaten reisen musste und sie bat Leon diese Zeit aufzunehmen. Luna ist dies gar nicht recht, denn sie möchte den Täter von damals reizen und ihre eigene Geschichte in ihrem neuen Thriller verpacken. Sie möchte ihn aus der Reserve locken und endlich überführen....

In zwei Handlungssträngen lässt Max Bentow den Leser an den Ereignissen rund um Luna und ihren Roman teilhaben. Einmal erzählt er die Geschichte, wie Luna mit Leon in den Schuppen des Hauses einzieht, indem sie damals gefangen gehalten wurde. Die düstere und unheimliche Stimmung des einsam gelegenen Anwesens und die Tatsache, dass darin ein Mord passiert ist, sorgt schon für leichte Gänsehaut.
Im zweiten Handlungsstrang begeben wir uns in die Story, die Luna schreibt und lesen praktisch ein Buch im Buch. Wir erhalten durch Leon Einblick in Lunas Manuskript, der sich verbotener Weise auf seinen Stick eine Kopie zieht. Was Leon liest, lässt ihn fortan nicht mehr los. Lunas Hauptprotagonistin, die sie Maria nennt, erlebt eine Geschichte, die der von Luna sehr ähnelt, doch Maria sinnt auf Rache. Sie hat keine Hemmungen das Beil, das sie immer mit sich herumträgt, auch einzusetzen und zieht eine Blutspur durch Berlin. Gemeinsam mit Leon rätselt man und fragt sich insgeheim: Was ist hier Wahrheit und was Fiktion? Dieses Übereinandergreifen von Realität und Fantasie ist der Stoff, auf den der Autor aufbaut. Die sprechende Porzellanpuppe tut dazu ihr Übriges....

Der Autor kommt in seinem Thriller ohne große Rahmenhandlung und mit nur wenigen Protagonisten aus. Die Geschichte wirkt spektakulär und manchmal auch absurd, sie ist gespickt mit kleinen Horrorelementen, die für mich trotzdem zu wenig waren, dass ich mich richtig gruseln hätte können (und ich bin eigentlich kein Leser des Horror-Genres...noch nicht). Mit unvorhersehbaren Wendungen hält Max Bentow den Leser an der Stange, die Spannungskurve bleibt konstant oben und auch ich habe mir den einen oder anderen Fingernagel abgekaut.

Leider bleiben auch die Figuren etwas an der Oberfläche, obwohl die Personenzahl sehr beschränkt ist. Während Luna gut charakterisiert wird und man ihr ihre Ängste und den Zweifel an ihrer eigenen Zurechnungsfähigkeit abnimmt, hätte ich mir von den Nebenfiguren doch etwas mehr erhofft. Auch Leon erschien mir als Fünfzehnjähriger doch etwas zu erwachsen.
Der Autor hat den Fokus eher auf die Spannung und die Psyche des Lesers angelegt und das ist ihm großteils auch gelungen. Den Täter habe ich trotzdem in der zweiten Hälfte des Buches erraten....

Schreibstil:
Der Schreibstil ist sehr einfach und nicht wirklich anspruchsvoll. Bei einem Thriller lege ich normaler Weise keinen großen Wert auf den Schreibstil, aber hier fiel mir doch die eher anspruchslose und schlichte Wortwahl auf. Trotzdem gelingt es dem Autor mithilfe der kurzen Sätze und Beschreibungen das Haus, die Umgebung und vor allem die Puppen sehr bildhaft darzustellen.
Die Kapitel sind ebenfalls kurz gehalten, die Schrift ist eher groß und diese Faktoren ermöglichen das Ruck-zuck-weglesen der Inhalts. Spannung ist sehr wohl vorhanden, aber mit seiner Art des Schreibens konnte mich der Autor nicht wirklich gewinnen.

Fazit:
Die vier Sterne vergebe ich für Spannung, Nervenkitzel und die düstere, unheimliche Stimmung des einsam gelegenen Anwesens, welche der Autor grandios eingefangen hat. Der Schreibstil und die etwas abstruse Handlung, die manchmal ein bisschen mystisch angehaucht ist, konnte mich allerdings nicht gänzlich überzeugen.