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Veröffentlicht am 08.09.2023

Mit Alchemie gegen Vampire

Die Schwarze Königin
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Len ist ein Nachfahre des Grafen Dracula. Geglaubt hat er das seiner Großmutter nie, aber als er nach Prag reist, ändert er seine Meinung.
Parallel erzählt wird eine Geschichte, die sich vor über 600 ...

Len ist ein Nachfahre des Grafen Dracula. Geglaubt hat er das seiner Großmutter nie, aber als er nach Prag reist, ändert er seine Meinung.
Parallel erzählt wird eine Geschichte, die sich vor über 600 Jahren in der Gegend zutrug. Die Königin Maria von Ungarn, hochschwanger, wird auf einer Jagd ermordet. Ihre Nachfolgerin Barbara von Cilli experimentiert mit Alchemie und Zauberei. Vampire, hier „Strigoi“ genannt, sind eine düstere Bedrohung. Sie sind viel mehr als ein Volksglaube.
In beiden Geschichten ist eine mutige Alchemistin handelnde Hauptperson. Das machte es manchmal etwas schwierig, nichts durcheinander zu bringen. Lange ist unklar, was die Vampire genau können und wie man sich überhaupt gegen sie wehren kann. Es gibt mehrere Arten von Vampiren und außer ihnen auch noch andere fantastische Wesen, die alle zueinander in komplexen Verhältnissen stehen. Ein ganzer Kosmos wird hier erschlossen. Das wird manchmal etwas unübersichtlich. Früher bewohnten die „Strigoi“ riesige unterirdische Städte mit mehreren zehntausend Einwohnern. In der heutigen Gegenwart ist vieles anders und einfacher, für die Vampire. Und so bekommt auch Len mit ihnen zu tun.
Markus Heitz erzählt den Mythos ganz neu, entlang historischer Tatsachen. Das ist fesselnd und fantastisch. Aber manchmal etwas zuviel.

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Veröffentlicht am 13.07.2023

Heldin ohne Profil

Die Einladung
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Alex ist eine Prostituierte, aber niemand würde das so nennen. Sie lebt davon, dass reiche Männer sie jung und hübsch finden und sie deshalb einladen - zu einer Nacht, einem Wochenende, einem Urlaub oder ...

Alex ist eine Prostituierte, aber niemand würde das so nennen. Sie lebt davon, dass reiche Männer sie jung und hübsch finden und sie deshalb einladen - zu einer Nacht, einem Wochenende, einem Urlaub oder noch mehr. Im Gegenzug tut sie alles, damit der Mann, der sie gerade eingeladen hat, sich mit ihr wohlfühlt. Sex steht dabei nicht im Zentrum. Doch im Augenblick ist sie auf der Flucht und froh darüber, sich bei Simon verstecken zu können, einem wohlhabenden Kunsthändler mittleren Alters, der ein Sommerhaus am Meer hat. Aber der will sie plötzlich auch nicht mehr haben, und sie steht vor dem Nichts.
Die Geschichte ist ganz aus der Sicht von Alex geschrieben. Wir begleiten sie durch Pools und Partys reicher Leute und beim geschickten Einschleichen in Gruppen von Jugendlichen, die einander noch nicht so genau kennen. Sie lernt eine Menge Leute kennen, die wie sie in den Häusern der Reichen arbeiten. Sie fühlt sich ihnen verbunden, denn auch sie verkauft eine Dienstleistung.
Was treibt diese Frau an? So richtig nah kommt man ihr nicht. Liebe ist es nicht, Macht ist es auch nicht. Selbst der Reichtum scheint ihr egal zu sein. Sie will keine Verantwortung für ihr Leben übernehmen. Sie braucht jemanden, der sie versorgt und ihr sagt, wer sie sein soll.
Der Stil ist gut zu lesen und macht Freude. Die zwischenmenschlichen Situationen und die Personen sind sehr genau beobachtet. Die Oberflächlichkeit der Reichen und die Anpassung derjenigen, die für sie arbeiten werden anschaulich dargestellt, man ist fast dabei. Manchmal liest es sich wie eine Dystopie, in der man am besten reich auf die Welt kommt. Aber auch die Kinder der Reichen sind nicht glücklich. Sie sind ebenso unselbständig und hilflos wie Alex. Warum sollten sie auch Verantwortung übernehmen, wenn sie doch reich sind? Was könnte sie antreiben?
Die „Einladung” ist ein Angebot, auf ein eigenes Leben und eine eigene Identität zu verzichten. Weil es das ist, was Alex tut, wird auch nicht klar, wer sie wirklich ist und was sie will. Das ist ungewohnt zu lesen: eine Hauptperson ohne Profil. Wer das aushält, findet einen unterhaltsamen Sommerroman, der zum Nachdenken anregt.

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Veröffentlicht am 07.07.2023

Verrückte Geschichten in Schilf

Nincshof
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Nincshof liegt am Neusiedler See im österreichischen Burgenland. Es ist klein, unbedeutend und kaum bekannt. Das soll auch so bleiben! Doch Neue ziehen zu: Ein Ehepaar aus Wien hat hier eine alte Mühle ...

Nincshof liegt am Neusiedler See im österreichischen Burgenland. Es ist klein, unbedeutend und kaum bekannt. Das soll auch so bleiben! Doch Neue ziehen zu: Ein Ehepaar aus Wien hat hier eine alte Mühle restauriert und sich südamerikanische Ziegen angeschafft.
Die Autorin stammt aus dem Burgenland und kennt die Gegend und die Sonderbarkeiten der Einheimischen sehr gut. Dies ist ihr erster Roman; eine frühere Fassung erhielt bereits einen Preis.
Die Menschen, die in Nincshof leben, sind fast ganz normale Leute. So selbstverständlich wie sie einen schwulen Schwiegersohn akzeptieren ( „du hast doch auch einen Mann zuhause!"), so schräg sind ihre Einfälle. Ist es nicht naheliegend, in heißen Sommernächten im Pool der Nachbarin zu schwimmen, wenn diese in Urlaub ist? Ist es nicht vernünftig, Straßenschilder zu entfernen, wenn man von Fremden nicht aufgesucht werden möchte?
Einer Legende zufolge lag das Dorf einst vollkommen unbekannt und vor der Außenwelt verborgen im Schilf, ohne Bürgermeister und Pfarrer, ohne Geld, ohne Steuern und ohne Gesetze. Dann wurde es eines Tages „entdeckt".
Ist das wahr? Und ist es wichtig, ob das wahr ist? Hier prallen die Vorstellungen der Zugezogenen Isa Bachgasser und der Einheimischen Erna Rohdiebl aufeinander. Es sei, so Erna Rohdiebl, die erzählte Wahrheit. Die Geschichte wird aus der Perspektive dieser beiden Personen geschildert. Beide sind sehr sympathisch, verändern sich aber kaum im Laufe dieses Sommers.
Beim Lesen kommt kein Zweifel auf, dass alles wirklich so passiert ist. Dass mitten in Europa so ein versteckter Ort noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts existiert hat.
Schilderungen der Sommerhitze und der Umgebung lesen sich durchweg poetisch, ebenso wie Betrachtungen über das Leben. Zum Schluss glaubt man sogar, dass Irrziegen beim Gebären zu leuchten beginnen. Das ist verrückt, schön und wirklich ausgefallen. Eine ganz besondere Geschichte. Lesen!

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Veröffentlicht am 15.06.2023

Schön, zart, anrührend

Vom Ende der Nacht
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Will und Rosie lernen sich in der Schule kennen. Sie spielt Klavier und singt, er liebt Motorräder und arbeitet in einer Werkstatt. Doch beide tragen tiefe innere Verletzungen in sich, von denen man zum ...

Will und Rosie lernen sich in der Schule kennen. Sie spielt Klavier und singt, er liebt Motorräder und arbeitet in einer Werkstatt. Doch beide tragen tiefe innere Verletzungen in sich, von denen man zum Teil erst mitten im Buch erfährt. Dann geschieht ein schweres Unglück.
Die Geschichte ist abwechselnd aus der Sicht der beiden Hauptpersonen erzählt, doch es ist immer sehr klar, wessen Sichtweise wir gerade lesen. Mir hat gefallen, dass nicht versucht wird, irgendeinem Ideal von Liebe oder Beziehung zu entsprechen oder sich an irgendwelchen Verhaltensregeln zu orientieren. So wirken die Gefühle, mit denen die beiden umgehen, immer echt. Beide Personen erleben eine Menge auf ihren unterschiedlichen Lebenswegen. Sie nähern sich an und entfernen sich wieder von einander. Und oft ist der andere nur einen Handyanruf weit weg.
Das ist anrührend und emotional geschildert. Die Entwicklung der Personen bis zum Ende ist glaubhaft. Mich hat die Geschichte gut unterhalten und insbesondere der Schluss sehr berührt.

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Veröffentlicht am 06.06.2023

Kesse kleine Kanadierin

Anne auf Green Gables
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Die Geschichte von Anne ist ein Klassiker im englischsprachigen Raum und wurde vielfach aufgelegt und verfilmt. Es gibt mehrere Fortsetzungen. Dies ist ein Comic, eine Graphic Novel.
Ende des 19. Jahrhunderts ...

Die Geschichte von Anne ist ein Klassiker im englischsprachigen Raum und wurde vielfach aufgelegt und verfilmt. Es gibt mehrere Fortsetzungen. Dies ist ein Comic, eine Graphic Novel.
Ende des 19. Jahrhunderts kommt das Waisenkind Anne auf den Hof der Geschwister Cuthbert. Mit ihrer Lebhaftigkeit und ihrer Fantasie bringt sie das Leben der beiden gehörig durcheinander.
Die Darstellungen sind etwas gewöhnungsbedürftig. Es sind farbige Zeichnungen, die Augen teilweise nur Punkte oder Striche, die Gesichter eher angedeutet. Doch Haltung, Kleidung und Gesichtsausdrücke der Menschen machen ihre Gefühle und ihr Selbstbild sehr deutlich. Es gibt mehr ausdrucksstarke Bilder anzuschauen als Worte und Sprechblasen zu lesen. Die Farben sind angenehm kräftig, ohne grell zu sein. Die starken Emotionen der Hauptfigur prägen die Geschichte. Mir hat gefallen, wie überschwenglich Anne auf die Farben der Natur reagiert – ein Gegenstand, der für die Menschen, die in dem Ort leben, Alltag ist.
Ein schönes Kinderbuch, besonders für Erwachsene.

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