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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 13.07.2023

Absolutes Jahreshighlight!

Fourth Wing – Flammengeküsst
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Wenn Bücher in den sozialen Medien einen großen Hype erfahren, genieße ich das eigentlich immer mit Vorsicht. Zu oft waren die Hoffnungen groß und die Enttäuschung zum Schluss nur umso größer. Doch Rebecca ...

Wenn Bücher in den sozialen Medien einen großen Hype erfahren, genieße ich das eigentlich immer mit Vorsicht. Zu oft waren die Hoffnungen groß und die Enttäuschung zum Schluss nur umso größer. Doch Rebecca Yarros‘ „Fourth Wing“ hat wirklich jede positive Stimme da draußen mehr als verdient. Es ist temporeich, episch, brutal und gleichzeitig voller Emotionen. Dieses Buch hat Romantasy für mich auf eine ganz neue Stufe gehoben.
Ein ganz bedeutender Teil meiner Begeisterung ist Rebecca Yarros tollem Schreibstil zu verdanken. Man fliegt regelrecht durch die Seiten, er ist voller Spannung und unterschiedlichster Emotionen und die Beschreibungen lassen die Schule und ihre Kadetten, insbesondere aber die Drachen vorm geistigen Auge zum Leben erwachen. Ganz besonders gut gelungen ist ihr auch die Darstellung der Kampfszenen. Sie hat die Bewegungen, die Konflikte und Spannungen einfach unglaublich gut eingefangen.
Die Geschichte steckt außerdem voller vielseitiger und authentischer Charaktere. Besonders Violet, die Protagonistin der Geschichte, war mir auf Anhieb sympathisch. Sie hat mit körperlichen Schwächen zu kämpfen und wirkt, ursprünglich als Schriftgelehrte ausgebildet, nicht gemacht für die knallharte und oft tödliche Ausbildung zur Drachenreiterin. Dennoch ist sie nicht das typische Mauerblümchen, das am Ende alle einfach mal so in die Tasche steckt. Ihr Körper mag geschwächt sein, aber sie hat von Anfang an einen unglaublich starken Charakter, ist clever und nutzt ihre Vorteile. Sie weiß sich zu behaupten, hat Vertrauen in sich und ihre Fähigkeiten und hält trotzdem fest an ihrem empathischen Wesen. Es war sehr fesselnd ihre Reise zu begleiten.
Xaden, als männlicher Counterpart der Geschichte, zeigt sich wesentlich unnahbarer und verschlossener, aber keineswegs weniger interessant. Man ahnt natürlich sofort, dass mehr hinter seiner schattenumwobenen Fassade lauert, doch wirklich sicher ist man sich nie, welche Motive er tatsächlich verfolgt. Die Spannung zwischen ihm und Violet war wirklich slow burn vom Feinsten und gleichzeitig deckten ihre Dialoge allein ein enorm breites Spektrum an Gefühlen ab.
Die vielen Nebencharaktere, die im Verlauf der Handlung mehr an Bedeutung gewinnen, haben das Buch für mich so richtig abgerundet. Unter ihnen mag sich auch das ein oder andere Klischee befinden, aber sie alle sind so authentisch und glaubhaft ausgearbeitet, dass man auf die ein oder andere Weise emotional mit drinhängt.
Die Drachen schließlich, waren ein absolutes Highlight. Ich werde wohl nie darüber hinwegkommen, dass Tairn nur innerhalb dieser Buchdeckel existiert.
Über die Handlung selbst will ich nicht viel verraten. Mir hat gefallen, dass es sofort actionreich losging. Man wird im Grunde ohne Vorwarnung in die Ausbildung hineingeworfen und von da an wird jeder Tag zum Überlebenskampf. Das Worldbuilding hat sich dabei ganz natürlich mitentwickelt. Ich habe es persönlich nicht als störend empfunden, dass die Geschichte sich größtenteils auf das Leben und die Strukturen innerhalb des Basgiath Colleges beschränkt hat. Man erfährt nur allmählich mehr über Politik und Geschichte von Navarre, was ich vollkommend ausreichend fand, um mich zurecht zu finden. Ich nehme an, das wird in den Folgebänden ohnehin eine größere Rolle spielen, sodass noch eine Menge Raum bleibt, um diese Aspekte auszugestalten.
Alles in allem kann ich nur sagen, dass mich „Fourth Wing“ auf eine ganz besondere Weise im Griff hat. Ich kann nicht sagen, wann mich ein Buch das letzte Mal die Nacht hat durchlesen lassen oder wann ich zuletzt so viel über eine Geschichte gegrübelt habe, weil sie mich einfach nicht loslässt. Es ist inzwischen schon ein bisschen her, dass ich das Buch beendet habe und trotzdem erwische ich mich immer wieder dabei, wie meine Gedanken zu der Geschichte abdriften. Fourth Wing hat einen festen Platz unter meinen Jahreshighlights und ich kann es kaum erwarten, bis im November (die deutsche Ausgabe dann im Dezember) mit „Iron Flame“ der zweite Teil erscheint.

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Veröffentlicht am 30.03.2023

Ein raffinierter Roman

Die spürst du nicht
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Was als luxuriöser Familienurlaub geplant war, endet in einer schrecklichen Tragödie. Die Binders und die Strobl-Marineks wollten eigentlich nur die gemeinsame Zeit in der exklusiven toskanischen Villa ...

Was als luxuriöser Familienurlaub geplant war, endet in einer schrecklichen Tragödie. Die Binders und die Strobl-Marineks wollten eigentlich nur die gemeinsame Zeit in der exklusiven toskanischen Villa verbringen und es sich bei Sonne, Prosecco und Antipasti gut gehen lassen. Die kleineren Kinder sind unter sich, die 14 jährige Tochter Sophie-Luise durfte ihre Schulfreundin Aayana, ein Flüchtlingskind aus Somalia, mitnehmen - alles scheint gut an diesem ersten Urlaubstag. Doch schon wenige Stunden nach der Ankunft der Urlaube kommt es zur Katastrophe.
„Die spürst du nicht“, der neue Roman von Daniel Glattauer hat mich ungemein begeistert. Das Hörbuch aus dem Schmiede von Hörbuch Hamburg hat mit knapp 9 Stunden eine gute Länge und sobald ich angefangen habe es zu hören, gab es für mich kein zurück mehr. Tessa Mittelstaedt und Steffen Groth haben hier einen herausragenden Job geleistet. Als hätten sie der Dringlichkeit und dem fesselnden Charakter der Geschichte mit ihren Stimmen nochmal Nachdruck verliehen.
Auch der Inhalt des Romans konnte mich restlos überzeugen. Das war mein erstes Buch des Autors und sehr früh habe ich gemerkt, wie außergewöhnlich seine Art des Erzählens ist. Ich hatte das Gefühl zeitweise einem Theaterstück oder Regieanweisungen zu folgen, so ungefiltert und scharfkantig werden einem die Figuren gleich zu Anfang vorgestellt. Eine wahrlich raffinierte Vorgehensweise, denn obwohl die Figuren bewusst überzeichnet rüberkommen, so hat der Autor damit nicht übertrieben. Stattdessen offenbart sich darin eine feine Ironie, die dem Roman trotz der tragischen Entwicklungen eine humorvolle Note verleiht. Die Charaktere können sich nicht hinter ihrer fadenscheinigen Großzügigkeit oder Menschenfreundlichkeit verstecken, denn als Leser weiß man sofort, wen man da vor sich hat. Ich fand das enorm faszinierend.
Durch die regelmäßigen Wechsel in der Erzählperspektive konnte man völlig ungefiltert in die Gefühls- und Gedankenwelten der Protagonisten abtauchen und erfahren, wie sie individuell durch die Tragödie betroffen sind und wie sie damit umgehen.
Die häufig eingeschobenen Auszüge von Pressemitteilungen und Social-Media Beiträgen sind ein interessanter Kniff des Autors, der über den Horizont der Figuren hinaus auf äußerst unbequeme Weise aufzeigt, wie in den Medien mit Geschichten wie Aamaya’s umgegangen wird.
Glattauer adressiert in diesem Roman die unbequemen Wahrheiten unserer Zeit und regt zum Nachdenken an. „Die Spürst du nicht“ hat definitiv einen Platz unter meinen Jahreshighlights.

Veröffentlicht am 24.03.2023

Tiefgründig, emotional und herausfordernd!

Das Schweigen in mir
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Der Roman taucht auf brillante Weise in die Seele einer jungen, namenlosen Frau ein, die alles verloren hat, zuerst durch den Krieg, der ihre Welt zerstört hat und dann durch die Flucht, nur um festzustellen, ...

Der Roman taucht auf brillante Weise in die Seele einer jungen, namenlosen Frau ein, die alles verloren hat, zuerst durch den Krieg, der ihre Welt zerstört hat und dann durch die Flucht, nur um festzustellen, dass auch in der Freiheit Englands keine Sicherheit auf sie wartet. Alles hat es sie gekostet. Ihre Sicherheit, ihre Erinnerungen, ihre Liebsten, ihre Hoffnungen und schlussendlich auch ihre Stimme. Was bleibt, ist das Schreiben. In der selbstauferlegten Isolation beginnt sie Beiträge für ein Magazin zu schreiben, in denen sie als „die Stimmlose“ über ihre Erfahrungen und Überzeugungen berichtet. Wenn sie nicht schreibt, blickt sie aus dem Fenster, aus ihrer Einsamkeit hinaus in die vielen Leben hinein, die sich im Gebäude gegenüber abspielen. Doch im Laufe der Geschichte muss unsere Erzählerin entscheiden, ob sie der Ohnmacht des Traumas verfällt, oder bereit ist, sich ihre Stimme zurückzuholen.
Der Schreibstil ist unglaublich. Poetisch, intensiv und packend. Das Buch wird aus der Sicht der namenlosen Erzählerin geschrieben und konzentriert sich zu Anfang hauptsächlich auf die Beobachtungen der anderen Gebäudebewohner. Es ist intim, unmittelbar, als würde man Seite an Seite mit ihr in der Stille der Wohnung sitzen und zum Zuschauer all dieser Leben werden. Und während man verfolgt, wie sie allmählich in die Belange der Gemeinde hineingerät, wird die aktuelle Zeitlinie immer wieder durch Rückblenden und verworrene Erinnerungsfetzen aus ihrer Vergangenheit unterbrochen. Man kann nur erahnen, was diese junge, intelligente und wortgewandte Frau durchgemacht haben muss. Die Autorin zieht einen mitten hinein in diesen Strudel aus Angst, Trauma und Perspektivlosigkeit.
„Das Schweigen in mir“ ist so vielschichtig und tiefgründig, emotional und herausfordernd. Es ist ein wunderschöner, einzigartiger und zum Nachdenken anregender Roman, den ich nicht nachdrücklich genug empfehlen kann!

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Veröffentlicht am 22.03.2023

Radikal ehrlich und einfach brillant

Schwarz und Frau
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„Schwarz und Frau“ beinhaltet eine Sammlung von drei pointierten Essays der simbabwischen Schriftstellerin und Filmemacherin Tsitsi Dangarembga, die zuletzt durch den Erhalt des Friedenspreises des Deutschen ...

„Schwarz und Frau“ beinhaltet eine Sammlung von drei pointierten Essays der simbabwischen Schriftstellerin und Filmemacherin Tsitsi Dangarembga, die zuletzt durch den Erhalt des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels 2021 ins Licht der medialen Aufmerksamkeit rückte.
Mutig und ohne zu beschönigen, erzählt Tsitsi Dangarembga über die unglücklichen und unterdrückenden wirtschaftlichen, sozialen und politischen Verhältnisse, denen die schwarzafrikanischen Frauen in der Kolonialzeit ausgesetzt wurden und verbindet sie gekonnt mit der andauernden repressiven Gesellschaftsstrukturen einer postkolonialen Welt, die sie auch heute noch daran hindern, das ganze Potential ihrer menschlichen Integrität und persönlichen Macht für sich zu beanspruchen. Dabei untermalt sie ihre Ausführungen mit vielen Fakten über den Imperialismus, die tiefen Wunden, die jahrhundertelange Fremdherrschaft in den afrikanischen Kontinent geschlagen hat und den gesellschaftlich fest verwurzelten Sexismus. Indem sie auch über ihre eigenen Erfahrungen spricht, die Herausforderungen als schwarzes Kind – als schwarzes Mädchen – in einer von Weißen definierten und auf Weiße ausgerichteten Welt groß zu werden und sich eine Stimme zu erkämpfen, werden die Essays zu zutiefst persönlichen Berichten.
„Schwarz und Frau“ ist nicht weniger als ein Weckruf, ein Appell an alle Leser sich selbst und die Gesellschaft kompromisslos zu hinterfragen. Absolut lesenswert!

Veröffentlicht am 12.02.2023

Zwischen Adlon Dekadenz und den Abgründen der NS-Zeit

Die marmornen Träume
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Der Marmormann geht um. Im Berlin des Jahres 1939 scheinen die gut situierten Damen des Wilhelmklubs keine anderen Sorgen zu kennen als die Wahl ihrer Kleidung und die Qualität ihres Champagners. Als Ehefrauen ...

Der Marmormann geht um. Im Berlin des Jahres 1939 scheinen die gut situierten Damen des Wilhelmklubs keine anderen Sorgen zu kennen als die Wahl ihrer Kleidung und die Qualität ihres Champagners. Als Ehefrauen hochrangiger Nazi-Funktionäre gelten die schönen Damen dieses exklusiven Zirkels, der täglich im Adlon Hotel zusammentrifft, als unantastbar. Ein Schein, der sich nur so lange aufrechterhalten lässt, bis eine von ihnen brutal ermordet am Spreeufer aufgefunden wird. Schon bald folgen auf das erste weitere Opfer und den mit dem Fall betrauten Gestapo-Ermittlern wird klar, ein brutaler Mörder hat es auf die Juwelen der NS-Elite abgesehen. Doch was ist das Motiv für die Morde? Was haben die Spuren am Tatort zu bedeuten? Und wie konnten die gut bewachten Damen vor aller Augen aus dem Adlon verschwinden? Der einzige Anhaltspunkt, zur Lösung dieser Rätsel, stellt sich indes als das schwerste von allen dar. Jedes der Opfer hat kurz vor ihrem Tod von einer sonderbaren Traumerscheinung berichtet. Ein schauriges Phantom mit marmorner Maske.
Jean-Christophe Grangé hat sich mit Werken wie „Die purpurnen Flüsse“ schon lange ins Herz vieler Thriller-Fans geschrieben. Mit „Die marmornen Träume“, seinem ersten historischen Berlin-Thriller, scheint sich schon bald ein weiteres seiner Werke in die Reihe von Bestsellern einfügen zu können. Das Potential ist da.
„Die marmornen Träume“ ist in meinen Augen ein unfassbar guter Thriller. Hervorragende Recherche, die menschlichen Abgründe, denen man begegnet, die fragwürdigen Protagonisten, die unerwarteten Wendungen – all das und noch mehr vermengt sich hier zu einer einzigartigen Melange von bemerkenswerter Qualität.
Der Schreibstil Grangés lässt schnell eine düstere und drückende Atmosphäre entstehen und entwickelt zugleich einen unwiderstehlichen Sog, der mich Seite um Seite umblättern lies, ohne auch nur an eine Pause zu denken. Die Erzählperspektive wechselt dabei zwischen drei sehr unterschiedlichen Charakteren. SS-Hauptsturmführer Franz Beewen, der brillante Psychoanalytiker und Gigolo Simon Kraus und die regimekritisch eingestellte Psychiaterin und Gräfin Minna von Hassel haben in der Tat nicht viele Schnittstellen, doch dem Autor ist auf geschickte Weise gelungen dieses gegensätzliche Ermittlertrio zusammenzuführen.
Ich will ehrlich sein, trotz der hervorragenden Erzählweise ist dieses Buch wegen seiner Thematik nicht einfach zu lesen. Zumindest galt das für mich. Man befindet sich quasi im Herzen der NS-Elite, ist konfrontiert mit tumber Befehlsbefolgung, zur Alltäglichkeit verkommenen Gewaltexzessen, Kriegsgewinnlern, Rassenhass und Eugenik. Grangé führt seine Leser Stufe um Stufe tiefer in die dunkelsten Abgründe der menschlichen Natur.
Dennoch, es lohnt sich, sich auf die Geschichte einzulassen. Schon früh legt die Handlung ein rasantes Tempo vor und jedes Mal, wenn ich den Eindruck hatte der Fall nähere sich einer Lösung, kam eine Wendung, die alles auf den Kopf stellte, was ich zu wissen glaubte. Bis zuletzt wollen die zahlreich gestreuten Hinweise nicht zusammenpassen, bis sich in einem verheerenden Finale die wahre Größenordnung hinter den Taten ein für alle Mal offenbart.
Meiner Meinung nach, ist „Die marmornen Träume“ ein Thriller, den man auf keinen Fall verpassen sollte.

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