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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 08.09.2023

Persönliche Ermittlungen

Wilde Jagd
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Quintus kehrt ins Haus seiner Eltern zurück. Beim Spaziergang mit dem Hund seiner Tochter lernt er eine Altenpflegerin kennen, mit der er sich anfreundet. Sie bittet ihn schließlich um Hilfe bei der Suche ...

Quintus kehrt ins Haus seiner Eltern zurück. Beim Spaziergang mit dem Hund seiner Tochter lernt er eine Altenpflegerin kennen, mit der er sich anfreundet. Sie bittet ihn schließlich um Hilfe bei der Suche nach ihrer Schwester.
Der Protagonist ist selbst nicht mit Glück gesegnet und fasst seine Lage treffend zusammen: „Meine Frau ist weg, meine Tochter redet nicht mehr mit mir, mein Haus bricht zusammen, und ich stinke aus jeder Pore nach Alkohol.“ Nach der Erkenntnis und dem Leiden kommt der Tatendrang. So führt der Heimatbesuch zu einigen Begegnungen, bei denen er alte Bekannte neu kennenlernt.
René Freund findet die treffenden Worte, um seine Figuren zum Leben zu erwecken. Doch dieser Roman ist anders als seine früheren Werke. Mir drängte sich immer wieder der Gedanke an das Genre Cosy Crime auf, wo unbedarfte Zivilisten versuchen, ein Verbrechen aufzuklären. Das wirkte im Verlauf und von der Auflösung her jedoch derart konstruiert, dass es an Glaubwürdigkeit verlor. Insofern fiel es mir schwer, mich auf das Buch einzulassen und die netten Details (wie den Namen des Hundes „Machtnix“) ausreichend zu schätzen.

Veröffentlicht am 02.09.2023

Triester Tagebau

Aussicht auf Mord
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Ein Steinbruch nahe der italienischen Stadt Triest bringt erst antike Goldmünzen und dann frische Leichen zu Tage. Commissario Vossi ermittelt mit seinen Kollegen.
Es war für mich kein Problem, mit diesem ...

Ein Steinbruch nahe der italienischen Stadt Triest bringt erst antike Goldmünzen und dann frische Leichen zu Tage. Commissario Vossi ermittelt mit seinen Kollegen.
Es war für mich kein Problem, mit diesem dritten Band in die Reihe einzusteigen. Die wiederkehrenden Personen werden mit passendem Kontext gut eingeführt. Da ist es eher die Vielzahl der Nebendarsteller, über die es den Überblick zu behalten gilt.
So präsentieren sich zahlreiche Verdächtige, zu denen sich die Ermittler schnell ein Urteil bilden; vorschnell, wie uns als Lesern bereits klar ist. „Ärgerlich nur, dass wir den Mörder zwar kennen und ihm die Tat nachweisen könnten, aber nichts vom Anlass wissen, der dem jahrelangen Hass zum lawinenartigen Durchbruch verholfen hat.“ Auch wenn wir dabei in die Hierarchien der italienischen Polizei eingeführt werden, vermisse ich die realistische Darstellung der Polizeiarbeit.
Von einem Regionalkrimi erwarte ich außerdem, dass lokale Landmarken und Besonderheiten eingebunden werden. Die Stadt selbst habe ich in diesem Roman kaum als solche wahrgenommen, außer ihrer Einbindung in die umliegenden Länder. Immerhin gab es ab und an die Gelegenheit eines Essens mit typischen Gerichten. Italienische Sprache, die für zusätzliche Authentizität gesorgt hätte, wurde kaum verwendet. Vielmehr fand ich die Ausdrucksweise des Autors mitunter etwas sperrig oder schwer verständlich. Die Spannung reichte, um bis zum Ende durchzuhalten und mit einem schlüssigen Ende belohnt zu werden. Für mich war „Aussicht auf Mord“ damit ein durchschnittlicher Kriminalroman.

Veröffentlicht am 27.08.2023

Inselbeobachtungen

Bin das noch ich
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Ein Mann begibt sich auf eine einsame Insel. Er muss den Verlust seiner Fähigkeiten verarbeiten. Er ist Geiger von Beruf. “Er ist nah daran, Mais These zu übernehmen, eine Insel könne einem helfen, wieder ...

Ein Mann begibt sich auf eine einsame Insel. Er muss den Verlust seiner Fähigkeiten verarbeiten. Er ist Geiger von Beruf. “Er ist nah daran, Mais These zu übernehmen, eine Insel könne einem helfen, wieder Herr über sein Leben zu werden, weil sie klar umgrenzt sei und man sich deshalb nicht so winzig vorkomme, trotz des großen Meeres ringsherum.”
So einfach wie die Hütte ist auch der Alltag auf der Insel: Simon beobachtet Seevögel, schreibt seine Gedanken auf, denkt nach. Man merkt, dass er durch und durch Musiker ist, hört er doch überall Tonfolgen, Klänge, die er mit seiner Leidenschaft verbindet. Zum Vogelbeobachter wird er erst dort beim Anblick brütender Möwen.
“Bin das noch ich” ist die Frage, die es zu beantworten gilt. Was bleibt, wenn die Musik geht? Stefan Moster behandelt dieses Thema auf eine feinfühlige Art, die bei seinen Lesern Saiten zum Klingen bringt. Darüber hinaus hätte ich mir gewünscht zu erfahren, wie der Protagonist neben seiner Kontemplation die Umgebung erlebt, dass er auch mal Hunger bekommt oder die Wand anschreit. Der Roman schafft ansonsten eine gelungene Atmosphäre für die Auseinandersetzung mit Musik und Ornithologie.

Veröffentlicht am 04.08.2023

Umzugspläne

Eine vollständige Liste aller Dinge, die ich vergessen habe
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Die Kinder ziehen aus, und die Ich-Erzählerin muss sich auf ein Leben allein einstellen. Wer passt auf den Hund auf? Wann wird sie ihre Sprösslinge wiedersehen? Wo soll sie wohnen?
Das Buch beginnt humorvoll, ...

Die Kinder ziehen aus, und die Ich-Erzählerin muss sich auf ein Leben allein einstellen. Wer passt auf den Hund auf? Wann wird sie ihre Sprösslinge wiedersehen? Wo soll sie wohnen?
Das Buch beginnt humorvoll, ohne dabei vulgär zu wirken, mit einem kotzenden Hund. Nach dieser Episode und der Schilderung ihrer Lebensumstände, früher und heute, erstellt die Protagonistin tatsächlich die besagte titelgebende „Liste von Dingen, die ich verloren habe“. Ich klebe fleißig Zettelchen ins Buch und erfreue mich der Eloquenz und des Einfallsreichtums der Autorin.
Wir lernen die Kinder kennen, erwachsen und noch in einer Wohnung mit ihrer Mutter lebend. Und dann geht es los mit Beschreibungen von Wohnungen, dem Abwägen von Vor- und Nachteilen, der Einordnung von Preis und Lage. „Wohnungen, Häuser, Arbeitsplätze, Städte, Männer, es ist überall dasselbe. Man könnte sich zu früh und falsch entschieden haben und damit das Bessere, das Passendere, das echte Glück verpasst haben.“ Die Zettelchen werden weniger; ich muss mich aufraffen, überhaupt zum Buch zu greifen.
Es war mein erstes Buch von Doris Knecht, und es bekam schon meine Vorschusslorbeeren überreicht, so überzeugt war ich, dies sei der passende Roman für mich. Der Schreibstil, flüssig und angenehm zu lesen, gefiel mir gut. Was mir fehlte, war eine Entwicklung der Handlung, die immer wieder um das Thema Wohnung kreist. Insofern wurden meine hohen Erwartungen enttäuscht, nicht aber mein Vertrauen, dass es zwischen einem anderen Buch der Autorin und mir doch noch funken könnte.

Veröffentlicht am 14.07.2023

Kraut oder kein Kraut? Das ist hier die Frage!

Klugscheißerwissen Kräuter
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Ein Buch für Menschen, die sich in der Kategorie der Klugscheißer ansiedeln, das ist ja schon mal was Besonderes. In fünfzig Pflanzenporträts lernen wir “Kräuter” von Ahorn über Hopfen bis Weißdorn kennen.

Beim ...

Ein Buch für Menschen, die sich in der Kategorie der Klugscheißer ansiedeln, das ist ja schon mal was Besonderes. In fünfzig Pflanzenporträts lernen wir “Kräuter” von Ahorn über Hopfen bis Weißdorn kennen.

Beim ersten Blättern sticht die tolle Aufmachung ins Auge. Die Innenseiten des Buchumschlags ähneln mit den Zeichnungen von Köpfen, die auch später an verschiedenen Stellen im Buch auftauchen, einem Wimmelbild. Zu jedem Gewächs gibt es ein ganzseitiges Porträtfoto, und zwar eine freigestellte Nahaufnahme eines Pflanzenteils.

Jede Pflanze wird in Kurz- und Langform, d.h. “Taschenwissen für die Kaffeepause” und beschreibendem Text vorgestellt und um ein Rezept zur Verwendbarkeit ergänzt. Wer bei dem Titel allerdings ein ernsthaftes Sachbuch vermutet, wird hier nicht bedient.

Die Porträtierten werden dargestellt, als seien sie nette Nachbarn, mit denen man sich auf einen Tee trifft. „Als Pflanze und aktives Mitglied des Photosynthese-Clubs muss man sich manchmal so einiges gefallen lassen.“

Darin liegt einiger Wortwitz verborgen, aber auch die Schwierigkeit, das Gelesene in die Tat umzusetzen. Ich wäre aufgrund fehlender Spezifika kaum in der Lage, eine der Pflanzen in freier Wildbahn zu erkennen. Somit verpufft leider all das Wissen, und ich bin so schlau wie zuvor.