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Veröffentlicht am 18.01.2023

Einfach Liebe - warum kann es nicht einfach sein?

Die Liebe an miesen Tagen
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Ein Roman über die Liebe? Droht da nicht jede Menge Kitsch zwischen zwei Buchdeckeln, seichtes Dahinplätschern auf rosaroten Wolken?

Ewald Arenz mach bereits mit dem Titel "Die Liebe an miesen Tagen" ...

Ein Roman über die Liebe? Droht da nicht jede Menge Kitsch zwischen zwei Buchdeckeln, seichtes Dahinplätschern auf rosaroten Wolken?

Ewald Arenz mach bereits mit dem Titel "Die Liebe an miesen Tagen" klar, dass seine Erzählung nicht diesem Klischee folgt. Das hätte man bei Arenz aber auch nicht erwartet. Der Autor ist spätestens seit " Alte Sorten" bekannt für seine sensible und poetische Sprache, für authentische Figuren mit all ihren Ecken und Kanten, und dafür, dass die Realität vor seinen Büchern nicht halt macht.

"Die Liebe an miesen Tagen" ist ein Beziehungsroman über Menschen, die mitten im Leben stehen, und dennoch das Wagnis einer neuen Liebe eingehen. Wie tief kann man sich fallen lassen, wenn man bereits Beziehungen durchlebt hat, kein Neuling mehr in Liebesdingen ist?

Es geht um Clara und Elias, die sich begegnen und ineinander verlieben. Clara ist Ende 40, Fotografin, verwitwet und Elias, Schauspieler und ein Jahrzehnt jünger, und voller Lebensgier. Ewald Arenz erzählt eine wunderschöne Liebesgeschichte, beschreibt zwei Menschen, die sich fallen lassen, und doch immer wieder reflektieren. Beiden ist gemein, dass sie mit der Sprache jonglieren, sich selbst offenbaren, ihre Ängste und Hoffnungen zum Ausdruck bringen.

Doch es wäre nicht Arenz, wenn das alles wäre. Seine Protagonisten sind authentisch, Menschen mittleren Alters, die einem Beruf nachgehen, die familiär gebunden sind , die Probleme bewältigen müssen wie Arbeitslosigkeit oder Erkrankungen naher Angehöriger - und noch viel mehr.

Man denkt immer, es trifft einen nicht. Tut es aber. Und dann denkt man, dass man dem Schicksal seine Schuld doch bezahlt hat und es einen dann nicht mehr trifft. Weil das erste Mal schon so unfair war. Aber es trifft einen doch. Ein zweites Mal und dann vielleicht auch ein drittes Mal, und es hört überhaupt niemals auf, weil es dem Schicksal oder Gott oder dem Leben einfach scheißegal ist, wie oft es dich trifft. " (S. 338)

Und das alles in einem Buch von 378 Seiten? Hier zeigt sich die Erzählkunst von Ewald Arenz, der spielerisch und dennoch feinfühlig auch die dramatischen und unvorhergesehenen Ereignis beschreibt, manchmal detailreich, dann wieder mit herbem, fast sarkastischen Humor, aber immer berührend, intensiv und lebensnah.

Ich habe mich wohlgefühlt bei der Lektüre. Abgerundet wird das Leseerlebnis durch das sehr schön gestaltete Cover, einen Buchdeckel mit einem haptisch erfahrbaren Stillleben, und - zu meiner Freude - einem Lesebändchen.

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Veröffentlicht am 14.12.2022

Verschachtelte Hommage an irischen Whiskey und die Literatur der Grünen Insel

Ein Schuss Whiskey
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Nun also der Whiskey, und nicht irgendein Whiskey sondern der irische, denn:

1297 - Robert Savage of Bushmills kredenzt seinen Truppen >> a mighty draught of uisce beatha

Nun also der Whiskey, und nicht irgendein Whiskey sondern der irische, denn:

1297 - Robert Savage of Bushmills kredenzt seinen Truppen >> a mighty draught of uisce beatha<<, um die Kampfmoral zu heben. Die erste schriftliche Erwähnung von Whiskey - in Irland!"
Carsten Sebastian Henn hat seine schreibende Tätigkeit als Weinjournalist begonnen. Und er möchte sein Wissen teilen. Dies ist ihm bereits mit der kulinarisch-vinophilen Serie um den Spitzenkoch und Hobbydetektiv Julius Eichendorff hervorragend gelungen. Henn hat dabei ein ganz eigenen Stil entwickelt, der sich nicht an die üblichen Grenzen der Realität hält, und zum Teil bizarre, aber immer wieder unterhaltsame Geschichten zu Papier gebracht, an deren Ende ein nicht ganz ernstzunehmender Kriminalfall gelöst, vor allem aber die Leserschaft wieder sehr viel über Weinbau und Kulinarik gelernt hat.

In dieser Tradition steht nun auch die Trilogie um das Hochprozentige, Nach "Der Gin des Lebens" und "Rum oder Ehre" wird dieses Projekt nun abgeschlossen durch "Ein Schuss Whiskey". Wir begleiten den jungen Krimiautor Janus Rosner auf einer skurrilen Mörderjagd durch Dublin. Dabei begegnen wir der irischen Literatur, der irischen Mentalität und natürlich dem irischen Whiskey. Dass der fast eine größere Rolle spielt als der eigentliche Fall muss man mögen. Die Handlung ist verschachtelt und ich gebe zu: es hat etwas gedauert, bis ich mit dem Buch warm geworden bin. Augenzwinkernd könnte man meinen, dass das Buch ein bisschen unleserlich sein möchte wie die Ulysses von James Joyce. Kleine Parallelen tauchen immer wieder auf zur großen Literatur. Ein wenig Böll, der darf ja nicht fehlen, wenn es um Irland geht. Und natürlich der großartige Beckett. Ein wenig Wissen um die irische Literatur kann nicht schaden, wenn man das Buch verkosten möchte.

Fazit: Ich habe mich gut amüsiert, viel über den irischen Whiskey gelernt, und mich gedanklich auf eine kleine Irlandreise begeben.

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Veröffentlicht am 13.11.2024

Werkzeugkasten für mehr Stabilität und Zuversicht im Alltag

Resilienz – 6-Minuten-Gewohnheiten für eine starke Seele
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Das vorliegende Taschenbuch ist ein gut strukturierter und praktischer Werkzeugkasten für mehr Stabilität und Zuversicht im Alltag. Das Buch ist gut und übersichtlich strukturiert und verständlich geschrieben. ...

Das vorliegende Taschenbuch ist ein gut strukturierter und praktischer Werkzeugkasten für mehr Stabilität und Zuversicht im Alltag. Das Buch ist gut und übersichtlich strukturiert und verständlich geschrieben. Die zahlreichen Übungen sind einfach und praktisch umsetzbar und alltagstauglich. So beginnt bereits beim Lesen die Entschleunigung.

Lisa Zieglers Büchlein besticht auch äußerlich mit einem schönen und resistenten Cover, kleinformatig, so dass es gut in die Handtasche passt. So hat man die angebotenen Werkzeuge immer parat. Praktisch eben!

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Veröffentlicht am 16.07.2023

Entlarvender Kriminalroman aus dem Salzburger Land

Bleiche Erben
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"Bleiche Erben - Inspektor Ruprecht und die Schönheit" ist der zweite Band einer Salzburger Krimireihe von Ernst Kaufmann. Erschienen ist das Buch im Salzburger Traditionsverlag Anton Pustet. Das Cover ...

"Bleiche Erben - Inspektor Ruprecht und die Schönheit" ist der zweite Band einer Salzburger Krimireihe von Ernst Kaufmann. Erschienen ist das Buch im Salzburger Traditionsverlag Anton Pustet. Das Cover hebt sich vom üblichen Krimi-Cover B - Kein Wunder, ist es doch ein Werk des Autors, wie der Klappentext verrät. Die Gestaltung des Vorgänger- und Nachfolgebandes sind im ähnlichen Stil, was ich bei einer Reihe nicht unwichtig finde. Auch erfahren wir dort, dass es gewisse Parallelen zwischen Ernst Kaufmann und Inspektor Martin Ruprecht gibt. Der Text zum Buch ist ein angenehmer Teaser, es wird nicht zu viel verraten. Auch die Haptik des Buches gefällt mir, es liegt gut in der Hand.

Das Buch liest sich angenehm, der Sprachstil ist flüssig und es gibt keine inhaltlichen Brüche.

Da ich den ersten Band (noch) nicht kenne, waren alle auftretenden Personen neu für mich. Hier liegt eine Schwachstelle des Buches, denn es war für mich anfangs nicht so einfach, mir den Inspektor und andere Protagonisten vorzustellen. Eine Person konnte ich bis zum Schluss nicht richtig einordnen. Mit Martin Ruprecht bin ich dennoch warm geworden, ein angenehmer und gebildeter Mensch mit ein paar netten bourgeoisen Marotten und Vorlieben (Oldtimer, gutes Essen, Zigarre, Jazz).

Mir gefällt wie langsam und akribisch sich aus ersten Splittern ein Fall herauskristallisiert. Wie genau Ruprecht recherchiert, untersucht und analysiert. Wie ein Jagdhund, der eine Fährte aufgenommen hat. Darin liegt aus meiner Sicht die eigentliche Spannung des Buches. Es geht darum, wer eigentlich verantwortlich ist für das Unrecht, welches hier aufgezeigt wird, und wer zur Verantwortung gezogen werden kann. Dabei geht es um internationale Verstrickungen, einen Konzernchef, die Aufsichtsbehörde und weitere Personen, die für Geld bereit sind alles zu tun.

Fazit: ich bin neugierig geworden auf den ersten Band, ebenso wie auf den angekündigten Folgeband. Sehr gerne vergebe ich für "Bleiche Erben" 4,5 Sterne.

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Veröffentlicht am 22.02.2023

Eine Zeitreise ins New York von 1965

Cosmopolitan – Die Zeit der Frauen
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Das Sujet des historischen Romans bedingt, dass die Autorin über eine Zeit schreibt, die sie nicht selbst erlebt hat. Ich konnte nicht recherchieren, wie alt Renée Rosen ist, wohl aber, dass sie in den ...

Das Sujet des historischen Romans bedingt, dass die Autorin über eine Zeit schreibt, die sie nicht selbst erlebt hat. Ich konnte nicht recherchieren, wie alt Renée Rosen ist, wohl aber, dass sie in den USA bereits mehrere erfolgreiche Romane abgeliefert hat. Leider ist davon bislang nur “Cosmopolitan - Die Zeit der Frauen” (im Original von 2019 “Park Avenue Summer”) auf Deutsch erschienen. Dieser Roman spielt 1965, und da sind wir also mittlerweile mit historischen Romanen angekommen.

Gleich das Cover ist ein Hingucker und versetzt die Leserin in eine Zeit, in der Autos noch Flossen hatten und Frauen sich das erste Mal in der Geschichte Rechte erkämpften, die man heute allzu oft für selbstverständlich hält. Sexuelle Selbstbestimmung, einen Beruf ausüben, unabhängig von einem Mann leben und arbeiten. In weiten Teilen der Welt ist das bis heute nicht realisiert. Und damals war es ganz neu und somit aufregend, modern, skandalös. Ein Bericht über weibliche Brüste in einer Frauenzeitschrift - Skandal! Eine Frau, die mit einem Mann ins Bett geht, ohne ihn heiraten zu wollen - Skandal! Eine Frau als Chefredakteurin einer Zeitschrift - Skandal!

Renée Rosen erzählt in ihrem Werk die Geschichte um die erste Ausgabe der Zeitschrift Cosmopolitan unter der Leitung von Helen Gurley Brown. Man kann das Buch nicht lesen, ohne ein Gespür dafür zu bekommen, wie alte weiße Männer durch Intrigen versuchen, eine Frau für ihre Zwecke zu benutzen, zu manipulieren und zu beschädigen. Vor diesem Hintergrund sollte man die Leistung von Gurley Brown betrachten. Sie war eine Pionierin, hat Lanzen gebrochen und Frauen Wege ermöglicht, die ihnen zuvor nicht offen standen. Gurley Brown war immer umstritten, und das zurecht. Auch andere Protagonistinnen der Women’s Lib wie Betty Friedan standen ihr kritisch gegenüber. Erst seit den 1990ern hat sich die feministische Sichtweise auf Gurley Brown gewandelt.

Doch in diesem Buch geht es gar nicht in erster Linie um die Chefin, sondern um ihre - fiktive - Sekretärin, die aus der Provinz nach New York City kommt, um den Lebenstraum ihrer verstorbenen Mutter zu leben. Ein genialer Schachzug von Rosen, der sich dadurch alle möglichen erzählerischen Freiheiten eröffnen, und die uns trotzdem so viel über Gurley Brown und diese aufregende Epoche erzählt. So beschreibt sie die damaligen In-Lokale ebenso wie die unterschiedlichen Stadtviertel. Wir lernen das glamouröse Leben der High Society ebenso kennen wie die Nöte einer jungen Fotografin, die sich entscheiden muss, ob sie von ihrem Gehalt Filme kauft oder etwas für den Kühlschrank. In diesem Roman wird geraucht, Alkohol getrunken und Menschen haben Sex miteinander. Aber es gibt auch ernste Momente. An manchen Stellen ist das Buch sehr amerikanisch, womit ich meine, dass es einen Hang zum Happy End gibt. Da ich nicht spoilern will, nur so viel: manchmal ist weniger mehr.

Die Übersetzung von Anita Nirschl gefällt mir sehr gut. Sie trifft den richtigen Ton der Zeit.

Alles in allem eine klare Leseempfehlung, hier mit 4,5 Sternen. Hoffentlich werden weitere Bücher von Renée Rosen ins Deutsche übersetzt. Ich wäre sehr gespannt auf

Apropos: Ich habe nur eine Cosmopolitan in meinem Leben gelesen und fand sie absolut furchtbar!

Zudem eine Trigger-Warnung: das Thema Magersucht spielt am Rande eine Rolle.

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