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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 10.04.2024

Interessante & schnelle Lektüre

Wir werden jung sein
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"Wir werden jung sein" von Maxim Leo wirft durch seine Handlung große ethische Fragen auf. Was, wenn wir biologisch nicht mehr altern müssten, ewiges Leben erreichen könnten? Wer hätte überhaupt diese ...

"Wir werden jung sein" von Maxim Leo wirft durch seine Handlung große ethische Fragen auf. Was, wenn wir biologisch nicht mehr altern müssten, ewiges Leben erreichen könnten? Wer hätte überhaupt diese Möglichkeit - nur die Reichen und Mächtigen? In diesem Roman ist die biologische Verjüng eine "Nebenwirkung" von neuartigen Herzmedikamenten, die sich noch in der Probephase befinden. Deshalb bekommen vorerst auch nur vier Personen dieses Medikament, ein Jugendlicher mit Herzfehler, eine ehemalige Profischwimmerin, ein in die Jahre gekommener Geschäftsmann und eine junge Frau, die verzweifelt versucht ein Kind zu bekommen. Ihre Herzprobleme lösen sich und auch gegen die biologische Verjüngung spricht zuerst nichts, doch bald tauchen neue Probleme auf.
Maxim Leo hat für seinen Roman sehr viele Charaktere erschaffen, zwischen deren Perspektive von Kapitel zu Kapitel gewechselt wird. Größtenteils sind sie gut gezeichnet und ihr Verhalten verständlich und nachvollziehbar. Die ein oder andere Perspektive hätte man vermutlich weglassen können, ohne viel von der Geschichte zu verlieren, denn bei zu vielen Charakteren ist die Gefahr groß, dass man beim Lesen die Übersicht verliert. Ein weiteres Problem bei zu vielen Charakteren zeigt sich auch gegen Ende des Romans, denn hier fehlt plötzlich die Zeit, den Roman zu einem zufriedenstellenden Ende zu bringen. Handlungselemente folgen viel zu schnell aufeinander und es wirkt übereilt und unstimmig. Während ich es gut finde, dass die großen moralischen Fragen offen bleiben, bleibt trotzdem ein Gefühl der Unvollständigkeit nach dem Beenden des Buches.

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Veröffentlicht am 20.02.2024

Inspirierende Frau

Queen of Fashion
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Ich bin ehrlich: Der Titel "Queen of Fashion" hat mich zuerst abgeschreckt, da ich mit Mode gar nichts am Hut habe. Als ich dann aber gesehen habe, dass es um Vivienne Westwood geht, war mein Interesse ...

Ich bin ehrlich: Der Titel "Queen of Fashion" hat mich zuerst abgeschreckt, da ich mit Mode gar nichts am Hut habe. Als ich dann aber gesehen habe, dass es um Vivienne Westwood geht, war mein Interesse plötzlich geweckt. Über Vivienne Westwood habe ich schon ein bisschen gelesen, als ich eine Seminararbeit über die Punk-Bewegung geschrieben habe und da mich das Thema weiterhin begeistert, konnte ich an diesem Buch nicht einfach vorbeigehen.
Auch wenn es nur im ersten Teil des Buches um Punk geht und die Bewegung hinter dem Erschaffen der Mode und anderen Problemen im Privatleben Viviennes in den Hintergrund rückt, habe ich gerne über Viviennes Leben und ihren Kampf um Anerkennung gelesen.
Ich habe mir kein literarisches oder poetisches Meisterwerk erwartet. Der Schreibstil war angenehm zu lesen, obwohl ab und zu kleine Tippfehler den Lesefluss störten. Die Figuren waren greifbar gezeichnet und die Entwürfe Viviennes waren so beschrieben, dass man sich etwas darunter vorstellen konnte. (Ich habe sie trotzdem immer gegooglet.)
Manchmal wurde das ein oder andere Handlungselement eine Zeit lang vergessen oder gar ganz fallen gelassen (ohne Erklärung), was etwas befremdlich wirkt, wenn Vivienne plötzlich gar keine Gedanken an ihre Kinder verschwendet. Das kann auch daher kommen, dass Zeitsprünge manchmal nicht genau erklärt werden, nicht immer klar ist, welches Jahr ist, wie alt Vivienne oder die Kinder sind... Trotzdem ist "Queen of Fashion" ein solider Roman über eine starke und interessante Frau, die eine Revolution in der Modewelt in Gang gesetzt hat und immer zu ihrer Meinung stand.

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Veröffentlicht am 13.09.2023

Berührender Coming-of-Age Roman

Paradise Garden
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Aus heiterem Himmel verliert die 14jährige Billie ihre Mutter. Ihren Vater kennt sie nicht und bei der gerade erst eingezogenen Großmutter in der Hochhaussiedlung will sie nicht bleiben. Also begibt sie ...

Aus heiterem Himmel verliert die 14jährige Billie ihre Mutter. Ihren Vater kennt sie nicht und bei der gerade erst eingezogenen Großmutter in der Hochhaussiedlung will sie nicht bleiben. Also begibt sie sich auf die Suche nach ihrem Vater.
Das Buch macht kein Geheimnis daraus, dass den Leser:innen das Herz gebrochen wird, denn es beginnt mit dem Begräbnis von Billies Mutter. Im Erzählen gehen wir in die Zeit davor zurück, die, obwohl ihre Mutter zwei Jobs hat und trotzdem kaum genügend Geld, für Billie wunderschön war, denn ihre Mutter bemühte sich darum, dass Billie immer wieder das Schöne in der Welt sehen kann. Man spürt den Schmerz Billies durch die Seiten und würde sich am liebsten auf den Beifahrersitz setzen und mit ihr quer durch Deutschland fahren, um ihren Vater und ihre Herkunft kennen zu lernen.
Paradise Garden ist ein schön erzählter Coming-of-Age Roman, der sowohl für jüngere als auch erwachsene Leser:innen ansprechend ist. Durch seine Kürze geht nichts verloren, die Geschichte ist abgerundet und kommt ohne unnötige Ausschweife aus. Eine Reise ins Erwachsensein, wie es sie selten in deutschen Literatur gibt.

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Veröffentlicht am 17.07.2023

Subtiler Horror der Realität

Sekunden der Gnade
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Mit "Sekunden der Gnade" beweist Dennis Lehane wieder, dass er ein Meister des Subtilen ist. Sein Roman bietet keine großen Actionszenen oder den großen, übernatürlichen Horror. Lehane nimmt das reale ...

Mit "Sekunden der Gnade" beweist Dennis Lehane wieder, dass er ein Meister des Subtilen ist. Sein Roman bietet keine großen Actionszenen oder den großen, übernatürlichen Horror. Lehane nimmt das reale Leben, zeigt die schlechten Seiten auf und webt daraus eine Geschichte, die die Leser:innen fest in der Hand hält und immer fester zudrückt, bis es richtig unangenehm wird.
Wir verfolgen Mary Pat, eine Frau der Arbeiterklasse, die nicht gerade im besten Viertel der Stadt lebt, deren Tochter in der Nacht, in der ein Schwarzer auf mysteriöse Weise stirbt, verschwindet. Da sie der Polizei nicht vertraut, nimmt sie die Sache selbst in die Hand - und Mary Pat hat nichts zu verlieren.
Lehane zeigt nicht nur den Rassismus der 70er Jahre auf, sondern auch was die Lebensumstände aus einem Menschen machen können und wozu eine Mutter fähig ist. Die Handlung entwickelt sich wie ein dunkler Strudel des Unheils, in den die Leser:innen hineingezogen werden und gegen den man sich nicht wehren kann.
Der Roman beeindruckt durch seine klare Sprache, der Realitätsnähe und der Aktualität des Stoffes, obwohl die Handlung vor 50 Jahren spielt.

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Veröffentlicht am 09.06.2023

Die Schattenseiten der Idolkultur

Idol in Flammen
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Rin Usamis "Idol in Flammen" entführt europäische Leser:innen in eine Welt, die wir so nicht kennen, die japanische Idolkultur. Wir haben zwar Boybands und beliebte Stars, in Japan jedoch werden diese ...

Rin Usamis "Idol in Flammen" entführt europäische Leser:innen in eine Welt, die wir so nicht kennen, die japanische Idolkultur. Wir haben zwar Boybands und beliebte Stars, in Japan jedoch werden diese Idole auch als solche bezeichnet und viel stärker medialisiert als hier in Europa. Akari ist Fan eines solchen Idols, sie arbeitet neben der Schule, um sich CDs in dreifacher Ausführung zu kaufen und auf alle Konzerte zu gehen. Sie nimmt alle öffentlichen Fernsehauftritte Masakis auf, schreibt Transkripte und führt einen Blog über das Mitglied der Band. Ihr Verhältnis zu ihrem Idol ist obsessiv und als herauskommt, dass er einen Fan geschlagen haben soll, bekommt ihre, für sie perfekte Welt, Risse. Ihr Idol ist plötzlich statt auf dem ersten auf dem letzten Platz beim jährlichen Beliebtheitsranking und muss in seinem allabendlichen Livestream Hasskommentare über sich ergehen lassen.
Usami zeichnet den fragilen Charakter Akaris sehr eindrucksvoll und nachvollziehbar. Die Sprache ist poetisch, jedoch nicht anstrengend zu lesen. Es finden sich schöne Metaphern und tiefgehende Beschreibungen, die Sätze müssen jedoch nicht in Kleinstarbeit analysiert werden, um überhaupt erst mal zu verstehen, was im Roman passiert. Die Obsession, ausgelöst durch psychische Probleme Akaris, die dazu führt, dass sie ihr eigenes Leben vernachlässigt, wird verständlich geschildert und als Leser:in befürchtet man, durch die drückende Gesamtstimmung des Romans, ein schlimmes Ende.
Der Roman zeigt auf, was die Obsession mit einer fremden Person im Leben einer Jugendlichen anrichten kann. Mir fehlte jedoch etwas der Fokus auf eben diesen Skandal des Promis, er scheint nach den ersten zwanzig Seiten beinahe vergessen und taucht nur manchmal als kleines Spotlight wieder auf.

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