Caring Society
Die Rettung der Pflege„Im Prinzip kann jeder pflegen, es will nur keiner.“ (S. 11) ist die kontroverse Antwort der beiden Autoren Reimer Gronemeyer und Oliver Schultz auf die Frage nach der Zukunft der Pflege. Denn dass die ...
„Im Prinzip kann jeder pflegen, es will nur keiner.“ (S. 11) ist die kontroverse Antwort der beiden Autoren Reimer Gronemeyer und Oliver Schultz auf die Frage nach der Zukunft der Pflege. Denn dass die Pflege so, wie sie jetzt ist, zum Scheitern verurteilt ist, kann keiner mehr leugnen. Die Pflegekräfte sind überarbeitet, unterbesetzt und unterbezahlt.
Die beiden Autoren plädieren als Lösung für das Caring-Society-Prinzip, bei dem Freiwillige, Ehrenamtliche, Angehörige, Nachbarn und Freunde in die Pflege zu Hause eingebunden werden. Dagegen erhebt mein Mann, der seit 35 Jahren als Krankenpfleger arbeitet, 8 davon in einer geriatrischen Reha-Klinik, sofort Einspruch, als ich ihm davon erzähle. Er sagt, nicht nur, dass die meisten nicht wollen, sie können es auch nicht. Die Menschen werden immer älter, haben dadurch immer mehr Krankheiten und bedürfen sehr spezieller Pflegen – da würden Ungelernte schnell überfordert sein. Das fängt beim Waschen an und setzt sich bei besonderer Ernährung / Diäten fort (da klammere ich die Ernährung über eine Sonde und den damit verbundenen Aufwand schon aus). Gleiches gilt für die Wundpflege (Verhindern vom Wundliegen / Lagerungstechniken etc.). Zudem sind gerade demente Patienten oft nicht zur Mitarbeit bereit oder werden aggressiv – welche Angehörige, meist sind es ja weibliche, hat dem ausreichend Kraft und Willen entgegenzusetzen?!
Ich fand die Idee des Buches gut und hatte mir echte Lösungsansätze erhofft. Meine Eltern sind beide über 70 und wer weiß, wann sie Pflegefälle werden. Doch die Autoren zeigen zwar viele Probleme auf, aber mir fehlen umsetzbare Maßnahmen zur Abschaffung der Probleme. Vielleicht würde es schon helfen, wenn man die Angehören genau wie die Bufdis in Crashkursen schult oder den Zivildienst wieder einführt, damit auch wirklich Personal bereitsteht.
Außerdem schweifen sie leider immer wieder ab, bringen zu viele sich wiederholende selbst erlebte Fälle und konzentrieren sich zu sehr auf Corona und Demenz. Ich habe mich beim Lesen gefragt, für welche Zielgruppe das Buch gedacht ist. Doch mit einem haben sie Recht: „Die Not der Pflege hängt mit der Not der Gesellschaft zusammen, und mit der geordneten Trennung der beiden.“ (S. 161)
Mein Fazit: Als Bestandsaufnahme der Pflegeproblematik ist das Buch ganz gut, aber mir fehlen echte, umsetzbare Lösungsvorschläge.