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Veröffentlicht am 22.07.2023

Schweigen ist Gold?

Das Leben, das uns bleibt
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Im Januar 1945 begibt sich Ruth gemeinsam mit ihren beiden jüngeren Geschwistern Lili und Jo und der Mutter auf eine gefahrvolle Reise: nur weg aus Breslau und auf nach Deutschland. Nachdem auch dem Vater ...

Im Januar 1945 begibt sich Ruth gemeinsam mit ihren beiden jüngeren Geschwistern Lili und Jo und der Mutter auf eine gefahrvolle Reise: nur weg aus Breslau und auf nach Deutschland. Nachdem auch dem Vater die Flucht gelungen ist, wird die Familie letztendlich in Freiburg sesshaft. Überschattet wird der Neuanfang jedoch von der Ungewissheit über den Verbleib des ältesten Sohns und Bruders, Harry, der im Zweiten Weltkrieg vermisst wird. Auch das Schicksal der von allen geliebten Großmutter ist ungewiss, da sie ihre Heimatstadt nicht verlassen wollte. Und auch Ilan, die erste und große Liebe Ruths, hat sein Versprechen, sich nach dem Krieg wieder zu finden, bisher nicht eingelöst …
Ruth, Lili und Jo – drei sehr unterschiedliche Charaktere, die auf ihre eigene Weise versuchen, in der neuen Heimat Fuß zu fassen, sich einzuleben und mit der schmerzhaften Vergangenheit abzuschließen. Dies gelingt Lili recht gut, Jo dagegen thematisiert zunehmend radikaler die Verbrechen der Nazi an den Juden und distanziert sich immer mehr von seiner Familie. Gibt es doch ein Geheimnis um ihre Herkunft, das sie nicht nur unbeschadet durch die Kriegsjahre geführt hat, sondern auch jetzt, in ihrer neuen Heimat, nicht ans Tageslicht kommen soll: die Großmutter war Jüdin. Diese familiären Wurzeln wurden durch Ruth's Mutter verleugnet und durch ihre Konvertierung zum Christentum praktisch dokumentiert.
Die Romanhandlung schildert nur auf wenigen Seiten die letzten Tage in Breslau, um dann mit einem großen Zeitensprung drei Jahre später in Deutschland fortzufahren. Jeder versucht auf seine Weise, sich mit den neuen Lebensverhältnissen nicht nur zu arrangieren, sondern sich auch ein eigenes Leben aufzubauen. Dabei werden die unterschiedlichen Charaktere auf sehr verständliche und überzeugende Weise berücksichtigt und in folgerichtige und realistische persönlich Entwicklungsprozesse umgesetzt. Dies für mich der besondere Reiz der gesamten Romanhandlung, entsteht doch ein sehr interessantes Gesamtbild dieser Familie. Jede Charaktere einzigartig und mit sehr viel Verständnis und Gefühl zum Leben erweckt. Mit Ecken und Kanten, mit Gedanken und Aktionen, die harmonieren und die individuelle persönliche Entwicklung realistisch und überzeugend darstellen.
Auch wenn Ruth als Hauptprotagonistin gelten soll, so wird vor allem auch ihren Geschwistern viel Raum gegeben, um sie kennenlernen zu können. Auch die Mutter und deren Beweggründe für ihr Handeln werden sehr empathisch dargestellt, auch wenn es schwerfällt, diese weiterhin bestehende Verneinungstaktik so viele Jahre nach Kriegsende und in ihrer neuen Heimat, Deutschland, zu verstehen bzw. zu akzeptieren.

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Veröffentlicht am 10.07.2023

Eine bereichernde Freundschaft zwischen Mensch und Tier

Dalee
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Bereits auf Grund einer kurzen Leseprobe hat mich dieser Roman in seinen Bann gezogen, dass ich ihn sehr gerne in seiner vollständigen Fassung lesen wollte – und ich wurde nicht enttäuscht.
Bereits zu ...

Bereits auf Grund einer kurzen Leseprobe hat mich dieser Roman in seinen Bann gezogen, dass ich ihn sehr gerne in seiner vollständigen Fassung lesen wollte – und ich wurde nicht enttäuscht.
Bereits zu Beginn getragen von dem großen Verständnis, der Zuneigung, ja der Freundschaft zwischen einem (zunächst) noch kleinen indischen Jungen, Bellini, der aus einer Familie stammt, die bereits seit Generationen die Kunst der Mahut (Führung von Arbeits-Elefanten) beherrscht und einem Elefanten.
Der Autor lässt Bellini "seine" ganz persönliche Geschichte rückblickend erzählen:
Gemeinsam mit seiner Familie und ihrem Arbeits-Elefanten Dalee macht sich Bellini als kleiner Junge auf den langen und schwierigen Schiffs-Weg zu den weit entfernten Andamaneninseln. Angelockt von der Aussicht auf ein besseres Leben und eine erfolgreiche Zukunft, entpuppen sich diese Hoffnung schon gleich nach der Ankunft als falsche Erwartung bzw. Versprechen. Dalee, von dessen Arbeitsleistung die gesamte Familie abhängig ist, wird artgerecht behandelt. Doch Bellini sieht in Dalee mehr als nur ein Arbeitstier, für ihn ist er Vertrauter, Freund, Familienmitglied – eine ganz besondere Beziehung, die ihn mit Dalee verbindet. Umso erschreckender und aufwühlender dann die die mit dem zunehmenden Alter von Dalee einhergehende Veränderung: er beginnt zu vergessen. Nicht nur Arbeitsbefehle und seine gewohnte Umgebung sondern auch die Menschen, die ihm vertraut sind und die ihn umsorgen. Keine einfache Zeit – weder für Tier noch für Mensch, ganz besonders für Bellini.
Ein ruhiges und auch entspannendes Buch – und auch bereichernd. Dem Autor gelingt es auf gelungene Weise, ein bekanntes aber in diesem Sinne doch unbekanntes Land darzustellen. Interessante und sehr informative Einblicke in Sitten, Gebräuche und Kultur werfen zu können und dadurch einen hierzulande doch recht unbekannten Teil der indischen Geschichte kennenlernen zu können. Vieles war für mich neu, aber sehr faszinierend.
Ein entschleunigendes Buch, das für eine wunderschöne lesende Auszeit im Alltagsstress gesorgt hat.

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Veröffentlicht am 10.07.2023

Mordermittler in der Nazizeit

Die marmornen Träume
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Der Autor dieses seitenstarken Thrillers war mir bisher nicht durch seine Romane, sondern durch den Film "Die purpurnen Flüsse", basierend auf dem gleichnamigen Roman des Autors, bekannt. Aufmerksam geworden ...

Der Autor dieses seitenstarken Thrillers war mir bisher nicht durch seine Romane, sondern durch den Film "Die purpurnen Flüsse", basierend auf dem gleichnamigen Roman des Autors, bekannt. Aufmerksam geworden auf den vorliegenden Thriller bin ich durch das für mich auf den ersten Blick recht verstörende Cover, das mich das Buch dann in die Hand nehmen und die kurze Inhaltsangabe lesen lies. Da mich die dem Roman zu Grunde liegende Zeit schon sehr lange interessiert und ich bisher noch keinen Roman dieses Genres gelesen habe, habe ich mich mit großem Leseeifer in den Roman gestürzt.
Handlungsort und –zeit ist Berlin im Jahr 1939, eine Großstadt zu Beginn der Nazi-Herrschaft. Zeit und Umfeld werden hervorragend skizziert und mit einem interessanten und nicht oft genutzten Handlungsort eines fiktiven Romangeschehens verknüpft: die Praxis des Psychoanalytikers Simon Kraus, der sich hervorragend darauf versteht, als Traumdeuter ausschließlich seinen Patientinnen, allesamt Ehefrauen von Nazi-Größen, helfend und beratend zur Seite zu stehen. Dass sich hinter seinem herausragenden medizinischen Können aber auch eine ganz andere, erpresserische Seite verbirgt, lässt sich schon bald erkennen. Simon Kraus fühlt sich ausgesprochen wohl in dem Leben, das er sich auf diese Weise aufgebaut hat und lebt – wäre da nicht eines Tages der unfassbar brutale Mord an einer seiner Patientinnen. Dieses Verbrechen, dem in der Folge noch weitere der gleichen Art folgen, aufzuklären fällt dem Hauptsturmführer bei der Gestapo, Franz Beewen zu, den sein Ermittlungsweg dann auch recht schnell zu Simon Kraus führt. Notgedrungen arrangieren sich die beiden in dem gemeinsamen Versuch, die bereits begangenen Morde aufzuklären und weitere zu verhindern. Und erhalten zusätzliche Unterstützung bei ihrer Arbeit durch die (aristokratische) Leiterin einer Nervenheilanstalt, Minna von Hassel, die dem Alkohol- und Drogenkonsum alles andere als abneigend gegenübersteht …
Ein äußerst skurriles Ermittlertrio, wobei die drei Charaktere unterschiedlich und einzigartig gestaltet sind. Mit Ecken und Kanten, mit Gedanken und Handlungen, die überzeugen und die durchaus als lebensecht, schlüssig und überzeugend bezeichnet werden können. Es war interessant, jede einzelne im Laufe der Romanhandlung immer besser kennenlernen zu können, da mich der Autor nach und nach ihre Geheimisse und Gedanken wissen ließ und ihnen dadurch ein individuelles Leben gab. Und dies alles verknüpft mit interessanten Blicken hinter die Kulissen einer Zeit, bei der es bereits viele zum Teil noch unentdeckte menschliche Grausamkeiten gab.
Der Roman vermittelt auf eine sehr eindrückliche Weise die damaligen historischen und auch politischen Gegebenheiten. Dazu wird ein Verbrechen konstruiert, das hervorragend und passgenau mit diesem zeitlichen und auch politischen Umfeld verknüpft wird. Für mich wurde eine Authentizität erzeugt, die mich nicht daran zweifeln ließ, "dass es so gewesen sein könnte".

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Veröffentlicht am 18.06.2023

Eine unerwartete Herausforderung

Das Erbe der Greiffenbergs - Gegen den Wind
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Die Autorin lässt auf rund 400 Seiten an der schwierigen Aufgabe einer jungen Ehefrau und Zwillingsmutter teilhaben, kurzfristig die Leitung eines alteingesessenen Familienunternehmens mit vielen Mitarbeitern ...

Die Autorin lässt auf rund 400 Seiten an der schwierigen Aufgabe einer jungen Ehefrau und Zwillingsmutter teilhaben, kurzfristig die Leitung eines alteingesessenen Familienunternehmens mit vielen Mitarbeitern zu übernehmen. Dabei gibt es verschiedene Problemfelder zu bewältigen. Doch der Reihe nach …
Vermittelt der Einstieg in das Romangeschehen am späten Nachmittag der Geburtstagsfeier der nun achtzigjährigen Seniorchefin Elsa bereits eine erste Vorstellung über die wichtigsten Charaktere und deren familiäre Beziehung, so endet dies doch fröhliche Fest nur wenige Stunden später durch das spurlose Verschwinden von Ludwig, Geschäftsführer des traditionsreichen Feinkostunternehmens und der jüngere der beiden Söhne von Elsa. Ludwigs älteste Tochter Pauline, Mutter eines Zwillingspaares, verheiratet mit dem Sohn eines Papierfabrikanten und amtierender Bürgermeister der Nachbargemeinde, übernimmt gemeinsam mit dem älteren Bruder Ferdinand die Geschäftsleitung. Wobei die größte Verantwortung ausschließlich bei Pauline liegt, die zumindest über einige Studiensemester Wirtschaftswissenschaften vor Heirat und Geburt der Kinder verfügt. Ferdinand dagegen, sportlich interessiert und talentiert, betätigt sich inzwischen nach Beendigung seiner sportlichen Karriere als Stuntman. Dass sich das Unternehmen bereits seit längerer Zeit und allen Familienmitgliedern unbekannt in einer finanziellen desaströsen Schieflage befindet, erschwert Pauline den Einstieg in ihre berufliche Herausforderung zusätzlich. Muss sie doch auch um Akzeptanz und Wertschätzung durch die Mitarbeiter kämpfen, wobei sie seitens ihres Onkels Wolfgang, in der Firma für den Bereich Marketing und Werbung zuständig, alles andere als Unterstützung erhält.
Sehr gut gefallen hat mir, dass ich bereits auf den ersten Seiten alle Charaktere kennenlernen konnte. Eine überschaubare Anzahl, dem Grunde nach eine verhältnismäßig kleine familiäre Einheit. Wobei bei einigen Personen bereits zu ahnen ist, dass so manches Geheimnis noch im Verborgenen liegen könnte und man im Verlauf des Romangeschehens verfolgen kann, um welche es sich im Einzelnen handelt und wie aktuell damit umgegangen wird bzw. welche Konsequenzen gezogen werden.
Spannungsreich die Darstellung des Spagats der jungen Pauline zwischen ihrer Aufgabe als Mutter und Geschäftsführerin. Vor allem, weil sie recht schnell erkennt, dass eine Umgestaltung und Neuorientierung der Firma erforderlich ist, wenn sie Bestand haben soll. Zu Gute kommt ihr dabei der nach wie vor vorhanden Kontakt zu heimischen Lieferanten, ist sie doch nach wie vor in ihrem Heimatort bekannt und verwurzelt. Dabei ist es der Autorin gelungen, auch diese Nebencharaktere individuell und authentisch darzustellen.
Für mich zeichnet diesen Roman aus, dass man sich sehr gut mit den einzelnen Charakteren identifizieren und man sie sich lebensecht vorstellen kann. Darüber hinaus findet auch die reizvolle Umgebung, rund um den Chiemsee, eine Berücksichtigung, die den Wunsch nach einem Urlaub in dieser Gegend weckt. Das eher "trockene" Thema einer Firmensanierung wird auf eine sehr verständliche Weise dargestellt. Auch sehr persönliche Problemfelder wie Spannungen zwischen Pauline und ihrem Ehemann, das sich immer deutlicher abzeichnende distanzierte Verhältnis zwischen Antonia, der jüngsten Schwester von Pauline und Ferdinand zu Therese, Ehefrau von Ludwig und Mutter der drei Geschwister. Wobei erwähnt werden soll, dass mich die Darstellung der tiefen Trauer von Therese um das plötzliche und spurlose Verschwinden ihres geliebten Ehemannes sehr berührt hat. Der Außenwelt gegenüber zeigt sie sich gefasst – doch ihre Gedanken zu kennen oder sie ganz alleine zu erleben, das hat mich getroffen.
Angelegt auf eine Familien-Saga, sprich es wird noch einen Folgeband geben, schließt dieser Roman mit einem unerwarteten Cliffhanger, von dem ich nicht einschätzen kann, wie er zu werten ist. Auf alle Fälle bleibt es spannend, was den Verbleib von Ludwig angeht und ob es Pauline gelingt, mit der Firma wieder in einen finanziell grünen Bereich zu gelangen.

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Veröffentlicht am 09.05.2023

Ein verstummtes Klagelied - wiederentdeckt

Ein Geist in der Kehle
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Der Titel hatte mich neugierig gemacht, konnte ich doch zunächst keinen Sinn darin erkennen, bzw. ihn nicht deuten. Das Cover fand ich aber dann doch interessant und ich hatte Gelegenheit, dank einer Leseprobe ...

Der Titel hatte mich neugierig gemacht, konnte ich doch zunächst keinen Sinn darin erkennen, bzw. ihn nicht deuten. Das Cover fand ich aber dann doch interessant und ich hatte Gelegenheit, dank einer Leseprobe etwas mehr vom Inhalt zu erfahren, als der Klappentext hergab.
War ich zunächst gebannt von der Geschichte um eine junge irische Witwe im achtzehnten Jahrhundert, die über den Tod ihres Ehemannes nicht hinwegkam und ihr versucht, ihrer großen Liebe in Form eines Klagelieds ein Denkmal zu setzen.
Auf der anderen Seite eine junge und völlig überforderte Mutter, mit vier noch recht kleinen Kinder, die sich an dieses Gedicht, ihr bereits aus der Schulzeit bekannt, erinnert und sich auf Spurensuche begibt. Zum einen, um sich neben dem allgemeinen Haushalts- und Kindertrott persönliche Auszeiten zu gönnen und zum anderen, um die in Vergessenheit geratene und inzwischen auch ungekannte Adlige nebst ihren dramatischen Schicksalsschlägen wieder zum Leben zu erwecken.
Eine durchaus interessante Kombination und beide Erzählstränge fand ich sehr interessant. Hinzu kommt ein etwas anderer als gewohnter Schreibstil und auch eine andere Erzählweise, an die ich mich zunächst gewöhnen musste, die mir aber immer mehr zusagte. Wobei ich voller Erstaunen feststellen musste, dass mich die Geschichte um die trauernde adlige irische Witwe mehr in ihren Bann gezogen hat als alles, was mit der jungen irischen Mutter im aktuellen Zeitrahmen zusammenhing.
Ein etwas anderer Roman als üblich – den ich aber gerne gelesen habe.

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