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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 15.09.2016

Hervorragender Wissenschaftsthriller

Der Jesus-Deal
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Andreas Eschbach hat sich nach über 10 Jahren entschlossen, einen weiteren Roman über das von ihm erdachte „Jesus-Video“ unter dem Titel „Der Jesus-Deal“ herauszubringen. Dabei handelt es sich um eine ...

Andreas Eschbach hat sich nach über 10 Jahren entschlossen, einen weiteren Roman über das von ihm erdachte „Jesus-Video“ unter dem Titel „Der Jesus-Deal“ herauszubringen. Dabei handelt es sich um eine Mischung aus Prequel und Sequel. Bei einem Roman, dessen Handlung mit einer Zeitreise verstrickt ist, sind die Grenzen fließend. Man muss das "Jesus-Video" nicht unbedingt kennen, um problemlos in den "Jesus-Deal" einzusteigen. Aber es macht natürlich noch mehr Spaß, wenn man den ersten Teil gelesen hat. Am Anfang lernt man aber erst mal einige neue Hauptpersonen kennen und eine kirchliche Gemeinschaft, die ganz eigene Pläne mit dem Jesus-Video hat. Die Geschichte spielt einige Jahre nach der Entdeckung des Videos. Wie man aus Teil 1 weiß, wurde das Video mit einer Kamera gedreht, die es erst in der Zukunft geben wird. Und diese Zukunft scheint jetzt in greifbare Nähe gerückt, woraus resultiert, dass auch die Zeitreise, die zu diesem Video führt, unmittelbar bevorsteht. Man kann schon erkennen, dass man schnell einen Knopf im Hirn kriegen kann, wenn man dem Plot nicht die nötige Aufmerksamkeit widmet. Aber dafür wird man mit einer trickreichen Handlung belohnt, die in eine spannende und kluge Story verpackt ist.

Ein wichtiger Dreh- und Angel-Punkt in diesem Roman ist die Glaubenslehre der Evangelikalen, einer sehr großen Kirchengemeinde in Amerika. Man sollte sich nicht davon abschrecken lassen, dass Religion und ihre fanatischen Anhänger eine große Rolle im "Jesus-Deal" spielen, denn Eschbach schafft es, einige wirklich starke Charaktere hier aufeinander treffen zu lassen und er stellt - wie immer in seinen Büchern - einige intelligente Fragen in den Raum, die auch nach dem Weglegen des Buches im Leserkopf weitergären und zu ganz neuen Einsichten verhelfen können.

Eschbach spielt mit diesen verschiedenen räumlichen und zeitlichen Ebenen und schickt seinen Leser mal in die Zukunft, mal in die Vergangenheit und lässt in der Gegenwart Dinge geschehen, die in alle Zeiten Auswirkungen haben. Dabei hält er die unterschiedlichen Handlungsstränge fest in der Hand und schafft es tatsächlich, dass am Ende keine wirklich losen Enden raushängen auch wenn er zwei, drei Fragen offen lässt und man tatsächlich hofft, dass es noch einen weiteren, dritten, Teil geben könnte. Stoff wäre dafür sicherlich vorhanden.

Ich habe mir ganz kurz die Frage gestellt, in welches Genre ich das Buch einordnen würde, da natürlich eine Zeitreise eine SF-Tendenz hat. Aber da ich fand, dass gerade diese Teile sehr wissenschaftlich und mit heutigem Wissenstand erklärt wurden, halte ich es eher für einen Wissenschafts-Thriller.

Nachdem mich das letzte Buch von Andreas Eschbach nicht ganz überzeugen konnte, bin ich hier restlos zufrieden und vergebe die volle Punktzahl.

Veröffentlicht am 23.08.2024

treuer Fan

Wisting und der ungewollte Verrat
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Was gefällt mir eigentlich so an der Wisting-Reihe? Es ist vor allem die unaufgeregte Art, wie Jorn Lier Horst erzählt. Gefühlt eher knapp und fast ein wenig emotionslos. Aber das täuscht, denn schnell ...

Was gefällt mir eigentlich so an der Wisting-Reihe? Es ist vor allem die unaufgeregte Art, wie Jorn Lier Horst erzählt. Gefühlt eher knapp und fast ein wenig emotionslos. Aber das täuscht, denn schnell sind einem die Hauptdarsteller nahe und man versteht wie sie ticken. Wisting ist selbst einer dieser Typen, die ganz normal sind. Solide und ehrliche Arbeit ist seine Stärke. Der Wunsch, seinen Liebsten nahe zu sein und es doch nicht immer zu können, wirkt sympathisch und realistisch. Der aktuelle Fall ist auch ziemlich persönlich und Wisting muss abwägen zwischen privaten Gefühlen und Polizistenehre. Das birgt ganz eigene Spannungen.

Vielleicht nicht sein spannendstes Buch, aber mir hat es wieder gut gefallen und weil ich Wisting einfach mag, bekommt er wieder 5 Sterne von mir. Ich bleibe ihm treu.

Veröffentlicht am 23.08.2024

tolles Leseerlebnis

Freundschaft und Vergeltung
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Mein erstes Buch von Helmut Krausser und sicher nicht mein letztes.

"Freundschaft und Vergeltung" ist ein Titel, der so passend ist, dass er zwei der Hauptthemen des Buches, hervorhebt ohne etwas zu verraten, ...

Mein erstes Buch von Helmut Krausser und sicher nicht mein letztes.

"Freundschaft und Vergeltung" ist ein Titel, der so passend ist, dass er zwei der Hauptthemen des Buches, hervorhebt ohne etwas zu verraten, von den tiefen Abgründen in die wir als Leser blicken werden. Scheinbar eher unspektakulär kommt der erste Rückblick des Erzählers daher. Auch wenn er Andeutungen von einem bedrohlicheren Rätsel macht, so ist es erst mal eine Geschichte über ein paar frühreife Pennäler, die von den Eltern in ein Internat gesteckt werden. Wer solche Internatsgeschichten schon mal gelesen hat, der weiß um die eigene Dynamik in solchen Einrichtungen. Von Harry Potter bis Das Wunschspiel waren meine Gefühle, als ich anfing zu lesen. Fehlerbehaftete Lehrerkräfte, die zwischen dem Wunsch, die Schüler zu beflügeln als auch einfach das Schuljahr abzuarbeiten, schwanken. Flegelhafte Schüler, die voreinander angeben, sich zanken, durch schmutzige Phantasien und albernes Jungengehabe schon mal durcheinander kommen in ihren Gefühlen. Ein brodelnder Kessel voller junger Männer und mehr oder weniger abgeklärter Erwachsener. Aber dann verschwinden vier Menschen und in der Vergangenheit blieb ungeklärt, was wirklich geschehen ist. Und der Erzähler versucht viele Jahre später hinter das Geheimnis zu kommen.

Ein wunderbar ausgefeilter Erzählstil zieht die Leserschaft schnell in seinen Bann. Die Charaktere werden so klar und nah herangerückt, dass man sie bald zu kennen glaubt. Und die Fragen, die nach und nach aufkommen, werden Stück für Stück beantwortet, wobei es einige Überraschungen gibt.

Tolles Leseerlebnis. Für mich eine Überraschung.

Veröffentlicht am 05.08.2024

wunderbar

Das Wesen des Lebens
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"Das Wesen des Lebens" ist kein Roman im eigentlichen Sinne. Vielmehr ist es eine Ansammlung an vielfältigen Geschichten über drei Jahrhunderte hinweg. Dabei fungiert die Stellersche Seekuh, eine Tierart, ...

"Das Wesen des Lebens" ist kein Roman im eigentlichen Sinne. Vielmehr ist es eine Ansammlung an vielfältigen Geschichten über drei Jahrhunderte hinweg. Dabei fungiert die Stellersche Seekuh, eine Tierart, die vor vielen Jahrzehnten durch den Mensch ausgerottet wurde, als zentraler Faden, der die verschiedenen Erzählungen miteinander verbindet. Sowohl als ausgestorbene Tierart als auch als Forschungsobjekt, als Fundstück der Archäologen, als Sinnbild für den Raubbau an der Natur und etwas, was unwiederbringlich verloren gegangen ist.

Man muss sich auf dieses Buch einlassen, dann beschenkt es einen mit vielen kleinen Schätzen. Man begleitet mehrere Expeditionen rund um die Welt. Die Natur und die Tierwelt spielen eine zentrale Rolle in den Geschichten. Das Mäandern ist in diesem Buch ein wunderbares Programm, dem ich gerne gefolgt bin. Jeder Abschnitt besticht durch die schöne Sprache aber auch durch die wichtigen Aussagen über das Wesen des Lebens und das Wesen der Menschen. Ein Buch, über das man wunderbar diskutieren und nachdenken kann.

Veröffentlicht am 25.07.2024

Leseempfehlung

Eingeäschert
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'Drei Generationen der Skelf-Familie stehen im Garten, um das männliche Familienoberhaupt einzuäschern. Ehefrau Dorothy, die mit ihrem Mann Bestattungsunternehmen und Detektei geführt hatte, Tochter Jenny, ...

'Drei Generationen der Skelf-Familie stehen im Garten, um das männliche Familienoberhaupt einzuäschern. Ehefrau Dorothy, die mit ihrem Mann Bestattungsunternehmen und Detektei geführt hatte, Tochter Jenny, die ihren Job verloren hat und deshalb mit der Tochter zu den Eltern zurückgekehrt ist und Enkelin Hannah, die ihre Familie zu Hilfe holt, als ihre beste Freundin verschwindet.

Ich mag Geschichten, in denen Bestatter eine große Rolle spielen. Mich fasziniert der Beruf, das Berufsethos, das leicht makaber-fatalistische, was dadurch oft als Grundton entsteht. Die Kombination mit den Ermittlungen über vermutete und begangene Verbrechen finde ich total einleuchtend und naheliegend.

Dieser Roman ist im wahrsten und besten Sinne des Wortes rabenschwarz und lebt von genial lakonischen Dialogen, Frauen mit Herz, Verstand und einer gewissen durchaus kriminellen Energie und einem Plot, der von Wendungen und Wirrungen lebt. Leben und Sterben gehen Hand in Hand, werden gleichermaßen angenommen aber nicht als letzte Endgültigkeit akzeptiert. Ich freue mich schon auf weitere Geschichten dieses Frauentrios.

Leseempfehlung