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Veröffentlicht am 24.08.2023

Rassismus im Alltag

Weiße Tränen
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Das Buch packt das Thema Rassismus im Alltag von einer ganz neuen Seite an: es wird aus dem Blickwinkel von Lenny erzählt, der mit seinem besten Freund Serkan und dessen Schwester Elif auf die Kant-Schule ...

Das Buch packt das Thema Rassismus im Alltag von einer ganz neuen Seite an: es wird aus dem Blickwinkel von Lenny erzählt, der mit seinem besten Freund Serkan und dessen Schwester Elif auf die Kant-Schule geht, die sich das Motto 'Schule ohne Rassismus' auf die Fahne geschrieben hat. Dass Serkan und Elif in dem kleinen Ort trotzdem schiefe Blicke ernten und jeden Tag auf die ein oder andere Weise mit Rassismus konfrontiert werden, darauf wäre Lenny nie im Leben gekommen. Erst als Benjamin als erster Junge mit schwarzer Hautfarbe an die Schule kommt und ausgerechnet Lennys Lieblingslehrer Rassismus vorwirft, zieht das einen Riesenwirbel nach sich, in dessen Folge nicht nur Lenny sein Weltbild hinterfragen muss.
Besonders gut gefallen hat mir der Wiedererkennungswert - wie würde man selbst in bestimmten Situationen reagieren und wie unbedacht lässt man einen Satz fallen, der einem selbst harmlos vorkommt, der auf andere aber sehr verletzend und vorurteilsbehaftet wirkt.
Es gibt viele auf den ersten Blick alltägliche Situationen, die das Buch in einem neuen Licht erscheinen lässt, denn Rassismus begegnet den Menschen vor allem auch im Kleinen und Alltäglichen - nur dass es hier vor allem den Betroffenen auffällt, nicht aber den weißen Menschen drumherum, egal für wie tolerant und aufgeschlossen diese sich halten. So kann jeder wie Lenny seine eigene Wahrnehmung sensibilisieren sowie Handeln und Kommunikation überdenken.
Auch wenn mir der Schreibstil an manchen Stellen etwas sprunghaft vorkam und eine wesentliche Wendung im Buch leider absolut vorhersehbar war, konnte mich das Buch als Ganzes überzeugen.
Gut gefallen hat mir, dass das Buch das Thema Rassismus vor allem beobachtend angeht, immer verschiedene Meinungen wiedergibt und die Leserschaft animiert das Geschehen selbst zu reflektieren, anstatt vorgefertigte Lösungen zu präsentieren. Auch das Ende lässt viel Spielraum für Diskussionen, wie es weitergehen wird. Somit ist das Buch hervorragend als Schullektüre geeignet, die ein altes, aber nach wie vor aktuelles Thema auf moderne und ansprechende Weise neu in Szene setzt.

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Veröffentlicht am 23.08.2023

Frauen damals und heute

Marschlande
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Wie bei den meisten Büchern mit historischem Kontext, die sowohl eine Geschichte in der Gegenwart als auch eine parallele Handlung aus der Vergangenheit erzählen, hat mir der historische Teil besser gefallen. ...

Wie bei den meisten Büchern mit historischem Kontext, die sowohl eine Geschichte in der Gegenwart als auch eine parallele Handlung aus der Vergangenheit erzählen, hat mir der historische Teil besser gefallen. Hierbei geht es um das Schicksal der Abelke Bleken, die als Hufnerin (Hofbesitzerin) in den Marschlanden lebte und schlussendlich enteignet, als Hexe verleumdet und auf dem Scheiterhaufen verbrannt wurde.
In der Gegenwartslinie ist Britta gerade mit ihrer Familie in die Marschlande gezogen. Doch obwohl sie sich in dem modernen Haus, das so gar nicht in die Gegend passen mag, nicht so recht wohl fühlt, ist sie von der Landschaft und der Geschichte der Gegend sofort fasziniert. Während sie beginnt, über Abelke nachzuforschen, kriselt es in ihrer Ehe immer mehr.
Abelke Bleken war eine bewunderswert starke und mutige Frau, die an den sozialen Gefügen der damaligen Zeit, den Seilschaften von Männern in Machtposition sowie dem Neid und der Missgunst ihrer Nachbarn gescheitert ist. Nicht zuletzt die aufkommende Hexenverfolgung hat ihr Schicksal besiegelt - eine Zeit, in der jedes falsche Wort, jede auffällige Tat in die Waagschale geworfen und als Beweis für ein vernichtendes Urteil angeführt wurde. Im Nachwort erläutert die Autorin die faszinierenden, aber vor allem erschreckenden historischen Fakten zu dem Thema.
Die zweite Hauptperson Britta fand ich leider durchweg ein wenig farblos. Ihr Schicksal und das ihrer Familie war zwar bewegend, hatte aber im Vergleich zu Abelkes dramatischem Lebensweg keine Chance. Im Buch hat Britta die Idee, über Abelke, aber auch über viele andere wichtige historische Frauen zu schreiben, die von der Gesellschaft vergessen wurden. Sehr gerne würde ich auch diese Geschichten im Detail erfahren.
Fazit: ein beeindruckendes Mahnmal für eine starke Frau, die an den Konventionen ihrer Zeit gescheitert ist.

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Veröffentlicht am 21.08.2023

Highschool-Drama

Irgendwo wartet das Leben
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Das Buch erzählt eigentlich nichts neues und dann wieder doch: in Fawn Creek kennt jeder jeden, und auch an der Highschool passiert nie etwas neues. Wie überall gibt es verschiedene Cliquen: Zicken-Alarm, ...

Das Buch erzählt eigentlich nichts neues und dann wieder doch: in Fawn Creek kennt jeder jeden, und auch an der Highschool passiert nie etwas neues. Wie überall gibt es verschiedene Cliquen: Zicken-Alarm, Sportler, Aussenseiter. Als ein neues Mädchen in die Klasse kommt, wirbelt das einigen Staub auf. Wer ist diese Orchid, woher kommt sie und welcher Gruppe wird sie sich anschließen? Orchid ist zu allen nett, auch zu denen die dies nicht erwidern. Sie bringt frischen Wind in den verschlafenen Ort und gibt anderen ein gutes Gefühl. So auch Greyson und Dorothy, die in Orchids Gesellschaft regelrecht aufblühen und aus sich herausgehen. Eigentlich alles prima, wäre da nicht ein großes Geheimnis, das Orchid mitbringt. Doch als dieses ans Licht kommt, hat das ganz andere Auswirkungen als erwartet.
Eine wunderbare Geschichte über das Erwachsenwerden, über Anderssein, Toleranz und Freundlichkeit. Einerseits ist man froh dieses Alter schon lange hinter sich zu haben, andererseits macht die Geschichte auch ein wenig sentimental, wenn man an die eigenen Träume zurückdenkt.
Der Schreibstil war sehr angenehm zu lesen, und besonders gut haben mir die Kapitel gefallen, in denen immer genau zwei Mitschüler:innen vorkamen, die gerade im Unterricht ein Experiment zusammen ausführen mussten. So lernte man reihum alle aus der Klasse besser kennen - ihren Hintergrund, ihre Gedanken und Beweggründe. Und durch die ungewöhnlichen Konstellationen, die von der Lehrerin gewählt wurden, waren die Schüler:innen gezwungen, über ihren Tellerrand hinauszuschauen und eine andere Person außerhalb der eigenen Clique wahrzunehmen und kennenzulernen. Ein geschickter Schachzug, der die Gruppendynamik aufbricht und die Klasse als Ganzes einander näherbringt.
Ein auf den ersten Blick eher unscheinbares Buch, das aber viel mehr Tiefe besitzt als erwartet und mit überraschenden Wendungen eine überzeugende Geschichte erzählt.

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Veröffentlicht am 25.07.2023

3 Generationen, 3 Schicksale

Der Laden der unerfüllten Träume
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In diesem Roman werden die Schicksale dreier Generationen vereint: Glory Ann, ihre Tochter Rosemary und Enkelin Sarah.
Als Sarah nach dem Tod ihres Mannes in ihren Heimatort zurückkehrt, brechen alte Sehnsüchte ...

In diesem Roman werden die Schicksale dreier Generationen vereint: Glory Ann, ihre Tochter Rosemary und Enkelin Sarah.
Als Sarah nach dem Tod ihres Mannes in ihren Heimatort zurückkehrt, brechen alte Sehnsüchte auf und lang gehütete Familiengeheimnisse kommen ans Tageslicht. Auf zwei sich annähernden Zeitebenen wird erzählt, wie Glory Ann als junges Mädchen auf Drängen der Eltern den Besitzer der Old Depot Grocery heiratete, um einen Vater für ihr ungeborenes Kind zu haben. Was wie eine Zwangsheirat wirkt, entwickelt sich zu großer Liebe. Dass Rosemary nicht die leibliche Tochter von Clarence ist, soll sie nie erfahren. Jetzt ist Rosemary erwachsen und als Sarah in den Laden zurückkehrt, sieht sie mit ihr auch ihre eigenen Träume, den Ort eines Tages zu verlassen, als gescheitert an. Doch warum hatte sie all die Jahre das Bedürfnis, hier zu bleiben?
Sarah kann nicht glauben dass die Old Depot Grocery verkauft werden soll, und setzt alles daran den Laden und ihr Zuhause zu retten.
Voller Wärme und Mitgefühl erzählt die Autorin von den Widrigkeiten, die das Leben einem auferlegt, und die mit viel Liebe und gegenseitiger Unterstützung gemeistert werden können.
Fazit: Ohne viel Kitsch entsteht eine mitreissende Geschichte über Familie, Vertrauen und all die unerfüllten Träume.

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Veröffentlicht am 24.07.2023

Familie kann man sich nicht aussuchen

Elternhaus
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Viele kleine Details und Begebenheiten aus dem Buch haben mich an mein eigenes Elternhaus erinnert: die Nachbarschaft, in der jeder jeden kennt, kleine Zwistigkeiten unter Geschwistern, das Aufwachsen ...

Viele kleine Details und Begebenheiten aus dem Buch haben mich an mein eigenes Elternhaus erinnert: die Nachbarschaft, in der jeder jeden kennt, kleine Zwistigkeiten unter Geschwistern, das Aufwachsen in einem kleinen Haus mit Garten, und viele weitere schöne Momente, an die man sich wehmütig zurückerinnert.
Dreh- und Angelpunkt der Geschichte ist das kleine Haus, das Sannes Eltern selbst gebaut haben und in dem Sanne und ihre beiden Schwestern aufgewachsen sind. Doch während Sanne im Ort geblieben und ebenfalls ein Haus gebaut hat, haben Petra und Gitti die Heimat früh verlassen und kommen nur zu den obligatorischen Familienfesten zurück.
Jetzt hat Sanne entschieden, dass die Eltern zu alt geworden sind und nicht mehr alleine zurechtkommen. Daher soll das Elternhaus, das die Eltern Sanne vermacht haben, verkauft werden und die Eltern bringt Sanne in einer kleinen Wohnung unter. Doch zunächst trifft der geplante Verkauf bei den anderen Familienmitgliedern auf Ablehnung. Nach und nach kommen lange verborgene unerfüllte Wünsche, Neid und Reflexionen über das eigene Leben ans Tageslicht, und die Schwestern müssen sich wieder annähern.
Fazit: Mit ehrlichem Blick auf die kleinen Momente des Lebens, die eine Familie ausmachen, die Widrigkeiten des Erwachsenwerdens und Erwachsenseins und das Gefühl von Zuhause, welches einem das Elternhaus vermitteln kann, erzählt die Autorin eine ruhige aber dennoch sehr bewegende Geschichte, die auch ein Stück Kindheitserinnerung weckt.

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