Alice ist eine Fotografin Mitte zwanzig. Beruflich läuft es für sie einigermaßen, aber privat hat sie den Richtigen noch nicht gefunden. Zur Hochzeit ihres Vaters geht sie deshalb mit ihrem besten Freund Rory und dessen Lebenspartner. Sie verlassen die Hochzeit etwas früher wieder, weil Rory und Daniel am nächsten Morgen einen wichtigen Termin haben. Auf der Heimreise kommt es dann zu einem folgenschweren Unfall. Rory stirbt und Alice liegt erst einmal drei Wochen im Koma, bevor sie wieder zu sich kommt. Als Alice aufwacht, sitzt Sam wie selbstverständlich an ihrer Seite, ihr imaginärer Freund aus Kindertagen.
Alice versucht, wieder ins Leben zu finden, was gar nicht so einfach ist. Rory, sein Bruder Jonathan und die Eltern waren wie eine Familie für sie, denn ihre eigene Familie ist nicht gerade der Hit und ihre Eltern haben sich bereits getrennt, als Alice sechs Jahre alt war. - und nun hat sie Rory umgebracht. Obwohl sie den Unfall nicht verschuldet hatte, war sie doch die Fahrerin und gibt sich schon aus diesem Grund die Schuld. Rorys Eltern sehen in ihr zwar immer noch die Tochter, die sie nie hatten, aber es ist eben doch seltsam. Und dazu kommt, dass Alice schon seit Kindheit in Jonathan verknallt ist, ihn aber eher aus der Ferne angehimmelt hat, denn so richtig traute sie sich nie, es ihm zu sagen, weil sie Angst hatte, von dem um einiges älteren Bruder abgewiesen zu werden. Jonathan will nun jedoch Megan heiraten und Alice fühlt sich von ihr aus der Familie gedrängt. Megan tröstet nun Rorys Eltern, Megan bereitet den Kaffee zu, Megan organisiert die Beerdigung von Rory.
Und dann ist da auch noch Sam, der immer in der Nähe von Alice ist. Er ist so real für Alice, dass sie auch vor anderen Leuten mit ihm spricht und sich von ihm beeinflussen lässt. Mehr als einmal kommt es dadurch zu Missverständnissen, denn die realen Menschen denken natürlich, dass Alice mit ihnen spricht, weil sie Sam nicht sehen können. Das eingeweihte Umfeld, dem Alice von Sam erzählt hat, macht sich deshalb Sorgen um Alice und sie sieht auch selbst ein, dass sie Sam wieder los werden muss, denn Sam beginnt langsam, ihr Leben zu dominieren und ist eifersüchtig, wenn sie nicht bei ihm ist.
Meine Meinung
Der Roman ist sehr angenehm zu lesen: Locker, flüssig, leicht und nicht übertrieben anspruchsvoll. Für einen Erstlingsroman finde ich die Art des Schreibens sehr gelungen. Die Personen blieben für mich jedoch insgesamt ein wenig blass. Sie erwachten für mich nicht richtig zum Leben, entwickelten keine Persönlichkeit. Auch nach 460 Seiten weiß ich immer noch nicht, was Alice für ein Mensch ist. Ist sie eine graue Maus mit einer verkorksten Kindheit? Oder hat sie es geschafft, eine selbstbewusste Fotografin zu werden? Es wechselt immer hin und her und passt für mich nicht zusammen, schafft kein einheitliches Bild in meinem Kopf. Und von Jonathan kenne ich vor allem seinen schlampigen Kleidungsstil, aber kaum mehr.
Es werden immer wieder Szenen angesprochen, die wohl jeder kennt. So kommt mir etwa die Szene, als Alice zum ersten Mal nach dem Unfall wieder auf Rorys Eltern trifft, sehr bekannt vor. Man kennt diese Menschen seit Jahren - und plötzlich ist alles anders und man weiß nicht mehr, wie man sich verhalten, was man sagen soll. Dazu kommt dann jemand wie Megan, der plötzlich den Platz eingenommen hat, den man selbst in der Familie hatte. Diese Szene ist dann auch gut beschrieben, sodass man sich hineinversetzen kann. Aber auch hier finde ich es leider zu wechselhaft und an vielen anderen Stellen zu oberflächlich.
Nachdem ich dieses Buch anfangs in der Hand hielt, wusste ich so gar nicht, was mich erwarten würde. Eine Liebesgeschichte? Ein Thriller? Und auch jetzt nach dem Lesen kann ich dieses Buch nicht richtig einordnen, denn in ihm vereinigen sich viele Genres. Auch Komponenten eines Krimis sind enthalten, ohne dass ich hier nun zu viel verraten möchte. Grundsätzlich habe ich nichts gegen eine solche Mischung, finde es gut, wenn sich mal nicht alles in Schubladen stecken lässt. Aber hier finde ich die Mischung leider nicht gelungen. Die Kriminalkomponente in diesem Buch finde ich völlig überflüssig und nichtssagend. Sie bringt die Handlung kein bisschen voran und ich habe mich danach nur gefragt, was das sollte, vor allem, weil dies auch völlig unvorhersehbar war und in die ganze Geschichte absolut nicht passte.
Und der Thriller am Ende ist zwar spannend zu lesen, aber ich finde ihn nicht passend zum Anfang. Etwa 300 Seiten eine vor sich hin dümpelnde unglückliche Liebesgeschichte, dann ein plötzlich forcierter Persönlichkeitswechsel mit Thrillerelementen und einem völlig überraschenden Ende finde ich keine gelungene Kombination. Und mir fehlt auch ein richtiges Ende. An sich wäre zwar eines da - aber der Epilog stellt es wieder auf den Kopf, sodass ich reichlich verwirrt das Buch schloss.
Insgesamt finde ich das Buch durchaus lesenswert, denn es ist etwas ganz anderes, als was man sonst so liest, und unterhaltsam ist es alle Mal. Nur mein Fall ist es nicht so ganz. Ich blieb am Ende recht verwirrt zurück.