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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 30.07.2023

was für immer verloren war

Vatermal
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Vatermal ist ein beeindruckender Debütroman von Necati Öziri, der als Dramaturg schon einiges an Erfahrung hat und das merkt man den Buch in der Gestaltung und bei den Dialogen an. Das Buch hat auch schon ...

Vatermal ist ein beeindruckender Debütroman von Necati Öziri, der als Dramaturg schon einiges an Erfahrung hat und das merkt man den Buch in der Gestaltung und bei den Dialogen an. Das Buch hat auch schon außergewöhnlich viel Aufmerksamkeit erhalten. Schon ein Ausschnitt hat vorab beim Bachmann-Wettbewerb den Kelag-Preis gewonnen.
Es ist einerseits eine Ansprache eines Sohnes ans einen unbekannten Vater, andererseits ein Porträt der deutsch-türkischen Familienmitglieder: Arda, seine Mutter Ümran und seine Schwester Aydin.
Der Vater Metin hat die Familie schon lange verlassen. Das zerstörte die Familie ein Stück weit. Die unstabile Mutter kümmert sich wenig um ihre Kinder.
Während Arda die Hauptfigur ist, gibt es doch auch einige Passagen, in dem seine ältere Schwester Aylin den Blickwinkel einnimmt. Aylin verbringt dann auch im Gegensatz zu Arda viel Zeit außerhalb. Das gibt ihr Halt, dennoch lässt die Familie sie innerlich nicht los.
Auch Ümrans Kindheit wird gezeigt. Detailliert schildert sie, was für immer verloren war.
Schließlich sind die Passagen von Ardas Jugend noch ziemlich spannend.
Der Autor vermittelt die Gefühlslage der Figuren. Als Leser kann man sie alle gut verstehen.

Veröffentlicht am 26.07.2023

Familiendrama

Der Verschwundene
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Simon ist vor Jahren nach Kanada ausgewandert. Jetzt schickt ihm seine Schwester ihren 16jährigen Sohn, der einige Probleme hat. Für den eigenbrötlerischen Simon ist es keine leichte Sache, sich um den ...

Simon ist vor Jahren nach Kanada ausgewandert. Jetzt schickt ihm seine Schwester ihren 16jährigen Sohn, der einige Probleme hat. Für den eigenbrötlerischen Simon ist es keine leichte Sache, sich um den verstockten Neffen zu kümmern, zumal er noch durch eine Verletzung am Bein gehandicapt ist. Beziehungsprobleme durchzieht die Familie schon seit langen.
Nach einem Streit verschwindet der Junge spurlos.
Simon fürchtet sogar eine Entführung und schaltet die Polizei ein.
Das Buch ist interessant, sogar spannend. Es ist aber kein Thriller, sondern ein intelligenter Roman um zwischenmenschliche Beziehungen und menschliches Verhalten.

Lot Vekemans ist eine erfahrene Dramatikerin und weiß einen Stoff zu gestalten. Daher ist auch dieser Roman in seiner Gesamtheit so gelungen.

Veröffentlicht am 26.07.2023

Der blaue Vogel mit dem breiten Schnabel

Der Diener des Philosophen
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Das Buch lebt von der originellen Idee, das spannungsreiche Verhältnis zwischen dem Philosophen Immanuel Kant und seinem Diener Martin Lampe.40 Jahre lebten sie zusammen, obwohl sie sehr unterschiedliche ...

Das Buch lebt von der originellen Idee, das spannungsreiche Verhältnis zwischen dem Philosophen Immanuel Kant und seinem Diener Martin Lampe.40 Jahre lebten sie zusammen, obwohl sie sehr unterschiedliche Menschen sind und es eine latente Gegnerschaft gab.
Manche Szenen sind aus der Sicht von Martin Lampe, den es auch tatsächlich gab,. Andere, vor allen in späteren Passagen sind es die Gedankengänge von Kant. Als Beobachter dazwischen Waisinski, der spätere Biograf von Kant.
Der Autor Felix Heidenreich ist Philosophie- und Politikwissenschaftler. Vielleicht hat das dazu beigetragen, dass dieser Roman etwas anders gestaltet ist als die üblichen historischen Romanbiografien, von denen es zu viele gibt.
Der Diener des Philosophen dürfte länger im Gedächtnis des Lesers bleiben.

Veröffentlicht am 24.07.2023

Wir leben im Wald, und wir sind wild

October, October
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Die weite, wilde Welt wartet auf mich. So lautet der Untertitel dieses empfehlenswerten Jugendbuches. Für die 11jährige October, die mit ihrem Vater im Wald lebt, ist die wilde Welt die Großstadt, die ...

Die weite, wilde Welt wartet auf mich. So lautet der Untertitel dieses empfehlenswerten Jugendbuches. Für die 11jährige October, die mit ihrem Vater im Wald lebt, ist die wilde Welt die Großstadt, die Zivilisation.
Im Wald hatte sie ein unbeschwertes Leben geführt. Nach einem Unfall des Vaters muss sie aber zur Mutter nach London und auch zur Schule gehen. Für die anderen Schüler ist sie das wilde Mädchen, aber October ist intelligent. Dennoch ist ihr größter Wunsch, zurück in den Wald zu gehen.
Doch langsam gibt es eine kleine Annäherung mit der Frau, die ihre Mutter ist.

Es ist ein gefühlvolles Buch, wenn auch mit Ecken und Kanten, denn October ist zunächst natürlich unangepasst. Die Perspektive liegt konsequent bei October. Als Leser ist man nah an ihrer Gefühls- und Erlebniswelt.
Ich denke, es ist unmöglich, nicht mit ihr mitzufühlen, da die Autorin Katja Balen die emotionale Geschichte mit viel Einfühlungsvermögen und Empathie geschrieben hat.

Veröffentlicht am 12.05.2023

Preisgekrönter Jugendroman über die Zeit unmittelbar nach Kriegsende

Heul doch nicht, du lebst ja noch
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Kirsten Boje hat hier ein außergewöhnlich starkes Jugendbuch geschrieben, dass einen Blick auf die Zeit 1945 unmittelbar nach Kriegsende in das besiegte Deutschland wirft. Es ist gut recherchiert und glaubhaft ...

Kirsten Boje hat hier ein außergewöhnlich starkes Jugendbuch geschrieben, dass einen Blick auf die Zeit 1945 unmittelbar nach Kriegsende in das besiegte Deutschland wirft. Es ist gut recherchiert und glaubhaft geschildert, anhand dreier sehr unterschiedlicher Jugendlicher.
Jakob, der sich als Halbjude monatelang in Hamburg verstecken musste, nachdem seine Mutter nach Theresienstadt deportiert wurde. Traude, eine Bäckerstochter, deren Familie Polen in ihrem Haus aufgenommen hatte und schließlich Hermann, der HJ-Führer war und der Ideologie glaubte. Boje zeigt, wie die Kinder zu dem wurden.
Hier wird nichts beschönigt. Für die Jugendlichen ist die Kindheit zu Ende. Kirsten Boje schafft es aber, einen an den Emotionen aller teilhaben zu lassen und diese zeit plastisch werden zu lassen.
Das Buch ist sehr empathisch geschrieben. Als Leser kann man sich kaum davon lösen.