Ihre ganz persönliche Entrümpelung
Eine vollständige Liste aller Dinge, die ich vergessen habeNormalerweise nabeln sich die Kinder vom Elternhaus ab. Normalerweise. Doris Knecht versucht es in ihrem Roman „Eine vollständige Liste aller Dinge, die ich vergessen habe“ andersrum.
Das Buch, die kurzen ...
Normalerweise nabeln sich die Kinder vom Elternhaus ab. Normalerweise. Doris Knecht versucht es in ihrem Roman „Eine vollständige Liste aller Dinge, die ich vergessen habe“ andersrum.
Das Buch, die kurzen Kapitel und die wie wirr durcheinander gewürfelten Episoden eines Lebens haben mich erst finden müssen und kaum haben sie mich gepackt, waren mir diese Geschichten aus dem Leben gegriffen auch schon zu fad. Zu nichtssagend. Nach einiger Zeit wollte ich dann doch noch wissen, ob sie – denn unsere Protagonistin, Erzählerin, Tochter, Schwester und Mutter von Zwillingen ist hier namenlos – ihre bald zu große Wohnung aufgibt und was Kleineres, aber doch Bezahlbares findet. Denn ursächlich geht es genau darum. Ihre Zwillinge Mila und Max (letzterer ist eigentlich eine Luzi, will aber nicht, dass über sie geschrieben wird, also ist sie kurzerhand der Max und damit männlich) sind bald flügge, sie wollen ihre eigene Wohnung.
Im Laufe des Buches erfahre ich einiges von ihrem Leben, ihren Lieben, auch von ihrer Mutter und ihren vier Schwestern, je zwei Zwillingsmädchen, die mittlerweile selber ihre Familien haben.
Sie entrümpelt ihre Wohnung, aber eigentlich entrümpelt sie ihr Leben. Es ist eine schonungslose Aufarbeitung ihrer Gefühle, sie stellt sich ihrer Vergangenheit, berichtet, ohne etwas zu beschönigen. Sie hat sich nie wahrgenommen gefühlt und meint, nichts von Wert geschaffen zu haben. Aber ist das wirklich so? Sieht sie sich zu kritisch?
Sie reflektiert, erinnert sich und dann auch wieder nicht. Bringt so einiges durcheinander. Es ist ein Wechselbad der Gefühle, ohne Gefühlsdusselei. Ist der Erzählstil deshalb so nüchtern, teilweise nichtssagend? Ist eher alles auf die Schnelle abgehandelt? Die kurzen Sequenzen lesen sich wie Momentaufnahmen, teilweise wie aus weiter Ferne betrachtet. Außerdem habe vermehrt das Gefühl, dass sie eigentlich nichts verändern will, sie hängt an dem Alten, dem Vertrauten. Und sie lässt mich ratlos zurück, auch wenn sie letztendlich doch noch die Kurve kriegt.