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Veröffentlicht am 30.07.2023

Kein Wiedersehen für uns, Houellebecq

Elementarteilchen
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Ich wollte auch mal etwas von ihm gelesen haben, dem man so einen literarischen Anspruch nachsagt. Nachdem ich „Elementarteilchen“ beendet habe, wird es wohl kein Wiedersehen mit einem Werk dieses Autors ...

Ich wollte auch mal etwas von ihm gelesen haben, dem man so einen literarischen Anspruch nachsagt. Nachdem ich „Elementarteilchen“ beendet habe, wird es wohl kein Wiedersehen mit einem Werk dieses Autors geben.

Das Kennenlernen der beiden Protagonisten hat mir keine guten Gefühle bereitet. Auch keine der guten schlechten, die während des Lesens einen Reflektionsprozess auslösen. Von dem einen war ich gelangweilt, von dem anderen verärgert. Die beiden Halbbrüder Michel und Bruno wachsen unterschiedlich auf; der eine gräbt sich in seine autistische Welt ein und widmet sich der Forschung in der Biologie, der andere verachtet seine Mutter Zeit seines Lebens für ihre Selbstsucht und sexuelle Obsession, müsste sich strenggenommen jedoch derselben Anklage stellen.
Während ich mich von Michels Kapiteln nicht angezogen gefühlt habe, da sie mir einfach zu theoretisch waren, hatte ich für Brunos Teil der Geschichte überwiegend nur Verachtung übrig. Konnte ich noch mit seiner schweren Kindheit und seinem Stand als Opfer der Grausamkeiten seiner Mitschüler noch sympathisieren, war damit spätestens bei seiner (post-)pubertären Sexbesessenheit und dem aus der Nichterfüllung dieser resultierenden Selbstmitleids Schluss, die mich nicht nur ein mal an die „Incel“-Kultur („involuntary celibates“) denken lassen musste.

Insgesamt war dieser Roman für mich verschwendete Zeit, und ich werde stark in mich gehen müssen, ob ich mich an einen weiteren Houellebecq wagen werde.

Veröffentlicht am 30.07.2023

Konnte mich nicht damit anfreunden

Stille Tage
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In Kenzaburo Ōes „Stille Tage“ geht es um die junge Ma-chan, die sich während der Abwesenheit ihrer Eltern um ihre beiden Brüder I-Ah und O-chan kümmert. Ihr Vater, der sich von einer Krise im weit entfernten ...

In Kenzaburo Ōes „Stille Tage“ geht es um die junge Ma-chan, die sich während der Abwesenheit ihrer Eltern um ihre beiden Brüder I-Ah und O-chan kümmert. Ihr Vater, der sich von einer Krise im weit entfernten Kalifornien zu erholen versucht, und dessen Frau bürden ihrer Tochter eine große Verantwortung auf. Kann O-chan sich weitesgehend selbst beschäftigen und zeichnet sich im Roman eher durch dezente Abwesenheit aus, da er häufig zurückgezogen für die Aufnahme an der Oberschule lernt, bedarf der geistig behinderte Buder I-Ah besonderer Aufmerksamkeit durch die Schwester.

Japanliteratur.net resümiert über das Buch:
"Auch wenn gleich das erste Kapitel recht spannend einsteigt, enthält das Buch doch größtenteils sehr langatmige Passagen: Es wird viel, fast zu viel über alles reflektiert und auch zu viel diskutiert."

Und das ist auch mein Eindruck. Nachdem im ersten Kapitel Ma-chan einen Sittenstrolch überführt, über den in vorangegangenen Passagen diskutiert wird, und man befürchtet, es könnte ein Junge aus der Behindertenwerkstatt oder auch I-Ah selbst sein, nimmt der Grad der Spannung und Unterhaltung merklich ab. Irgendwann vor Seite 100 habe ich das Buch in einer seitenlangen Diskussion über einen Film abgebrochen, den die Geschwister gesehen haben und nun nicht nur untereinander diskutieren, sondern auch mit dem Onkel und dessen Frau, die sich den Film ebenfalls angesehen haben. Es war mir dann einfach zu ermüdend mich weiter damit zu befassen, zudem ich auch bereits vorher gemerkt habe, dass ich Passagen immer wieder doppelt lesen musste, weil ich sie zuvor gedankenverloren überflogen habe.

Das Buch wird im öffentlichen Bücherschrank hoffentlich jemand anderen glücklicher machen als mich, und vielleicht finde ich von dem Autor ja irgendwann ein Buch, das mir besser gefällt.

Veröffentlicht am 30.07.2023

Vielleicht sind Anthologien einfach nichts für mich

Sternenlichtregen
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Ganz selten packt mich die Lust mal wieder Gedichte zwischendurch zu lesen. Als ich neulich beim Bookshopping auf die Lyriksammlung „Sternenlichtregen“ verschiedener norwegischer Dichter gestoßen bin, ...

Ganz selten packt mich die Lust mal wieder Gedichte zwischendurch zu lesen. Als ich neulich beim Bookshopping auf die Lyriksammlung „Sternenlichtregen“ verschiedener norwegischer Dichter gestoßen bin, war mir nach zugreifen. Einen klitzekleinen Bezug zu Norwegen habe ich auch, dort lebt nämlich mein Onkel, zu dem ich eigentlich gern mehr Kontakt hätte. Immer wenn ich an Norwegen denke, kommt mir der Onkel in den Sinn. Also habe ich sprichwörtlich nach den Sternen gegriffen. Die Phrase passt ganz gut, denn ich habe mit diesem Kauf leider ins Leere gegriffen. Keines der Gedichte hat mich zur Gänze berührt, auch wenn es ab und zu durchaus Zeilen gab, die ich gelungen fand, weil sie etwas in mir angeklungen haben. Schade, von diesem Bändchen hatte ich mir mehr versprochen.

Veröffentlicht am 27.02.2023

Kein gutes Blitzgewitter

Berlin Alexanderplatz
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Döblins „Berlin Alexanderplatz“ gehört zu einer der wenigen Lektüren, die ich vorzeitig beendet habe. Ich weiß, das Werk wird als wichtig angesehen und zeichnet eine Großstadt- und damit Gesellschaftskritik ...

Döblins „Berlin Alexanderplatz“ gehört zu einer der wenigen Lektüren, die ich vorzeitig beendet habe. Ich weiß, das Werk wird als wichtig angesehen und zeichnet eine Großstadt- und damit Gesellschaftskritik der Weimarer Jahre, aber mich hat der ganze Stil und die Montagetechnik sehr unruhig gemacht und einen wirklichen Lesefluss nicht ermöglicht. Die Gedanken des Franz Biberkopf, aus dessen Sicht der Roman geschrieben ist, springen innerhalb von Sekunden hierhin und dorthin und sorgen für eine literarische Reizüberflutung, die wohl zwar den reellen Reizüberfluss nachstellen soll, mich jedoch ständig verwirrt hat.

Auf das Buch muss man sich einlassen können und längere Leseepisoden ermöglichen können. Ich habe etwa auf der Hälfte bei Seite 200 aufgegeben. Vielleicht probiere ich es irgendwann nochmal mit diesem Buch. Für Pendler-Leser, die sich 20 Minuten in Bus oder Bahn setzen, ist es absolut nichts.

Veröffentlicht am 27.02.2023

Für Sunny konnte ich mich nicht erwärmen...

Sunny
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"Sunny" ist der dritte Band von Jason Reynolds Reihe um eine jugendliche Laufmannschaft.
Ich hatte Gelegenheit in diesen Band bis etwa zur Hälfte hineinzulesen, was innerhalb kurzer Zeit (vielleicht zwei ...

"Sunny" ist der dritte Band von Jason Reynolds Reihe um eine jugendliche Laufmannschaft.
Ich hatte Gelegenheit in diesen Band bis etwa zur Hälfte hineinzulesen, was innerhalb kurzer Zeit (vielleicht zwei Stunden) zu schaffen ist, denn "Sunny" ist in Tagebuchform vom Protagonisten geschrieben. Dadurch fehlt dem Buch nach meinem Geschmack auch etwas Tiefe, denn wie Sunny sein Tagebuch mit Leben füllt, wirkte auf mich von den ersten Seiten an ziemlich künstlich. Über jeden der Läufer um Ghost weiß man durch den ersten Band ein wenig, so ist dem Leser, sofern er sich noch daran erinnert, bekannt, dass Sunny nicht aus eigenem Engagement läuft, sondern vielmehr den Wunsch seines Vaters erfüllen will. Sunny ist nämlich Halbwaise, seine Mutter selbst war Läuferin, und Sunny wird von seinem Vater dahingehend genötigt, das Vermächtnis der Mutter aufrecht zu erhalten. Allerdings läuft Sunny überhaupt nicht gerne und boykottiert ein wichtiges Rennen, was seinen Vater sehr verärgert. Auch der Trainer ist verärgert, dieser bemüht sich jedoch um eine Lösung für Sunny, welcher der Laufmannschaft nicht mehr angehören möchte, aber gerne weiter zum Team gehören würde. Seine Musik- und Tanzleidenschaft hat Sunny von seiner Tante, die gleichzeitig sein Hauslehrer ist, und als er dem Trainer einen kleinen Tanz vorführt, schlägt er vor, dass Sunny fortan Diskuswerfen sollte. An dieser Stelle muss ich sagen, dass mein Sportverständnis dem eines Regenwurms gleicht, aber ich kann mir kaum vorstellen, dass jemand, der leidenschaftlich gerne tanzt, sich fürs Diskuswerfen begeistern kann. Irgendwann ab dieser Stelle hatte ich dann keine Gelegenheit mehr das Buch zu beenden, was ich einerseits schade finde (da es mein Anspruch ist begonnene Bücher auch zu beenden), andererseits lag für mich im Lesen dieser Lektüre bis zu diesem Zeitpunkt auch kein Reiz darin. Eigentlich schade, denn Jason Reynolds hat mit den ersten Bänden eine lesenswerte Reihe begonnen, die dieser Titel leider ein wenig eingerissen hat.