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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 30.07.2023

Unterschiedliche Ansichten

Alte weiße Männer
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„Alte weiße Männer“ ist Sophie Passmanns Versuch einige ausgewählte Männer mit feministischen Ansätzen zu versöhnen und zu ergründen wie sehr die Ansichten des alten weißen Mannes den Zielen des Feminismus ...

„Alte weiße Männer“ ist Sophie Passmanns Versuch einige ausgewählte Männer mit feministischen Ansätzen zu versöhnen und zu ergründen wie sehr die Ansichten des alten weißen Mannes den Zielen des Feminismus im Weg stehen. Kai Diekmann und Robert Habeck sind dabei wohl noch ihre bekanntesten Interview-Partner, nahezu alle der anderen Namen waren mir unbekannt. Trotz meines Unwissens über diese Personen war es insgesamt sehr interessant die verschiedenen Meinungen zu Themen wie Frauenquote und Sexismus zu erfahren. Sophies hier und da eingestreuter Humor lockert das Ganze zusätzlich auf.

Mein Eindruck ist, dass Sophie Passmann die Männer, die sie interviewt, in ihrem Buch durchaus Raum gibt ihre Meinungen und Weltanschauungen zu äußern und lediglich da zur Kritik ansetzt, wo Ansichten ganz harsch ihrem Feminismus kollidieren. Es bleibt für die LeserInnen genug Spielraum eines eigenen Fazits und da passt der Untertitel „Ein Schlichtungsversuch“ sehr, denn alle Seiten erhalten ihre Bühne in diesem Buch.

Veröffentlicht am 30.07.2023

Eine (individuelle) Frauenrolle

Brüste und Eier
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Mieko Kawakami hat mit „Brüste und Eier“ ein Buch von überwiegend Frauenthemen geschaffen. Anders als der Titel vermuten lässt, handelt es sich bei den Eiern nicht um die männlichen Geschlechtsorgane.

Hauptfigur ...

Mieko Kawakami hat mit „Brüste und Eier“ ein Buch von überwiegend Frauenthemen geschaffen. Anders als der Titel vermuten lässt, handelt es sich bei den Eiern nicht um die männlichen Geschlechtsorgane.

Hauptfigur ist die mittlerweile 30-jährige Natsuko, die während eines heißen Sommerwochenendes Besuch von ihrer in Osaka lebenden Schwester Makiko und deren Tochter Midoriko in Tokyo erhält. Midoriko spricht nicht, sondern verständigt sich nur über Gesten oder auf Zettel geschriebene Notizen. Makiko will sich einer Brustvergrößerung unterziehen, und diese Entscheidung scheint der Grund dafür zu sein, warum ihre Tochter nicht mehr spricht.
Einige Jahre später beginnt Natsuko sich für das Thema der künstlichen Befruchtung und Samenspenden zu interessieren und liest den Bericht des etwa gleichaltriken Aizawa, der über eine Samenspende gezeugt wurde und auf der zermürbenden Suche nach seinem biologischen Vater ist. Von ihm erfährt Natsuko von einem Verein, der durch eine Samenspende gezeugte Menschen vereint, die teilweise schwer mit ihrer Herkunft hadern. Als unverheiratete und an einer Partnerschaft nicht interessierte Frau stellt Natsuko sich die Frage nach dem Egoismus der Entscheidung einer künstlichen Befruchtung im Hinblick auf das Leid, das sie durch Aizawa mit dem Thema in Verbindung sieht, und ob eine solche Entscheidung für sie infrage kommt.

Ich muss zugeben, das Buch zog sich für mich sehr in die Länge. Von Anfang bis Ende tauchen viele Figuren und Ereignisse in diesem Buch auf, die es ziemlich aufbauschen. Ich habe lange gebraucht, bis ich es zuende gelesen habe. Vielleicht habe ich Mieko Kawakamis Roman aber auch nur zu einem falschen Zeitpunkt gelesen. Die Vereinigung der doch sehr feministischen Themen in diesem Buch fand ich toll und auf jeden Fall sehr anregend! Insgesamt hat es mir doch sehr gut gefallen!

Veröffentlicht am 30.07.2023

Von grotesken Bewältigungsstrategien, Missbrauch, Misshandlung und Inzest

Das Seidenraupenzimmer
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Wem die Befremdung und das Gefühl der Unzugehörigkeit in "Die Ladenhüterin" von Sayaka Murata gefallen hat, der sollte sich in diesem Buch auf eine Steigerung von schätzungsweise 200% einstellen. Dieses ...

Wem die Befremdung und das Gefühl der Unzugehörigkeit in "Die Ladenhüterin" von Sayaka Murata gefallen hat, der sollte sich in diesem Buch auf eine Steigerung von schätzungsweise 200% einstellen. Dieses Buch sollte mit einer Triggerwarnung versehen werden:"Kann deutliche Spuren von Misshandlung, sexuellem Missbrauch und Inzest enthalten." Es ist wie ein furchtbarer Autounfall, bei dem man einfach nicht wegschauen kann.

Dies ist die Geschichte der jungen Außenseiterin Natsuki, deren einziger Lichtblick des Jahres Obon, das Ahnenfest, ist. In ihrem Leben gibt es nichts, auf das sie sich mehr freut, denn aus den Freundinnen in der Schule und ihrer Familie zieht sie keine guten Gefühle. Mit ihrem passiven Vater, ihrer herrischen Mutter und ihrer manipulativen Schwester besucht sie die Großeltern in den Bergen, wo die gesamte Familie mit allen Cousinen, Neffen, Onkeln, Tanten usw. zusammenkommt. Yu ist ihr Cousin, und seit sie denken kann, sind die Kinder einander innig verbunden und teilen eine skurrile Sicht auf die Welt, weshalb sie sich auf diese Zeit des Jahres freut, wenn das Wiedersehen ansteht.
Als der Großvater eines Tages stirbt, kommen die Familien außerhalb von Obon wieder zusammen, so dass die Kinder sich bereits dann sehnsüchtig wiedersehen. Natsuki, die im vergangenen Jahr so viel mehr Schlimmes mitgemacht hat als in ihrem ganzen bisherigen Leben, will mit Tabletten Suizid begehen, was Yu allerdings verhindern kann. Die Kinder geben einander den Schwur auf jeden Fall zu überleben füreinander, was für Nasuki alles andere als leicht ist, wie die folgenden Jahre beweisen werden. Als sie eines Tages mit einer Begleitperson zurück zum Haus der seit einer Weile verstorbenen Großeltern zurückkehrt, in das Yu sich zurückgezogen hat, holen die Ereignisse Natsuki endgültig ein...

Der Klappentext des Buches gibt nicht im Ansatz wieder, was man hier zu lesen bekommt. In der Geschichte von Natsuki stecken so viele Traumata, die ihre junge Seele mit grotesken Erklärungsversuchen und Auswegen zu bewältigen versucht. Dass die von Traumata gezeichnete Natsuki solange an der sie umgebenden Gesellschaft scheitert, bis sie ihresgleichen findet, scheint nachvollziehbar, aber man fragt sich immer wieder, ist ob es in ihrem Umfeld überhaupt rationale Menschen gibt, denn diejenigen, die nicht aktiv negativ handeln, scheinen in der Geschichte passiv bis nicht existent zu sein.
Mitten im Buch kommen einem immer mal wieder Gedanken darüber, dass die Begebenheiten eigentlich nicht mehr steigerbar sind, da sollte man sich auf einige Überraschungen gefasst machen: Das Buch bleibt bis zum Ende hin in seiner Bizarrheit unglaublich.

Veröffentlicht am 30.07.2023

Liebe und Freundschaft zweier Frauen inmitten des tokyoter Nachtlebens

After Hours 01
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Von einer Freundin wird Emi mit zu einer Veranstaltung genommen, doch eigentlich ist sie keine Clubgängerin. Dies ändert sich schlagartig, als Emi die lebensfrohe Kai auf der Veranstaltung kennenlernt. ...

Von einer Freundin wird Emi mit zu einer Veranstaltung genommen, doch eigentlich ist sie keine Clubgängerin. Dies ändert sich schlagartig, als Emi die lebensfrohe Kai auf der Veranstaltung kennenlernt. Sofort ist sie fasziniert vom Selbstbewusstsein der jungen Frau, und gemeinsam machen sie die Nacht zum Tag. Emi verbringt die Nacht bei Kei. Es entwickelt sich eine intime Freundschaft. Kei, die ab und zu mit einer kleinen Truppe in Clubs als DJ auflegt, fragt Emi, ob sie nicht Lust hätte als VJ für eine visuelle Untermalung der Musik zu sorgen. Emi beginnt sich für die Arbeit von Kei zu interessieren und glaubt, dass sie dadurch ihrer Freundin näher sein kann. Dies will sie auch unbedingt, denn Emis Vergangenheit droht sie einzuholen, die sie unbedingt hinter sich lassen wollte.

Mich hat der Zeichenstil von Yuhta Nishio direkt angesprochen, und ich habe gar nicht lange überlegt, ob ich den Manga kaufen soll. Ich bin auf weitere Bände der Reihe gespannt!

Veröffentlicht am 30.07.2023

Mal wieder hat mich Joelle Tourlonias zum Kauf verführt

Spiegel, das Kätzchen
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Spiegel ist ein Kater, der bei einer alten Dame lebt. Sein Fell ist so seidig, dass man sich darin wohl spiegeln könnte. Wohlbehütet kümmert sich die Frau um ihn und er sich um diejenigen Mäuse, die zur ...

Spiegel ist ein Kater, der bei einer alten Dame lebt. Sein Fell ist so seidig, dass man sich darin wohl spiegeln könnte. Wohlbehütet kümmert sich die Frau um ihn und er sich um diejenigen Mäuse, die zur Plage werden. Als die alte Dame stirbt, verkaufen die Erben das Haus und setzen den armen Spiegel vor die Tür. Der Kater ist fortan darauf angewiesen sich selbst zu versorgen. Er findet nur spärlich Essen, der Kater magert mehr und mehr ab und sein Fell ist zerzaust und schmuddelig.
Da läuft ihm der Stadthexenmeister Pineiß über den Weg, der die Gelegenheit beim Schopfe packt und dem Kater ein Geschäft anbietet. Pineiß will den Kater füttern mit allem, was ihm lieb ist, um ihm beim nächsten Vollmond den Schmerz abzunehmen. Der ausgehungerte Spiegel willigt ein und unterzeichnet den Vertrag und bekommt fortan Leckereien von sahniger Milch bis zu gebratenem Geflügel zu essen. Mit der Kraft kommen auch Spiegels Sinne wieder und er muss einsehen, dass das kein gescheites Geschäft ist, wenn er mit der Abnahme des Schmers auch sein Leben verliert. Fortan mäßigt er seine unersättliche Gier beim Essen, um nicht so massig zu werden, wie ihn der Herr Hexenmeister gerne hätte. Dieser bemerkt Spiegels Vorhaben, und weil er sich betrogen fühlt, sperrt er die Katze in einen Käfig, um sie zu mästen. In seiner Gefangenschaft erzählt der Kater Herrn Pineiß die Geschichte von einem Schatz, den seine alte Besitzerin in einem Brunnen versteckt hat und mit einer List gelingt es dem Kater aus seinem Vertrag herauszukommen.

Auf das Buch bin ich gestoßen, als ich eine Vorschau der Insel-Bücherei durchgeblättert habe, und mittlerweile ergibt es sich, dass jedesmal, wenn ich Bilder von Joelle Tourlonias sehe, ich mitten in der Bewegung innehalte, um zu schauen. Die Illustrationen sind mal wieder unglaublich schön, ich liebe einfach ihren Stil!
Tja, und die Geschichte? Es ist eine interessante Erzählung über Gier, Schröpferei und List, bei der ich am Ende aber gar nicht wusste, wer nun eigentlich wen übers Ohr haut. Der Hexenmeister versucht Spiegels missliche Lage auszunutzen, um am Ende selbst der Gelackmeierte zu sein.