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Veröffentlicht am 30.07.2023

Willkommen in einer neuen, verrückten Welt von Jasper Fforde!

Eiswelt
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Durch „Thursday Next“ und die „Drachentöterin“-Reihe ist mir Fforde mit seinen durchgeknallten Charakteren im Fantasy-Parallelwelt-Setting schon bestens vertraut. Mit „Eiswelt“ habe ich mich auf ein neues ...

Durch „Thursday Next“ und die „Drachentöterin“-Reihe ist mir Fforde mit seinen durchgeknallten Charakteren im Fantasy-Parallelwelt-Setting schon bestens vertraut. Mit „Eiswelt“ habe ich mich auf ein neues Abenteuer gefreut, denn bei diesem Autor lernt man noch skurrilere Charaktere kennen als bei Walter Moers, was immer ein Garant für Unterhaltung ist.


In „Eiswelt“ herrschen lange und kalte Winter, in denen die Menschen sich in den Winterschlaf zurückziehen und erst im Frühling wieder aufwachen. Charlie Worthing bekommt die Gelegenheit als Winterkonsul zu arbeiten – dieses Jahr also keine Hibernation für ihn. An der Seite seines Mentors soll er einen simplen Auftrag erledigen, den der unerfahrene Charlie vermasselt, was ihm das zweifelhafte Vergnügen einbringt in Sektor 12 – dem Arsch der Welt – auszuharren. Hier wird er bei Minusgraden in allerhand Verstrickungen zwischen Winternomaden, Schlafverweigerern, mysteriösen Kreaturen und der hiesigen Bürokratie involviert und muss sich ohne Kompass nur mit seiner eigenen Gewitztheit aus widrigen Situationen manövrieren ohne zu wissen wer ihm wohlgesonnen ist und auf wessen Seite er eigentlich stehen will. Detektivisch mit reichlich Komik und Elementen der Mythen und Mären entspinnt (oder erspinnt?) sich die Geschichte und offenbart nicht erst am Ende all ihre Geheimnisse.


„Eiswelt“ war mir ehrlich gesagt ein bisschen zu langatmig. Ein paar weniger Seiten hätten der Story keinen Abbruch getan. Nichts desto trotz liebe ich die phantastischen Szenarien, die in den Grundfesten immer Bezug zu unserer realen Welt haben und den bizarren Ideenreichtum von Jasper Fforde zu sehr, um mich von einer empfundenen Überlänge abhalten zu lassen. Ich bin froh, dass der Autor seine Schreibblockade überwunden hat und hoffentlich auch weiterhin reichlich gute Geschichten produziert!

Veröffentlicht am 30.07.2023

Mehr Katzenliebe!

My Roommate is a Cat 2
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Das Zusammenleben von Subaru und seiner Katze Haru geht weiter! Wiedermal ist es einfach unterhaltsam die Kapitel erst aus der Subaru- und dann aus der Haru-Sicht zu erleben. Man erfährt mehr über die ...

Das Zusammenleben von Subaru und seiner Katze Haru geht weiter! Wiedermal ist es einfach unterhaltsam die Kapitel erst aus der Subaru- und dann aus der Haru-Sicht zu erleben. Man erfährt mehr über die Vergangenheit der beiden. Subarus Dunstkreis erweitert sich durch Haru auch, so stattet Subarus Lektor ihm öfter als erwartet einen Besuch ab, einfach um der Katze Willen, und auch ein alter Freund von Subaru sorgt für reichlich Wirbel. Und jedesmal, wenn sich die schöne Verkäuferin aus der Zoohandlung Subaru in seiner Unbeholfenheit mit Katzen hilft, fragt man sich, ob sich zwischen Nana und dem menschenscheuen Subaru nicht vielleicht etwas Romantisches entwickeln könnte. Bei so viel Katzenliebe muss ich bald wissen wie es im dritten Band weitergeht!

Veröffentlicht am 30.07.2023

Was für ein Leseerlebnis: Woman of Color meets Casual Dating meets Racism meets Mental Meltdown

Queenie
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Als ihr weißer Freund Tom eine Auszeit braucht, glaubt Queenie, dass höchstens ein paar Wochen vergehen werden, bis die beiden wieder „richtig“ zusammen sind. Bis dahin wird sie die Übergangszeit in der ...

Als ihr weißer Freund Tom eine Auszeit braucht, glaubt Queenie, dass höchstens ein paar Wochen vergehen werden, bis die beiden wieder „richtig“ zusammen sind. Bis dahin wird sie die Übergangszeit in der schmuddeligen neuen WG schon überstehen – ist ja nur vorübergehend. Diese vorübergehende Zeit füllen Queenie und ihr geringes Selbstbewusstsein mit unbedeutenden One Night Stands, die sich in London und im Online-Dating so ergeben, die jedoch nicht mal richtig erfüllend sind. Nicht nur Queenie fragt sich mehr als einmal, ob sie das eigentlich selbst überhaupt will, denn sie lässt da ziemlich schräge Typen in ihre Unterwäsche; leidenschaftslose Typen, die Queenie als Woman of color wie einen Fetisch objektisieren und sie regelrecht degradieren mit ihren sexuellen Neigungen. Während Queenie leidend darauf wartet, dass Tom sich endlich wieder meldet, geht es allerdings auch im Job in der Redaktion bergab. Abgelenkt von ihrem Trennungsschmerz schafft sie kaum ihr Tagespensum und lenkt gleichzeitig Darcy von deren Arbeit ab. Nebst den unerfüllten Beischläfern sind aber ihre besten Freundinnen Darcy, Kyazike und Cassandra diejenigen, die ihr durch diese unerträgliche Zeit helfen. Als dann aber ihre derzeitige Situation und die Vergangenheit gleichzeitig auf Queenie einwirken, droht ihr Leben in einem Trümmerhaufen zu explodieren, und sie braucht mehr als ihre Freundinnen, damit ihr Leben wieder in Ordnung kommt.


Diese 500 dramatische Seiten lesen sich alles andere als leicht, denn die Destruktivität von Queenies Geschichte ist trotz dem Humor, mit dem sie und ihre Freundinnen der Welt begegnen, deprimierend. Dennoch konnte ich es nach jeder Unterbrechung nicht erwarten weiterzulesen, um zu wissen wie Queenies Geschichte ausgeht, auch wenn die Protagonistin mit ihren üblen Entscheidungen sich selbst gegenüber mir manchmal echt auf die Nerven ging. Es geht um Traumata, um (Alltags-)Rassismus, Familie und Freundschaft, und mit Queenies Sicht nach innen wird einem als Leser auch mehr und mehr klar, warum Queenie so vieles mit sich machen lässt, bestimmte Verhaltensweisen an den Tag legt und gar nicht anders kann als so zu sein wie sie ist. Kann ich das Buch jedem uneingeschränkt empfehlen? - Nö. Viele werden sich die Haare raufen, hab ich ja auch ein bisschen. Mich hats aber herrlich unterhalten, was nicht nur an Kyazikes lockerer Art und ihrem ugandischen Slang lag (sie war definitiv meine Lieblingsfreundin in Queenies Geschichte!). Macht euch am besten selbst ein Bild!

Veröffentlicht am 30.07.2023

Korea, rückständig modern

Kim Jiyoung, geboren 1982
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Kim Jiyoung, geboren 1982, hat eine ältere Schwester und einen jüngeren Bruder. Wie gut, dass ihre Eltern am Ende doch noch einen Sohn bekommen haben, wurde ja schließlich auch „nachgeholfen“... Jiyoung ...

Kim Jiyoung, geboren 1982, hat eine ältere Schwester und einen jüngeren Bruder. Wie gut, dass ihre Eltern am Ende doch noch einen Sohn bekommen haben, wurde ja schließlich auch „nachgeholfen“... Jiyoung und ihre Schwester bekommen bereits früh mit, dass Jungs gegenüber Mädchen der Vorzug gegeben wird. Die Mädchen wachsen in einer latent misogynen Gesellschaft auf, die zwar in vielseitiger Hinsicht von Frauen profitiert, ihnen aber die Anerkennung verwehrt, die sie verdient haben. Von der Kindheit über das Studium bis zur Berufswahl wird Jiyoung mit Entscheidungen über Abstriche ihrer Qualifikationen konfrontiert, um dann von äußeren Erwartungen doch in vorgezeichnete Bahnen zur Mutterschaft gedrängt zu werden, nur um zu erkennen, dass auch diese als ungenügend bewertet wird.


Kein reiner Roman, würde ich dieses Buch eher als Sachbuch-Roman bezeichnen. Die Geschichte Jiyoung Kims, die für Abertausende Südkoreanerinnen steht, ist immer wieder angereichert mit Fakten und Quellenangaben in Form von Fußnoten. Beim Lesen baut sich ein Gefühl von Enttäuschung über die permanente Ungerechtigkeit auf. Die letzte Episode des Buches lässt einen mit Wut im Bauch zurück, dass selbst die Verständigen dieser Gesellschaft es nicht verstehen wollen. Wie schafft man es in der Aneinanderreihung persönlicher Erlebnisse dieser frauenverachtender Art nicht verrückt zu werden? - Selbst herausfinden in diesem gemischten und empfehlenswerten Leseerlebnis!

Veröffentlicht am 30.07.2023

Über Beziehungen in all ihren leuchtenden und hässlichen Farben

Dunkelgrün fast schwarz
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Wie beschreibe ich dieses Buch am besten? Wie kriege ich meine vielen Emotionen, die diese Geschichte in mir verursacht hat, in eine Zusammenfassung?

Es geht mitnichten nur um die drei jungen Menschen ...

Wie beschreibe ich dieses Buch am besten? Wie kriege ich meine vielen Emotionen, die diese Geschichte in mir verursacht hat, in eine Zusammenfassung?

Es geht mitnichten nur um die drei jungen Menschen – Moritz, Raffael und Johanna - die auf der Buchrückseite erwähnt werden. Die Geschichte beginnt mit Marie, der Mutter von Moritz, und ihren Schwierigkeiten sich auf dem einsamen Berg einzuleben, wo sie während des Studiums ihres Mannes die beiden kleinen Kinder fast alleine großzieht. Moritz freundet sich schon bald mit dem gleichaltrigen Raffael an, und als Leser verfolgt man die komplizierte und kontroverse Beziehung der beiden Jungen in nicht immer chronologischen Abfolgen durch die Kapitel, mal dem erwachsenen Moritz, mal dem Kind Moritz. Immer wieder dazwischen Marie, die einige Puzzlestücke einfügt, und Johanna, die einen wichtigen Wegpunkt im Leben der beiden jugendlichen Jungs spielt, die sich in das unnahbare Mädchen verlieben.
Als Raffael unangekündigt bei Moritz auftaucht und seinen Alltag durcheinanderbringt, fragt man sich, was er eigentlich bezweckt, wohin dieser Besuch führen soll, und warum Moritz verdammtnochmal nicht den Arsch in der Hose hat den überheblichen Besucher endlich rauszuwerfen, bis sich die Geschichte in einem offenbarenden Ende fast gänzlich entspinnt und dich als Leser mit den Gedanken an die Protagonisten nach der letzten Seite stehen lässt.

Mareike Fallwickls Talent ihre Charaktere darzustellen macht es einem allerdings leicht die einzelnen Personen und verschiedenen Zeitpunkte gut einordnen zu können. Und wie ich mittlerweile diesen österreichischen Sprech liebe! Jedes Kapitel war für mich wie ein Cliffhanger, ich wollte stets wissen wie es mit all den Personen weitergeht und das Geflecht aus Beziehungen mit all ihrer Liebe, ihrem Hass und ihrer Hassliebe ergründen, das sich bis zum Ende hin immer weiter entspinnt.
Warum habe ich mich so lange davor gescheut ihren Erstling zu lesen, nachdem mich Mareike Fallwickls zweites Buch so sehr begeistert hat? Aus Angst, dass ihr Erstes nicht so gut sein könnte? Wie froh ich im Nachhinein bin, dass diese Angst unbegründet war und wie sehr ich mich nach mehr Geschichten von ihr sehne!