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Veröffentlicht am 02.08.2023

Mütter und Töchter

Bei euch ist es immer so unheimlich still
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​In "Bei euch ist es immer so unheimlich still" erzählt Alena Schröder auf zwei Zeitebenen die Geschichte zweier Frauen: Da ist zum einen Evelyn, eine nach Kriegsende in ein schwäbisches Dorf zugezogene ...

​In "Bei euch ist es immer so unheimlich still" erzählt Alena Schröder auf zwei Zeitebenen die Geschichte zweier Frauen: Da ist zum einen Evelyn, eine nach Kriegsende in ein schwäbisches Dorf zugezogene Frau, eine perfektionistische Ärztin, unzufriedene Mutter und nie richtig angekommen im Dorf. Wir erleben ihre Geschichte in den 1950er/60er Jahren. Zum anderen geht es um Sylvia, ihre Tochter, die im Sommer 1989 in Westberlin in der Hausbesetzerszene lebt, und die gerade selbst Mutter von Hannah geworden ist. Diese Mutterschaft und ihre Unzufriedenheit mit ihrer Situation in Berlin bewegen sie dazu, zu Evelyn und in den Ort ihrer Kindheit zu fahren, aus dem sie vor über 18 Jahren mit knapp 16 überstürzt geflohen war und zu dem sie alle Kontakte abgebrochen hatte.


Ich konnte vom ersten Moment an richtig in die Geschichte abtauchen. Die Atmosphäre im Jahr 1989 kenne ich noch aus meiner eigenen Kindheit, und Alena Schröder hat die damalige Zeit wunderbar eingefangen. An vielen Stellen musste ich auch sehr schmunzeln, wenn mir Lieder, Gegenstände oder Werbung bekannt vorkam (Kassettenmitschnitte im Radio, Stu-Stu-Stu-Studio-Line-Werbung). Das Buch ist aber alles andere als eine nostalgische oberflächliche Erinnerung an vergangene Zeiten, sondern erzählt tiefgründig und einfühlsam Sylvias und Evelyns Geschichte. Je besser man beide Frauen im Buch kennenlernt, umso besser versteht man ihr Verhalten und ihre Charakterzüge, und viele Gedanken und Selbstzweifel kommen einem als Mutter selbst bekannt vor. Sylvias Heimatbesuch zwingt beide Frauen, sich schrittweise der Vergangenheit und lange Verdrängtem zu stellen. Hierbei nähern sie sich nicht nur langsam einander an, sondern sie lernen auch einiges über sich selbst, entwickeln sich weiter und finden die Kraft, Ballast abzuwerfen und ihrem Leben eine neue Wendung zu geben.

Einziger Kritikpunkt: Das ein oder andere Schwabenklischee war mir als bayerische Schwäbin zu dick aufgetragen, da meinte ich doch die etwas herablassende Sicht einer Berlinerin zu erkennen.

Ich habe dieses Buch regelrecht verschlungen und bin wirklich begeistert vom Schreibstil und der Geschichte. Ich möchte nun auf jeden Fall auch das Buch "Junge Frau, am Fenster stehend, Abendlichen, blaues Kleid" lesen, das bereits 2021 erschien und die Geschichte von Sylvias Tochter Hannah und von Senta, Evelyns Mutter, erzählt. 

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Veröffentlicht am 31.07.2023

Spannend und magisch

Nelumbiya (1). Im Land der magischen Pflanzen
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Wir sind beim abendlichen Vorlesen mit unserem Sohn (9) zusammen abgetaucht in die magische Welt der Pflanzen und haben uns zusammen mit Tara und ihren Freunden auf eine abenteuerliche Reise begeben. Das ...

Wir sind beim abendlichen Vorlesen mit unserem Sohn (9) zusammen abgetaucht in die magische Welt der Pflanzen und haben uns zusammen mit Tara und ihren Freunden auf eine abenteuerliche Reise begeben. Das Buch ist so lebendig, bildhaft und spannend geschrieben, so dass es uns richtig schwerfiel, Pausen zu machen. Man möchte am Kapitelende einfach sofort wissen, wie es weitergeht! Immer wieder lockern auch detailreiche Illustrationen in schwarz-weiß den Text auf. Mir persönlich gefiel der Zeichenstil allerfings nicht so gut, da mich die Figuren durch die großen Augen und das spitze Gesicht an Mangas erinnerten und wie aus einem Zeichentrickfilm wirkten, doch das ist eben Geschmackssache.  

Für Kinder und Jugendliche ab ca. 10 Jahren ist das 344 Seiten starke Buch ideal, da die Handlung sehr abwechslungsreich und durchaus komplex ist, und die Autorin viele schöne Ideen zu einer magischen und fantasievollen Geschichte verwoben hat. Wir haben das Buch begeistert gelesen und hoffen auf eine Fortsetzung!

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Veröffentlicht am 31.07.2023

Sehr einfühlsam geschrieben

Irgendwo wartet das Leben
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Obwohl ich eher selten Jugendliteratur lese - es sei denn, ich lese meinem Sohn vor -, bin ich in dieses Buch von der ersten Seite an abgetaucht. Der Autorin Erin Entrada Kelly gelingt es wunderbar, das ...

Obwohl ich eher selten Jugendliteratur lese - es sei denn, ich lese meinem Sohn vor -, bin ich in dieses Buch von der ersten Seite an abgetaucht. Der Autorin Erin Entrada Kelly gelingt es wunderbar, das Leben in einem kleinen Ort im amerikanischen Nirgendwo zu beschreiben, die seit Generationen festgefahren Strukturen, die übersichtlichen Möglichkeiten und die gleichförmige Langeweile. Jeder kennt jeden, jeder weiß alles vom anderen, und die Enge kann erstickend sein. Das spüren in der 7. Klasse vor allem die Außenseiter wie Didi und Greyson. Da taucht mit Orchid eine neue Schülerin auf, geheimnisvoll, weit gereist,  freundlich, offen gegenüber allen. Durch ihre Anwesenheit verändert sich das Gefüge in der Klasse und Festgefahrenes beginnt aufzubrechen. Sehr feinfühlig beschreibt Kelly die Suche der Jugendlichen nach der eigenen Identität, ihren Wunsch nach Individualität, ihre Sehnsüchte und Unsicherheiten. Insbesondere der sensible und ruhige Greyson, der von seinem Bruder und seinem Vater gehänselt wird, wächst durch die Freundschaft mit Orchid und findet den Mut, zu sich selbst zu stehen. Da Kelly immer wieder die Erzählperspektive wechselt, konnte ich als Leserin sehr gut mit den verschiedenen Charakteren mitfühlen und das Geschehen aus unterschiedlichen Blickwinkeln betrachten. Immer wieder habe ich mich auch meine eigenen Gefühle als Teenagerin erinnert.

Ein wundervoll geschriebenes Buch, das Mut macht, sich selbst anzunehmen, sich nicht unterkriegen zu lassen und seine Träume zu leben - denn irgendwo wartet das Leben!

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Veröffentlicht am 27.07.2023

Erfrischend und humorvoll

Wilde Jagd
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Prof. Dr. Quintus Erlach ist 53 Jahre alt, Philosophieprofessor in Salzburg, und befindet sich in einer Familienkrise. Er hat sich daher mit dem Familienhund Machtnix in sein leerstehendes Elternhaus in ...

Prof. Dr. Quintus Erlach ist 53 Jahre alt, Philosophieprofessor in Salzburg, und befindet sich in einer Familienkrise. Er hat sich daher mit dem Familienhund Machtnix in sein leerstehendes Elternhaus in einem kleinen Bergdorf zurückgezogen. Dort lernt er Evelina, die Pflegerin von Herwig Zillner kennen, des reichsten Mannes im Dorf. Von ihr erfährt er, dass ihre Vorgängerin Angelika spurlos verschwunden ist, und beide machen sich auf die Suche nach ihr. Evelina scheint übersinnliche Fähigkeiten zu haben, was Erlach, der an die Gesetze der Logik glaubt, gleichzeitig verstört und fasziniert.

Der trocken-humorvolle Schreibstil gefiel mir auf Anhieb, und die ungewöhnliche Geschichte hat mich fasziniert. Da ich übersinnlichen Fähigkeiten gegenüber mehr als skeptisch bin, war ich während des Lesens ähnlich wie Quintus hin- und hergerissen, habe den Roman aber sehr genossen. Mehr möchte ich an dieser Stelle nicht verraten.

"Wilde Jagd" von René Freund ist eine sehr gelungene und unterhaltsame Mischung aus Kriminalroman, einer augenzwinkernd-liebevollen Beschreibung österreichischen Dorflebens und psychologisch-philosophischer Betrachtungen. Was bedeutet Realität, wo liegen die Grenzen unserer Wahrnehmung, und wie interpretieren wir die Dinge, die wir wahrnehmen? Wo endet Intuition, und wo beginnt das Übersinnliche, und gibt es letzteres überhaupt?

Ein sehr erfrischender, abwechslungsreicher, humorvoller Roman mit interessanten Gedanken, den ich auf jeden Fall weiterempfehlen möchte!

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Veröffentlicht am 27.07.2023

Bewegend, schockierend, unvergesslich

Kontur eines Lebens
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"Kontur eines Lebens" von Jaap Robben hat mich emotional sehr aufgewühlt. Was Frieda in den 60er Jahren durchmachen musste, als sie unverheiratet und ungewollt schwanger wurde, hat mich beim Lesen fassungslos ...

"Kontur eines Lebens" von Jaap Robben hat mich emotional sehr aufgewühlt. Was Frieda in den 60er Jahren durchmachen musste, als sie unverheiratet und ungewollt schwanger wurde, hat mich beim Lesen fassungslos gemacht, wütend und traurig. Zugleich war ich tief beeindruckt von ihrer Entschlossenheit und ihrem Mut.

Jaap Robben erzählt in zwei Handlungssträngen.  Der erste spielt in der Gegenwart der inzwischen 81-jährigen Frieda, und der zweite lässt Frieda auf ihr Leben als junges Mädchen in den 60er Jahren zurückblicken. Beide Frauen sind glaubhaft und detailliert gezeichnet, die Gebrechen des Alters und das Verschwinden in den Erinnerungen an frühere Zeiten ebenso wie die Lebenslust und die schmerzvollen Erlebnisse der jungen Frau. Durch Trauer und Verlust, die Frieda im Alter erlebt, wird lange Verdrängtes aus Friedas Jugend wieder lebendig, und sie stellt sich ihren Gefühlen. Je mehr man über die junge Frieda erfährt, desto besser versteht man als Leser*in auch die ältere Frieda.

Bemerkenswert finde ich, dass dieses Buch, das aus der weiblichen Ich-Perspektive Friedas Erlebnisse, Gedanken und Gefühle schildert, auch rund um eine Schwangerschaft und Geburt, von einem Mann verfasst wurde. Jaap Robben gelingt es hervorragend, Friedas Seelenleben und ihre körperlichen Empfindungen zu beschreiben, und man spürt, dass er hier sorgfältig recherchiert hat und fachlich beraten wurde (im Nachwort erwähnt er u.a. eine Gynäkologin und eine Geburtshelferin).

Dieses Buch ist alles andere als einfach zu verdauen, aber ungemein wichtig, um zu zeigen, wie Frauen noch vor gerade einmal 60 Jahren stigmatisiert, geächtet und ausgegrenzt wurden, wenn sie ohne Trauschein schwanger wurden. Es drohte der komplette soziale Abstieg, der Verlust von gesellschaftlicher Stellung, Wohnung, Arbeit, Familie,  Freundeskreis. Auch die Rolle der katholischen Kirche ist alles andere als rühmlich, und von Barmherzigkeit und Nächstenliebe ist wenig zu spüren.

Dieses Buch hat mich richtig gefesselt, ich habe mit Frieda gelitten, getrauert und mitgefiebert. Es wird mir sicher noch sehr lange in Erinnerung bleiben, und ich möchte es von ganzem Herzen weiterempfehlen.

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