In der Ruhe liegt die Kraft dieser Erzählung
Eine junge Frau hat ein seltsames Ohrenleiden und befürchtet, der Gehörlosigkeit anheim zu fallen. Sie lernt einen Stenographen kennen, in dessen Gegenwart ihr Leiden kleiner zu werden beginnt. Fasziniert ...
Eine junge Frau hat ein seltsames Ohrenleiden und befürchtet, der Gehörlosigkeit anheim zu fallen. Sie lernt einen Stenographen kennen, in dessen Gegenwart ihr Leiden kleiner zu werden beginnt. Fasziniert von seinen Händen bittet sie ihn ihre Lebensgeschichte aufzuschreiben. Die Gespräche mit ihm scheinen sie zu heilen, doch sie stellt fest, dass ihre gemeinsame Zeit begrenzt ist, denn irgendwann wird das Papier aufgebraucht sein...
Dies ist für mich bisher eine der unscheinbarsten Geschichten von Yoko Ogawa, für mich eine Meisterin der zarten Wortwahl. Ich bin eine Liebhaberin dieser Autorin, aber auf Ogawa muss man sich einlassen können. Nicht die Handlung ist der Fokus ihrer Erzählungen, sondern die verwendeten Worte, die im Geiste gemächlich dahinfließen wie köstlicher Honig. Auch in diesem Buch passiert gewohnt wenig, doch ihre Beschreibungen, wie beispielsweise die Finger des Stenographen, die fragile Ohrmuschel der jungen Frau, sind ein literarischer Genuss, der sich nur schwer mit anderen Autoren und Autorinnen vergleichen lässt.