Was wäre gewesen wenn.....
Die Melodie meines LebensLaut Klappentext stellt sich Antoine Laurain in seinem neuen Roman die Frage, wie das Leben der ehemaligen Bandmitglieder der alternativen Achziger New Waveband "Les Hologrammes" gelaufen wäre, wenn die ...
Laut Klappentext stellt sich Antoine Laurain in seinem neuen Roman die Frage, wie das Leben der ehemaligen Bandmitglieder der alternativen Achziger New Waveband "Les Hologrammes" gelaufen wäre, wenn die Post die Zusage der Plattenfirma rechtzeitig und nicht nach 33 Jahren zugestellt hätte. Diese kurze Zusammenfassung fand ich sehr interessant, vor allem weil ich selbst in den Achziger Jahren meine Jugend verbracht und die Musik dieser Epoche liebe. Der Roman entwickelt sich jedoch in eine gänzlich andere Richtung. Der Autor versucht mit seinen Protagonisten, die er nacheinander mehr oder weniger vorstellt, der Gesellschaft von heute einen Spiegel vorzuhalten....
Der eher phlegmatische Alain ist nicht wirklich der Hauptprotagonist der Erzählung, doch dieser Brief, der 33 Jahre zu spät kommt, lässt sein Leben etwas aus den Fugen geraten. Gelangweilt in seinem Arztberuf und in der Ehe mit seiner Frau Véronique, beginnt er zu träumen was gewesen wäre.... Wäre er berühmt geworden, wenn dieser Brief damals pünktlich zugestellt worden wäre? Wie hätte sein Leben ausgesehen? Angetrieben von diesen Fragen versucht der damalige E-Gitarrist seine ehemaligen Bandkollegen zu kontaktieren, zu denen er keinerlei Kontakt mehr hat. Jeder ist nach der Auflösung der Band seine eigenen Wege gegangen. Das Demo-Tape von damals hat Alain vor ein paar Jahren entsorgt. Um die Lieder nochmals hören zu können und den Freunden von damals die Neuigkeit zu erzählen, versucht Alain diese ausfindig zu machen...
Die einzelnen Charaktere werden nun nacheinander und teilweise etwas überspitzt vorgestellt. Keiner der ehemaligen Bandmitglieder ist der Musik treu geblieben. Jeder hat sich in eine andere Richtung entwickelt, wobei einige doch sehr erfolgreich geworden sind.
Da ist zum Beispiel der rechtsradikale Sébastian Vaugan - damals ein begnadeter Bassist und heute Kandidat zur Präsidentschaftswahl. Auch der ehemalige Schlagzeuger Stanislas Lepelle hat Karriere gemacht. Er ist Künstler, exzentrisch und verbittert und genauso unsympathisch, wie sein rechtsradikaler ehemaliger Bandkollege. Wo Bérangère, die damalige Sängerin, in die alle verliebt waren, abgeblieben ist, weiß niemand. Der ehemalige Pianist Frédéric Lejeune lebt in Thailand. Die Brüder Pierre und Jean-Bernard (kurz JBM genannt) Mazart, die für Text und Produktion zuständig waren, sind ein verschrobener Kunsthändler und ein Computergenie. Letzter ist ungewollt zum Präsidentschaftskandidat aufgestiegen und ist gemeinsam mit seiner intelligenten Assistentin das einzige sympathische Gespann.
Alle Charaktere sind nicht wirklich Sympathieträger mit Ausnahme von JBM. Der Autor hat die Bandmitglieder teilweise mit sehr exzentrischen Eigenschaften erschaffen. Während JBM sehr viele Seiten gewidmet sind, werden andere Bandmitglieder nur kurz erwähnt. Das fand ich schade! Leider geht es hier auch kaum um Musik, was ich vermisst habe.
Zu Beginn hatte ich ein paar Probleme die Namen den richtigen Personen zuzuordnen. Wie schon bei "Der Hut des Präsidenten" wechseln die Charaktere und erst am Ende ergibt sich ein Ganzes, auch wenn es sich in Antoine Laurains neuem Roman nicht ganz so anfühlt. Mit jeder Figur, die er vorstellt, vermittelt er ein bestimmtes Thema und ist dabei ziemlich politisch unterwegs. Er wirft dabei immer wieder einen kritischen Blick auf die heutige Gesellschaft. Leider gibt es im Mittelteil einige Längen, auch wenn der Roman nur 256 Seiten.
Im letzten Viertel kommt der Roman ziemlich in Fahrt und das Ende konnte mich wirklich überraschen. Für mich leider zu spät! Zum Thema Brief hat der Autor noch eine sehr interessante Wendung eingebaut, die ich absolut gelungen fand.
Schreibstil:
Antoines Laurains Schreibstil ist charmant und manchmal etwas überspitzt. Französische Autoren schreiben meiner Meinung einfach anders und Laurain ist ein typischer Vertreter des Landes. Seine Figuren haben Ecken und Kanten und wirken trotz seiner Überzeichung lebendig und authentisch. Über jedes Kapitel hat der Autor einen passenden Satz zum nachfolgenden Inhalt gesetzt.
Fazit:
Der Roman lässt mich etwas zwiegespalten zurück. Eigentlich hatte ich mir durch den Klappentext etwas anderes erwartet, aber die Geschichte hat auf ihre eigene Weise trotzdem Charme. Hauptsächlich legte der Autor sein Augenmerk auf die kritische Darstellung an der heutigen Gesellschaft, was mit dem Klappentext nicht wirklich viel zu tun hat. Das enttäuscht natürlich viele Leser und ist schade.....! Schlussendlich kann ich sagen, dass es vom Autor bessere Romane gibt.